S. 96 / Nr. 23 Strafgesetzbuch (d)

BGE 71 IV 96

23. Urteil des Kassationshofes vom 23. März 1945 i.S. Böhlen gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz.


Seite: 96
Regeste:
1. Art. 237
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
StGB ist auch anwendbar, wenn der öffentliche Verkehr durch
Motorfahrzeugführer oder andere dem MFG unterstehende Strassenbenützer
gehindert, gestört oder gefährdet wird. Die Strafbestimmungen des MFG gelten
in diesem Falle nicht (Art. 65 Abs. 4 MFG).
2. Art. 25 Abs. 1, Art. 27 MFG. Vorsichtspflicht des Vortrittsberechtigten.
3. Gefährdung des öffentlichen Verkehrs durch Verletzung von Art. 26 Abs. 2
MFG.
1. L'art. 237 CP s'applique aussi lorsque la circulation publique est
empêchée, troublée ou mise en danger par le conducteur d'un véhicule
automobile ou d'autres usagers de la route soumis à la loi sur la circulation
des automobiles et des cycles (LA). Dans ce cas, les dispositions pénales de
cette loi ne s'appliquent pas (art. 65 al. 4 LA).
2. Art. 25 al. 1, art. 27 LA. Devoir de prudence de celui qui a la priorité de
droite.
3. Mise en danger de la circulation publique par violation de l'art. 26 al. 2
LA.
1. L'art. 237 CP si applica anche allorquando la circolazione pubblica sia
impedita, perturbata o posta in pericolo dal conducente di un autoveicolo o da
parte di altri utenti della strada sottoposti alla logge sulla circolazione
dogli autoveicoli e dei velocipedi. In tal caso, le disposizioni penali della
citata logge (art. 65 cp. 4 LCAV) non sono applicabili.
2. Art. 25 cp. l, art. 27 LCAV. Diligenza di chi ha il diritto di precedenza.
3. Circolazione pubblica esposta a pericolo mediante violazione dell'art. 26
cp. 2 LCAV.

A. ­ Am Vormittag des 16. März 1942 führte Hans Böhlen innerorts einen
schweren Motorlastwagen mit Anhänger vom Bahnhof Pfäffikon gegen die
Kantonsstrasse Freienbach-Lachen, in der Absicht, nach links, Richtung Lachen,
in diese einzubiegen. In der Biegung, die er kurz nahm, fuhr er mit etwa 15
km/Std. Die Sicht Richtung Lachen behinderte ihm ein im Winkel zwischen
Bahnhofstrasse und Kantonsstrasse stehendes und bis an letztere
heranreichendes Gebäude. Böhlen bemerkte daher einen mit 44-47 km/Std. auf der
Kantonsstrasse von Lachen nach Freienbach fahrenden, von Werner Broger
geführten schweren Motorlastwagen mit Anhänger erst, als sein eigener
Motorwagen die Kantonsstrasse erreichte

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und jener des Broger der Einmündung der Bahnhofstrasse auf etwa 23 m nahe war.
Beide Führer versuchten ihre Fahrzeuge anzuhalten. Diese kamen indessen erst
zum Stehen, nachdem der Lastenzug Brogers dem von Böhlen geführten Motorwagen
mit Wucht vorn in die linke Seite gefahren war und ihn um etwa 6,5 m in der
Richtung Freienbach abgedreht hatte. Beide Motorwagen wurden erheblich
beschädigt. Georg Busti, der Mitfahrer Böhlens, wurde am Kopf und am linken
Arm leicht verletzt. Böhlen, Broger und dessen Mitfahrer Keller blieben
unverletzt.
B. ­ Am 22. August 1944 erklärte das Bezirksgericht Höfe die beiden Führer der
Übertretung des MFG und der MFV schuldig. Es büsste Böhlen mit Fr. 150.­ und
Broger mit Fr. 50.­. Böhlen erklärte die Berufung an das schwyzerische
Kantonsgericht. Dieses ging in seinem Urteil vom 15. Dezember 1944 davon aus,
dass die Übertretungen des MFG und der MFV verjährt seien und mangels
Strafantrages auch eine Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung (Art.
125
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 125 - 1 Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe182 bestraft.
1    Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe182 bestraft.
2    Ist die Schädigung schwer, so wird der Täter von Amtes wegen verfolgt.
StGB) und Sachbeschädigung (Art. 145
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB) nicht in Betracht komme.
Dagegen verurteilte es Böhlen wegen fahrlässiger Störung des öffentlichen
Verkehrs (Art. 237 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
StGB) zu einer Busse von Fr. 50.­. Das Verschulden
des Verurteilten erblickte es darin, dass er sein Vortrittsrecht unbekümmert
um die gegebenen Verkehrsverhältnisse habe durchsetzen wollen, statt in
Anbetracht der sehr schlechten Sicht auf die Kantonsstrasse die
Fahrgeschwindigkeit zu mässigen oder sich mindestens auf einen Sicherheitshalt
vorzubereiten.
C. ­ Gegen dieses Urteil hat Böhlen Nichtigkeitsbeschwerde an den
Kassationshof des Bundesgerichts erhoben mit dem Antrag auf Freisprechung. Er
bestreitet, mit übersetzter Geschwindigkeit in die Kantonsstrasse gefahren zu
sein, und beruft sich auf sein Vortrittsrecht. Der Zusammenstoss sei
ausschliesslich von Broger verschuldet worden, der die zulässige
Fahrgeschwindigkeit weit überschritten habe.

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D. ­ Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz beantragt die Abweisung der
Beschwerde.
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1. ­ Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der
Strasse, auf dem Wasser oder in der Luft hindert, stört oder gefährdet und
dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen in Gefahr bringt, wird mit
Gefängnis bestraft. Bringt der Täter dadurch wissentlich Leib und Leben vieler
Menschen in Gefahr, so kann auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren erkannt werden
(Art. 237 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
StGB). Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe
Gefängnis oder Busse (Art. 237 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
StGB).
Der Wortlaut dieser Bestimmung macht für die Tatbestände der Hinderung,
Störung oder Gefährdung des öffentlichen Verkehrs durch Motorfahrzeugführer
und andere dem Bundesgesetz über den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr
unterstehende Strassenbenützer keine Ausnahme. Auf diese Tatbestände wäre
daher Art. 237
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
StGB nur dann nicht anwendbar, wenn das MFG als Sondergesetz
betrachtet werden müsste, das dieser Bestimmung vorgeht. Das wäre an sich
möglich, weil es wie Art. 237
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
StGB den Verkehr auf der öffentlichen Strasse
schützt, allerdings im Gegensatz zu dieser Bestimmung schon dessen abstrakte,
aber damit wie Art. 237
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
StGB auch dessen konkrete Gefährdung bekämpft. Art. 65
Abs. 4 MFG lässt jedoch den Gesetzen, welche einen Tatbestand mit schwererer
Strafe bedrohen als das MFG, ausdrücklich den Vorrang; auf diese Tatbestände
soll nicht das MFG, sondern das die schwerere Strafe androhende Gesetz
angewendet werden.
Es ist denn auch kein Grund ersichtlich, weshalb die Führer von
Motorfahrzeugen und andere Strassenbenützer für die in Verletzung der
Verkehrsvorschriften des MFG oder der zugehörigen Vollziehungsverordnung
begangene Hinderung, Störung oder Gefährdung des öffentlichen

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Verkehrs milder bestraft werden sollten als irgend jemand, der sich gegen Art.
237
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
StGB vergeht, ohne jene Verkehrsvorschriften zu verletzen. Auf die
Besserstellung dessen, der durch eine Widerhandlung gegen das MFG oder die MFV
Leib und Leben von Menschen in Gefahr bringt, liefe es in der Tat hinaus, wenn
man auf ihn Art. 237
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
StGB nicht anwenden würde. Denn die Strafbestimmungen des
MFG und die allgemeine Bestimmung des Strafgesetzbuches Über die Gefährdung
des Lebens (Art. 129
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 129 - Wer einen Menschen in skrupelloser Weise in unmittelbare Lebensgefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
) sind milder als Art. 237
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
StGB. Art. 129 bedroht nur die
wissentlich und gewissenlos veranlasste Gefährdung, Art. 237 ausser der
vorsätzlichen auch die fahrlässige. Zudem droht Art. 237 in den Fällen, in
welchen der Täter wissentlich Leib und Leben vieler Menschen in Gefahr bringt,
strengere Strafe an als Art. 129.
Die Entstehungsgeschichte des Art. 237 bestätigt, dass eine Besserstellung der
Motorfahrzeugführer nicht beabsichtigt war. In der zweiten Expertenkommission
wurde darauf hingewiesen, dass diese Bestimmung (Art. 160 VE) geradezu aus
Abneigung gegen die Automobilisten entstanden sei (Protokoll 4 147). Damals
war allerdings das MFG noch nicht erlassen. Im Ständerat wurde dann aber
ausdrücklich erklärt, dass Fälle möglich seien, in welchen dieses Gesetz und
das Strafgesetzbuch unabhängig voneinander gelten; das eine werde durch das
andere nicht überflüssig (StenBull, Sonderausgabe 205).
2. ­ Der Beschwerdeführer ist nach Art. 237
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
StGB schon dann strafbar, wenn er
den öffentlichen Verkehr bloss gefährdet hat. Dass er darüber hinaus auch die
eingetretene Störung, den Zusammenstoss, der im wesentlichen auf die
übersetzte Geschwindigkeit des von Broger geführten Lastenzuges zurückzuführen
ist, mitverursacht habe, ist nicht erforderlich.
Wie sich jemand zu verhalten hat, um den öffentlichen Verkehr nicht zu
gefährden, beurteilt sich allgemein nach den Umständen und nach seinen
persönlichen Verhältnissen (Art. 18 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 18 - 1 Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben.
1    Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben.
2    War dem Täter nicht zuzumuten, das gefährdete Gut preiszugeben, so handelt er nicht schuldhaft.
StGB) und für den
Motorfahrzeugführer

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im besonderen nach den Verkehrsvorschriften des MFG und der MFV.
Da der Beschwerdeführer von rechts kam und das Vortrittsrecht des auf der
Hauptstrasse verkehrenden Motorfahrzeuges innerorts nicht gilt (BGE 65 I 52,
68 II 124), hatte er gegenüber Broger den Vortritt (Art. 27 MFG). Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichts hat jedoch auch der Vortrittsberechtigte so
vorsichtig zu fahren, als es die Umstände erfordern. Namentlich muss er
berücksichtigen, dass der Verkehr auf der Hauptverkehrsader dichter ist und
flüssiger sein darf als auf der einmündenden Nebenverkehrsader; der
Berechtigte darf den Vortritt nicht ausüben, wenn der Führer des anderen
Fahrzeuges nicht mehr in der Lage ist, ihn zu gewähren (BGE 61 I 216, 63 I
126
, 64 II 157, 66 I 118, 68 II 127). Der Beschwerdeführer hat indes entgegen
der Auffassung der Vorinstanz die Pflicht zur Mässigung der Geschwindigkeit,
die für ihn trotz seiner Vortrittsrechtes bestand, nicht verletzt. Dass er mit
mehr als 15 km/Std. in die Kantonsstrasse eingefahren sei, ist nicht
festgestellt. Eine Geschwindigkeit von 15 km/Std. aber war nach den Umständen
nicht übersetzt.
Dagegen trifft den Beschwerdeführer der Vorwurf, entgegen der Vorschrift des
Art. 26 Abs. 2 MFG die Biegung nach links kurz genommen zu haben. Seine
Behauptung, er habe dadurch einem aus der Kantonsstrasse von rechts in die
Bahnhofstrasse einbiegenden Pferdefuhrwerk ausweichen wollen, entschuldigt ihn
nicht. Wenn ihm der Weg versperrt war, musste er anhalten, bis er die Biegung
weit nehmen konnte. Seine Fahrweise hat für Leib und Leben von Menschen nicht
nur eine abstrakte, sondern, wie Art. 237
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
StGB es voraussetzt, eine konkrete
Gefahr geschaffen, d.h. die Verletzung oder Tötung von Personen nicht nur
objektiv möglich, sondern wahrscheinlich gemacht (vgl. BGE 58 I 216). Durch
das Schneiden der Biegung hat der Beschwerdeführer die Entfernung, aus welcher
er den Lastenzug Brogers und Broger den Lastenzug

Seite: 101
des Beschwerdeführers erstmals sehen konnte, verkürzt und den Schnittpunkt der
Fahrtahnen der beiden Motorwagen in der Richtung Lachen verlegt. Dadurch hat
er die Gefahr eines Zusammenstosses, wenn nicht erst geschaffen, zum mindesten
erhöht. Dass Broger, wie schon die Vorinstanz angenommen hat, einen bedeutend
grösseren Fehler begangen hat, schliesst die Bestrafung des Beschwerdeführers
für den eigenen nicht aus.
Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 71 IV 96
Datum : 01. Januar 1945
Publiziert : 23. März 1945
Quelle : Bundesgericht
Status : 71 IV 96
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : 1. Art. 237 StGB ist auch anwendbar, wenn der öffentliche Verkehr durch Motorfahrzeugführer oder...


Gesetzesregister
StGB: 18 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 18 - 1 Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben.
1    Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben.
2    War dem Täter nicht zuzumuten, das gefährdete Gut preiszugeben, so handelt er nicht schuldhaft.
125 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 125 - 1 Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe182 bestraft.
1    Wer fahrlässig einen Menschen am Körper oder an der Gesundheit schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe182 bestraft.
2    Ist die Schädigung schwer, so wird der Täter von Amtes wegen verfolgt.
129 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 129 - Wer einen Menschen in skrupelloser Weise in unmittelbare Lebensgefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
145 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
237
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 237 - 1. Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer vorsätzlich den öffentlichen Verkehr, namentlich den Verkehr auf der Strasse, auf dem Wasser, in der Luft oder auf der Schiene hindert, stört oder gefährdet und dadurch wissentlich Leib und Leben von Menschen oder fremdes Eigentum in Gefahr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
BGE Register
58-I-214 • 61-I-213 • 63-I-123 • 64-II-155 • 65-I-52 • 66-I-114 • 68-II-116 • 71-IV-96
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
kantonsstrasse • leben • kassationshof • strafgesetzbuch • vortritt • bundesgericht • innerorts • vorinstanz • automobil • verurteilter • busse • sorgfalt • sachverhalt • gefährdung des lebens • strafantrag • vorsatz • fahrzeugführer • strafanstalt • drohung • weiler • störung des öffentlichen verkehrs • bahnhof • kantonsgericht • schneider • expertenkommission • fahrender • verurteilung • luft • minderheit • verhalten • persönliche verhältnisse • hauptstrasse • wasser
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