S. 147 / Nr. 31 Eigentumsgarantie (d)

BGE 74 I 147

31. Urteil vom 29. April 1948 i. S. Witwe Lips-Meier und Konsorten gegen
Gemeinde Uitikon und Regierungsrat des Kantons Zürich.


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Regeste:
Eigentumsgarantie, Planung
Ausscheidung von Gebieten, in denen nur Bauten für landwirtschaftliche Zwecke
gestattet sind und Wohnhäuser nicht erstellt werden dürfen. Erfordernis der
gesetzlichen Grundlage für diesen Eingriff ins Privateigentum. Die im
zürcherischen Baugesetz enthaltenen Bestimmungen über Bebauungsplan,
Gesamtplan und Bauordnung (§§ 7, 8b und 68) ermächtigen die Gemeinden nicht
zur Ausscheidung von landwirtschaftlichen Gebieten.
Garantie de la propriété, plan d'aménagement.
Création de zones dans lesquelles ne sont autorisées que des constructions à
destination agricole et où des maisons d'habitation ne peuvent être
construites. Nécessité d'une base légale pour limiter le droit de propriété
privée. Les dispositions sur le plan d'aménagement, le plan d'ensemble et le
régime des constructions, qui figurent dans la loi zurichoise sur les
constructions, ne donnent pas aux communes le pouvoir de créer des zones
agricoles.
Garanzia della proprietà, piano regolatore.
Creazione di zone in cui sono autorizzate soltanto costruzioni di natura
agricola, escluse le case di abitazione. Necessità d'una base legale per
limitare la proprietà privata. Le norme in merito al piano regolatore, al
piano d'insieme e al regime delle costruzioni, che figurano nella legge
edilizia di Zurigo, non conferiscono ai comuni il potere di creare zone
agricole.

(Tatbestand gekürzt)
A. ­ Die Gemeinde Uitikon (Kt. Zürich), deren ganzes Gebiet dem kantonalen
Baugesetz für Ortschaften mit

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städtischen Verhältnissen vom 23. April 1893 (BG) untersteht, erliess am 13.
Oktober 1945 eine neue Bauordnung. Das Gemeindegebiet zerfällt danach in fünf
Zonen (§ 2), darunter eine Zone L, in der nur Bauten für land- und
forstwirtschaftliche Zwecke gestattet sind (§ 14).
Die Erben Meier sind Eigentümer eines Grundstücks, das auf der Grenze der
Gemeinden Uitikon und Birmensdorf in der «Grossmatt» liegt und rund 1500 a
umfasst. Die auf dem Gemeindegebiet von Uitikon gelegenen ca. 900 a, die nach
der früheren Bauordnung mit ein- und zweigeschossigen Wohnhäusern überbaut
werden durften, fallen nach der Bauordnung vom 13. Oktober 1945 in die Zone L.
Architekt Ph. Hauser beabsichtigt, auf dieser Liegenschaft eine Wohnkolonie
mit etwa 200 Einfamilienhäusern zu erstellen, und hat sich zu diesem Zweck ein
im Grundbuch vorgemerktes ganz oder teilweise abtretbares Kaufsrecht einräumen
lassen. In der Folge erwarben Ph. Hauser und weitere Personen in Ausübung
dieses Kaufsrechtes mehrere Parzellen.
Die Erben Meier, Ph. Hauser und die Erwerber von Parzellen reichten gegen die
neue Bauordnung von Uitikon einen Rekurs ein. Der Bezirksamt von Zürich hiess
diesen dahin gut, dass er die Bauordnung, soweit sie die Grundstücke der
Beschwerdeführer der Zone L zuteilte, aufhob und feststellte, dass diese
Grundstücke der Zone I (zweigeschossige, offene Bauweise) unterstellt seien.
Die Gemeinde Uitikon rekurrierte hiegegen an den Regierungsrat des Kantons
Zürich, welcher am 27. Februar 1947 den bezirksrätlichen Entscheid aufhob und
die neue Bauordnung der Gemeinde Uitikon vorbehaltlos genehmigte.
B. - Mit der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde beantragen die Erben
Meier, Architekt Ph. Hauser und sieben Käufer von Parzellen im Gebiete der
«Grossmatt» in Uitikon, der Entscheid des Regierungsrats des Kantons Zürich
vom 27. Februar 1947 sei wegen Verletzung der Eigentumsgarantie (Art. 4 KV)
und wegen Willkür (Art.

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4 BV) aufzuheben und der Regierungsrat sei anzuweisen, die Bauordnung der
Gemeinde Uitikon vom 13. Oktober 1945 nur unter der Bedingung zu genehmigen,
dass die Grundstücke der Beschwerdeführer aus der Landwirtschaftszone
ausgenommen und der Bauzone I zugeschieden werden; eventuell sei die Gemeinde
Uitikon anzuhalten, das Enteignungsverfahren gegen die Beschwerdeführer
einzuleiten, um das auf ihre Grundstücke gelegte Bauverbot gegen Entschädigung
zu enteignen. Zur Begründung wird geltend gemacht, die Schaffung einer
Landwirtschaftszone entbehre der gesetzlichen Grundlage und sei als materielle
Enteignung nur gegen Entschädigung zulässig.
C. - Der Regierungsrat des Kantons Zürich und die Gemeinde Uitikon beantragen
die Abweisung der Beschwerde.
D. - Das zürcherische Baugesetz für Ortschaften mit städtischen Verhältnissen
vom 23. April 1893 (Fassung vom 16. Mai 1943) bestimmt in:
§ 8 b . Wo das Bedürfnis es erfordert, stellt der Regierungsrat über das
Gebiet verschiedener Gemeinden unter Fühlungnahme mit ihren Behörden einen
Gesamtplan auf, in welchem das Verkehrsstrassennetz, die Grundlagen für die
Wasserversorgung und für die Ableitung der Abwasser, die für öffentliche
Anlagen erforderlichen Gebiete, die Industriegebiete, die land- und
forstwirtschaftlich benützten Gebiete und die Wohngebiete enthalten sind. Die
Bebauungspläne der Gemeinden haben sich diesem Gesamtplan anzupassen.
§ 68. Die Gemeinden sind verpflichtet, für das dem Baugesetz in vollem Umfange
unterstellte Gebiet Bauordnungen aufzustellen. Diese dürfen nicht hinter den
Anforderungen des Gesetzes zurückstehen, ausgenommen für Zonen, die in den
Bauordnungen als Industriegebiete ausgeschieden sind.
Um eine zweckmässige Überbauung einzelner Gebiete nach einheitlichen Plänen zu
ermöglichen, können in den Bauordnungen an Stelle der Abstandsvorschriften
Bestimmungen über das Mass der Ausnützung des Baugrundes aufgestellt werden...
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ­ Die Gemeinde Uitikon hat durch die Bauordnung vom 13. Oktober 1945 einen
Teil des Gemeindegebietes

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als land- und forstwirtschaftliches Gebiet (Zone L, nachfolgend kurz
Landwirtschaftszone genannt) bezeichnet und hat bestimmt, dass dort nur Bauten
für land- und forstwirtschaftliche Zwecke gestattet sind. Dadurch hat sie in
Bezug auf die Grundstücke dieses Gebietes die im Eigentum grundsätzlich
enthaltene Befugnis zu beliebiger Nutzung einschliesslich der Baufreiheit in
einem Masse beschränkt, wie es bisher in der Schweiz nicht gebräuchlich war.
Ob man es dabei mit einem Bauverbot zu tun hat, und zwar mit einem absoluten,
wie die Beschwerdeführer behaupten, ist angesichts der unbestrittenen
Tragweite der Bestimmungen über die Landwirtschaftszone ein müssiger Streit um
Worte. Rechtlich handelt es sich jedenfalls, und das ist allein von Bedeutung,
um eine öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung im Sinne von Art. 702
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 702 - Dem Bunde, den Kantonen und den Gemeinden bleibt es vorbehalten, Beschränkungen des Grundeigentums zum allgemeinen Wohl aufzustellen, wie namentlich betreffend die Bau-, Feuer- und Gesundheitspolizei, das Forst- und Strassenwesen, den Reckweg, die Errichtung von Grenzmarken und Vermessungszeichen, die Bodenverbesserungen, die Zerstückelung der Güter, die Zusammenlegung von ländlichen Fluren und von Baugebiet, die Erhaltung von Altertümern und Naturdenkmälern, die Sicherung der Landschaften und Aussichtspunkte vor Verunstaltung und den Schutz von Heilquellen.
ZGB.
2. ­ Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes steht die Eigentumsgarantie,
wie sie der Art. 4 der Zürcher KV gewährleistet, der Beschränkung des
Eigentumsrechts und namentlich des Rechts zum Bauen dann nicht entgegen, wenn
sie auf gesetzlicher Grundlage beruht, im öffentlichen Interesse liegt und,
sofern sie eine materielle Enteignung bildet (im Ergebnis einer Enteignung
gleichkommt), gegen Entschädigung erfolgt (BGE 69 I 241, 64 I 207, 60 I 270
und dort angeführte weitere Entscheide).
3. ­ Die Beschwerdeführer bestreiten vor allem, dass die Schaffung einer
Landwirtschaftszone auf einer gesetzlichen Grundlage beruhe.
a) Die Gemeinde Uitikon macht in der Vernehmlassung geltend, die Befugnis der
zürcherischen Gemeinden zum Erlass von Bauvorschriften und damit auch zur
Aufstellung einer Bauordnung mit Zoneneinteilung folge unmittelbar aus der
Gemeindeautonomie (Art. 48 KV). Diesen Standpunkt, den auch der Stadtrat von
Zürich in einer Eingabe an das Bundesgericht einnimmt, lehnt indessen der
Regierungsrat in der Beschwerdeantwort ausdrücklich ab mit der Bemerkung, er
und mit ihm die Praxis habe immer

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die Auffassung vertreten, dass der Kanton die Gesetzgebungsbefugnis auf dem
Gebiete des öffentlichen Baurechts durch den Erlass des kantonalen Baugesetzes
für sich in Anspruch genommen habe und dass die Kompetenz der Gemeinden zum
Erlass eigener Bauordnungen aus § 68 BG abzuleiten sei. Diese Ausführungen
erscheinen als zutreffend (vgl. BÜHLER, Zürcherische Gemeindebauordnungen S.
58/59; BRAUNSCHWEILER, Eingriffe in die freie Benutzung des Grundeigentums, S.
55/56); ihnen kann umso unbedenklicher beigepflichtet werden, als die
Bauordnung der Gemeinde Uitikon sich im Ingress auschliesslich auf die §§ 67,
68 und 79 a BG, nicht aber auf Art. 48 KV stützt.
b) Der Regierungsrat erblickt die gesetzliche Grundlage für die Schaffung von
Landwirtschaftszonen in Gemeindebauordnungen in den §§ 8 b und 68 BG. Das
Bundesgericht kann die Auslegung und Anwendung kantonaler
Gesetzesvorschriften, auch soweit sie das Eigentum aus öffentlichrechtlichen
Gründen beschränken, nicht frei, sondern lediglich aus dem beschränkten
Gesichtspunkt des Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV überprüfen (BGE 57 I 210, 60 I 273, 69 I 240). Es
fragt sich somit, ob aus den erwähnten Vorschriften des BG ohne Willkür die
Ermächtigung der Gemeinden zur Ausscheidung von Landwirtschaftszonen
abgeleitet werden kann.
4. ­ Das Baugesetz von 1893 beauftragte die Gemeinden in § 5 mit der
Aufstellung eines Grundplans (Katasterplans) und eines Bebauungsplans
(Übersichtsplans); ferner erklärte es sie in § 68 als befugt, für die Anlage
neuer und die Umgestaltung bestehender Quartiere besondere Bauordnungen zu
erlassen.
a) Während im Grundplan die bestehenden Verhältnisse (Strassen,
Liegenschaftsgrenzen, Gebäude, Leitungen usw.) darzustellen sind (§ 6), wird
durch den Bebauungsplan das weitere erforderliche Strassennetz bestimmt; er
soll die Hauptverkehrslinien nebst den bei fortschreitender Überbauung
erforderlichen öffentlichen Anlagen und

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Plätzen enthalten (§ 7). Anderes, etwa Vorschriften über die Bauweise oder
über die Ausscheidung von Wohn-, Geschäfts- und Industriequartieren, kann
nicht Inhalt des Bebauungsplanes sein. Er ist, wie der Regierungsrat bei
anderer Gelegenheit ausgeführt hat, vor allem ein Verkehrslinienplan und hat
selber keine (dauernde) Beschränkung des Grundeigentums zur Folge; diese
Wirkung haben erst die nach § 9 BG auf Grund des Bebauungsplans
festzusetzenden Bau- und Niveaulinien (Urteil des Bundesgerichts vom 23.
November 1942 i.S. Weber und Konsorten c. Zürich, nicht publiziert).
b) Was Inhalt der Bauordnungen sein kann, welche die Gemeinden gemäss § 68 BG
erlassen können, ist dieser Bestimmung, deren Inhalt und Tragweite von Anfang
als unklar empfunden wurde und deren systematische Einordnung nicht
einleuchtet (vgl. STÜSSI, Das neue Baugesetz, 1893, Anmerkung zu § 68), nicht
zu entnehmen. Die Gemeinden sind jedenfalls befugt, in ihren Bauordnungen
Bauvorschriften im engern Sinne, d.h. Vorschriften über Anlage, Ausführung,
Unterhalt und Änderung der Bauten, wie sie die §§ 46 ff. BG enthalten,
aufzustellen (ZR 17 Nr. 159). Darüber hinaus haben die Gemeinden in den
Bauordnungen vor allem die Quartiergestaltung geregelt, indem sie bestimmte
Gebiete (Zonen) als ausgesprochene Wohnquartiere ausschieden, in denen die
Ausnützung des Grund und Bodens im Sinne der offenen und niedrigen Bauweise
beschränkt ist und Industrie-und Gewerbebauten grundsätzlich nicht gestattet
sind (BÜHLER a.a.O. S. 66/7). Der Regierungsrat hat, nach anfänglichem Zögern
(BÜHLER a.a.O. S. 68/9), solche Bauordnungen in ständiger Praxis genehmigt,
und das Bundesgericht hat diese Auslegung von § 68 BG als nicht willkürlich
erklärt (BGE 30 I 59 ff.). Wie weit die Gemeinden in ihren Bauzonenordnungen
das Grundeigentum beschränken durften, ist hier nicht zu prüfen, da auch der
Regierungsrat anerkennt, dass § 68 BG in der Fassung von 1893 die Gemeinden
jedenfalls nicht ermächtigte,

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unüberbaubare Gebiete im Sinne der heute streitigen Landwirtschaftszonen
auszuscheiden. Fragen kann sich nur, ob die Befugnis dazu aus den bei der
Teilrevision von 1943 vorgenommenen Änderungen des BG folgt.
5.- Die Entwürfe zur Totalrevision des BG enthielten sowohl über die
Bebauungspläne als auch über die Bauordnungen eingehende Bestimmungen, durch
die der Inhalt dieser von den Gemeinden zu setzenden Erlasse näher umschrieben
und gegenüber früher erheblich erweitert wurde (vgl. z.B. §§ 4 bis 13 des
regierungsrätlichen Entwurfes von 1929). Die geplante Totalrevision wurde dann
aber aus hier nicht zu erörternden Gründen aufgegeben, und es kam lediglich
zur Teilrevision von 1913. Bei dieser wurde die Bestimmung über den Inhalt des
Bebauungsplans (§ 7) überhaupt nicht geändert. Der Bebauungsplan ist somit
nach wie vor ein das Grundeigentum nicht beschränkender Verkehrslinien- oder
Strassenplan und kann keine Vorschriften über die Bauweise und die
Ausscheidung von Bauzonen, geschweige denn die Bezeichnung von
Landwirtschaftszonen enthalten. Geändert wurde dagegen die Bestimmung über die
Bauordnung (§ 68). Dabei wurde vor allem der Erlass von Bauordnungen, der den
Gemeinden bisher frei stand und sich auf einzelne Quartiere beschränken
konnte, nun zur Pflicht gemacht, und zwar für das ganze, dem BG im vollen
Umfange unterstellte Gebiet. Dagegen ist jedenfalls dem Wortlaut des neuen §
68 nicht zu entnehmen, dass die Gemeinden befugt wären, Landwirtschaftszonen
im vorliegend streitigen Sinne zu schaffen. Wohl geht aus § 68 hervor, dass
sie zur Ausscheidung von Industriegebieten ermächtigt sind. Unter solchen
versteht man indessen allgemein und, wie aus § 68 klar hervorgeht, auch hier
lediglich Gebiete, in denen das Bauen erleichtert ist in dem Sinne, dass neben
Wohnhäusern, die keineswegs verboten sind, auch gewerbliche Bauten erstellt
werden dürfen, wobei die Eigentümer von Wohnhäusern von Seiten der
Gewerbebetriebe ein in ausgesprochenen Wohnquartieren

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nicht erlaubtes Mass von lästigen Einwirkungen durch Lärm, Rauch usw.
hinzunehmen haben. Wenn daher gestützt auf § 68 BG Landwirtschaftsgebiete
ausgeschieden werden können, so jedenfalls nur im gleichen Sinne wie
Industriegebiete, nämlich als Gebiete, wo neben Wohnhäusern auch
landwirtschaftliche Gebäude erstellt werden dürfen und die Nachbarn mit den
Unannehmlichkeiten landwirtschaftlicher Betriebe rechnen müssen. Doch die
streitige Landwirtschaftszone in Uitikon hat nicht diesen Sinn; das Bauen soll
dort nicht erleichtert, sondern vielmehr erschwert werden, indem nur Bauten
für land- und forstwirtschaftliche Zwecke, nicht dagegen für Wohn- und
Gewerbezwecke gestattet sein sollen. Wenn mit der Revision von § 68 BG die
Ermächtigung zur Schaffung solcher Landwirtschaftszonen beabsichtigt gewesen
wäre, müsste dies irgendwie zum Ausdruck gekommen sein. Das ist jedoch nicht
der Fall. Weder Wortlaut und Sinn der Bestimmung, noch ihre
Entstehungsgeschichte, auf die im angefochtenen Entscheid verwiesen wird,
bieten den geringsten Anhaltspunkt für diese Auslegung. Im Gegenteil muss
daraus, dass die regierungsrätlichen Weisungen und Berichte zum Entwurf die
schon aus dem Wortlaut von § 68 BG ersichtlichen, viel weniger weit gehenden
Neuerungen aufzählen und erörteren, geschlossen werden, dass eine so
tiefgreifende Neuerung, wie die Schaffung von Landwirtschaftszonen, von denen
in § 68 überhaupt nicht die Rede ist, keineswegs beabsichtigt war. § 68 bildet
somit jedenfalls für sich allein keine hinreichende Grundlage für den
streitigen Eingriff in das Privateigentum.
Dies scheint auch der Regierungsrat anzunehmen. Er behauptet aber, dass § 68
in Verbindung mit § 8 b die erforderliche gesetzliche Grundlage ergebe. Diese
Bestimmung, die sich wörtlich schon in den Entwürfen zur Totalrevision findet,
schliesst an die Vorschrift über den Bebauungsplan an (§ 7). Daraus, aber auch
aus dem Inhalt von § 8 b ergibt sich, dass der vom Regierungsrat über das
Gebiet, verschiedener Gemeinden aufzustellende

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Gesamtplan in erster Linie, wie der Gemeindebebauungsplan, ein
Verkehrslinienplan ist. Wie dieser hat er denn auch, was im
regierungsrätlichen Bericht zum Entwurf wie auch im angefochtenen Entscheid
ausdrücklich bemerkt wird, für sich allein für den Grundeigentümer keinerlei
Verbindlichkeit. Diese Wirkung tritt erst ein, wenn die Gemeinden auf Grund
ihres dem Gesamtplan angepassten Gemeindebebauungsplans die Bau- und
Niveaulinien (§ 9) festgesetzt haben. Entsprechend wird auch die in § 8b BG
weiterhin als Inhalt des Gesamtplans erwähnte Ausscheidung von Wohn-,
Industrie- und Landwirtschaftsgebieten für die Grundeigentümer erst
verbindlich, wenn sie in einen Erlass der Gemeinde Eingang gefunden hat. Nimmt
die Gemeinde die Ausscheidung der verschiedenen Zonen auf Grund eines
regierungsrätlichen Gesamtplans vor, so fehlt es somit nicht an einer
gesetzlichen Grundlage. Anders, wenn die Gemeinde von sich aus zu solcher
Ausscheidung schreitet. § 8b räumt, und das hat seinen guten Sinn, unmittelbar
nur dem Regierungsrat eine Befugnis, nämlich zur Aufstellung eines
Gesamtplanes, ein. Dagegen lässt sich aus § 8b nicht ableiten, dass auch
Gemeinden, für die noch kein Gesamtplan vorlegt, zur Ausscheidung von
Landwirtschaftszonen ermächtigt wären. Das folgt nicht nur aus dem Wortlaut
und Sinn, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte, haben doch auch die
Entwürfe zur Totalrevision, welche diese Bestimmung schon enthielten, die
Ausscheidung von Landwirtschaftsgebieten dem regierungsrätlichen Gesamtplan
vorbehalten und in den Vorschriften über die von den Gemeinden aufzustellenden
Bebauungspläne und Bauordnungen nicht erwähnt.
Die Schaffung von Landwirtschaftszonen im streitigen Sinne, wodurch die
betroffenen Grundeigentümer auf eine bestimmte, die landwirtschaftliche
Nutzung ihrer Liegenschaften verpflichtet werden, ist, wie bereits ausgeführt,
ein ausserordentlich schwerer Eingriff in das Privateigentum und geht weit
über das hinaus, was in der Schweiz

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bisher als Öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung gebräuchlich war. Für
einen derartigen Eingriff bedarf es einer klaren Rechtsgrundlage. Im
vorliegenden Falle wird versucht, die Befugnis. der Gemeinden zu diesem
Eingriff aus Bestimmungen abzuleiten, von denen die eine nur der
Kantonsregierung Kompetenzen einräumt (§ 8b BG), während die andere den
Gemeinden nur beschränkte, die Schaffung von Landwirtschaftszonen keinesfalls
umfassende Befugnisse zuspricht (§ 68 BG). Diese Auslegung ist dermassen
fragwürdig, ja unhaltbar, dass vom Standpunkt der Eigentumsgarantie aus nicht
mehr von einer gesetzlichen Grundlage gesprochen werden kann.
6.- Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob die in der Schaffung
von Landwirtschaftszonen liegende Eigentumsbeschränkung einem öffentlichen
Interesse entspricht und nicht eine materielle Enteignung darstellt.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen dahin gutgeheissen, dass der
Beschluss des Regierungsrates des Kantons Zürich vom 27. Februar 1947
aufgehoben und der Regierungsrat angewiesen wird, bei der Genehmigung der
Bauordnung der Gemeinde Uitikon vom 13. Oktober 1945 festzustellen, dass § 2
lit. L und § 14 der Bauordnung auf die Grundstücke der Beschwerdeführer nicht
anwendbar sind.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 74 I 147
Date : 01. Januar 1948
Published : 28. April 1948
Source : Bundesgericht
Status : 74 I 147
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : Eigentumsgarantie, PlanungAusscheidung von Gebieten, in denen nur Bauten für landwirtschaftliche...


Legislation register
BV: 4
ZGB: 702
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30-I-59 • 57-I-207 • 60-I-268 • 64-I-205 • 69-I-234 • 74-I-147
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