BGE 77 IV 83
18. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 27. April 1951 i. S. Ott
gegen Generalprokurator des Kantons Bern.
Regeste:
Art. 148 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 148 - 1 Wer, obschon er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist, eine ihm vom Aussteller überlassene Check- oder Kreditkarte oder ein gleichartiges Zahlungsinstrument verwendet, um vermögenswerte Leistungen zu erlangen und den Aussteller dadurch am Vermögen schädigt, wird, sofern dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer, obschon er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist, eine ihm vom Aussteller überlassene Check- oder Kreditkarte oder ein gleichartiges Zahlungsinstrument verwendet, um vermögenswerte Leistungen zu erlangen und den Aussteller dadurch am Vermögen schädigt, wird, sofern dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.207 |
bestehenden Person. Ist dem Verkäufer zuzumuten, die Angaben des Täters zu
überprüfen?
Art. 148 al. 1 CP. Escroquerie consistant dans un achat à crédit au nom d'une
personne inexistante. Peut-on exiger du vendeur qu'il vérifie les allégations
de l'auteur?
Art. 148 cp. 1 CP. Truffa consistente nella compera a credito al nome di una
persona inesistente. Si può esigere dal venditore che accerti le indicazioni
fornite dall'autore?
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A. - Der bei Paul Kiener in Lyss als Coiffeurgehilfe arbeitende Robert Ott,
der jeden Abend an seinen Wohnort Murten heimkehrte, bestellte Anfang April
1950 beim Mineralwasserhändler Oskar von Dach in Lyss fünfzehn Flaschen
Obstwein-Champagner zum Preise von Fr. 49.50. Er kannte von Dach, weil dieser
als Kunde im Geschäfte Kieners verkehrte. Ott, der sich finanziell in sehr
schlechter Lage befand, wusste, dass von Dach ihm den Kaufpreis nicht
kreditieren würde. Um trotzdem in den Besitz der Ware zu kommen, die er weder
bezahlen konnte noch bezahlen wollte, erklärte er bei der Bestellung, dass er
im Auftrage des Herrn Ramstein, Vizedirektors der «La Ménagère» in Murten
handle. Er ersuchte von Dach, ihm, dem Ott, die fünfzehn Flaschen gegen
quittierte Rechnung abzuliefern. Er erklärte, er werde die Rechnung begleichen
und die Flaschen dann Herrn Ramstein überbringen, da er ja jeden Abend nach
Murten heimkehre. Von Dach glaubte ihm und brachte ihm am 6. April 1950 die
bestellte Ware. Da Ott unter verschiedenen Vorwänden nicht bezahlte,
telephonierte von Dach in der Folge an die Firma «La Ménagère». Er erhielt die
Auskunft, in ihrem Betriebe sei kein Herr Ramstein tätig. Zur Rede gestellt,
antwortete Ott, es handle sich nicht um einen Herrn Ramstein, sondern um Herrn
Zumstein. Dieser hatte jedoch weder Ott beauftragt, Obstwein-Champagner zu
bestellen, noch von ihm solchen erhalten.
B. - In Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils des Gerichtspräsidenten von
Aarberg erklärte das Obergericht des Kantons Bern Ott am 20. Oktober 1950 des
Betruges schuldig und verurteilte ihn zu zehn Tagen Gefängnis.
C. - Ott führt Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, er sei von Schuld und
Strafe freizusprechen, eventuell sei die Sache zu neuer Beurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.
Aus den Erwägungen:
Wer einen andern nur durch eine einfache Lüge täuscht, handelt nach der
Rechtsprechung des Kassationshofes
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dann nicht arglistig im Sinne des Art. 148 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 148 - 1 Wer, obschon er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist, eine ihm vom Aussteller überlassene Check- oder Kreditkarte oder ein gleichartiges Zahlungsinstrument verwendet, um vermögenswerte Leistungen zu erlangen und den Aussteller dadurch am Vermögen schädigt, wird, sofern dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer, obschon er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist, eine ihm vom Aussteller überlassene Check- oder Kreditkarte oder ein gleichartiges Zahlungsinstrument verwendet, um vermögenswerte Leistungen zu erlangen und den Aussteller dadurch am Vermögen schädigt, wird, sofern dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.207 |
Lüge ohne besondere Mühe überprüfen kann, ihm die Überprüfung zuzumuten ist
und der Täter ihn weder absichtlich davon abhält noch nach den Umständen
voraussieht, dass der Getäuschte die Überprüfung unterlassen werde (BGE 72 IV
1:3, 123, 128, 159).
Diese Rechtsprechung hilft dem Beschwerdeführer nicht. Entgegen der Auffassen
des Beschwerdeführers war von Dach nicht zuzumuten, sich vor der Lieferung der
Ware bei der Firma La Ménagère zu erkundigen, ob sie einen Vizedirektor mit
Namen Ramstein habe und ob dieser dem Beschwerdeführer wirklich Auftrag
erteilt habe, fünfzehn Flaschen Obstschaumwein zu bestellen. Der
Beschwerdeführer war nicht irgend ein Unbekannter von Dach kannte ihn als
Coiffeurgehilfen des Geschäftes Kiener, in dem er Kunde war, und brauchte
daher nicht zu vermuten, dass der Beschwerdeführer ihn anlüge. Die
Darstellung, die der Beschwerdeführer gab, klang an sich nicht unglaubwürdig.
Da der Beschwerdeführer jeden Abend nach Murten fuhr, lag es nicht abseits
normalen Geschehens, dass ihn eine in Murten wohnende Person beauftragte,
fünfzehn Flaschen Obstschaumwein mitzubringen, statt dass sie diese Ware
persönlich bestellte und sie mit der Bahn oder der Post zustellen liess. Dass
der Beschwerdeführer sich in sehr schlechter finanzieller Lage befand und von
Dach ihm keinen Kredit eingeräumt hätte, ändert nichts; von Dach brauchte
daraus nicht den Verdacht zu schöpfen, dass der Beschwerdeführer ihm hinters
Licht führe. Von Dach durfte im Gegenteil annehmen, der finanziell schlecht
stehende Beschwerdeführer trinke nicht selber Obstschaumwein die Behauptung,
ein anderer habe ihn beauftragt, dieses Getränk zu beziehen, leuchtete ein.
Dazu kommt, dass sich Geschäftsleute nicht wegen jeder verhältnismässig
kleinen Bestellung erkundigen können, ob der angebliche Besteller tatsäehlich
lebt und zur Zahlung bereit ist; durch solche Erkundigungen liefen sie Gefahr,
die Kundschaft vor den Kopf zu stossen. Es
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ist denn auch nicht Brauch, unter Umständen, wie sie hier vorlagen, zu
misstrauen. Der Beschwerdeführer selber hat nicht angenommen, dass sich von
Dach erkundigen werde, sondern im Gegenteil darauf spekuliert, dass die
Täuschung vor der Übergabe der Ware unentdeckt bleibe. Sonst wäre nicht zu
verstehen, weshalb er nach seiner eigenen Behauptung noch anlässlich der
Lieferung von Herrn Ramstein sprach. Er hat von Dach arglistig getäuscht.