S. 71 / Nr. 17 Strafgesetzbuch (d)

BGE 70 IV 71

17. Urteil des Kassationshofes vom 5. Mai 1944 i.S. Portmann gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.


Seite: 71
Regeste:
Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 140 - 1. Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.195
1    Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.195
2    Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr196 bestraft, wenn er zum Zweck des Raubes eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt.
3    Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft,
4    Die Strafe ist Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, wenn der Täter das Opfer in Lebensgefahr bringt, ihm eine schwere Körperverletzung zufügt oder es grausam behandelt.
StGB.
Eigenes Gut kann veruntreut werden, wenn es wirtschaftlich zum Vermögen eines
andern gehört, so der Erlös aus der im Auftrage eines andern, wenn auch in
eigenem Namen, verkauften Sache.
Anvertraut im Sinne obiger Bestimmung kann auch eine Sache sein, die der Täter
nicht aus der Hand dessen, mit dem er im Vertrauensverhältnis steht, empfangen
hat.
Art. 140 ch. 1 al. 2 CP.
L'abus de confiance peut porter sur sa propre chose, lorsqu'elle appartient
économiquement au patrimoine d'autrui; ainsi en est-il du prix d'une chose
qu'une personne vend en son propre nom mais pour le compte d'une autre
personne.
Une chose peut être confiée au sens de la disposition citée même si l'auteur
ne la tient pas des mains de celui auquel le lie un rapport de confiance.
Art. 140, cifra 1, cp. 2 CP.
Esiste appropriazione indebita della propria cosa, quando questa fa parte
economicamente del patrimonio altrui; come, ad esempio, il ricavo d'una cosa
che una persona vende in suo nome, ma per conto d'un'altra persona.
Una cosa può essere affidata ai sensi della summenzionata disposizione anche
se l'autore non l'ha ricevuta dalle mani di colui al quale è vincolato da un
rapporto di fiducia.

A. - Erwin Portmann erhielt von Kunstmaler Winiger ein Gemälde mit dem
Auftrage, es in eigenem Namen zu verkaufen und Winiger vom Erlöse Fr. 240.­
abzuliefern. Den Mehrerlös durfte der Beauftragte behalten. Portmann verkaufte
das Bild in der Zeit zwischen Mitte Januar und Mitte März 1943 für Fr. 250.­.
Da er diesen Betrag in vollem Umfange in eigenem Nutzen verwendete, erklärte
ihn das Obergericht des Kantons Zürich als Berufungsinstanz am 1. Oktober 1943
in Anwendung von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 140 - 1. Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.195
1    Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.195
2    Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr196 bestraft, wenn er zum Zweck des Raubes eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt.
3    Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft,
4    Die Strafe ist Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, wenn der Täter das Opfer in Lebensgefahr bringt, ihm eine schwere Körperverletzung zufügt oder es grausam behandelt.
StGB der Veruntreuung schuldig und
verurteilte ihn zu zwei Wochen Gefängnis.
B. - Mit rechtzeitiger Nichtigkeitsbeschwerde beantragt Portmann, dieses
Urteil sei aufzuheben und die Sache sei zu seiner Freisprechung an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Er macht geltend, er sei zivilrechtlich
verpflichtet gewesen, Winiger seinen Anteil am Verkauferlös auszuzahlen; es
könne aber keine Rede davon sein,

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dass ihm, dem Beschwerdeführer, dieser Anteil «anvertraut» gewesen sei.
C. - Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt Abweisung der
Beschwerde.
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
Eine Veruntreuung im Sinne des Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 140 - 1. Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.195
1    Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.195
2    Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr196 bestraft, wenn er zum Zweck des Raubes eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt.
3    Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft,
4    Die Strafe ist Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, wenn der Täter das Opfer in Lebensgefahr bringt, ihm eine schwere Körperverletzung zufügt oder es grausam behandelt.
StGB begeht, wer
anvertrautes Gut, namentlich Geld, unrechtmässig in seinem oder eines anderen
Nutzen verwendet. Im Gegensatz zu Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1, der die Aneignung
einer anvertrauten fremden beweglichen Sache mit Strafe bedroht, unterscheidet
die erwähnte Bestimmung nicht, in wessen Eigentum das anvertraute Gut steht.
Veruntreuung an eigener Sache, namentlich an Geld, ist möglich, wenn sie
wirtschaftlich zum Vermögen eines anderen gehört. Das Gesetz weicht dadurch
von früheren kantonalen Rechtsordnungen ab, nach welchen nur fremde Sachen
veruntreut werden konnten und welche daher die oft mit Schwierigkeiten
verbundene Abklärung der Eigentumsverhältnisse erforderten und namentlich dem
Kommittenten gegenüber dem ungetreuen Kommissionär strafrechtlich ungenügenden
Schutz boten. Dass diese Neuerung beabsichtigt war, ergibt sich schon aus den
Motiven zum Vorentwurf von 1894, wo STOOSS erklärte: a Die Fassung des
Entwurfes befreit sich von civilistischen Gesichtspunkten und zieht das
wirtschaftliche Verhältnis in Betracht. Wer Geld für einen anderen einnimmt,
soll die Summe dem Berechtigten abliefern; auf die Münzsorte kommt es
regelmässig nicht an, aber darauf, ob der Berechtigte den entsprechenden Wert
erhält. Wer sich oder einen andern mit diesem Wert unrechtmässig bereichert,
soll gleich behandelt werden wie derjenige, der einen bestimmten Gegenstand
diebisch behält. Von dieser Bestimmung darf die Lösung unzähliger Kontroversen
und eine Erhöhung der Rechtssicherheit in Bezug auf Einkassierung fremder
Gelder erwartet werden.» Im Vorentwurf von 1894, auf den sich diese
Ausführungen beziehen, lautete die mass

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gebende Bestimmung in Art. 71 wie folgt: «Wer ... eine Geldsumme, die er für
einen anderen eingenommen hat, behält ...» Der Vorentwurf von 1908 wies in
Art. 85 Abs. 3 die gleiche Fassung auf wie Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 des
Gesetzes: «Wer anvertrautes Gut, namentlich Geld, unrechtmässig in seinem oder
eines andern Nutzen verwendet ...» ZÜRCHER führte in den Erläuterungen hiezu
auf Seite 148 aus: «Dem Täter ist eine Sache übergeben worden, damit er sie
entweder zurückgebe oder den bestimmten Preis in bar bezahle; er verkauft sie,
gibt aber das Geld nicht ab: eine Unterschlagung an der Sache ist nicht
anzunehmen; denn er durfte die Sache verkaufen, und an dem erhaltenen Gelde
auch nicht, denn an diesem hat der Auftraggeber kein Eigentum... Die Gerichte
haben in solchen Fällen mit allerlei künstlichen Auslegungen des Gesetzes ...
nachgeholfen. Hier haben wir nun einen Vorschlag zur positivrechtlichen
Anordnung nach den Bedürfnissen des Verkehrslebens.»
Veruntreuung nach Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 140 - 1. Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.195
1    Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.195
2    Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr196 bestraft, wenn er zum Zweck des Raubes eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt.
3    Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft,
4    Die Strafe ist Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, wenn der Täter das Opfer in Lebensgefahr bringt, ihm eine schwere Körperverletzung zufügt oder es grausam behandelt.
StGB erfordert, dass das Gut dem
Täter «anvertraut» sei. Ob dieser es direkt aus der Hand dessen, mit dem er in
einem Vertrauensverhältnis steht, oder ob er es aus der Hand eines Dritten
erhalten habe, ist unerheblich. Der Beschwerdeführer stand zu Winiger in einem
Vertrauensverhältnis. Gegenstand desselben war zunächst das Gemälde, nach
dessen Verkauf dann der Erlös, den der Beschwerdeführer, wenn auch in eigenem
Namen, mit Ermächtigung des Winiger einziehen durfte und diesem bis zum
Betrage von Fr. 240.­ hätte abliefern sollen. Dieses Geld war dem
Beschwerdeführer von Winiger anvertraut. Durch den Verbrauch des Betrages hat
der Beschwerdeführer darüber unrechtmässig verfügt. Da er dies mit Wissen und
Willen tat, ist er zu Recht der Veruntreuung schuldig befunden worden.
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 70 IV 71
Date : 01. Januar 1943
Published : 04. Mai 1944
Source : Bundesgericht
Status : 70 IV 71
Subject area : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Subject : Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB.Eigenes Gut kann veruntreut werden, wenn es wirtschaftlich zum...


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