S. 449 / Nr. 77 Rechtsgleichheit (d)

BGE 74 I 449

77. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung als staatsrechtlicher Kammer
vom 11. November 1948 i.S. Aerne gegen Schaufelberger und
Obergerichtspräsident des Kantons Appenzell A.-Rh.


Seite: 449
Regeste:
Rechtsöffnung; Einwendung der Tilgung der Schuld, Art. 81 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 81 - 1 Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft.
1    Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft.
2    Beruht die Forderung auf einer vollstreckbaren öffentlichen Urkunde, so kann der Betriebene weitere Einwendungen gegen die Leistungspflicht geltend machen, sofern sie sofort beweisbar sind.
3    Ist ein Entscheid in einem anderen Staat ergangen, so kann der Betriebene überdies die Einwendungen geltend machen, die im betreffenden Staatsvertrag oder, wenn ein solcher fehlt, im Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987159 über das Internationale Privatrecht vorgesehen sind, sofern nicht ein schweizerisches Gericht bereits über diese Einwendungen entschieden hat.160
SchKG: die
Auffassung, es komme hiefür nur die vor der Einleitung der Betreibung
geleistete Zahlung in Betracht, ist mit dem Gesetze nicht vereinbar.
Mainlevée. Exception tirée du payement de la dette, art. 81 Al. 1 LP:
l'opinion suivant laquelle l'exception n'est fondée que si le payement a eu
lieu avant l'introduction de la poursuite n'est pas conciliable avec le texte
de la loi.
Rigetto dell'opposizione. Eccezione di pagamento del debito (art. 81 cp. 1
LEF): la tesi, secondo cui una siffatta eccezione regge soltanto se il
pagamento è stato effettuato prima dell'inizio dell'esecuzione, è
inconciliabile col testo della legge.

Nachdem der Schuldner am Tage vor der Rechtsöffnungsverhandlung die auf
rechtskräftigem Urteil beruhende Forderung von Fr. 20.­ samt Zins und
Betreibungskosten beim Betreibungsamt bezahlt und dem Gläubiger per
Expressbrief hievon Mitteilung gemacht hatte, schrieb der Richter das
Rechtsöffnungsbegehren als zufolge Zahlung erledigt ab. In Gutheissung der
Appellation des Gläubigers hat der Obergerichtspräsident diesen Entscheid
aufgehoben und die definitive Rechtsöffnung erteilt. In der Begründung wird
ausgeführt, der Schuldner habe zwar vor dem erstinstanzlichen

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Rechtsöffnungsrichter den Beweis für die erfolgte Zahlung durch Vorlage der
Quittung des Betreibungsamtes geleistet. Zu Unrecht habe aber der Richter
deswegen Tilgung der Forderung angenommen; um diese Wirkung zu haben, hätte
die Zahlung vor der Einleitung der Betreibung erfolgt sein müssen. Denn bei
Beurteilung der Frage, ob der Rechtsvorschlag berechtigt gewesen sei oder
nicht, müsse auf den Tag des Zahlungsbefehls abgestellt werden.
Diesen Entscheid ficht der Schuldner mit der vorliegenden staatsrechtlichen
Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV an.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
Aus den Erwägungen:
Nach Art. 81
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 81 - 1 Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft.
1    Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft.
2    Beruht die Forderung auf einer vollstreckbaren öffentlichen Urkunde, so kann der Betriebene weitere Einwendungen gegen die Leistungspflicht geltend machen, sofern sie sofort beweisbar sind.
3    Ist ein Entscheid in einem anderen Staat ergangen, so kann der Betriebene überdies die Einwendungen geltend machen, die im betreffenden Staatsvertrag oder, wenn ein solcher fehlt, im Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987159 über das Internationale Privatrecht vorgesehen sind, sofern nicht ein schweizerisches Gericht bereits über diese Einwendungen entschieden hat.160
SchKG wird auf Grund eines vollstreckbaren Urteils definitive
Rechtsöffnung erteilt, «wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass
die Schuld seit Erlass des Urteils getilgt oder gestundet worden ist». Mit
dieser Vorschrift lässt sich die im Entscheid der Vorinstanz vom 28. August
1948 vertretene Auffassung, wonach zur Begründung der Einwendung der Tilgung
durch Zahlung nur die vor der Einleitung der Betreibung erfolgten Zahlungen
berücksichtigt werden können, nicht vereinbaren. Für eine derartige
Einschränkung des in Art. 81
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 81 - 1 Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft.
1    Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft.
2    Beruht die Forderung auf einer vollstreckbaren öffentlichen Urkunde, so kann der Betriebene weitere Einwendungen gegen die Leistungspflicht geltend machen, sofern sie sofort beweisbar sind.
3    Ist ein Entscheid in einem anderen Staat ergangen, so kann der Betriebene überdies die Einwendungen geltend machen, die im betreffenden Staatsvertrag oder, wenn ein solcher fehlt, im Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987159 über das Internationale Privatrecht vorgesehen sind, sofern nicht ein schweizerisches Gericht bereits über diese Einwendungen entschieden hat.160
SchKG verwendeten Begriffs der Tilgung bietet der
Wortlaut des Gesetzes keinen Anhaltspunkt. Die Einwendung muss bis zum
Aktenschluss vor dem Rechtsöffnungsrichter angebracht werden können.
Andernfalls wäre der Schuldner der Zwangsvollstreckung unterworfen' trotzdem
er im Verfahren selbst, in welchem darüber zu entscheiden ist, nachweist, dass
er tatsächlich bezahlt hat. Demnach ist der Rechtsöffnungsentscheid vom 28.
August 1948, soweit er die in Betreibung gesetzte Forderung von Fr. 20.­ samt
Zins (10 Rp.) und die Betreibungskosten betrifft, die am Tage vor der
Rechtsöffnungsverhandlung mit der Zahlung an das Betreibungsamt getilgt worden
sind, willkürlich...
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 74 I 449
Date : 01. Januar 1948
Published : 11. November 1948
Source : Bundesgericht
Status : 74 I 449
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : Rechtsöffnung; Einwendung der Tilgung der Schuld, Art. 81 Abs. 1 SchKG: die Auffassung, es komme...


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