S. 258 / Nr. 36 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 73 I 258

36. Urteil vom 19. September 1947 i. S. H. gegen eidg. Steuerverwaltung.

Regeste:
Warenumsatzsteuer: Die Steuerpflicht des Grossisten ist beschränkt auf die
Umsätze, die Gegenstand seines Geschäftsbetriebes bilden.
Impôt sur le chiffre d'affaires: L'obligation du grossiste d'acquitter l'impôt
est limitée aux seules opérations qui constituent l'activité propre de son
entreprise.
Imposta sulla cifra d'affari: L'obbligo del grossista di pagare l'imposta è
limitato alle operazioni che costituiscono l'attività propria della sua
azienda.


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A. ­ Die Beschwerdeführerin ist eine Kollektivgesellschaft, die in Zürich eine
Buchdruckerei betreibt. Sie ist seit 1. Oktober 1941 als Grossist im Sinne von
Art. 9 WUStB steuerpflichtig. Sie kaufte von G. eine Druckmaschine zur
Verwendung im eigenen Betrieb und bezahlte darauf die Warenumsatzsteuer. In
der Folge verwendete sie die Maschine aber nicht, sondern verkaufte sie
weiter. Sie machte geltend, dieser Verkauf sei nicht umsatzsteuerpflichtig,
weil er ein nicht zum Druckereibetrieb gehörendes Gelegenheitsgeschäft sei und
auch weil der gleiche Gegenstand nicht zweimal mit der Umsatzsteuer belegt
werden dürfe. Die eidg. Steuerverwaltung war damit nicht einverstanden und
entschied am 20. Februar 1946, dass die Beschwerdeführerin für die von ihr
gelieferte Druckmaschine einen Steuerbetrag von Fr. 1100.- nebst 3 %
Verzugszins seit 1. November 1945 zu entrichten habe.
Hiegegen erhob die Beschwerdeführerin Einsprache mit dem Antrag, es sei
festzustellen, dass sie für den Umsatz aus dem erwähnten Verkauf nicht
steuerpflichtig sei. Eventuell erhob sie Anspruch auf Rückvergütung der von
ihr beim Kauf der Maschine an den Verkäufer entrichteten Umsatzsteuer.
B. ­ Mit Entscheid vom 24. Mai 1947 hat die eidg. Steuerverwaltung die
Einsprache abgewiesen.
Sie führt aus, Gegenstand der vom Grossisten zu entrichtenden Steuer bildeten
gemäss Art. 13 Abs. 1 lit. a WUStB seine Lieferungen im Inland und der
Eigenverbrauch an Waren. Dabei könne es sich der Natur der Sache nach nur um
Lieferungen handeln, die er im Rahmen seines Unternehmens ausführe, da er nur
deswegen Grossist sei. Der Grossist unterliege der Abgabe für alle mit seiner
Unternehmertätigkeit zusammenhängenden Lieferungen, ohne dass die subjektive
Steuerpflicht in jedem Einzelfalle noch besonders festzustellen wäre; sie sei
gegeben, wenn die Voraussetzungen der Art. 9-11 WUStB erfüllt seien, und sei
mit dem Eintrag ins Grossistenregister generell

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festgelegt. Zum Geschäftszweck eines Unternehmens gehörten nicht nur die
Geschäfte, die es in erster Linie bezwecke (Grundgeschäfte), sondern auch alle
übrigen, die es mit sich bringe (Hilfsgeschäfte). Die Geschäftstätigkeit
umfasse neben dem Absatz derjenigen Gegenstände, deren Herstellung oder
Vertrieb das Unternehmen bezwecke, auch die Bewirtschaftung des gesamten dem
Betrieb gewidmeten Vermögens; darunter falle auch die Veräusserung von
Gegenständen des Anlagekapitals. Nicht dazu zählten lediglich solche
Geschäfte, die das Eigenleben und das Privatvermögen des Unternehmers
betreffen und mit seiner Unternehmertätigkeit nicht in Zusammenhang stehen;
als Kollektivgesellschaft besitze die Beschwerdeführerin aber nur
Betriebsvermögen. Die Druckmaschine sei als Produktionsmittel für das
Unternehmen erworben worden; ihre Veräusserung betreffe somit den
Geschäftsbereich und unterliege der Steuer.
Auf den subsidiären Antrag auf Rückvergütung der seinerzeit von G. auf die
Beschwerdeführerin überwälzten Umsatzsteuer könne nicht eingetreten werden,
weil der WUStB eine Rückerstattung bezahlter Steuern nur für den in Art. 23
umschriebenen Tatbestand vorsehe, der hier nicht vorliege. Die Steuer sei
damals zu Recht entrichtet worden, da die Beschwerdeführerin die Maschine
nicht zum Wiederverkauf, sondern für den eigenen Bedarf bezogen und daher kein
Anspruch auf steuerfreie Lieferung bestanden habe. Dass sie sie später weiter
veräusserte, ändere daran nichts; die seinerzeitige Steuerüberwälzung berühre
ihre eigene Steuerpflicht für die Weiterlieferung nicht.
C. ­ Mit rechtzeitiger verwaltungsgerichtlicher Beschwerde beantragt die
Beschwerdeführerin, dieser Entscheid sei aufzuheben und gemäss ihrem in der
Einsprache gestellten Antrag zu entscheiden.
Sie macht geltend, durch den angefochtenen Entscheid seien die Rechtssätze des
WUStB verletzt, weil danach eine subjektive Steuerpflicht nicht allgemein für
alle von

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einem Grossisten im Rahmen seines Unternehmens getätigten Umsätze bestehe,
sondern nur für diejenigen, die er als Grossist tätige. Händler oder
Hersteller und damit bei entsprechendem Umsatz Grossist sei, wer gewerbsmässig
Waren erwerbe und unverarbeitet weiter veräussere bzw. Waren herstelle.
Gewerbsmässig seien Umsätze, die in Erfüllung des Geschäftszweckes in einer
durch Wiederholung offenbarten, dem Gewerbebetrieb typischen Bereitschaft
getätigt würden (BGE 71 IV 115). Hier handle es sich nicht um einen solchen;
denn weder bezwecke die Beschwerdeführerin den Handel mit Druckmaschinen, noch
liege ein durch Wiederholung offenbarter, für ihren Gewerbebetrieb typischer
Umsatz vor. Da der WUStB die subjektive Steuerpflicht davon abhängig mache, ob
es sich um gewerbsmässige Umsätze handle, könnten in Art. 13 nur die im Rahmen
dieser subjektiven Steuerpflicht getätigten Umsätze gemeint sein; die Version
der eidg. Steuerverwaltung, dass «im Rahmen des Unternehmens» ausgeführte
Umsätze genügten, sei eine unzulässige extensive Interpretation des WUStB. Die
Eintragung im Grossistenregister könne niemals die über Sinn und Inhalt des
WUStB weit hinausgehende Wirkung haben, dass überhaupt alle vom Grossisten im
Rahmen seines Unternehmens getätigten Umsätze steuerpflichtig seien.
D. ­ Die eidg. Steuerverwaltung beantragt Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde gutgeheissen
in Erwägung:
Die Warenumsatzsteuer belastet den gesamten inländischen Warenverkehr mit
Ausnahme der wichtigsten Nahrungsmittel. Im Gegensatz zu gewissen
ausländischen Gesetzen, welche sie als sog. Allphasensteuer auf sämtlichen von
einer Ware durchlaufenen Umsätzen erheben, hat der WUStB sie als
Einphasensteuer und zwar als Grossistensteuer ausgestaltet; d. h. die Ware
soll auf dem Wege vom Hersteller zum Verbraucher grundsätzlich nur

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einmal erfasst werden, und als Moment hiefür ist der Verkauf vom letzten
Grossisten an den Detaillisten oder, wenn der Grossist selbst detailliert, an
den Konsumenten gewählt worden. Dieses System liegt sowohl dem zweiten
Abschnitt zugrunde, der die subjektive Steuerpflicht ordnet und sie im
Wesentlichen auf die Grossisten beschränkt ­ die Sonderregelung für die
Erzeugnisse der inländischen Urproduktion ist für den vorliegenden Fall ohne
Bedeutung ­, als auch dem dritten Abschnitt, der den Gegenstand der Steuer
umschreibt. Hier wird insbesondere das Einphasenprinzip gewahrt durch die
Kombination der Bestimmungen von Art. 13 Abs. 1 lit. a, wonach der Steuer die
Lieferung im Inland und der Eigenverbrauch von Waren durch Grossisten
unterliegen, und Art. 14 Abs. 1 lit. a, wonach die Engroslieferungen an
Grossisten von der Steuer befreit sind. Freilich lässt sich das
Einphasenprinzip nach der gewählten Methode nicht restlos durchführen und es
tritt eine doppelte Belastung ein, wenn die Grossistenkette durch einen
Nichtgrossisten unterbrochen wird; doch kann sie durch freiwillige Eintragung
des Nichtgrossisten in das Grossistenregister vermieden werden (HAGENBACH,
Kommentar zum WUStB, Art. 13, N. 1 a in fine). Grundsätzlich aber gilt, dass
die gleiche Ware nur einmal, beim Übergang vom letzten Grossisten zum
Detaillisten bzw. zum Verbraucher, besteuert werden soll; diesem Grundgedanken
ist bei der Auslegung der einzelnen Bestimmungen Rechnung zu tragen.
Hieraus folgt, dass eine Ware, die ihren Weg vom Hersteller zum Verbraucher
zurückgelegt hat und für welche die Umsatzsteuer entrichtet worden ist,
derselben nicht zum zweitenmal unterliegt, wenn derjenige, der sie zum
Verbrauch erworben hat, sie statt dessen infolge veränderter Umstände weiter
veräussert. Dabei kann es keinen Unterschied ausmachen, ob er im übrigen als
Grossist warenumsatzsteuerpflichtig ist oder nicht - dies auf alle Fälle dann,
wenn die betreffende Ware nicht in seinen Geschäftsbereich als Grossist fällt.
Zwar ist nach dem

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Buchstaben von Art. 13 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 17 WUStB jede
Lieferung irgend einer Ware durch einen Grossisten steuerpflichtig; allein
nach Sinn und Zweck der Bestimmung können damit nur Waren gemeint sein, in
Bezug auf welche er Grossist ist. Die eidg. Steuerverwaltung erklärt denn auch
im angefochtenen Entscheid: «Dabei kann es sich der Natur der Sache nach nur
um Lieferungen handeln, die der Grossist im Rahmen seines Unternehmens
ausführt; denn nur wegen des von ihm betriebenen Geschäftes oder Gewerbes,
nicht wegen seiner Person als solcher, ist er Grossist.» Folgerichtigerweise
muss aber diese Einschränkung nicht nur auf den Rahmen des Unternehmens,
sondern auf den Gegenstand des Geschäftes oder Gewerbes bezogen werden; denn
nur deswegen und dafür ist er Grossist. Dem entspricht es, wenn Art. 8 Abs. 1
lit. a WUStB als steuerpflichtig erklärt: «wer als Grossist im Inland Waren
liefert», und ebenso die Umschreibung der Gewerbsmässigkeit (für Händler und
Hersteller) in Art. 10 WUStB. Wenn auch die subjektive Steuerpflicht und der
Gegenstand der Steuer in besonderen Abschnitten umschrieben sind, so stehen
doch diese Bestimmungen in sachlichem Zusammenhang. Keinesfalls lässt sich aus
jener Trennung ableiten, dass, wer einmal Grossist ist, deswegen für alle
seine Umsätze steuerpflichtig sei, auch für solche, die nicht Gegenstand
seines Geschäftes (als Händler oder Hersteller) bilden. Die Bestimmung von
Art. 13 Abs. 2 WUStB, wonach der Besteuerung auch die Lieferungen des
Grossisten im Liquidationsverfahren, im Konkurs oder anlässlich eines
Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung unterliegen, bezieht sich
offensichtlich auf das Warenlager, für das er eben Grossist ist.
Die Beschwerdeführerin hat die Druckmaschine von G. unbestrittenermassen zum
Eigengebrauch erwerben und darauf die Umsatzsteuer entrichtet. Deren Verkauf
fällt nicht in den Bereich ihres Gewerbes als Grossist; denn sie handelt nicht
mit Druckmaschinen, sondern stellt Druckerzeugnisse her. Der Verkauf hat denn
auch den Charakter

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einer Ausnahme, die sich aus besonderen, sich kaum wiederholenden
Verumständungen ergeben hat. Die Beschwerdeführerin ist deshalb für den durch
den Verkauf der Maschine erzielten Umsatz nicht steuerpflichtig. Wie es sich
verhält, wenn gebrauchte Maschinen im Rahmen eines allgemeinen
Geschäftsgebrauches verkauft werden, nachdem sie beim ersten Erwerber ihre
bestimmungsgemässe Verwendung bereits gefunden hatten, ist hier nicht zu
prüfen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 73 I 258
Datum : 01. Januar 1947
Publiziert : 18. September 1947
Quelle : Bundesgericht
Status : 73 I 258
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Warenumsatzsteuer: Die Steuerpflicht des Grossisten ist beschränkt auf die Umsätze, die Gegenstand...


BGE Register
71-IV-113 • 73-I-258
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