S. 106 / Nr. 26 Registersachen (d)

BGE 70 I 106

26. Urteil der I. Zivilabteilung vom 11. Mai 1944 i. S. X. gegen Gemeinde Y.
und Kanton Z.


Seite: 106
Regeste:
Handelsregister, eintragspflichtiges Gewerbe, Art. 53 lit. C
SR 221.411 Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV)
HRegV Art. 53 Streichung der Statutenbestimmung über das bedingte Kapital - 1 Mit der Anmeldung zur Eintragung der Aufhebung oder der Anpassung der Statutenbestimmung über das bedingte Kapital müssen dem Handelsregisteramt folgende Belege eingereicht werden:
1    Mit der Anmeldung zur Eintragung der Aufhebung oder der Anpassung der Statutenbestimmung über das bedingte Kapital müssen dem Handelsregisteramt folgende Belege eingereicht werden:
a  die öffentliche Urkunde über den Beschluss des Verwaltungsrates (Art. 653i Abs. 1 OR);
b  die Bestätigung eines staatlich beaufsichtigten Revisionsunternehmens, einer zugelassenen Revisionsexpertin oder eines zugelassenen Revisionsexperten (Art. 653i Abs. 2 OR);
c  die angepassten Statuten.
2    Ins Handelsregister müssen eingetragen werden:
a  das Datum der Änderung der Statuten;
b  ein Hinweis, dass die Statutenbestimmung über das bedingte Kapital aufgehoben oder angepasst wurde.
HRegV.
Eintragspflicht eines Lehrinstitutes mit Fernunterricht, weil der Betrieb nach
kaufmännischer Art geführt wird.
Registre du commerce, entreprise astreinte d l'inscription, art. 63 Zit. C
ORC.
Obligation de s'inscrire imposée à un établissement pour l'enseignement par
correspondance exploité en la forme commerciale.
Registro di commercio, impresa tenuta a farsi iscrivere, art. 53 lett. C ORC.
Obbligo di farsi iscrivere imposto ad un istituto per l'insegnamento mediante
corrispondenza esercitato in forma commerciale.

A. ­ X betreibt in Y ein Lehrinstitut durch Fernunterricht. Das Unternehmen
wendet sich vor allem an Leute, die ihre Bildung vervollständigen wollen, aber
weder über die Zeit noch die Mittel zum Besuch einer ordentlichen Lehranstalt
verfügen. Die Unterrichtsteilnehmer, die hauptsächlich durch Zeitungsinserate
gefunden werden, erhalten vom Institut sukzessive 24 Lehrbriefe zum Preise von
je Fr. 4.50 über das von ihnen gewählte Wissensgebiet. Diese Briefe enthalten
im Anschluss an die Darlegung des Lehrstoffes Aufgaben, die der
Unterrichtsteilnehmer zu lösen und dem Institut einzusenden hat. Die Lösungen
werden korrigiert und im folgenden Lehrbrief besprochen. Am Ende des Kurses
erhält der Teilnehmer ein Zeugnis.
X beschäftigt in seinem Unternehmen acht Angestellte, die sich mit dem
Kopieren und dem Versand der Lehrbriefe, sowie mit der Führung der Nachnahme-
und Postcheckkontrolle befassen. Die Ausarbeitung der Lehrbriefe, die Stellung
und Korrektur der Aufgaben wird von zahlreichen fachtechnischen Mitarbeitern
unter Überwachung des Leiters besorgt.
Das Einkommen des X aus dem Unternehmen betrug im Jahre 1943 Fr. 73000.­.
B. ­ Auf Grund dieser Tatsachen forderte das Handelsregisteramt des Kantons Z
den X auf, sich als Einzelfirma im Handelsregister eintragen zu lassen.

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X lehnte dies ab mit der Begründung, er betreibe kein Gewerbe, sondern übe
einen freien Beruf aus und sei daher nicht eintragspflichtig.
Die kantonale Aufsichtsbehörde über das Handelsregister setzte ihm jedoch mit
Entscheid vom 6. März 1944 Frist gemäss Art. 58
SR 221.411 Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV)
HRegV Art. 58 Herabsetzung und gleichzeitige Wiedererhöhung des Kapitals auf einen tieferen als den bisherigen Betrag
HRegV an zur Eintragung,
ansonst diese von Amteswegen vorgenommen würde.
C. - Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde verlangt X die
Aufhebung dieses Entscheides.
Das Justizdepartement des Kantons Z, sowie das eidgenössische Justiz- und
Polizeidepartement beantragen Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ­ Das kantonale Justizdepartement hält in seiner Vernehmlassung vom 31.
März 1944 die Eintragspflicht des Beschwerdeführers deshalb für gegeben, weil
die von ihm ausgeübte Tätigkeit unter die in Art. 53 lit. A Ziff. 6
SR 221.411 Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV)
HRegV Art. 53 Streichung der Statutenbestimmung über das bedingte Kapital - 1 Mit der Anmeldung zur Eintragung der Aufhebung oder der Anpassung der Statutenbestimmung über das bedingte Kapital müssen dem Handelsregisteramt folgende Belege eingereicht werden:
1    Mit der Anmeldung zur Eintragung der Aufhebung oder der Anpassung der Statutenbestimmung über das bedingte Kapital müssen dem Handelsregisteramt folgende Belege eingereicht werden:
a  die öffentliche Urkunde über den Beschluss des Verwaltungsrates (Art. 653i Abs. 1 OR);
b  die Bestätigung eines staatlich beaufsichtigten Revisionsunternehmens, einer zugelassenen Revisionsexpertin oder eines zugelassenen Revisionsexperten (Art. 653i Abs. 2 OR);
c  die angepassten Statuten.
2    Ins Handelsregister müssen eingetragen werden:
a  das Datum der Änderung der Statuten;
b  ein Hinweis, dass die Statutenbestimmung über das bedingte Kapital aufgehoben oder angepasst wurde.
HRegV
genannte Vermittlung von Nachrichten und Auskunfterteilung irgendwelcher Art
und in irgendeiner Form falle, also ein Handelsgewerbe im Sinne des Gesetzes
darstelle.
Diese Auffassung trifft jedoch nicht zu. Unter der Vermittlung von Nachrichten
ist der Betrieb einer Nachrichtenagentur zu verstehen, unter der
Auskunfterteilung aber der Betrieb einer Auskunftei, die für ihre Kunden
Erhebungen über persönliche Verhältnisse, Kreditwürdigkeit, Leumund von
Dritten durchführt. Mit einem Unternehmen solcher Art hat man es aber beim
Betrieb des Beschwerdeführers nicht zu tun. Auch der Umstand, dass die
Verordnung die Auskunfterteilung «irgendwelcher Art und irgendeiner Form»,
einbezogen wissen will, darf nicht dazu verleiten, einen Betrieb der hier in
Frage stehenden Art unter Ziffer 6 zu subsumieren. Mit der weiten Fassung der
Verordnungsvorschrift sollten lediglich allfällige Bestrebungen von
Auskunfteien vereitelt werden, sich durch besondere Ausgestaltung ihres
Betriebes der Eintragungspflicht zu entziehen.

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2. ­ Dagegen erweist sich die Beschwerde gleichwohl als unbegründet, weil die
Eintragungspflicht des Beschwerdeführers in Übereinstimmung mit dem
angefochtenen Entscheid und dem eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement
auf Grund von Art. 53 lit. C
SR 221.411 Handelsregisterverordnung vom 17. Oktober 2007 (HRegV)
HRegV Art. 53 Streichung der Statutenbestimmung über das bedingte Kapital - 1 Mit der Anmeldung zur Eintragung der Aufhebung oder der Anpassung der Statutenbestimmung über das bedingte Kapital müssen dem Handelsregisteramt folgende Belege eingereicht werden:
1    Mit der Anmeldung zur Eintragung der Aufhebung oder der Anpassung der Statutenbestimmung über das bedingte Kapital müssen dem Handelsregisteramt folgende Belege eingereicht werden:
a  die öffentliche Urkunde über den Beschluss des Verwaltungsrates (Art. 653i Abs. 1 OR);
b  die Bestätigung eines staatlich beaufsichtigten Revisionsunternehmens, einer zugelassenen Revisionsexpertin oder eines zugelassenen Revisionsexperten (Art. 653i Abs. 2 OR);
c  die angepassten Statuten.
2    Ins Handelsregister müssen eingetragen werden:
a  das Datum der Änderung der Statuten;
b  ein Hinweis, dass die Statutenbestimmung über das bedingte Kapital aufgehoben oder angepasst wurde.
HRegV zu bejahen ist. Danach besteht nämlich die
Eintragungspflicht ausser für Handels- und Fabrikationsgewerbe auch für andere
nach kaufmännischer Art geführte Gewerbe, d. h. für solche, die nach Art und
Umfang des Unternehmens einen kaufmännischen Betrieb und eine geordnete
Buchführung erfordern.
Die selbständigen freien Berufe unterliegen an sich freilich der
Eintragungspflicht nicht. Daher stellt auch die Erteilung von Unterricht als
solche nicht zum vorneherein ein eintragspflichtiges Gewerbe dar. Entscheidend
ist aber nicht der Zweck, den eine Tätigkeit verfolgt, sondern die Art und
Weise, in der sie ausgeübt wird, sowie der Umfang, den sie besitzt. Sind diese
derart beschaffen, dass sie der Tätigkeit den Stempel eines nach
kaufmännischer Art geführten Betriebes aufdrücken, so tritt die
Eintragspflicht ein.
3. ­ Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle unzweifelhaft erfüllt.
Die Tätigkeit des Beschwerdeführers weist einen Umfang auf, bei dem nicht mehr
von einer Ausübung des Lehrerberufes im eigentlichen Sinne gesprochen werden
kann. Er erzielt nach seiner eigenen Zugabe im Jahr ein Einkommen von über Fr.
70000.­. Zieht man in Betracht, dass die Ausgaben des Betriebes neben den
Kosten für Papier, Bureaumaterialien und Porti auch die Gehälter von acht
Angestellten und die Entschädigungen für die wissenschaftlichen Mitarbeiter
umfassen, so ergibt sich zwangsläufig eine Roheinnahme, die den Betrag von Fr.
100000.­ erheblich übersteigt. Da nach den Ausführungen des Beschwerdeführers
vom einzelnen Teilnehmer insgesamt Fr. 108.­ (24 Lehrbriefe zu Fr. 4.50)
bezahlt werden, muss sich die Zahl der Kursteilnehmer auf über 1000 im Jahr
belaufen. Unter diesen Verhältnissen

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kann nicht mehr die Rede sein von einem unmittelbaren Kontakt zwischen Lehrer
und Schüler, in dem der wissenschaftliche und erzieherische Charakter der
Lehrtätigkeit im allgemeinen zum Ausdruck gelangt. Der Betrieb hat weit
grössere Ähnlichkeit mit einem Unternehmen des Buchhandels, da der Vertrieb
der Lehrbriefe im Vordergrund steht und einen viel bedeutenderen Raum
einnimmt, als die persönliche Beziehung zwischen Lehrer und Schüler.
Der geschilderte Umfang der Tätigkeit des Beschwerdeführers hat zur Folge,
dass auch die Art ihrer Ausübung ein ausgesprochen kaufmännisches Gepräge
erhält. Zur Übermittlung des Lehrstoffes an eine so grosse Zahl von
Kursteilnehmern in der Form von Unterrichtsbriefen bedarf es einer erheblichen
wirtschaftlichen Organisation. Dies erhellt mit Deutlichkeit daraus, dass der
Beschwerdeführer für die Abwicklung des geschäftlichen Teils des Betriebes
acht Angestellte benötigt. Ferner bedarf er notwendigerweise der Mithilfe
wissenschaftlicher Mitarbeiter, da es ausgeschlossen ist, dass er allein
täglich gegen 100 Lehrbriefe zu behandeln vermag. Der Verkehr mit den
Kursteilnehmern einerseits, die Sorge für die regelmässige Zustellung der
Lehrbriefe an sie, die Kontrolle der von ihnen zu leistenden Zahlungen, und
anderseits die Beziehungen zu den Mitarbeitern und Angestellten machen eine
geordnete Buchführung zu einem absoluten Erfordernis. Gewiss kann diese
denkbar einfach ausgestaltet bleiben. Entscheidend für die Frage der
Eintragspflicht ist aber, dass angesichts der Art des Betriebes des
Beschwerdeführers ohne sie überhaupt nicht auszukommen ist
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 70 I 106
Date : 01. Januar 1943
Published : 10. Mai 1944
Source : Bundesgericht
Status : 70 I 106
Subject area : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Subject : Handelsregister, eintragspflichtiges Gewerbe, Art. 53 lit. C HRegV.Eintragspflicht eines...


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HRegV: 53  58
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