S. 363 / Nr. 62 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 79 I 363

62. Auszug aus dem Urteil vom 22. Dezember 1953 i. S. Steuerverwaltung St.
Gallen gegen G. und Steuer-Rekurskommission.


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Regeste:
Wehrsteuer: Bemessung des steuerbaren Liquidationsgewinns bei Auflösung eines
Geschäftsbetriebes unter Übernahme von Sachwerten der Liquidationsmasse in das
Privatvermögen.
Impôt pour la défense nationale: Fixation du bénéfice de liquidation imposable
en cas de dissolution d'une entreprise avec transfert de certains biens dans
la fortune privée.
Imposta per la difesa nazionale: Determinazione dell'utile di liquidazione
imponibile nel caso di scioglimento d'un'azienda commerciale con trapasso di
beni nel patrimonio privato.

A. - Der Beschwerdegegner war unbeschränkt haftender Gesellschafter der
Kommanditgesellschaft G. & Co. Kommanditärin mit Fr. 2000.- war seine Ehefrau.
Die Firma wurde aufgelöst. Die Geschäftsaktiven und Passiven wurden in eine
neu gegründete Aktiengesellschaft eingebracht, ausgenommen die
Geschäftsliegenschaft und die darauf eingetragenen Hypotheken. Diese gingen
laut Grundbucheintragung in das Privatvermögen des unbeschränkt haftenden
Teilhabers der Kommanditgesellschaft über. Der Bilanzwert der Liegenschaft
hatte zuletzt Fr. 203,000.- betragen. Dem Erwerber wurden die
Grundpfandschulden im Betrage von Fr. 257,000.-- überbunden. Eine Aufzahlung
war nicht zu leisten. Für die Eintragung im Grundbuch wurde als «Kaufsumme»
der Betrag von Fr. 257,000.- verurkundet. Gestützt hierauf hat das Steueramt
der Stadt St. Gallen den Steuerwert der Liegenschaft auf Fr. 257,000.-
festgesetzt.
B. - Bei Bemessung des der Wehrsteuer unterliegenden Liquidationsgewinns hat
die Veranlagungsbehörde den Verkehrswert der Liegenschaft mit Fr. 287,000.-
eingesetzt. Dieser Ansatz entspricht der neuen st. gallischen
Grundsteuerschätzung (Art. 29 u. 31 st. gallische VO vom 6. Oktober/17.
November 1944 über die amtlichen Grundsteuereinschätzungen). Sie wird
eingeführt, wenn die Neuschätzung der Grundstücke in der Gemeinde St. Gallen
abgeschlossen ist.

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C. - Die kantonale Rekurskommission hat den für die Bemessung des
Liquidationsgewinnes massgebenden Wert der Liegenschaft auf Fr. 257,000.-
herabgesetzt. Sie führt zur Begründung im wesentlichen aus: Der
Wehrsteuerbeschluss enthalte keine Bestimmung darüber, wie die hier ins
Privatvermögen übergeführte Liegenschaft bei der Liquidationsgewinnsermittlung
steuerlich angerechnet werden müsse. In eine In Entscheid der aargauischen
Rekurskommission vom 25. Februar 1948 (ASA 17 S. 20 ff.) werde die Auffassung
vertreten, bei der Übernahme in das Privatvermögen müsse auf den Verkehrswert
abgestellt werden. Der Verkehrswert werde dabei dem erzielbaren Verkaufserlös
gleichgestellt. Die Kommission könne sich dieser Auffassung nicht
anschliessen.
Es sei schon in einem kantonalrechtlichen Entscheide festgestellt worden, dass
ein Steuerpflichtiger bei Veräusserung seiner Geschäftsliegenschaft in der
Bestimmung des Verkaufspreises grundsätzlich frei sei. Er dürfe bei Abgabe
seiner Geschäftsliegenschaft an Kinder, diese durch Bewilligung eines sog.
Freundschaftspreises begünstigen. Geschehe dies, so sei der effektive und
nicht der erzielbare Verkaufspreis grundsätzlich auch steuerlich für die
Berechnung des Liquidationsgewinnes massgebend. Es sei billig, diese
Betrachtungsweise nicht nur bei einer Veräusserung an nahe Verwandte oder
Freunde anzuwenden, sondern sie auch gelten zu lassen, wenn, wie hier, der
Übergang einer Liegenschaft vom Geschäftsvermögen der Kommanditgesellschaft in
das Privatvermögen des einzigen Komplementärs in Frage stehe. Es wäre in
höchstem Masse unvernünftig und stossend, wenn der Steuerpflichtige sich den
Übergang zu dem im Markte unter Dritten erzielbaren maximalen Kaufpreis
anrechnen lassen müsste. Der dem erzielbaren Verkaufserlös gleichgesetzte
Verkehrswert sei hier keineswegs realisiert, noch sei die Realisierung für die
Zukunft gesichert (s.a. LEEMANN in Zentralbl. für Staats- und
Gemeindeverwaltung 1948 S. 113 ff.: BOSSHARDT Zürch. Einkommenssteuer S. 135;
a. A. BGE 76 I S. 206).

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Die Bewertung mit Fr. 287,000.- könne zwar als eine vorsichtige, in der Regel
unter den heute erzielbaren Verkaufspreisen liegende Verkehrswertschätzung
angesprochen werden. Indessen sei diese Bewertung für die Wehrsteuer schon bei
der Vermögenssteuer nicht verbindlich; dann könne sie es erst recht bei der
hier zu beurteilenden Liegenschaftsgewinnsteuerberechnung nicht sein.
Massgebend sei und bleibe hier vielmehr in erster Linie der vom
Steuerpflichtigen selber - sei es durch Verbuchung - sei es durch
grundbuchliche Verschreibung bestimmte Übernahmewert. Materiell sei dabei
einzig zu prüfen, ob dieser Wert den Rahmen eines zulässigen
Freundschaftspreises unterschreite. Die Ansicht, dass dem Beschwerdeführer bei
Festsetzung des Übernahmewertes der Liegenschaft überhaupt keine
Dispositionsbefugnis zustehe, lasse sich nicht halten.
Der vom Beschwerdeführer beantragte Übernahmewert von Fr. 257,000.- könne
nicht als unzulässig niedrig bezeichnet werden. Die Differenz zwischen diesem
Wert und dem von der Veranlagungsbehörde angewandten Verkehrswert von Fr.
287,000.- sei nicht so bedeutend, dass eine Überschreitung eines zulässigen
Freundschaftspreises anzunehmen wäre. Er liege jedenfalls nicht unter den
Gestehungskosten, resp. unter dem steuerlich massgebenden Buchwert. Er
übersteige diesen vielmehr wesentlich. Die Steuerberechnung sei daher auf den
vom Steuerpflichtigen beantragten Wert von Fr. 257,000.- zu ermässigen.
Das Bundesgericht erklärt den Verkehrswert als für die Steuerbemessung
massgebend in Erwägung:
1.- Nach Art. 43 , Abs. 1 WStB (Fassung gemäss BB vom 20. Dezember 1950 über
die Ausführung der Finanzordnung 1951-1954, GesS. 1950 S. 1468) ist bei
Vornahme einer Zwischenveranlagung (Art. 96) neben der Steuer vom übrigen
Einkommen eine volle Jahressteuer auf den in der Veranlagungsperiode erzielten
Kapitalgewinnen und

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Wertvermehrungen im Sinne von Art. 21, Abs. 1 lit. d und f geschuldet. Es ist
unbestritten, dass die Voraussetzungen einer Zwischenveranlagung im hiervor
umschriebenen Sinne erfüllt sind. Anerkannt ist auch, dass ein steuerbarer
Liegenschaftsgewinn erzielt wurde. Meinungsverschiedenheiten bestehen einzig
hinsichtlich seiner Bemessung. Die Rekurskommission hat als Veräusserungswert
den Betrag eingesetzt, zu dem der Übergang der Liegenschaft im Grundbuch
verurkundet wurde. Die beschwerdeführende Steuerbehörde glaubt, dass auf den
Verkehrswert abgestellt werden müsse. Letztere Lösung steht im Einklang mit
der Praxis des Bundesgerichts. In BGE 76 I 211 wurde festgestellt, dass bei
Überführung von Geschäftsaktiven in das Privatvermögen des Geschäftsinhabers
als oberer Vergleichswert der Verkehrswert einzusetzen sei. Die kantonale
Rekurskommission bestreitet die Richtigkeit dieser Praxis. Die Frage ist daher
neu zu überprüfen.
2.- Die Steuer auf Liquidationsgewinnen bei Aufgabe geschäftlicher Unternehmen
gemäss Art. 21 , Abs. 1 lit. d in Verbindung mit Art. 43 WStB (neue Fassung)
ist ein Bestandteil der Besteuerung des Gesamteinkommens, auf der die Ordnung
des Wehrsteuerbeschlusses beruht. Sie muss im Zusammenhang mit der gesamten
Ordnung verstanden werden. Damit, dass sie aus der allgemeinen
Einkommensberechnung herausgenommen wird, wird lediglich dem besonderen
Charakter des Liquidationsgewinnes als eines einmaligen, ausserordentlichen
Anfalles Rechnung getragen im Unterschied zu andern meist mehr oder weniger
regelmässig fliessenden «ordentlichen» Einkünften; es wird damit unter
Umständen (nicht immer) eine Ermässigung im Steuersatz erreicht. Die
Sonderbehandlung ändert aber nichts daran, dass die Besteuerung des
Liquidationsgewinnes einen integrierenden Bestandteil der Besteuerung des
Gesamteinkommens darstellt.
Das Gesamteinkommen natürlicher Personen wird erfasst als Summe der Einkünfte
aus einzelnen Einkommensquellen, namentlich Arbeitseinkommen (Art. 21 Abs. 1

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lit. a) einerseits und Erträgnisse des (beweglichen und unbeweglichen)
Vermögens (Art. 21 Abs. 1 lit. b und c) anderseits. Einkommen aus dem Betriebe
eines Geschäftes wird als Arbeitseinkommen erfasst und zwar wird dabei auf den
Geschäftserfolg als solchen abgestellt, wobei Gewinne und Verluste auf
geschäftlichen Investitionen einbezogen werden. Bei nicht geschäftlichem
Vermögen dagegen werden nur die jährlichen Reineinkünfte erfasst,
Veränderungen der Einkommensquelle (Gewinne und Verluste) werden nicht
berücksichtigt (BGE 79 I S. 64, Erw. 2).
Zu den Gewinnen auf geschäftlichen Investitionen im angegebenen Sinne gehören
auch die Liquidationsgewinne bei Aufgabe von Unternehmungen im Sinne von Art.
21 , Abs. 1 lit. d WStB. Wie sie zu bemessen sind, wird im Wehrsteuerbeschluss
nicht näher geordnet. Es ist aber auch nicht nötig, da es sich aus dem Wesen
des Liquidationsgewinnes ohne weiteres ergibt.
Der Liquidationsgewinn auf Bestandteilen des Geschäftsvermögens stellt sich
bei Veräusserung an Drittpersonen im allgemeinen dar als Differenz zwischen
dem Buchwert und dem bei der Liquidation erzielten Erlös (BGE 76 I 211). Dies
in der Regel auch dann, wenn ein Vermögensobjekt zu einem ausnahmsweise
niedrigen Preise, zu einem sog. Freundschaftspreise abgetreten wird. Denn auch
unter dieser Voraussetzung lässt es sich in der Regel rechtfertigen, bei
Bemessung des Liquidationsgewinnes den bei der Abtretung an Dritte bewilligten
Ausnahmepreis zu Grunde zu legen. Die Besteuerung hält sich dabei daran, dass
die Veräusserung tatsächlich zu diesem Preise stattgefunden hat, der
Unternehmer aus der Liquidation des Vermögensobjektes nicht mehr erhält.
Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass für die Bemessung des
Liquidationsgewinnes auf einen vom Unternehmer mehr oder weniger beliebig
angesetzten Preisansatz abgestellt werden darf, wenn und soweit bei
Liquidation eines - Geschäftsbetriebes Gegenstände des Geschäftsvermögens
nicht versilbert werden, sondern vom Unternehmer

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selbst direkt aus dem Geschäftsvermögen in das Privatvermögen übertragen
werden. Denn in einem solchen Falle wird in der Liquidation das
Vermögensobjekt nicht durch einen Erlös aus der Abtretung ersetzt, sondern es
verbleibt mit seinem vollen Werte Bestandteil der Liquidationsmasse. Der
Unternehmer, der in der Liquidation seines geschäftlichen Betriebes
Bestandteile des Geschäftsvermögens nicht veräussert, sondern als Privat
vermögen zurückbehält, tut es in der Regel, weil er in dieser Art der
Geschäftsauflösung einen Vorteil erblickt, besser zu fahren glaubt, als wenn
er sich der Objekte entledigen, die Geschäftsliquidation unter Veräusserung
auch dieser Objekte vollziehen würde. Führt er diese zurückbehaltenen
Vermögensobjekte aus dem Geschäft in das Privat vermögen über, so übernimmt er
den vollen Wert, der ihnen im Zeitpunkt der Geschäftsauflösung zukommt und der
ohne weiteres auch äusserlich in Erscheinung treten würde, wenn die
Geschäftsliquidation unter Veräusserung des Objekts statt durch dessen
Übernahme als Sachwert vollzogen worden wäre. Dies führt dazu, bei der
Bemessung des bei der Auflösung des Geschäftsbetriebes erzielten
Liquidationsgewinnes bei übernommenen Sachwerten auf den Verkehrswert
abzustellen, wie es in BGE 76 I 211 angeordnet wurde. Es verhält sich hierin
ähnlich wie bei der Nutzung eines Hauses durch den Eigentümer selbst im
Unterschiede zu einer Vermietung oder Verpachtung an Dritte (BGE 71 I 130).
Die Annahme im angefochtenen Entscheid, dieser Wert werde nicht realisiert,
ist irrtümlich. Die Besteuerung der Kapitalgewinne gemäss Art. 21 , Abs. 1 lit.
d WStB erfasst die Mehrwerte, die bei Auflösung von zu Geschäftszwecken
ausgeschieden ein Sondervermögen für den Steuerpflichtigen frei werden. Die
Realisierung besteht darin, dass die Bindung an den Geschäftsbetrieb
aufgehoben wird, die Werte aus dem Geschäftsvermögen in das Privatvermögen
übergehen. Ob sich dieser Übergang in Form von Barmitteln oder in derjenigen
von Sachgütern vollzieht, ist offensichtlich

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unerheblich. Dass Sachwerte nicht verschieden angerechnet werden können, je
nachdem sie der Steuerpflichtige unmittelbar herübernimmt oder sie veräussert,
ist in BGE 76 I 211 festgestellt worden. Es besteht kein Grund, von dieser
Auffassung abzugehen, da sie allein dem Gebote der Gleichbehandlung der
Steuerpflichtigen gerecht wird.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 79 I 363
Datum : 01. Januar 1953
Publiziert : 22. Dezember 1953
Quelle : Bundesgericht
Status : 79 I 363
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : Wehrsteuer: Bemessung des steuerbaren Liquidationsgewinns bei Auflösung eines Geschäftsbetriebes...


Gesetzesregister
WStB: 21  43
BGE Register
71-I-127 • 76-I-206 • 76-I-211 • 79-I-363 • 79-I-62
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
liquidationsgewinn • wert • bestandteil • unternehmung • kommanditgesellschaft • grundbuch • realisierung • steuermass • berechnung • kapitalgewinn • frage • buchwert • bundesgericht • zwischenveranlagung • kaufpreis • gemeinde • mehrwert • entscheid • steuerbehörde • begründung des entscheids • einkommen • liquidation • biene • beschwerdegegner • aargau • aktiengesellschaft • unbewegliches vermögen • mass • steuerwert • jahressteuer • vorteil • weiler • richtigkeit • natürliche person • charakter
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ASA 17,20