S. 288 / Nr. 42 Erbrecht (d)

BGE 75 II 288

42. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. Oktober 1949 i. S.
Gut gegen Gut.

Regeste:
1. Einrede der abgeurteilten Sache im Berufungsverfahren, wenn das frühere
rechtskräftige Urteil ein kantonales ist, Schranken der Überprüfungsbefugnis
des Bundesgerichts.
Das Begehren auf gerichtliche Wahrung eines allfälligen zukünftigen Anspruchs
ist nicht identisch mit diesem Anspruch selbst.
2. Erbteilungsklage im Gegensatz zu Erbschaftsklage. Ein früherer
Teilungsprozess steht einer zweiten Teilungsklage mit Bezug auf seither zum
Vorschein gekommenes Vermögen nicht entgegen.
1. Exception de chose jugée dans la procédure de recours en réforme dans le
cas où le précédent jugement passé en force de chose jugée est un jugement
cantonal, limites du pouvoir d'examen du Tribunal fédéral.
La demande tendant à faire réserver par le tribunal une

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éventuelle prétention future est autre chose que cette prétention elle-même.
2. L'action en partage' par opposition à l'action en pétition d'hérédité. Un
procès en partage antérieur ne s'oppose pas à une seconde action en partage
relative à des biens découverts après coup.
1. Eccezione della cosa giudicata nella procedura di ricorso per riforma,
quando la precedente sentenza passata in giudicato è una sentenza cantonale;
limiti del sindacato del Tribunale federale.
La domanda volta ad ottenere che il tribunale riservi un'eventuale futura
pretesa non s'identifica con la pretesa stessa.
2. L'azione di divisione in contrapposto con la petizione d'eredità. Una causa
di divisione anteriore non si oppone ad una seconda causa di divisione
relativa a beni scoperti ulteriormente.

Im Jahre 1939 erhob Elise Gut gegen ihre Stiefmutter und ihren Bruder als
Miterben an der väterlichen Hinterlassenschaft Erbteilungsklage, mit der sie
u. a. verlangte, der Nachlassbestand sei auf Fr. 491218.57 festzustellen und
zu teilen, für Fehlendes Ersatz zu leisten und (Ziff. 15) es seien der
Klägerin alle Ansprüche auf noch zu eruierendes Erbschaftsvermögen zu wahren.
Die kantonalen Gerichte stellten die Erbmasse auf Fr. 299293.77 fest,
verurteilten die Beklagten zur Herausgabe sämtlicher in ihrem Besitz
befindlicher Erbschaftswerte an die Erbengemeinschaft und zum Ersatz für
Fehlendes, ordneten die Teilung an und wiesen alle weitergehenden Begehren der
Parteien ab. Die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil wies das
Bundesgericht ab. Als in der Folge neue Erbschaftswerte, nämlich Fr. 23000.­
in Obligationen, zum Vorschein kamen, leitete Elise Gut im Jahre 1948 gegen
den Bruder eine neue Klage auf Teilung auch dieser Werte bzw. Ersatzleistung
für nicht mehr Vorhandenes ein.
Der Beklagte erhob in erster Linie die Einrede der abgeurteilten Sache mit der
Begründung, im früheren Teilungsprozesse sei das Begehren der Klägerin um
Wahrung ihrer Teilungsansprüche auf noch zu eruierendes Erbschaftsvermögen
abgewiesen worden. Ferner machte er Verjährung der Klage gemäss Art. 600
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 600 - 1 L'action en pétition d'hérédité se prescrit contre le possesseur de bonne foi par un an à compter du jour où le demandeur a eu connaissance de son droit préférable et de la possession du défendeur; en tout cas, par dix ans, qui courent dès le décès ou dès l'ouverture du testament.
1    L'action en pétition d'hérédité se prescrit contre le possesseur de bonne foi par un an à compter du jour où le demandeur a eu connaissance de son droit préférable et de la possession du défendeur; en tout cas, par dix ans, qui courent dès le décès ou dès l'ouverture du testament.
2    Elle ne se prescrit que par trente ans contre le possesseur de mauvaise foi.
ZGB
geltend.

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Das Obergericht verwarf diese Einreden, hiess die Klage gut und verurteilte
den Beklagten zur Zahlung von Fr. 11643.65 nebst Zins.
Mit der vorliegenden Berufung an das Bundesgericht hält der Beklagte an den
erwähnten Einreden fest. Hierüber zieht das Bundesgericht
in Erwägung:
2. ­ Im ersten Prozess hatten sich weder das Amts- noch das Obergericht zum
Klagebegehren 15, a es seien der Klägerin alle Ansprüche auf noch zu
eruierendes Erbschaftsvermögen gerichtlich zu wahren », in ihren Erwägungen
ausgesprochen. Formell wurde dieses Begehren jedoch von der üblichen Formel
des Dispositivs umfasst, wonach mit allen weitern Begehren die Parteien
abgewiesen sind. Gegen diese Abweisung ihres Begehrens Nr. 15 durch das
Amtsgericht hatte die im übrigen obsiegende Klägerin nicht an das Obergericht
appelliert. Die Rechtskraft der Abweisung dieses Klagebegehrens beruht somit
nicht auf bundesgerichtlichem, sondern auf kantonalem Urteil. Die Einrede der
abgeurteilten Sache untersteht mithin nicht in ihrem ganzen Umfange dem
Bundesrecht (BGE 16, 768; 56 II 207), sondern grundsätzlich dem kantonalen
Recht, jedoch mit dem Vorbehalt, dass, falls ein bundesrechtlicher
Rechtsanspruch in Frage steht und das kantonale Gericht ihn in Gutheissung der
exceptio rei iudicatae abgewiesen hat, das Bundesgericht im Berufungsverfahren
prüfen kann und muss, ob die Voraussetzung der Identität der Ansprüche und der
Parteien erfüllt ist. Dahin ist der Sinn der Rechtsprechung über die
Abgrenzung des Anwendungsgebietes des kantonalen und des Bundesrechts
bezüglich dieser Einrede zusammenzufassen (BGE 16, 768; 17, 328; 30 II 543, 31
II 164
, 56 II 206, 66 II 56, 71 II 283; WEISS, Berufung S. 25; BIRCHMEIER,
Bundesrechtspflege, S. 81). Was vom Standpunkt des Bundesrechtes aus
verhindert werden muss, ist, dass eine Partei der Möglichkeit beraubt werde,
einen

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bundesrechtlichen Anspruch geltend zu machen, wenn dieser ­ nach dem hiefür
massgebenden Bundesrecht ­ mit einem bereits rechtskräftig beurteilten
Anspruch nicht identisch ist und damit die wesentliche Voraussetzung und ratio
der Regel « ne bis in idem » fehlt (BGE 30 II 545). Die in BGE 34 II 626 ohne
nähere Begründung vertretene Auffassung, wonach das Bundesgericht die Regel «
ne bis in idem » immer dann, sogar von Amtes wegen, anzuwenden habe, wenn der
im Streite liegende Anspruch bereits Gegenstand eines rechtskräftig gewordenen
kantonalen Entscheides gebildet hat, geht über den Rahmen des Interesses
hinaus, das dieser Regel vom Standpunkt des Bundesrechts aus zukommt, und ist
mit Recht von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht beibehalten worden.
Im vorliegenden Falle, wo die Vorinstanz die Einrede der abgeurteilten Sache
verworfen hat, ist somit der Berufungskläger nicht berechtigt, die Frage vor
Bundesgericht wieder aufzuwerfen.
Wäre es übrigens anders, so müsste die Einrede mangels Identität der Ansprüche
verworfen werden. Was von der Klägerin im früheren Prozesse im Rechtsbegehren
15 verlangt und von den Vorinstanzen abgewiesen wurde, ist eine vorsorgliche
Wahrung eines allfälligen zukünftigen Teilungsanspruchs an neu zum Vorschein
kommendem Erbschaftsvermögen, während sie im neuen Prozess diesen
Teilungsanspruch selbst geltend macht. Das Recht hiezu hat sie ohnehin von
Gesetzes wegen (Art. 604
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 604 - 1 Chaque héritier a le droit de demander en tout temps le partage de la succession, à moins qu'il ne soit conventionnellement ou légalement tenu de demeurer dans l'indivision.
1    Chaque héritier a le droit de demander en tout temps le partage de la succession, à moins qu'il ne soit conventionnellement ou légalement tenu de demeurer dans l'indivision.
2    À la requête d'un héritier, le juge peut ordonner qu'il soit sursis provisoirement au partage de la succession ou de certains objets, si la valeur des biens devait être notablement diminuée par une liquidation immédiate.
3    Les cohéritiers d'un insolvable peuvent, aussitôt la succession ouverte, requérir des mesures conservatoires pour la sauvegarde de leurs droits.
ZGB); sowenig dieser gesetzliche Anspruch auf Teilung
durch eine vorsorgliche Wahrung für den hypothetischen Fall verstärkt worden
wäre, so wenig ist er durch die Ablehnung derselben aufgehoben bzw. die
Klägerin von dessen Geltendmachung ausgeschlossen worden, nachdem nun die
Voraussetzung ­ Auffindung neuen Erbschaftsvermögens ­ eingetreten ist. Beim
Gegenstand der früheren Abweisung und der heutigen Gutheissung handelt es sich
mithin keineswegs um a idem », weshalb die vorliegende Situation mit der
fraglichen Einrede nichts zu tun hat.

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3. ­ Mit Recht hat die Vorinstanz auch die Einrede der Verjährung gemäss Art.
600
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 600 - 1 L'action en pétition d'hérédité se prescrit contre le possesseur de bonne foi par un an à compter du jour où le demandeur a eu connaissance de son droit préférable et de la possession du défendeur; en tout cas, par dix ans, qui courent dès le décès ou dès l'ouverture du testament.
1    L'action en pétition d'hérédité se prescrit contre le possesseur de bonne foi par un an à compter du jour où le demandeur a eu connaissance de son droit préférable et de la possession du défendeur; en tout cas, par dix ans, qui courent dès le décès ou dès l'ouverture du testament.
2    Elle ne se prescrit que par trente ans contre le possesseur de mauvaise foi.
ZGB verworfen. Es handelt sich, entgegen der Auffassung des
Berufungsklägers, nicht um eine Erbschaftsklage. Solange die Erbengemeinschaft
besteht, ist unter Miterben für eine Erbschaftsklage gemäss Art. 598 ff
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 598 - 1 L'action en pétition d'hérédité appartient à quiconque se croit autorisé à faire valoir, comme héritier légal ou institué, sur une succession ou sur des biens qui en dépendent, des droits préférables à ceux du possesseur.
1    L'action en pétition d'hérédité appartient à quiconque se croit autorisé à faire valoir, comme héritier légal ou institué, sur une succession ou sur des biens qui en dépendent, des droits préférables à ceux du possesseur.
2    ...507
. ZGB
kein Raum (BGE 69 II 366). Übrigens wäre auf Grund der tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz der Beklagte als bösgläubig zu betrachten,
sodass die Verjährungsfrist 30 Jahre betrüge (Art. 600 Abs. 2). Die Vorinstanz
hat die Klage mit Recht als eine unverjährbare Erbteilungsklage behandelt
(vgl. darüber das frühere Urteil des Bundesgerichts vom 13. März 1941, Erw. 4,
und BGE 45 I 305; 69 II 366). Der Umstand, dass bereits früher ein
Teilungsprozess stattgefunden hat, steht selbstverständlich einer zweiten
Teilungsklage mit Bezug auf später zum Vorschein gekommenes, als zur Erbschaft
gehörig angesprochenes Vermögen nicht entgegen. Solange Erbschaftsvermögen
vorhanden ist, das noch nicht in eine Teilung einbezogen ist, besteht
hinsichtlich desselben die Erbengemeinschaft weiter und kann dessen Teilung
mit der Erbteilungsklage verlangt werden. Eine Realteilung der streitigen
Obligationen kommt allerdings nicht mehr in Frage, da der Beklagte sie kurz
nach dem Tode des Vaters (am 9. Oktober 1936) verkauft hat. An ihre Stelle ist
jedoch in der Erbmasse von Rechts wegen nach dem Grundsatz der dinglichen
Surrogation der erzielte Erlös von Fr. 23,287.35 getreten (BGE 52 II 199; 69
II 370
).
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 75 II 288
Date : 01 janvier 1948
Publié : 27 octobre 1949
Source : Tribunal fédéral
Statut : 75 II 288
Domaine : ATF - Droit civil
Objet : 1. Einrede der abgeurteilten Sache im Berufungsverfahren, wenn das frühere rechtskräftige Urteil...


Répertoire des lois
CC: 598 
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 598 - 1 L'action en pétition d'hérédité appartient à quiconque se croit autorisé à faire valoir, comme héritier légal ou institué, sur une succession ou sur des biens qui en dépendent, des droits préférables à ceux du possesseur.
1    L'action en pétition d'hérédité appartient à quiconque se croit autorisé à faire valoir, comme héritier légal ou institué, sur une succession ou sur des biens qui en dépendent, des droits préférables à ceux du possesseur.
2    ...507
600 
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 600 - 1 L'action en pétition d'hérédité se prescrit contre le possesseur de bonne foi par un an à compter du jour où le demandeur a eu connaissance de son droit préférable et de la possession du défendeur; en tout cas, par dix ans, qui courent dès le décès ou dès l'ouverture du testament.
1    L'action en pétition d'hérédité se prescrit contre le possesseur de bonne foi par un an à compter du jour où le demandeur a eu connaissance de son droit préférable et de la possession du défendeur; en tout cas, par dix ans, qui courent dès le décès ou dès l'ouverture du testament.
2    Elle ne se prescrit que par trente ans contre le possesseur de mauvaise foi.
604
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 604 - 1 Chaque héritier a le droit de demander en tout temps le partage de la succession, à moins qu'il ne soit conventionnellement ou légalement tenu de demeurer dans l'indivision.
1    Chaque héritier a le droit de demander en tout temps le partage de la succession, à moins qu'il ne soit conventionnellement ou légalement tenu de demeurer dans l'indivision.
2    À la requête d'un héritier, le juge peut ordonner qu'il soit sursis provisoirement au partage de la succession ou de certains objets, si la valeur des biens devait être notablement diminuée par une liquidation immédiate.
3    Les cohéritiers d'un insolvable peuvent, aussitôt la succession ouverte, requérir des mesures conservatoires pour la sauvegarde de leurs droits.
Répertoire ATF
30-II-530 • 31-II-158 • 34-II-623 • 45-I-302 • 52-II-195 • 56-II-203 • 66-II-55 • 69-II-357 • 71-II-282 • 75-II-288
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
tribunal fédéral • défendeur • autorité inférieure • action en partage successoral • question • communauté héréditaire • action en pétition d'hérédité • action en partage • masse successorale • ne bis in idem • condamné • pré • chose jugée • conclusions • emploi • décision • prescription • motivation de la décision • partage successoral • abeille
... Les montrer tous