S. 170 / Nr. 38 Verfahren (d)

BGE 71 IV 170

38. Auszug aus dem Entscheid der Anklagekammer vom 7. August 1945 i. S.
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen Staatsanwaltschaft des Kantons
Luzern.

Regeste:
1. Bei Leistung von Rechtshülfe auf Grund von Art. 352 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 352 - 1 Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981520 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
1    Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981520 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
2    Für den Austausch von Informationen zur Suche nach Vermissten, zur Identifizierung von Unbekannten und zu administrativen Zwecken gilt das DSG521.522
3    Das Bundesamt für Polizei kann den Zentralbüros anderer Staaten Informationen direkt vermitteln, wenn der Empfängerstaat den datenschutzrechtlichen Vorschriften von INTERPOL untersteht.
StGB wendet der
ersuchte Kanton sein eigenes Prozessrecht an. Dabei darf er es nicht
willkürlich auslegen und muss er nach gleichen Regeln handeln wie in
innerkantonalen Strafverfahren.
2. Es ist nicht willkürlich, § 149 des luzernischen Gesetzes über das
Strafrechtsverfahren dahin auszulegen, dass der Advokat wie das Zeugnis so
auch die Herausgabe jeder Art von Akten aus dem Verkehr mit seinem
Auftraggeber verweigern darf, wenn ihn letzterer nicht von der
Geheimhaltungspflicht entbindet
1. Lorsqu'il prête son assistance en vertu de l'art. 352 al. 1 CP, le canton
requis applique son propre droit de procédure. Mais, ce faisant, il n'est pas
en droit de l'interpréter arbitrairement et il doit procéder selon les règles
mêmes qu'il applique dans les causes pénales instruites sur son territoire.
2. Il n'est pas arbitraire d'interpréter le § 149 de la loi lucernoise de
procédure pénale en ce sens qu'un avocat, de même qu'il peut refuser de
témoigner, peut refuser de délivrer toute espèce de pièces reçues au cours des
rapports qu'il a eus avec son client, tant que celui-ci ne l'a pas délié du
secret professionnel.
1. Quando presta assistenza in virtù dell'art. 352 cp. 1 CP, il Cantone
applica il proprio diritto processuale. Ma, ciò facendo, non ha il diritto
d'interpretarlo arbitrariamente e deve procedere giusta le stesse regole
ch'esso applica nelle cause penali istruite sul suo territorio.
2. Non è arbitrario d'interpretare il § 149 della procedura penale lucernese
nel senso che un avocato, come può rifiutare di testimoniare, così può
rifiutare di consegnare i documenti ricevuti nel corso dei suoi rapporti col
cliente, fino a tanto che quest'ultimo non l'abbia liberato dall'obbligo del
segreto professionale.


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Aus dem Tatbestand:
A. - Die Bezirksanwaltschaft Zürich führt gegen Dr. Abegg eine Untersuchung
wegen leichtsinnigen Konkurses, dessen er sich als einziger Verwaltungsrat
einer Aktiengesellschaft schuldig gemacht haben soll. Die Untersuchungsbehörde
hegt Verdacht, Dr. Abegg habe ausserdem der in La Tour-de-Peilz (Waadt)
wohnenden Hauptaktionärin Sofie Engelhard gegenüber einen Betrug begangen und
sie nachträglich auf die Schritte ihres Anwaltes Dr. Oskar Hübscher hin als
Gläubigerin auf strafbare Weise begünstigt. Um den Geschäftsverkehr zwischen
Sofie Engelhard und Dr. Abegg abzuklären, ersuchte die Bezirksanwaltschaft
Zürich das Statthalteramt Luzern-Land am 6. Juni 1945 um die Bewilligung, die
diesen Verkehr betreffenden Akten durch einen zürcherischen Polizeikorporal
bei Dr. Hübscher in Luzern herauszuverlangen oder sie ihm auf dem Wege der
Haussuchung abzunehmen. Der Amtsstatthalter entsprach diesem Begehren in
Anwendung des luzernischen Prozessrechts in der Weise, dass er Dr. Hübscher
einvernahm und zur Herausgabe der Akten aufforderte. Dr. Hübscher stellte sich
auf den Standpunkt, die ihm unter Berufsgeheimnis anvertrauten Akten nur mit
Einwilligung der Sofie Engelhard oder auf Grund einer letztinstanzlichen
Verfügung der Untersuchungsbehörden aushändigen zu müssen. Bis es soweit sei,
hinterlege er sie unter Siegel beim Statthalteramt Luzern-Land. Davon nehme er
aber «seine Handakten beziehungsweise Korrespondenzen mit seiner Klientin»
aus; er behalte sie zurück. Der Amtsstatthalter nahm die von Dr. Hübscher
herausgegebenen Akten in Verwahrung und setzte Dr. Hübscher Frist, gegen die
Verfügung der Bezirksanwaltschaft Zürich das ihm gutscheinende Rechtsmittel zu
ergreifen, mit der Androhung, dass bei Versäumung der Frist oder Misserfolg
des Rechtsmittels die Akten nach Zürich gesandt würden.
Am 12. Juni beantragte Dr. Hübscher der

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Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, die Editionsverfügung des
Amtsstatthalters vom 6. Juni aufzuheben und die Rückgabe der hinterlegten
Akten anzuordnen. Die Staatsanwaltschaft hiess die Beschwerde am 27. Juni gut.
B. - Am 2. Juli 1945 stellte die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich bei der
Anklagekammer des Bundesgerichts unter Berufung auf Art. 352
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 352 - 1 Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981520 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
1    Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981520 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
2    Für den Austausch von Informationen zur Suche nach Vermissten, zur Identifizierung von Unbekannten und zu administrativen Zwecken gilt das DSG521.522
3    Das Bundesamt für Polizei kann den Zentralbüros anderer Staaten Informationen direkt vermitteln, wenn der Empfängerstaat den datenschutzrechtlichen Vorschriften von INTERPOL untersteht.
StGB das Gesuch,
die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Luzern seien anzuweisen, sämtliche
Akten des Dr. Oskar Hübscher, die sich auf den Verkehr seiner Klientin Sofie
Engelhard mit Dr. W. Abegg beziehen, zu beschlagnahmen und der
Bezirksanwaltschaft Zürich auszuhändigen. Diese sei zur Beschlagnahme
beizuziehen, und sie sei zu ermächtigen, anzugeben, welche Akten zu
beschlagnahmen seien. Vorsorglich sei sofort die Strafbehörde des Kantons
Luzern anzuweisen, die bereits beschlagnahmten Akten weiter beschlagnahmt zu
lassen.
Die Gesuchstellerin macht geltend, es bestehe sowohl nach zürcherischem als
auch nach luzernischem Recht die Möglichkeit, Akten, die sich in Händen
unbeteiligter Dritter befinden, als Beweisstücke für eine Strafuntersuchung zu
beschlagnahmen. Der Anwalt habe wohl ein Zeugnisverweigerungsrecht, nicht aber
das Recht, die Herausgabe von Akten zu verweigern.
C. - Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern beantragt, das Gesuch sei
abzuweisen. Sie beruft sich auf § 149 des luzernischen Gesetzes über das
Strafrechtsverfahren wonach «Advokaten die Mitteilung von Geheimnissen
ablehnen dürfen, die ihnen um ihrer Berufsstellung willen anvertraut worden
sind». Sie leitet aus dieser Bestimmung ab, dass Rechtsanwälte nicht nur die
Auskunft über mündliche Mitteilungen des Klienten, sondern auch die Herausgabe
sowohl der dem Gedankenaustausch zwischen Auftraggeber und Anwalt dienenden
sogenannten Handakten, als auch der vom Auftraggeber erhaltenen anderen
Urkunden verweigern dürfen. Das Begehren um Zulassung eines zürcherischen
Polizeiorgans bei der verlangten

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Beschlagnahme verstösst nach Auffassung der luzernischen Staatsanwaltschaft
gegen Art. 365
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 352 - 1 Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981520 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
1    Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981520 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
2    Für den Austausch von Informationen zur Suche nach Vermissten, zur Identifizierung von Unbekannten und zu administrativen Zwecken gilt das DSG521.522
3    Das Bundesamt für Polizei kann den Zentralbüros anderer Staaten Informationen direkt vermitteln, wenn der Empfängerstaat den datenschutzrechtlichen Vorschriften von INTERPOL untersteht.
StGB.
D. - Der Präsident der Anklagekammer hat am 3. Juli vorsorglich verfügt, dass
die Beschlagnahme der beim Amtsstatthalter von Luzern-Land hinterlegten Akten
bis zum Entscheid über die Rechtshülfepflicht aufrecht zu halten sei. Die
Anklagekammer hat diese Verfügung am 4. Juli bestätigt.
E. - Die Anklagekammer des Bundesgerichts hat die Kriminal- und
Anklagekommission des Obergerichts des Kantons Luzern um Bericht ersucht über
die Frage, wie sie § 149 StRV auslegt. Die II. Kammer des Obergerichts, an
welche das Ansuchen weitergeleitet wurde, antwortet, § 110 StRV verpflichte
grundsätzlich jede an einem Strafverfahren nicht beteiligte Person zur
Herausgabe von Akten, die für die Erforschung der Wahrheit von Bedeutung sein
können. Ausdrückliche Ausnahmen enthalte das Gesetz nicht. Daraus dürfe aber
nicht geschlossen werden, dass es nicht solche zulasse. Vernünftige Auslegung
müsse zur Auffassung führen, dass der Gesetzgeber durch § 149 StRV das
Berufsgeheimnis von Advokaten gegenüber Eingriffen des Strafrichters überhaupt
schützen wollte; denn es fehle jeder sachliche Grund, es damit anders zu
halten, je nachdem jemand zum Zeugnis aufgefordert wird oder zur Edition
verhalten werden will. Wäre das Berufsgeheimnis gegenüber Editionsverfügungen
nicht geschützt, so würde der von § 149 angestrebte Zweck in vielen Fällen
nicht erreicht werden können. Die modernen Strafprozessgesetze anderer Kantone
und die deutsche Strafprozessordnung enthielten denn auch eine ausdrückliche
Regelung des Inhalts, dass die zur Zeugnisverweigerung berechtigten Personen
im Umfange des Zeugnisverweigerungsrechts nicht zur Edition verhalten werden
können. Das Obergericht habe stets darauf gehalten, das achtzigjährige
mangelhaft redigierte Gesetz in einer den modernen prozessrechtlichen
Grundsätzen entsprechenden Weise auszulegen. Daher dürfe der Rechtsanwalt nach
luzernischem

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Strafprozessrecht die Herausgabe von Akten verweigern, soweit sie sich auf
Dinge beziehen, für welche er das Zeugnis verweigern kann. Das gelte sowohl
für die Handakten als auch für die dem Auftraggeber gehörenden Akten, denn es
fehle jeder vernünftige Grund, einen Unterschied zu machen. Der Anwalt sei
immerhin zur Edition verpflichtet, wenn ihn der Auftraggeber von der
Geheimhaltungspflicht entbindet.
Die Anklagekammer zieht in Erwägung:
1.- In Strafsachen, auf welche, wie hier, das Strafgesetzbuch anwendbar ist,
sind die Kantone unter sich zur Rechtshülfe verpflichtet (Art. 352 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 352 - 1 Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981520 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
1    Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981520 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
2    Für den Austausch von Informationen zur Suche nach Vermissten, zur Identifizierung von Unbekannten und zu administrativen Zwecken gilt das DSG521.522
3    Das Bundesamt für Polizei kann den Zentralbüros anderer Staaten Informationen direkt vermitteln, wenn der Empfängerstaat den datenschutzrechtlichen Vorschriften von INTERPOL untersteht.

StGB). Der ersuchte Kanton wendet bei Leistung dieser Hülfe sein eigenes
Prozessrecht an. Das ergibt sich aus der Hoheit der Kantone auf dem Gebiete
des Strafprozessrechts und ist ersichtlich aus Art. 355 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 355
StGB, wonach
das Prozessrecht des Kantons, in dem die Handlung erfolgt, auch anwendbar ist
bei Amtshandlungen, welche - mit Zustimmung dieses Kantons - von Behörden
eines anderen Kantons vorgenommen werden.
Nach dem Prozessrecht des zur Rechtshülfe verpflichteten Kantons bestimmt sich
sowohl, welche Handlungen der ersuchende Kanton verlangen darf, als auch, in
welcher Form sie vorzunehmen sind. Immerhin darf durch Anwendung dieses
Prozessrechts die Hülfe nicht derart beschränkt werden, dass sie dem
bundesrechtlichen Begriff der Rechtshülfe, wie Art. 352
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 352 - 1 Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981520 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
1    Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981520 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
2    Für den Austausch von Informationen zur Suche nach Vermissten, zur Identifizierung von Unbekannten und zu administrativen Zwecken gilt das DSG521.522
3    Das Bundesamt für Polizei kann den Zentralbüros anderer Staaten Informationen direkt vermitteln, wenn der Empfängerstaat den datenschutzrechtlichen Vorschriften von INTERPOL untersteht.
StGB sie auffasst,
nicht entspricht. Das wäre beispielsweise dann der Fall, wenn das Gesetz des
verpflichteten Kantons für die Handlungen der Rechtshülfe, was Umfang oder
Form anbetrifft, erschwerende Vorschriften enthielte, also nicht gleiches
Recht gelten liesse wie in innerkantonalen Strafverfahren. Desgleichen
verstiesse es gegen Art. 352
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 352 - 1 Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981520 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
1    Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981520 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
2    Für den Austausch von Informationen zur Suche nach Vermissten, zur Identifizierung von Unbekannten und zu administrativen Zwecken gilt das DSG521.522
3    Das Bundesamt für Polizei kann den Zentralbüros anderer Staaten Informationen direkt vermitteln, wenn der Empfängerstaat den datenschutzrechtlichen Vorschriften von INTERPOL untersteht.
StGB, wenn die Behörden die Prozessvorschriften
ihres Kantons im Rechtshülfeverkehr anders anwenden würden als in
innerkantonalen Strafverfahren, oder wenn sie diese Vorschriften

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willkürlich auslegen würden, um die nachgesuchten Handlungen zu verweigern.
Dazu kommen die Fälle, in denen der verpflichtete Kanton sich seiner
Verpflichtung entzieht, indem er die Rechtshülfe schlechthin verweigert oder
die nachgesuchten Handlungen ohne Grund oder ohne vernünftigen Grund ablehnt.
2.- Ob in letzterem Falle die Anklagekammer zur Behandlung des Streites
zuständig sei oder die staatsrechtliche Kammer des Bundesgerichts, kann
dahingestellt bleiben, denn die Stellungnahme der Luzerner Behörden wird
offensichtlich vernünftig begründet. Sodann liegt auch nicht eine Verweigerung
schlechthin oder ein gegen Bundesrecht verstossendes Ungenügen der Rechtshülfe
vor. Die Luzerner Behörden machen sich den erwähnten Grundsatz zu eigen, dass
für Art und Form der Rechtshülfe ihr eigenes Prozessrecht massgebend ist. Und
sie wollen dieses für das Rechtshülfeverfahren nicht anders auslegen als für
Strafverfahren, welche sie selber durchführen. Ihre Auslegung des § 149 StRV,
dass der Anwalt wie das Zeugnis so auch die Herausgabe jeder Art von Akten aus
dem Verkehr mit seinem Auftraggeber, insbesondere auch der Handakten,
verweigern dürfe, ist auch nicht willkürlich. Freilich ist sie durch den
Wortlaut der Bestimmung nicht unmittelbar gedeckt, entspricht aber deren Zweck
und Sinn und einem in anderen Strafprozessgesetzen (z.B. Bern Art. 170 StrV
von 1928) ausdrücklich niedergelegten Grundsatze.
Damit ist die Unmöglichkeit der von den Zürcher Behörden nachgesuchten
Handlungen festgelegt, solange nicht Sofie Engelhard Dr. Hübscher von der
Geheimhaltungspflicht entbindet. Sie hiezu zu veranlassen, ist - unter
Mitwirkung der Waadtländer Behörden - Sache der Behörden des Kantons Zürich,
nicht des Kantons Luzern. Im übrigen bleibt der Weg, das Herausgabebegehren -
wiederum unter Mitwirkung der Behörden des Kantons Waadt - an Sofie Engelhard
selbst zu richten.

Seite: 176
Demnach erkennt die Anklagekammer:
1.- Das Gesuch wird abgewiesen.
2.- Die von der Anklagekammer bestätigte provisorische Verfügung ihres
Präsidenten vom 3. Juli 1945 wird aufgehoben.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 71 IV 170
Datum : 01. Januar 1945
Publiziert : 06. August 1945
Quelle : Bundesgericht
Status : 71 IV 170
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : 1. Bei Leistung von Rechtshülfe auf Grund von Art. 352 Abs. 1 StGB wendet der ersuchte Kanton sein...


Gesetzesregister
StGB: 352 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 352 - 1 Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981520 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
1    Der Austausch kriminalpolizeilicher Informationen richtet sich nach den Grundsätzen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981520 sowie nach den vom Bundesrat als anwendbar erklärten Statuten und Reglementen von INTERPOL.
2    Für den Austausch von Informationen zur Suche nach Vermissten, zur Identifizierung von Unbekannten und zu administrativen Zwecken gilt das DSG521.522
3    Das Bundesamt für Polizei kann den Zentralbüros anderer Staaten Informationen direkt vermitteln, wenn der Empfängerstaat den datenschutzrechtlichen Vorschriften von INTERPOL untersteht.
355 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 355
365
BGE Register
71-IV-170
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
anklagekammer • bewilligung oder genehmigung • innerkantonal • bundesgericht • rechtsanwalt • editionspflicht • rechtsmittel • wille • waadt • verhalten • frist • strafgesetzbuch • übermittlung an den ersuchenden staat • strafprozess • berechtigter • staatsanwalt • zeugnispflicht • nicht beteiligter dritter • strafuntersuchung • entscheid
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