BGE 72 III 6
3. Entscheid vom 12. Februar 1946 i.S. Keel.
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Regeste:
1. Schliesst das Bestehen einer Verfügungsbeschränkung i.S. von Art. 960 Ziff.
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 960 - 1 Verfügungsbeschränkungen können für einzelne Grundstücke vorgemerkt werden: |
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1 | Verfügungsbeschränkungen können für einzelne Grundstücke vorgemerkt werden: |
1 | auf Grund einer amtlichen Anordnung zur Sicherung streitiger oder vollziehbarer Ansprüche; |
2 | auf Grund einer Pfändung; |
3 | auf Grund eines Rechtsgeschäftes, für das diese Vormerkung im Gesetz vorgesehen ist, wie für die Anwartschaft des Nacherben. |
2 | Die Verfügungsbeschränkungen erhalten durch die Vormerkung Wirkung gegenüber jedem später erworbenen Rechte. |
hierüber allenfalls im Widerspruchsverfahren.
2. Aufhebung der Betreibung bei Zahlung an das Betreibungsamt (Art. 12
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 12 - 1 Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen. |
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1 | Das Betreibungsamt hat Zahlungen für Rechnung des betreibenden Gläubigers entgegenzunehmen. |
2 | Die Schuld erlischt durch die Zahlung an das Betreibungsamt. |
Zuständigkeit der Betreibungsbehörden und des Richters (Art. 85
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 85 - Beweist der Betriebene durch Urkunden, dass die Schuld samt Zinsen und Kosten getilgt oder gestundet ist, so kann er jederzeit beim Gericht des Betreibungsortes im ersteren Fall die Aufhebung, im letzteren Fall die Einstellung der Betreibung verlangen. |
der Zahlung durch einen Dritten.
1. L'existence d'une restriction du droit d'aliéner annotée en vertu de l'art.
960 ch. 1 CC fait-elle obstacle à la réalisation forcée de l'immeuble? Cette
question doit être tranchée dans la procédure de revendication.
2. Annulation de la poursuite lorsque le payement a lieu en mains de l'office
(art. 12 LP). Compétence des autorités de poursuite et du juge (art. 85 LP).
Cas d'un payement effectué par un tiers.
1. L'esistenza d'una restrizione del diritto di disporre annotata in virtù
dell'art. 960, cifra 1, CC è d'ostacolo alla realizzazione forzata del fondo?
Questa questione dev'essere decisa nella procedura di rivendicazione.
2. Annullamento dell'esecuzione quando il pagamento è stato fatto all'ufficio
(art. 12 LEF). Competenze delle autorità di esecuzione e del giudice (art. 85
LEF). Caso d'un pagamento fatto da un terzo.
A. Im Juni 1944 verkaufte Walter Düggelin dem Rekurrenten sein
landwirtschaftliches Heimwesen in Kirchberg zum Preise von Fr. 100,000.. Da
das kantonale Bodenamt am 10. August 1944 den Verkauf zum Preise von Fr.
100,000. nicht genehmigte und den höchstzulässigen Kaufpreis auf Fr.
94,000.festsetzte, weigerte sich Düggelin, zur Eigentumsübertragung Hand zu
bieten. Der Rekurrent erhob hierauf gegen ihn Klage mit dem Begehren, das
Eigentum an der verkauften Liegenschaft sei ihm gegen Zahlung von Fr.
94,000.zuzusprechen. Am 1. Februar 1945 erwirkte er ferner die Vormerkung
einer Verfügungsbeschränkung im Sinne von Art. 960 Ziff. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 960 - 1 Verfügungsbeschränkungen können für einzelne Grundstücke vorgemerkt werden: |
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1 | Verfügungsbeschränkungen können für einzelne Grundstücke vorgemerkt werden: |
1 | auf Grund einer amtlichen Anordnung zur Sicherung streitiger oder vollziehbarer Ansprüche; |
2 | auf Grund einer Pfändung; |
3 | auf Grund eines Rechtsgeschäftes, für das diese Vormerkung im Gesetz vorgesehen ist, wie für die Anwartschaft des Nacherben. |
2 | Die Verfügungsbeschränkungen erhalten durch die Vormerkung Wirkung gegenüber jedem später erworbenen Rechte. |
dass bis zur rechtskräftigen Erledigung des angehobenen Prozesses « die
Liegenschaft... nicht die Hand ändern noch belastet werden darf ».
B. Am 4. Mai 1945 leitete der Verband Schweiz. Darlehenskassen als Gläubiger
der Hypotheken I. und II. Ranges auf der streitigen Liegenschaft gegen
Düggelin
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für rückständige Hypothekarzinsen im Betrage von Fr. 2253.
Grundpfandbetreibung ein. Der Schuldner leistete keine Zahlung. Dagegen zahlte
am 20. November 1945 der Rekurrent beim Betreibungsamt den Betrag der
Betreibungsforderung samt Zinsen und Kosten ein. Da sich der Gläubiger im
Einverständnis mit dem Schuldner weigerte, diese Zahlung entgegenzunehmen,
erliess das Betreibungsamt am 24. November 1945 die Steigerungsanzeige.
Hiegegen beschwerte sich der Rekurrent mit dem Antrage, die angeordnete
Steigerung sei zu sistieren und die Betreibung als durch Zahlung erledigt
abzuschreiben. Von der kantonalen Aufsichtsbehörde mit Entscheid vom 4. Januar
1946 abgewiesen, erneuert er vor Bundesgericht seinen Beschwerdeantrag.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
1. Der Beschwerdeantrag auf Sistierung der angeordneten Steigerung und
Aufhebung der vorliegenden Betreibung lässt sich nicht etwa allein schon damit
begründen, dass die zugunsten des Rekurrenten vorgemerkte
Verfügungsbeschränkung die Zwangsverwertung der streitigen Liegenschaft
ausschliesse. Die als vorsorgliche Massnahme erlassene Verfügungsbeschränkung
kann sich nur auf die freiwillige Veräusserung und Belastung der Liegenschaft,
nicht dagegen auf deren Zwangsverwertung beziehen. Wollte man aber noch
annehmen, dass eine derartige Verfügungsbeschränkung unter Umständen auch ein
Hindernis für die Zwangsverwertung bilde, so wäre der Streit darüber, ob die
zugunsten des Rekurrenten bestehende Verfügungsbeschränkung der Verwertung der
streitigen Liegenschaft in der vorliegenden Betreibung im Wege stehe, nicht im
Beschwerdeverfahren, sondern im Widerspruchsverfahren auszutragen gewesen.
2.Wird Zahlung an das Betreibungsamt geleistet, BO ist es Sache der
Betreibungsbehörden (d.h. des Betreibungsamtes oder auf Beschwerde hin der
Aufsichtsbehörden),
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die Betreibung in entsprechendem Umfange aufzuheben. Voraussetzung ist dabei
jedoch, dass die geleistete Zahlung unzweifelhaft geeignet ist, die
Betreibungsforderung ganz oder teilweise zu tilgen. Bestehen über diese
zivilrechtliche Vorfrage Zweifel, so muss der Entscheid über die Aufhebung der
Betreibung dem Richter überlassen bleiben (Art. 85
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 85 - Beweist der Betriebene durch Urkunden, dass die Schuld samt Zinsen und Kosten getilgt oder gestundet ist, so kann er jederzeit beim Gericht des Betreibungsortes im ersteren Fall die Aufhebung, im letzteren Fall die Einstellung der Betreibung verlangen. |
Im vorliegenden Falle hat nicht der Schuldner, sondern ein Dritter die
Betreibungssumme beim Betreibungsamte einbezahlt, und zwar ist dies, wie aus
den Umständen und überdies aus den eigenen Erklärungen des Rekurrenten im
Beschwerdeverfahren hervorgeht, im Unterschied zu dem am 1. August 1893 vom
Bundesrat beurteilten Falle (Archiv für Schuldbetreibung und Konkurs 3 Nr. 37)
nicht etwa schenkungshalber, sondern in der Meinung geschehen, dass der
Schuldner dem Zahlenden seinerzeit den bezahlten Betrag zu ersetzen haben
werde. Mit seiner Zahlung wollte sich also der Rekurrent an die Stelle des
bisherigen Gläubigers setzen. Die Voraussetzungen, unter denen das Gesetz
ausserhalb des Schuldverhältnisses stehenden Personen die Möglichkeit
gewährleistet, gegen den Willen des Schuldners dem Gläubiger Zahlung zu
leisten und dann auf den erstern Rückgriff zu nehmen, sind jedoch beim
Rekurrenten nicht erfüllt. Insbesondere liegt der Tatbestand von Art. 110
Ziff. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 110 - Soweit ein Dritter den Gläubiger befriedigt, gehen dessen Rechte von Gesetzes wegen auf ihn über: |
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1 | wenn er eine für eine fremde Schuld verpfändete Sache einlöst, an der ihm das Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht zusteht; |
2 | wenn der Schuldner dem Gläubiger anzeigt, dass der Zahlende an die Stelle des Gläubigers treten soll. |
Eigentum noch ein beschränktes dingliches Recht im Sinne dieser Bestimmung
zusteht, Ebensowenig kann der Rekurrent geltend machen, dass sich der
Schuldner seine Einmischung unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne
Auftrag gefallen lassen müsse, da dessen Verbot nicht etwa als unsittlich oder
rechtswidrig erscheint (Art. 420 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 420 - 1 Der Geschäftsführer haftet für jede Fahrlässigkeit. |
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1 | Der Geschäftsführer haftet für jede Fahrlässigkeit. |
2 | Seine Haftpflicht ist jedoch milder zu beurteilen, wenn er gehandelt hat, um einen dem Geschäftsherrn drohenden Schaden abzuwenden. |
3 | Hat er die Geschäftsführung entgegen dem ausgesprochenen oder sonst erkennbaren Willen des Geschäftsherrn unternommen und war dessen Verbot nicht unsittlich oder rechtswidrig, so haftet er auch für den Zufall, sofern er nicht beweist, dass dieser auch ohne seine Einmischung eingetreten wäre. |
Rechtsmissbrauch dar, wenn sich der Schuldner einer Einmischung widersetzt,
die ihn nach der Meinung des Intervenienten mit einer Regresspflicht belasten
würde.
Hat der Schuldner demnach kaum zu befürchten, dass
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der vom Rekurrenten geplante Rückgriff Erfolg hätte, so bietet ihm doch auf
jeden Fall die Aussicht, in einen weitern Prozess verwickelt zu werden, einen
ernsthaften Grund, die Zahlung seiner Schuld durch den Rekurrenten abzulehnen.
Unter diesen Umständen steht es den Betreibungsbehörden nicht zu, die
vorliegende Betreibung als durch Zahlung erledigt aufzuheben.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.