S. 14 / Nr. 4 Familienrecht (d)

BGE 74 II 14

4. Urteil der II. Zivilabteilung vom 5. März 1948 i. S. Stoss gegen Beck und
Würsten.


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Regeste:
Unter welchen Voraussetzungen genügt das Gesuch um Abhaltung einer
Sühnverhandlung zur Wahrung einer bundesrechtlichen Klagefrist (z. B. der
Frist des Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1    Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
2    Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413
3    Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.
ZGB)? (Verdeutlichung der Praxis).
A quelles conditions la requête tendant à ce qu'une tentative de conciliation
ait lieu suffit-elle pour sauvegarder un délai d'action de droit fédéral (par
ex. le délai de l'art. 308 CC)? (Précisions apportées à la jurisprudence.).
A quali condizioni la domanda d'un esperimento di conciliazione è sufficiente
per salvaguardare un termine stabilito dal diritto federale per intentare
causa (p. es. il termine dell'art. 308 CC) (Chiarimento della giurisprudenza).

Am 31. Januar 1946 gebar die damals noch ledige Erstklägerin ein
aussereheliches Kind, den Zweitkläger. Am 23. September 1946 stellte der
Beistand des Kindes beim Gerichtspräsidenten von Saanen das Gesuch, der von
der Erstklägerin als Vater bezeichnete Beklagte sei vorzuladen, da die
Vaterschaft auf dem Gerichtsweg «erledigt >, werden müsse. Mit diesem Gesuche
reichte er ein Armutszeugnis für die Kläger ein. Bei ihrer Einvernahme vom 26.
September 1946 verlangte die Erstklägerin für sich und ihr Kind ausdrücklich
das Armenrecht zur Durchführung des Vaterschaftsprozesses gegen den Beklagten.
Der Gerichtspräsident verhörte ausser den Parteien einen Zeugen, zog die Akten
eines Strafverfahrens gegen den Beklagten bei und liess die
Blutgruppenuntersuchung durchführen. Mit Verfügung vom 20. Februar 1947
gewährte er den Klägern das Armenrecht. Der Appellationshof des Kantons Bern,
dem er die Akten gemäss Art. 78
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz
ZPO Art. 78 Grundsätze - 1 Eine Partei, die für den Fall ihres Unterliegens eine dritte Person belangen will oder den Anspruch einer dritten Person befürchtet, kann diese auffordern, sie im Prozess zu unterstützen.
1    Eine Partei, die für den Fall ihres Unterliegens eine dritte Person belangen will oder den Anspruch einer dritten Person befürchtet, kann diese auffordern, sie im Prozess zu unterstützen.
2    Die streitberufene Person kann den Streit weiter verkünden.
der bernischen ZPO überwies, bestätigte diese
Verfügung mit Entscheid vom 8. April, zugestellt am 23. April 1947.
Schon am 28. Januar 1947, d. h. noch vor Ablauf der Jahresfrist des Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1    Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
2    Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413
3    Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.

ZGB, hatte der Gerichtspräsident

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den Aussöhnungsversuch abgehalten und den Klägern die Klagebewilligung
erteilt.
Am 6. Mai 1947 reichte der vom Appellationshof bestellte Armenanwalt der
Kläger beim Amtsgericht Saanen die Vaterschaftsklage ein. Das Amtsgericht
hiess sie gut. Der Appellationshof des Kantons Bern hat am 30. September 1947
im gleichen Sinne entschieden. In der Urteilsbegründung wird u. a. gesagt, mit
dem Ladungsansuchen vom 23. September 1946 und dem Aussöhnungsversuch vom 28.
Januar 1947 sei die Frist des Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1    Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
2    Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413
3    Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.
ZGB nicht gewahrt worden, da die
Anrufung des Aussöhnungsrichters gemäss dem Plenarentscheide des
Appellationshofes vom 19. November 1943 (ZBJV 80 S. 278 ff.) mit dem
eigentlichen Prozessverfahren nicht in organischem Zusammenhang stehe und
daher nicht als Klageanhebung im Sinne von Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1    Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
2    Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413
3    Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.
ZGB gelten könne; dagegen
sei es zur Wahrung des in Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV begründeten Armenrechtsanspruches der
Kläger notwendig, die erwähnte Frist um die zur Abfassung der Klage
erforderliche Zeit über den Armenrechtsentscheid hinaus zu erstrecken, sodass
die am 6. Mai 1947, d. h. 13 Tage nach Zustellung des
appellationsgerichtlichen Armenrechtsentscheides eingereichte Klage nicht
verspätet sei.
Mit seiner Berufung an das Bundesgericht beantragt der Beklagte Abweisung der
Klage wegen Verwirkung. Das Bundesgericht verwirft diese Einwendung mit
folgender
Begründung:
1.- Ist eine Klage nach Bundesrecht bei Gefahr der Verwirkung innert einer
bestimmten Frist anzuheben, so gehört der Begriff der Klageanhebung nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtes dem Bundesrechte an.
Klageanhebung ist in solchen Fällen diejenige prozesseinleitende oder
vorbereitende Handlung des Klägers,

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mit der er zum ersten Mal in bestimmter Form für den von ihm erhobenen
Anspruch den Schutz des Richters anruft (vgl. namentlich BGE 42 II 101 ff. E.
3 und 4 und dort zit. frühere Entscheide, wobei statt BGE 38 II 747 BGE 38 I
747
zu lesen ist; BGE 63 II 170 f., 68 III 90). Als prozesseinleitende oder
vorbereitende Handlung kann selbstverständlich nur eine Vorkehr gelten, die im
kantonalen Prozessrecht vorgesehen ist. Ob die betreffende Vorkehr nach
kantonalem Recht die Streithängigkeit begründet oder nicht, und ob das
kantonale Recht sie obligatorisch oder nur fakultativ vorsieht, ist dagegen
unerheblich. Demgemäss anerkennt die angeführte Rechtsprechung das Gesuch um
Abhaltung einer Sühnverhandlung als Klageanhebung, soweit nach kantonalem
Recht der gerichtlichen Klage vorgängig ein Sühnbeamter angerufen werden muss
oder kann.
Dies gilt immerhin nur unter zwei Einschränkungen:
a) Wo das kantonale Recht vorschreibt, dass der gerichtlichen Klage nicht
bloss ein Sühnverfahren vorauszugehen habe, sondern dass der Kläger noch
vorher entweder Betreibung anheben oder ein Rechtbot zustellen lassen müsse,
kommen schon diese vorbereitenden Handlungen als Klageanhebung in Betracht und
kann der Kläger die ihm laufende Klagefrist nicht dadurch wahren, dass er den
Streit direkt beim Sühnbeamten anhängig macht (BGE 47 II 107 ff.).
b) Die Anrufung des Sühnbeamten bildet nur dann eine den Prozess einleitende
oder vorbereitende Handlung, wenn der Sühnbeamte gemäss kantonalem Recht die
Streitsache mangels Aussöhnung von Amtes wegen an das Gericht weiterzuleiten
hat (so für die Vaterschaftsklage § 267 der zürch. ZPO), oder wenn zwischen
dem Sühnverfahren und dem eigentlichen Prozessverfahren nach kantonalem Recht
ein Zusammenhang wenigstens in dem Sinne besteht, dass der Kläger den Streit
innert einer gewissen Frist nach Abschluss des. Sühnverfahrens vor den
urteilenden Richter bringen muss, um die

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Verwirkung des Klagerechts (BGE 67 II 70 ff.) oder sonstige Rechtsnachteile zu
vermeiden (vgl. BGE 40 III 435 /ó). Die gegenteilige Auffassung, die dem
Entscheide BGE 42 II 103 zugrunde liegt, ist abzulehnen; denn darnach könnte
der Kläger den gerichtlichen Austrag des Streites beliebig hinauszögern, was
das Bundesrecht mit seinen Klagefristen gerade verhindern will. Bei der
Vaterschaftsklage mag in der Regel freilich schon das eigene Interesse der
Kläger dafür sorgen, dass die gerichtliche Klage bald nach dem
fehlgeschlagenen Sühnversuch eingereicht wird. In andern Fällen (z. B. bei der
Klage auf Untersagung des Eheabschlusses, Art. 111
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 111 - 1 Verlangen die Ehegatten gemeinsam die Scheidung und reichen sie eine vollständige Vereinbarung über die Scheidungsfolgen mit den nötigen Belegen und mit gemeinsamen Anträgen hinsichtlich der Kinder ein, so hört das Gericht sie getrennt und zusammen an. Die Anhörung kann aus mehreren Sitzungen bestehen.
1    Verlangen die Ehegatten gemeinsam die Scheidung und reichen sie eine vollständige Vereinbarung über die Scheidungsfolgen mit den nötigen Belegen und mit gemeinsamen Anträgen hinsichtlich der Kinder ein, so hört das Gericht sie getrennt und zusammen an. Die Anhörung kann aus mehreren Sitzungen bestehen.
2    Hat sich das Gericht davon überzeugt, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung mit den Anträgen hinsichtlich der Kinder genehmigt werden kann, so spricht das Gericht die Scheidung aus.
ZGB, und bei der
Aberkennungsklage, Art. 83
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 83 - 1 Der Gläubiger, welchem die provisorische Rechtsöffnung erteilt ist, kann nach Ablauf der Zahlungsfrist, je nach der Person des Schuldners, die provisorische Pfändung verlangen oder nach Massgabe des Artikels 162 die Aufnahme des Güterverzeichnisses beantragen.
1    Der Gläubiger, welchem die provisorische Rechtsöffnung erteilt ist, kann nach Ablauf der Zahlungsfrist, je nach der Person des Schuldners, die provisorische Pfändung verlangen oder nach Massgabe des Artikels 162 die Aufnahme des Güterverzeichnisses beantragen.
2    Der Betriebene kann indessen innert 20 Tagen nach der Rechtsöffnung auf dem Weg des ordentlichen Prozesses beim Gericht des Betreibungsortes auf Aberkennung der Forderung klagen.161
3    Unterlässt er dies oder wird die Aberkennungsklage abgewiesen, so werden die Rechtsöffnung sowie gegebenenfalls die provisorische Pfändung definitiv.162
4    Zwischen der Erhebung und der gerichtlichen Erledigung der Aberkennungsklage steht die Frist nach Artikel 165 Absatz 2 still. Das Konkursgericht hebt indessen die Wirkungen des Güterverzeichnisses auf, wenn die Voraussetzungen zu dessen Anordnung nicht mehr gegeben sind.163
SchKG) besteht aber keine solche Gewähr für eine
beförderliche Anrufung des ordentlichen Richters. Die Mittel der Provokation
zur Klage und der Feststellungsklage, auf die der Entscheid BGE 42 II 103 /4
den Beklagten verweisen will, machen eine Frist für die Einleitung des
eigentlichen Prozessverfahrens schon deswegen nicht entbehrlich, weil unter
Umständen neben dem Beklagten auch Dritte, denen diese Mittel nicht zu Gebote
stehen, am raschen Austrag der Sache interessiert sind (so z. B. bei der
Kollokationsklage gemäss Art. 250
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 250 - 1 Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
1    Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
2    Will er die Zulassung eines anderen Gläubigers oder dessen Rang bestreiten, so muss er die Klage gegen den Gläubiger richten. Heisst der Richter die Klage gut, so dient der Betrag, um den der Anteil des Beklagten an der Konkursmasse herabgesetzt wird, zur Befriedigung des Klägers bis zur vollen Deckung seiner Forderung einschliesslich der Prozesskosten. Ein Überschuss wird nach dem berichtigten Kollokationsplan verteilt.
3    ...446
SchKG die am Prozess nicht beteiligten
Gläubiger). Hievon abgesehen widerspricht dem Zwecke der bundesgerichtlichen
Klagefristen nicht nur die Möglichkeit unbegrenzten Zuwartens mit der
gerichtlichen Klage, sondern auch schon die Möglichkeit, damit so lange
zuzuwarten, bis der Beklagte seinerseits einen Vorstoss unternimmt.
Soll die Anrufung des Sühnbeamten als prozesseinleitende oder vorbereitende
Handlung gelten, so ist dort, wo der Zusammenhang zwischen dem Sühn- und dem
eigentlichen Prozessverfahren in der erwähnten Weise durch eine Frist
hergestellt wird, überdies notwendig, dass der Kläger diese Frist auch
wirklich einhält. Hat er sie versäumt, ohne dadurch nach kantonalem
Prozessrecht geradezu das Klagerecht zu verlieren, und ist die

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bundesrechtliche Klagefrist unterdessen abgelaufen, so kann sich
allerhöchstens noch fragen, ob ihm in analoger Anwendung von Art. 139
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 139 - Haften mehrere Schuldner solidarisch, so verjährt der Regressanspruch jenes Schuldners, der den Gläubiger befriedigt hat, mit Ablauf von drei Jahren vom Tage an gerechnet, an welchem er den Gläubiger befriedigt hat und den Mitschuldner kennt.
OR eine
Nachfrist zu gewähren sei, wie das im Falle BGE 72 II 326 ff. geschehen ist.
2.- Im bernischen Prozessrecht ist der Aussöhnungsversuch bei der
Vaterschaftsklage wenn nicht obligatorisch, so doch jedenfalls fakultativ
vorgesehen (Art. 144
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz
ZPO Art. 144 Erstreckung - 1 Gesetzliche Fristen können nicht erstreckt werden.
1    Gesetzliche Fristen können nicht erstreckt werden.
2    Gerichtliche Fristen können aus zureichenden Gründen erstreckt werden, wenn das Gericht vor Fristablauf darum ersucht wird.
/145
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz
ZPO Art. 145 Stillstand der Fristen - 1 Gesetzliche und gerichtliche Fristen stehen still:
1    Gesetzliche und gerichtliche Fristen stehen still:
a  vom siebten Tag vor Ostern bis und mit dem siebten Tag nach Ostern;
b  vom 15. Juli bis und mit dem 15. August;
c  vom 18. Dezember bis und mit dem 2. Januar.
2    Dieser Fristenstillstand gilt nicht für:
a  das Schlichtungsverfahren;
b  das summarische Verfahren.
3    Die Parteien sind auf die Ausnahmen nach Absatz 2 hinzuweisen.
4    Vorbehalten bleiben die Bestimmungen des SchKG62 über die Betreibungsferien und den Rechtsstillstand.
ZPO). Dem Gesuch um Ladung zu dieser Verhandlung
haben keine andern Vorkehren vorauszugehen. Die Klagebewilligung, die dem
Kläger beim Misslingen des Aussöhnungsversuches gemäss Art. 153
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz
ZPO Art. 153 Beweiserhebung von Amtes wegen - 1 Das Gericht erhebt von Amtes wegen Beweis, wenn der Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen ist.
1    Das Gericht erhebt von Amtes wegen Beweis, wenn der Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen ist.
2    Es kann von Amtes wegen Beweis erheben, wenn an der Richtigkeit einer nicht streitigen Tatsache erhebliche Zweifel bestehen.
ZPO zu
erteilen ist, verliert ihre Wirkung gemäss Art. 155, wenn die Klage nicht
innert 6 Monaten angehoben wird, m.a.W. es besteht für die Einreichung der
gerichtlichen Klage eine Frist, deren Nichtbeachtung zwar nicht den Verlust
des Klagerechts, aber doch einen Rechtsnachteil zur Folge hat. Diese Frist
begann im vorliegenden Falle am 28. Januar 1947 und war also noch nicht
abgelaufen, als die Kläger am 6. Mai 1947 die Klageschrift einreichten. Das
Ladungsansuchen vom 23. September 1946 erfüllt daher alle Erfordernisse der
Klageanhebung im Sinne von Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1    Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
2    Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413
3    Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.
ZGB, sodass die Klage schon aus diesem
Grunde als rechtzeitig erhoben anzusehen ist. Indem die Vorinstanz a
vornehmlich aus rechtspolitischen Gründen» den a organischen Zusammenhang»
zwischen dem Aussöhnungsversuch des bernischen Rechts und dem eigentlichen
Prozessverfahren verneinte, stellte sie nicht etwa fest, dass der Kläger nach
bernischem Recht entgegen dem Wortlaut der ZPO nicht gehalten sei, die
gerichtliche Klage bei Gefahr des Hinfalls der Klagebewilligung innert 6
Monaten einzureichen. Ihre Argumentation läuft vielmehr darauf hinaus, dass
sie das Gesuch um Ladung zum Aussöhnungsversuch nicht als Klageanhebung im
Sinne des Bundesrechts anerkennen will, obwohl der Aussöhnungsversuch durch
die erwähnte Frist mit dem eigentlichen Prozessverfahren verbunden ist. Damit
setzt sie sich zur Rechtsprechung des Bundesgerichtes in

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Widerspruch, an der schon im Interesse der Rechtssicherheit festzuhalten ist.
Haben die Kläger die Vaterschaftsklage während der Jahresfrist des Art. 308
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1    Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
2    Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413
3    Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.

ZGB angehoben, so kann dahingestellt bleiben, ob diese Frist allenfalls auf
Grund von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV erstreckt werden könnte.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 74 II 14
Date : 01. Januar 1948
Published : 05. März 1948
Source : Bundesgericht
Status : 74 II 14
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Unter welchen Voraussetzungen genügt das Gesuch um Abhaltung einer Sühnverhandlung zur Wahrung...
Classification : Klarstellung der Rechtsprechung


Legislation register
BV: 4
OR: 139
SchKG: 83  250
ZGB: 111  308
ZPO: 78  144  145  153
BGE-register
38-I-743 • 38-II-747 • 40-III-431 • 42-II-98 • 47-II-107 • 63-II-167 • 67-II-70 • 68-III-89 • 72-II-326 • 74-II-14
Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
time limit • defendant • cantonal law • action to determine paternity • time within which the action must be brought • acts preparatory to the commission of an offence • federal court • intention • forfeiture • settlement procedure • appointment • month • decision • father • proceeding • cantonal legal court • statement of reasons for the adjudication • judicial agency • court and administration exercise • extension of time limit
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