S. 7 / Nr. 2 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 70 III 7

2. Entscheid vom 11. Februar 1944 i.S. Hübscher.

Regeste:
Lohnpfändung, Art. 93 SchKG.
Anspruch des in verpfändetem eigenem Hause wohnenden Schuldners auf
angemessene Einrechnung der Hypothekarzinsen (ab Wohnungskosten) in das
Existenzminimum.
Saisie de salaire. Art. 93 LP.
Si le débiteur habite sa propre maison et qu'elle soit hypothéquée, il a le
droit d'exiger, qu'à titre de loyer on tienne un compte équitable des intérêts
hypothécaires pour la fixation du minimum indispensable à son entretien.
Pignoramento di salario. Art. 93 LEF.
Se il debitore abita la propria casa, sulla quale gravano ipoteche, ha il
diritto di esigere che a titolo di pigione si tenga equo conto

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degli interessi ipotecari per stabilire il minimo indispensabile al suo
sostentamento.

Das Betreibungsamt Baar erachtete das monatliche Lohneinkommen des Schuldners
von Fr. 295.­ für unpfändbar, da das Existenzminimum Fr. 300.­ betrage (Fr.
195.­ für die Ernährung und Bekleidung zweier Personen, Fr. 25.­ für Beiträge
an Sozialwerke und Fr. 80.­ für die Wohnung). Die Gläubigerin führte
Beschwerde mit dem Begehren, der für die Wohnung berechnete Betrag sei für
pfändbar zu erklären, da der Schuldner im eigenen Hause wohne. Die kantonale
Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde ab, welchen Entscheid die Gläubigerin an
das Bundesgericht weiterzog.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Wohnt der Betriebene wie im vorliegenden Falle auf verpfändetem eigenem Grund
und Boden, so kann er sich die unumgängliche Wohnung nur durch Verzinsung der
Grundpfandschulden sichern, und hat er daher nach Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
4    Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205
SchKG Anspruch auf
Einrechnung der Zinsleistungen in das Existenzminimum im gleichen Umfange wie
im Falle, dass er auf eine Mietwohnung angewiesen wäre (BGE 61 III 115).
Freilich ist es möglich, dass er die eigene Wohnung eine Zeitlang auch ohne
Bezahlung der Hypothekarzinsen behalten kann. Allein die Gewährung des
Existenzminimums soll ihn eben davor bewahren, für lebensnotwendige
Bedürfnisse neue Schulden eingehen oder alte unbezahlt lassen zu müssen, bloss
um der in Betreibung gesetzten Forderung den Vortritt zu geben. Nichts
Gegenteiliges darf aus der ja auch beim Mietverhältnis bestehenden Möglichkeit
hergeleitet werden, dass der Schuldner den für die Wohnungskosten berechneten
Teil des Existenzminimums diesem Zweck entfremde, abgesehen davon, dass im
vorliegenden Falle die Gläubigerin einem solchen Missbrauch dadurch begegnen
könnte, dass sie die Liegenschaft des Schuldners pfänden

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und ohne Verzug verwerten liesse. ­ Dass die Vorinstanz bei der Bemessung der
unumgänglichen Wohnungskosten das Bundesrecht nach irgendeiner Richtung
verletzt habe, ist weder geltend gemacht noch sonstwie ersichtlich.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 70 III 7
Datum : 01. Januar 1943
Publiziert : 11. Februar 1944
Quelle : Bundesgericht
Status : 70 III 7
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Lohnpfändung, Art. 93 SchKG.Anspruch des in verpfändetem eigenem Hause wohnenden Schuldners auf...


Gesetzesregister
SchKG: 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
4    Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205
BGE Register
61-III-115 • 70-III-7
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
angewiesener • betreibungsamt • bundesgericht • existenzminimum • grundstück • monat • schuldbetreibungs- und konkursrecht • schuldner • verzug • vorinstanz • vortritt • wiese • wohnraum