S. 10 / Nr. 3 Eigentumsgarantie (d)

BGE 70 I 10

3. Auszug aus dem Urteil vom 6. März 1944 i. S. Eicher gegen Bernische
Lehrerversicherungskasse und Regierungsrat des Kantons Bern.

Regeste:
1. Die Statuten einer staatlichen Pensionskasse unterliegen, als
Ausführungsbestimmungen zu der gesetzlichen Pensionierungsordnung, den
Veränderungen, denen die Gesetzgebung unterworfen wird.
2. Der Anspruch des pensionierten Beamten auf Ausrichtung der im Rentenschein
verurkundeten Pension kann den Charakter eines wohlerworbenen, gegen
Änderungen durch die spätere Gesetzgebung geschützten Rechtes haben.
3. Die Pensionen der Bernischen Lehrerversicherungskasse sind nicht
unabänderlich, soweit nicht im einzelnen Falle Unabänderlichkeit besonders
zugesichert ist.
1. Les statuts d'une caisse de pensions de l'Etat sont soumis, en tant que
dispositions d'exécution de la loi sur les pensions, aux modifications de la
loi
2. Le droit du fonctionnaire pensionné à la somme fixée dans le titre de
pension peut avoir le caractère d'un droit acquis garanti contre des
modifications législatives.
3. Les pensions servies par la Caisse bernoise d'assurance des fonctionnaires
ne sont pas immuables, si leur invariabilité n'est garantie spécialement dans
un cas particulier.

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1. Gli statuti d'una cassa di pensioni statalo sono soggetti, in quanto
disposizioni d'esecuzione della logge sulle pensioni, alle modifiche della
legge.
2. Il diritto del funzionario pensionato alla somma stabilita nel titolo di
pensione può avere il carattere d'un diritto acquisito protetto contro
modifiche legislative.
3. Le pensioni corrisposte dalla Cassa bernese d'assicurazione dei maestri di
scuola non sono immutabili, a meno che quest'immutabilità sia specialmente
garantita nel caso singolo.

A. ­ 1. § 49 des bernischen Gesetzes über den Primarunterricht im Kanton Bern,
vom 6. Mai 1894, sah vor, dass der Staat Primarlehrer, welche infolge der
Abnahme ihrer physischen oder geistigen Kräfte nicht mehr genügen, in den
Ruhestand versetzen kann mit einem Leibgedinge, dessen Betrag im Rahmen von
Fr. 280.­ bis 400.­ nach der Zahl der Dienstjahre bestimmt wird. Sodann
ordnete er an
«Der Grosse Rat kann durch Dekret die Pensionierung der Lehrerschaft nach dem
Grundsatz der obligatorischen Versicherung und unter finanzieller Beteiligung
der Lehrer selbst einführen sofern der vom Staate hiefür zu leistende Beitrag
die Auslagen für die hievor bestimmte Pensionierung nicht übersteigt» (Abs.
a'.
Nach § 50 konnte der Regierungsrat den Beitritt zur bernischen Lehrerkasse für
die Primarlehrer obligatorisch erklären und auch auf die Lehrer an
Mittelschulen, Seminarien oder andern staatlichen Schulanstalten (ausgenommen
Hochschullehrer) ausdehnen unter der Voraussetzung, dass die Kasse
zweckentsprechend organisiert wird und die Statuten dem Regierungsrat zur
Genehmigung unterbreitet werden.
Durch Dekret des Grossen Rates des Kantons Bern vom 30. Dezember 1903 wurde
die bernische Lehrerkasse verhalten, sich in eine Versicherungskasse für die
Lehrerschaft der Primarschulen des Kantons Bern umzuwandeln. Der Kasse wurde
Rechtspersönlichkeit zuerkannt (Art. 1). Der Beitritt wurde für die am 1.
Januar 1904 im Schuldienst stehenden Primarlehrer und -Lehrerinnen, die das
43. Altersjahr noch nicht angetreten hatten, obligatorisch erklärt und den
nicht unter das Obligatorium fallenden Mitgliedern der bernischen Lehrerschaft
gegen Entrichtung einer

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versicherungstechnisch festzusetzenden Einkaufssumme freigestellt. (Art. 2,
Abs. 1 und 2.) Der Anspruch auf das Leibgeding nach § 49 Schulgesetz wurde
diesen Lehrkräften entzogen (Art. 8). Künftig in den Schuldienst eintretende
Lehrkräfte im vorgesehenen Alter sollten von der ersten Anstellung an als
Mitglieder der Kasse gelten (Art. 2, Abs. 3). Der Staatsbeitrag wurde für die
erste fünfjährige Periode auf Fr. 100000.­ angesetzt. Nachher sollte er alle
fünf Jahre nach mathematischen Grundsätzen der Versicherungstechnik durch
Grossratsbeschluss festgesetzt werden (Art. 6, Abs. 1). Die Leistungen der
Lehrerschaft werden durch die Statuten bestimmt, sollten aber wenigstens den
Staatsbeitrag erreichen (Art. 6, Abs. 2).
Gestützt auf dieses Dekret wurde die bernische Lehrerversicherungskasse auf
den 1. Januar 1904 errichtet. In der für die obligatorisch versicherten Lehrer
bestimmten III. Abteilung hatte nach § 27 der ersten Statuten vom 11. Februar
1904 jedes Mitglied Anspruch auf eine Invalidenpension, die sich, im Rahmen
von 30 bis 60 % der bei Eintritt der Invalidität bezogenen Barbesoldung, nach
den Dienstjahren richtete. Bei Berechnung der Invalidenpension sollte
höchstens ein Besoldungsbetrag von Fr. 3000.­ in Betracht fallen (§ 27, Abs.
1). In § 42 wird bestimmt:
«Die Deckungskapitalien werden ... alle 5 Jahre ... nach den mathematischen
Grundsätzen der Versicherungstechnik ... festgestellt. In der Zwischenzeit
werden ihnen zugewiesen: 1) ihre zu 3 1/2 % berechneten Zinsen, 2) bei der
III. Abteilung der volle Betrag ... der im Laufe des Jahres eingegangenen
Jahresbeiträge. Dagegen werden von ihnen die ausgerichteten Pensionen und
Kapitalsummen abgezogen.» (Abs. 1).
«Sollte sich bei der Feststellung der Deckungskapitalien für die III.
Abteilung ein Defizit erzeigen, so muss die Deckung desselben durch Erhöhung
der Beiträge gefunden werden. Im umgekehrten Falle dürfen die Beiträge der
Mitglieder und des Staates gekürzt werden. Beides darf aber bloss geschehen,
nachdem ein versicherungstechnisches Gutachten darüber vorliegt» (Abs. 2).
In der Folge wurden die Statuten mehrfach revidiert, u. a. wurde die
Rentenskala auf 20 bis 70 % erweitert. § 42 wurde durch folgende Bestimmungen
ersetzt:

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Art. 46:
Deckungsverfahren Für den Haushalt der Kasse gilt der Grundsatz des
Prämiendeckungsverfahrens, wonach zur Bestreitung der Leistungen während der
Aktivität jährlich gleichbleibende, durch die Statuten bestimmte Beiträge vom
Staat und den versicherten Aktiven zu entrichten sind.
Art. 47:
Grundsätze des Deckungsverfahrens. Die Deckungskapitalien der Kasse werden
alle fünf Jahre je auf den 31. Dezember nach den Grundsätzen der
Versicherungstechnik festgesetzt. In der Zwischenzeit werden ihnen zugewiesen:
1. Die jeweilen von der Hypothekarkasse vergüteten Jahreszinse;
2. die Summe der im Laufe des Jahres eingegangenen Jahresbeiträge des Staates
und der Mitglieder, sowie der Monatsbetreffnisse und Eintrittsgelder;
abgezogen werden die Verwaltungskosten, die ausgerichteten Pensionen und
Rückzahlungen.
Betriebsdefizit: Sollte sich ein Betriebsdefizit ergeben, so muss die Deckung
desselben durch Erhöhung der Beiträge des Staates und der Mitglieder gefunden
werden.
Zur Beschlussfassung über finanzielle Verpflichtungen oder über Leistungen der
Mitglieder oder der Kasse soll ein sachverständiger Mathematiker zugezogen
werden.
(Statuten vom 23. Juni 1928.)
2. Am 21. März 1920 hatte das Berner Volk ein Gesetz über die Besoldungen der
Lehrerschaft an den Primar- und Mittelschulen angenommen, in welchem Art. 49
und 50 des Schulgesetzes von 1894 aufgehoben und durch eine eingehendere
Ordnung ersetzt wurden. Danach können die Lehrkräfte der Primar- und
Mittelschulen, die Seminarlehrer und die Schulinspektoren in den Ruhestand
versetzt werden, wenn sie wegen körperlichen oder geistigen Gebrechen ihrem
Amte nicht mehr genügen oder das 70. Altersjahr erreicht haben (Art. 27). Die
Mitglieder der bernischen Lehrerversicherungskasse erhalten «die ihnen nach
den Statuten zukommende Pension», die übrigen Lehrkräfte ein Leibgeding, das
vom Regierungsrate von Fall zu Fall im Rahmen von Fr. 1200.­ bis Fr. 1500.­
festgesetzt wird (Art. 28).
Das Gesetz bezeichnet die Lehrkräfte, die zum Beitritt zur
Lehrerversicherungskasse verpflichtet sind (Art. 29 bis 31). Sodann wird in
Art. 32 und 33 bestimmt:

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Art. 32: Die Leistungen der Mitglieder der Lehrerversicherungskasse
(Arbeitslehrerinnen inbegriffen) sollen wenigstens die Höhe der entsprechenden
Beiträge des Staates erreichen. Die Versicherungsleistungen der Kasse werden
durch die Statuten bestimmt. Diese unterliegen der Genehmigung des
Regierungsrates. Ein Dekret des Grossen Rates wird nötigenfalls weitere
Anordnungen treffen.
Art. 33: An die Versicherung der Mitglieder der Lehrerversicherungskasse (Art.
29, 30 und 31) bezahlt der Staat einen jährlichen Beitrag von 6 % der
versicherten Besoldungen. Einem Dekret des Grossen Rates bleibt es
vorbehalten, diesen Beitrag nötigenfalls neu zu bestimmen.
Das Gesetz ist erlassen worden «in der Absicht, die Lehrerbesoldungen den
heutigen Verhältnissen anzupassen». Es ordnet in Art. 34 die Erhöhung der vor
seinem Inkrafttreten bewilligten Pensionen und Leibgedinge um Beträge bis auf
100 % «je nach den Verhältnissen des einzelnen Falles» an.
3. Am 11. September 1935 erliess der Grosse Rat des Kantons Bern unter
Berufung auf Art. 32 und 33 des Lehrerbesoldungsgesetzes ein Dekret
«betreffend die Erhöhung des Staatsbeitrages an die Lehrerversicherungskasse»,
wonach der Beitrag des Staates an die Primarlehrerkasse, im Zusammenhang mit
einer Erhöhung der Leistungen der Lehrerschaft von 5 % auf 7 % der
Besoldungen, in der Weise erhöht wird, dass der Staat der
Lehrerversicherungskasse den für das Jahr 1935 für Leibgedinge und Zuschüsse
an Pensionen und Renten festgesetzten Kredit im Betrage von Fr. 250000.­ auf
44 Jahre zusichert (§ 1) unter Auflage folgender Verpflichtungen:
«a) Die Lehrerversicherungskasse übernimmt die Auszahlung der in § 1, Abs. 2
hievor angeführten bisherigen Leistungen des Staates (gemeint sind:
Leibgedinge und Zuschüsse an Pensionen und Renten).
b) Der Prämienbeitrag der Mitglieder der Primarlehrerkasse wird vom 1. Oktober
1935 an um 2 % erhöht.
c) Sofern für die Pensionsbezüger der staatlichen Hilfskasse ein Abzug oder
eine Beitragspflicht festgesetzt wird, gilt die bezügliche Bestimmung über
Mass und Dauer auch für die pensionierten Mitglieder der drei Abteilungen der
Lehrerversicherungskasse.
d) Die Lehrerversicherungskasse findet allfällige zukünftige Leibgedinger oder
deren Witwen nach den vom Staate bisher befolgten Grundsätzen ab.» (§ 2).

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Die der Kasse gemäss § 2 lit. b auferlegten Auszahlungen machten 1935 ungefähr
den Betrag des der Kasse gewahrten Beitrages aus. Die Leistung des Staates lag
in der Zusicherung, dass der Beitrag während 44 Jahren, d. h. auch nach
Wegfall der übernommenen Zahlungen unverändert ausgerichtet werde. Der
Verwaltungsbericht der Kasse für das Jahr 1935 bemerkt darüber, mit dem
Staatsbeitrag sei ~ der Kasse eine neue Geldquelle erschlossen worden, die
sich mit den Jahren vergrössern und ungefähr die ursprünglich vom Staate
verlangte Mehrleistung von 2 % der versicherten Besoldung repräsentieren wird.
Dem Sinne des Dekretes und des Lehrerversicherungsgesetzes entsprechend erhöht
sich damit automatisch der Beitrag der Primarlehrer und der ledigen
Lehrerinnen auf 7 %» (S. 62). Der Barwert der Zuwendung wurde mit 4 Millionen
Franken veranschlagt, was einer Pramienerhöhung der Primarlehrerschaft um 2 %
während 18 Jahren entspreche (S. 65).
4. Am 7. Juni 1936 erliess der Grosse Rat des Kantons Bern sodann ein Dekret,
durch welches u. a. die bis zum 31. Dezember 1935 festgesetzten Leistungen der
(in § 2 lit. c des Dekretes vom 11. September 1935 erwähnten) staatlichen
Hülfskasse für die Beamten, Angestellten und Arbeiter der Staatsverwaltung mit
Wirkung auf den 1. August 1936 um 10 % gekürzt werden, Invalidenrenten
insoweit sie Fr. 1800.­ übersteigen (Ziffer II, Ziff. 1, und III des
Dekretes). Daraufhin verfügte der Regierungsrat des Kantons Bern am 1.
September 1936 die Herabsetzung der an die pensionierten Mitglieder der
Lehrerversicherungskasse gemäss den Statuten zugesprochenen Pensionen nach den
in dem Dekret vom 7. Juli 1936 aufgestellten Grundsätzen.
Durch Gesetz vom 11. April 1937 «über weitere Massnahmen zur Wiederherstellung
des finanziellen Gleichgewichtes im Staatshaushalt» wurde auch das
Lehrerbesoldungsgesetz abgeändert; u. a. wurde ihm ein neuer Art. 35 bis
beigefügt, der bestimmt:

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«Die Leibgedinge und Pensionen gemäss Art. 28, 34 und 35 des Gesetzes
betreffend die Besoldungen der Lehrerschaft an den Primar- und Mittelschulen
vom 21. März 1920 werden entsprechend den in Abschnitt II, Ziffer 1, des
Hülfskassendekretes vom 7. Juli 1936 aufgestellten Grundsätzen herabgesetzt. ~
Zu erwähnen ist noch, dass durch ein Gesetz vom 5. Juli 1942 der Grosse Rat
ermächtigt worden ist, vom Jahre 1942 an der Lehrerschaft der Primar- und
Mittelschulen Teuerungszulagen auszurichten, sofern die Verhältnisse es
erfordern. Art. 5 des Gesetzes bestimmt, dass auch den Rentenbezügern der
Lehrerversicherungskasse je nach den Verhältnissen des Falles Teuerungszulagen
ausgerichtet werden können. a Der Grosse Rat stellt durch entsprechende
Beschlüsse die notwendigen Mittel zur Verfügung». In Grossrats-Dekreten vom 4.
November 1942 und 3. März 1943 wurden Teuerungszulagen an Rentenbezüger für
das II. Semester 1942 und für das Jahr 1943 angeordnet.
B. ­ Der Kläger Friedrich Eicher war Primarlehrer und, seit dem 1. Januar
1904, Mitglied der bernischen Lehrerversicherungskasse. Er ist auf den 1. Mai
1931 in den Ruhestand versetzt worden. Die Pension wurde auf Fr. 6132.­, 70 %
der versicherten Besoldung von Fr. 8760.­, festgesetzt. Vom 1. August 1936 an
wurde die Pension um Fr. 433.20 gekürzt. Eicher belangte die
Lehrerversicherungskasse mit Eingabe vom 14. Oktober 1942 vor dem
Regierungsstatthalteramt von Bern auf Nachzahlung der abgezogenen Beträge und
auf Ausrichtung der vollen Pension von Fr. 6132.­ für die Zukunft. Der
Regierungsstatthalter hat die Klage und der Regierungsrat einen gegen den
Entscheid des Regierungsstatthalters gerichteten Rekurs abgewiesen. Zur
Begründung seines Entscheides führt der Regierungsrat u. a. aus, die Erlasse
seien verfassungsgemäss. Die Lehrerversicherungskasse sei eine selbständige
juristische Person und ­ da der Staat eine Garantie für ihre Verpflichtungen
nie übernommen habe ­ nur auf sich selbst gestellt. Aus Eingaben, die die
Kassenorgane in den Jahren 1934 und 1935 an den Regierungsrat gerichtet

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hatten, sei hervorgegangen, dass die Einnahmen der Kasse ungenügend und eine
Sanierung notwendig geworden sei. Die Herabsetzung der Renten der
Pensionierten sei angeordnet worden im Rahmen einer Sanierung, bei der alle
Beteiligten Opfer zu bringen hatten. Auf lange Sicht gesehen habe die
Massnahme auch den Interessen der Pensionierten entsprochen. Von einem
Verstosse gegen die Rechtsgleichheit oder die Eigentumsgarantie könne, wenn
man das Ganze im Auge behalte, nicht die Rede sein. Es wird auch noch darauf
hingewiesen, dass den Pensionierten seither Teuerungszulagen gewährt worden
sind.
a. ­ Gegen den Entscheid des Regierungsrates richtet Eicher eine
staatsrechtliche Beschwerde. Es wird geltend gemacht, der Entscheid beruhe auf
Willkür (Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV, Art. 72
SR 131.212 Verfassung des Kantons Bern, vom 6. Juni 1993
KV/BE Art. 72 - Der Grosse Rat besteht aus 160 Mitgliedern, die für eine vierjährige Amtsdauer gewählt werden.
bern. KV), er verletze auch die Eigentumsgarantie
(Art. 89
SR 131.212 Verfassung des Kantons Bern, vom 6. Juni 1993
KV/BE Art. 89 - 1 Der Regierungsrat erstellt den Aufgaben- und Finanzplan und verabschiedet den Voranschlag und den Geschäftsbericht zuhanden des Grossen Rates.26
1    Der Regierungsrat erstellt den Aufgaben- und Finanzplan und verabschiedet den Voranschlag und den Geschäftsbericht zuhanden des Grossen Rates.26
2    Er beschliesst über:
a  neue einmalige Ausgaben bis eine Million Franken;
b  neue wiederkehrende Ausgaben bis 200 000 Franken;
c  gebundene Ausgaben.
3    Er beschliesst über Grundstücksverkäufe sowie über Grundstückskäufe zu Anlagezwecken.
4    Er stellt die notwendigen Finanzierungsmittel bereit.
bern. KV) und den Grundsatz des Vorrangs der Verfassung vor Gesetz,
Dekret und Verordnung (Art. 111 KV). Der Kläger habe ein wohlerworbenes Recht
auf Ausrichtung seiner vollen Pension. Das Lehrerbesoldungsgesetz vom 21. März
1920 gewähre den Mitgliedern der Lehrerversicherungskasse Anspruch auf die
ihnen nach den Statuten zukommende Pension. Nach den Statuten, wie sie zur
Zeit der Pensionierung galten, habe sich die Pension des Klägers auf das
Maximum, 70 % des versicherten Jahresverdienstes, belaufen, und es sei in den
Statuten vor allem durch die Vorschriften über die Deckung des
Betriebsdefizits eindeutig festgelegt, dass ein Kassenmitglied nach der
Pensionierung Anspruch auf die ungekürzte statutarische Pension habe und bei
einem Defizit nicht mehr zu Beiträgen herangezogen werden könne. Der
Pensionsanspruch sei ein wohlerworbenes Recht, das weder durch eine spätere
Statutenänderung, noch durch Verwaltungsverfügungen des Staates oder durch
gesetzgeberische Erlasse abgeändert oder rückwirkend beseitigt werden könne
(BGE 67 I Nr. 27). Er beruhe auf den statutengemässen Einzahlungen und dürfe,
wenn die Einzahlungen beendigt sind, nicht mehr einseitig abgeändert werden.
In dieses

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Recht sei durch die der Kasse im Dekret des Grossen Rates vom 11. September
1935 auferlegte Angleichung an künftige Änderungen der Pensionen der
Hülfskasse und durch die Durchführung dieser Massnahmen (Dekret vom 7. Juli
1936 und Regierungsratsbeschluss vom 1. September 1936) willkürlich
eingegriffen worden.
Die Versicherungsleistungen der Kasse seien nach versicherungstechnischen
Grundsätzen von der Kasse selbst, in den Statuten, geordnet worden, und die
Statuten seien vom Regierungsrate genehmigt worden. Das könne im Rechtsstaate
nur bedeuten, dass auch der Gesetzgeber die durch die genehmigten Statuten
anerkannten Ansprüche als wohlerworbene Rechte respektiere. Mit seinem
Beschluss vom 1. September 1936 habe der Regierungsrat zudem in ein
Rechtsverhältnis eingegriffen, das seiner Einmischung entzogen war, und damit
die Grenzen seiner verfassungs- und gesetzmässigen Zuständigkeit
überschritten. Er habe sich dafür nicht auf das Dekret des Grossen Rates vom
11. September 1935 berufen können. Denn auch dem Grossen Rate habe die
Ermächtigung gefehlt, in die Festsetzung der statutarischen
Versicherungsleistungen einzugreifen.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen
in Erwägung:
1. ­ .....
2. ­ Der Rekurrent hat sich auf Art. 111
SR 131.212 Verfassung des Kantons Bern, vom 6. Juni 1993
KV/BE Art. 111 - 1 Der Kanton regelt die Grundzüge der Gemeindeorganisation, die Finanzordnung sowie die kantonale Aufsicht.
1    Der Kanton regelt die Grundzüge der Gemeindeorganisation, die Finanzordnung sowie die kantonale Aufsicht.
2    Soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht, unterliegen die Gemeinden den gleichen Haftungsbestimmungen wie der Kanton.
bern. KV berufen, der den Grundsatz
des Vorranges der Verfassung vor Gesetzen, Dekreten, Verordnungen und
Beschlüssen ausspricht. Er scheint hauptsächlich geltend machen zu wollen,
durch das Dekret des bernischen Grossen Rates vom 11. September 1935 und das
bernische Gesetz vom 11. April 1937 sei unzulässigerweise in eine nach Gesetz
und Verfassung autonome Ordnung eines ausserhalb der Staatsverwaltung
stehenden und von ihr unabhängigen Rechtsubjektes eingegriffen worden. Doch
ist die Einwendung offensichtlich unbegründet.

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Die bernische Lehrerversicherungskasse ist seit ihrer Errichtung im Jahre 1903
eine auf dem kantonalen öffentlichen Recht beruhende und von ihm mit
Rechtspersönlichkeit ausgestattete Anstalt. Sie hat die Aufgabe, die
obligatorische Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung des Lehrkörpers der
Primar- und Mittelschulen durchzuführen nach den Weisungen, die die kantonale
Gesetzgebung dafür aufstellt. Die Organisation und die Verwaltung der Kasse
besorgen die Anstaltsbenützer («Mitglieder») selbst unter Mitwirkung von
Vertretern des Staates. Die autonomen Satzungen, die sich die Anstalt gibt,
haben rechtlich den Charakter von Ausführungsbestimmungen. Sie beruhen auf der
Ermächtigung des Gesetzgebers, einzelne Verhältnisse näher zu regeln. Der
Gesetzgeber, der einem Selbstverwaltungskörper eine solche Ermächtigung
erteilt, begibt sich aber damit nicht des Rechtes einzugreifen, wenn er es für
nötig erachtet, die erteilte Ermächtigung ganz oder teilweise zurückzunehmen,
neue Weisungen zu erteilen, einzelne Verhältnisse selbst zu regeln, die bisher
in Ausführungsbestimmungen enthaltene Ordnung vollständig durch eine neue zu
ersetzen oder den Selbstverwaltungskörper anzuhalten, es zu tun.
Ausführungsvorschriften gelten stets nur im Rahmen des Gesetzes. Sie folgen
den Veränderungen, denen die Grundlage, auf der sie beruhen, die Gesetzgebung
unterworfen wird (BGE 63 I S. 116 f., Erw. 1).
In den hier massgebenden Punkten hatte sich überdies der Gesetzgeber selbst
ausdrücklich Eingriffe in die statutarische Ordnung vorbehalten: Die bernische
Lehrerversicherungskasse war errichtet worden auf Grund der dem Grossen Rat im
bernischen Primarschulgesetz vom 6. Mai 1894 erteilten Ermächtigung, die
Pensionierung der Lehrerschaft auf dem Dekretswege einzuführen. Sie beruhte
also ursprünglich, ähnlich der Pensions- und Hülfskasse der S.B.B., auf die
sich der hievor angeführte Entscheid bezieht, auf einer Gesetzesvorschrift,
mit welcher lediglich der Weg zur Errichtung einer Pensionskasse eröffnet

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werden sollte. Die Regelung der Verhältnisse der Lehrerversicherungskasse
blieb dem Dekret und den Statuten überlassen. Erst durch das
Lehrerbesoldungsgesetz vom 21. März 1920 wurden die grundlegenden Vorschriften
über die Pensionierung der Mitglieder der Lehrerversicherungskasse in die
Gesetzgebung übergeführt. Dabei wurde die Bestimmung der
Versicherungsleistungen zwar den Statuten überlassen; doch sollte «ein Dekret
des Grossen Rates nötigenfalls weitere Anordnungen treffen» (Art. 32). Es war
also vorgesehen, dass Eingriffe in die Verhältnisse nötig werden könnten,
deren Ordnung den Statuten überlassen war.
Das Dekret vom 11. September 1935 ist ein solcher Eingriff, soweit er der
Kasse die Herabsetzung der Lehrerpensionen auferlegt für den Fall, dass die
Renten der Hülfskasse des Staatspersonals gekürzt werden sollten. Das Dekret
beruht auf ausdrücklicher Ermächtigung des Gesetzgebers und ist unter dem
Gesichtspunkt formeller Gültigkeit nicht zu beanstanden. Auch das Gesetz vom
11. April 1937 geht der bisher in den Statuten vorgesehenen Ordnung
formalrechtlich nach dem Gesagten ohne weiteres vor. Die
Lehrerversicherungskasse hat ihre Statuten sofort der neuen Ordnung angepasst.
Diese Haltung entsprach der Stellung der Kasse als eines Organs für den
Gesetzesvollzug. Die Kasse konnte gar nicht anders vorgehen.
3. ­ Es kann sich nur fragen, ob die Einwendungen begründet sind, die der
Rekurrent aus den verfassungsrechtlichen Garantien des Eigentums (Art. 89 KV)
und der Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV) ableiten möchte. Die
Einwendungen aus Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV beziehen sich auf die Anwendung der massgebenden
Vorschriften; sie werden unter Ziff. 4 hienach erörtert. Auf die
Eigentumsgarantie beruft sich der Rekurrent mit der Behauptung, er habe ein
wohlerworbenes Recht auf die Pension im Betrage von Fr. 6132.­, der ihm im
Jahre 1931 bei seiner Pensionierung zuerkannt worden war; in diesem Rechte
dürfe er nicht beeinträchtigt werden, auch nicht durch eine Massnahme des
Gesetzgebers.

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a) Nach heute herrschender Auffassung gelten vermögensrechtliche Ansprüche der
Beamten aus dem Dienstverhältnis als öffentlichrechtliche Ansprüche (BGE 46 I
S. 150
, 56 I 20, 67 I 188), und sie können den Charakter wohlerworbener Rechte
haben. Das Bundesgericht hat von jeher anerkannt, dass der
verfassungsrechtliche Schutz gegen Eingriffe der öffentlichen Gewalt in
individuelle Vermögensrechte nicht auf das Privatrecht beschränkt ist, sondern
sich auch auf im öffentlichen Rechte begründete Vermögensrechte erstreckt. Auf
öffentlicher Verleihung beruhende Nutzungsrechte an Wasserkräften wurden stets
als der Eigentumsgarantie unterworfene, wohlerworbene Rechte anerkannt. In
älteren Entscheiden wurde dabei allerdings im Anschluss an die Literatur
(GIERKE: Deutsches Privatrecht, Bd. II, S. 399; HUBER in Zeitschrift für
schweiz. Recht, n. F. Bd. 19 S. 539-543) von «Privatrechten» gesprochen (z. B.
in BGE 35 I S. 746), obwohl es sich um im öffentlichen Rechte begründete
Berechtigungen handelt. Der Ausdruck «Privatrecht» betrifft hier aber im
Grunde weniger die Unterscheidung zwischen zivilem (bürgerlichem) und
öffentlichem Recht, als die Charakterisierung eines Rechtsguts als dem
Rechtssubjekt individuell («privat») zustehendes und Eingriffen der
Staatsgewalt entzogenes Vermögensrecht («Eigentum»), wobei lediglich die
Schranken vorbehalten bleiben, die dem Rechtssubjekt durch polizeiliche
Vorschriften, im Interesse der Allgemeinheit oder zur Wahrung
entgegenstehender Rechte Dritter gesetzt sind. In späteren Entscheiden wurde
bestätigt, dass bei der Bestimmung des Kreises der durch die Eigentumsgarantie
verfassungsrechtlich geschützten Rechte nicht einfach auf die Grenzziehung
zwischen öffentlichem und Privatrecht abgestellt werden kann. Der Begriff der
«Privatrechte» sei zu verstehen in dem zur Zeit der Entstehung der Garantie
herrschenden weitern Sinne, der durch einseitigen behördlichen Akt begründete
Vermögensansprüche mit einschliesst, wenn sie als festes Recht und nicht nur
im Sinne einer widerruflichen Erlaubnis

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eingeräumt sind (BGE 48 I S. 604). Gestützt auf diese Auffassung werden nach
feststehender Praxis im öffentlichen Recht begründete Ansprüche dem Schutz der
Eigentumsgarantie unterstellt (vgl. z. B. BGE 49 I S. 584, 65 I S. 303 und das
nicht publizierte Urteil vom 22. November 1935 i. S. Eisenbahngesellschaft
Langenthal-Huttwil, Erw. 1). Es beruht daher auf einem Missverständnis, wenn
in BGE 50 I S. 75, Erw. 5, für Ansprüche der Beamten aus dem Dienstverhältnis
der Schutz der Eigentumsgarantie deswegen abgelehnt wird, weil es sich um im
öffentlichen Rechte begründete Ansprüche handle. Die Erwägung war übrigens für
jenen Fall nicht entscheidend; der damalige Rechtsstreit wurde unter einem
andern Gesichtspunkte erledigt (a.a.O. S. 76 ff., Erw. 6). Dass speziell der
Anspruch eines Beamten auf die Pension den Charakter eines wohlerworbenen
Rechtes haben kann, ist wiederholt ausgesprochen worden (BGE 63 I S. 40; 118,
Erw. 3; 67 I 188). Es besteht kein Grund, von dieser Auffassung abzugehen.
b) Bei der Frage nach der Bedeutung der Eigentumsgarantie bei
Pensionsansprüchen ist davon auszugehen, dass derartige Ansprüche auf dem
Dienstverhältnis beruhen. Das Dienstverhältnis des Beamten aber wird in der
Regel, d. h. soweit nicht Abweichendes allgemein oder im einzelnen Falle
angeordnet ist, beherrscht durch die jeweilige Gesetzgebung; es macht somit,
auch was seine vermögensrechtliche Seite anlangt, die Entwicklung mit, die die
Gesetzgebung erfährt. Das Gesetz kann allerdings einzelne Beziehungen ein für
alle Mal festlegen und damit von den Einwirkungen dieser Entwicklung
ausnehmen, z. B. finanzielle Ansprüche aus dem Dienstverhältnis, auch
Pensionsansprüche, ihrem Betrage nach unabänderlich erklären und sie damit vor
weiteren Eingriffen sicherstellen mit der Wirkung, dass sie als zugesicherte
Leistungen von bestimmter Höhe jeder späteren Herabsetzung, auch durch die
Gesetzgebung, entzogen sind. Mit einer derart ausdrücklich durch den
Gesetzgeber festgelegten, als unabänderlich zugesicherten Leistung hatte sich
das Bundesgericht zu

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befassen i. S. Scacchi (BGE 67 I Nr. 27), und es hat die damals streitigen
Ansprüche auf die volle Pension geschützt. Bestimmte Zusicherungen, die
wohlerworbene Rechte hinsichtlich des Betrages finanzieller Leistungen
begründen, können auch individuell abgegeben sein, mit einem einzelnen
Anstellungsverhältnis verbunden werden. Soweit es aber an bestimmten
Zusicherungen fehlt, kann die Eigentumsgarantie nicht angerufen werden; denn
aus dem Dienstverhältnis lassen sich dann nur diejenigen Ansprüche begründen,
die dem jeweiligen Stande der Gesetzgebung entsprechen.
Der Schutz, den die Verfassung gegenüber Massnahmen des Gesetzgebers gewährt,
liegt hier in der Garantie der Rechtsgleichheit (Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV). Sie schliesst es
aus, dass in die Verhältnisse des in den Ruhestand versetzten Beamten
willkürlich eingegriffen, dass der Anspruch auf finanzielle Leistungen, der
auf meist langjähriger Tätigkeit im Staatsdienst und zum Teil auch auf
finanziellen Leistungen (Beiträgen des Pensionierten selbst) beruht, ohne
ausreichenden Grund abgeändert, nachträglich entzogen oder
ungerechtfertigterweise im Werte herabgesetzt werde. Auch einseitige Eingriffe
zu Lasten einzelner Berechtigter oder bestimmter Gruppen wären vor Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV
nicht haltbar, soweit sie sich nicht besonders rechtfertigen lassen sollten.
Allgemeine Anpassungen dagegen, die dem ganzen Bestande auferlegt werden, z.
B. weil sich die finanzielle Grundlage einer Pensionskasse als ungenügend
erweist, und die vorgenommen werden müssen, um einen sonst zu gewärtigenden
Zusammenbruch der Kasse zu vermeiden, können unter dem Gesichtspunkte des
Verfassungsrechtes nicht beanstandet werden, soweit ihnen nicht spezielle
durch die Eigentumsgarantie besonders geschützte Zusicherungen entgegenstehen,
und soweit sie nicht auf einer einseitigen oder sonst willkürlichen Verlegung
der zu bringenden Opfer beruhen.
4. ­ Die Pension des Beschwerdeführers ist im Pensionsschein vom 24. Februar
1931 auf Fr. 6132.­ bestimmt

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worden. Die Festsetzung entsprach den damaligen Statuten der
Lehrerversicherungskasse, nach denen der Beschwerdeführer Anspruch auf eine
Pension in der Höhe von 70 % der Besoldung hatte, die er als Lehrer zuletzt
bezog (Fr. 8760.­). Durch die Dekrete des Grossen Rates vom 11. September 1935
(§ 2, lit. c) und vom 7. Juli 1936 (Ziffer II, 1) sind laufende Renten der
Lehrerversicherungskasse allgemein herabgesetzt worden und der Regierungsrat
hat, in Ausführung der beiden Dekrete, die Herabsetzung auf den 1. September
1936 in Kraft erklärt.
Die Herabsetzung ist formalrechtlich gedeckt durch den Vorbehalt im
Lehrerbesoldungsgesetz (Art. 32), wonach hinsichtlich der Leistungen der
Mitglieder der Lehrerversicherungskasse und hinsichtlich der
Versicherungsleistungen der Kasse allfällig notwendig werdende Anordnungen
durch Dekret des Grossen Rates getroffen werden. Die erwähnten Dekrete
erscheinen als Anordnung im Sinne jenes Vorbehalts. Durch sie und durch das
Gesetz vom 11. April 1937 wurde die Höhe der statutarischen Renten neu
bestimmt (s. Erw. 2 hievor und BGE 63 I S. 117 f.). Eine besondere
Zusicherung, die die Herabsetzung der Pensionen allgemein oder im Falle des
Rekurrenten als verfassungsrechtlich unzulässig . erscheinen lassen würde, ist
nicht nachgewiesen.
Nach Art. 28 Lehrerbesoldungsgesetz erhalten die Mitglieder der
Versicherungskasse nach ihrem Rücktritt «die ihnen nach den Statuten
zukommende Pension». Diese Bestimmung kann sehr wohl als Zusicherung der
Leistung aufgefasst werden, die der jeweiligen statutarischen Ordnung
entspricht. Eine spezielle Zusicherung, dass die Versicherungsleistungen in
einem bestimmten Zeitpunkt, etwa auf den Tag der Pensionierung, festgelegt
werden und von da an keiner Abänderung mehr unterliegen sollen, liegt darin
nicht. Sie ergibt sich auch nicht unabweislich aus dem System einer
staatlichen Fürsorge zugunsten der in den Ruhestand übergetretenen Beamten. Im
Falle Scacchi hat das Bundesgericht die Unabänderlichkeit der bei der

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Pensionierung festgesetzten Rente denn auch nur angenommen, weil sie in der
Pensionsordnung für die Staatsbeamten des Kantons Tessin besonders
ausgesprochen ist.
Eine entsprechende Bestimmung enthält die Pensionsordnung für die bernischen
Primar- und Mittelschulen nicht. In Frage kommen könnte höchstens der, auch
vom Beschwerdeführer angerufene, Art. 47, Abs. 2 der Statuten, wonach bei
Betriebsdefiziten die Deckung durch Erhöhung der Beiträge des Staates und der
Mitglieder gefunden werden muss. Doch kann diese Anordnung nur den Sinn eines
Programms für die Geschäftsführung haben, auf das die Kassenorgane,
Bezirksversammlung, Generalversammlung und Verwaltung, verpflichtet werden. Es
wird darin nichts gesagt darüber, was zu geschehen hat, wenn die nach den
Verhältnissen möglichen Beitragserhöhungen zur Deckung des Ausfalls nicht
ausreichen und aus diesem Grunde weitere Anordnungen notwendig werden, die
nicht die Kassenorgane, sondern die hiezu berufenen staatlichen Behörden zu
treffen haben. Vor allem wird nicht bestimmt, dass in einem solchen Falle die
zur Erhaltung der Pensionierungsanstalt erforderlichen, durch Gesetz und
Dekret anzuordnenden Massnahmen nicht auch die bereits Pensionierten umfassen
dürften. Im Falle Scacchi war es anders.
Die Herabsetzung der Kassenleistungen wurde angeordnet, um die dauernde
Erfüllung der Ansprüche der gegenwärtigen und der künftigen Bezüger von Renten
sicherzustellen, also zum Schutze ihres Rechtes auf die Pension. Die Renten
wurden gekürzt, weil auf dem in den Statuten vorgesehenen Wege der
Beitragserhöhung allein die für die bisher vorgesehenen Renten erforderlichen
Mittel nicht aufgebracht werden konnten. Unter diesen besondern Umständen und
mangels einer ausdrücklichen Zusicherung einer unveränderlichen Rente kann in
einer beschränkten Herabsetzung des statutarischen Rentenbetrages ein Verstoss
gegen verfassungsmässige Garantien nicht erblickt werden.
5. ­ .....
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 70 I 10
Datum : 01. Januar 1943
Publiziert : 06. März 1944
Quelle : Bundesgericht
Status : 70 I 10
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 1. Die Statuten einer staatlichen Pensionskasse unterliegen, als Ausführungsbestimmungen zu der...


Gesetzesregister
BV: 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
StV/BE: 72 
SR 131.212 Verfassung des Kantons Bern, vom 6. Juni 1993
KV/BE Art. 72 - Der Grosse Rat besteht aus 160 Mitgliedern, die für eine vierjährige Amtsdauer gewählt werden.
89 
SR 131.212 Verfassung des Kantons Bern, vom 6. Juni 1993
KV/BE Art. 89 - 1 Der Regierungsrat erstellt den Aufgaben- und Finanzplan und verabschiedet den Voranschlag und den Geschäftsbericht zuhanden des Grossen Rates.26
1    Der Regierungsrat erstellt den Aufgaben- und Finanzplan und verabschiedet den Voranschlag und den Geschäftsbericht zuhanden des Grossen Rates.26
2    Er beschliesst über:
a  neue einmalige Ausgaben bis eine Million Franken;
b  neue wiederkehrende Ausgaben bis 200 000 Franken;
c  gebundene Ausgaben.
3    Er beschliesst über Grundstücksverkäufe sowie über Grundstückskäufe zu Anlagezwecken.
4    Er stellt die notwendigen Finanzierungsmittel bereit.
111
SR 131.212 Verfassung des Kantons Bern, vom 6. Juni 1993
KV/BE Art. 111 - 1 Der Kanton regelt die Grundzüge der Gemeindeorganisation, die Finanzordnung sowie die kantonale Aufsicht.
1    Der Kanton regelt die Grundzüge der Gemeindeorganisation, die Finanzordnung sowie die kantonale Aufsicht.
2    Soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht, unterliegen die Gemeinden den gleichen Haftungsbestimmungen wie der Kanton.
BGE Register
35-I-725 • 46-I-143 • 48-I-580 • 49-I-555 • 50-I-69 • 56-I-19 • 63-I-115 • 63-I-35 • 67-I-177 • 70-I-10
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
regierungsrat • eigentumsgarantie • pensionierung • zusicherung • pensionierter • wohlerworbenes recht • mittelschule • versicherungstechnik • kv • deckung • verfassung • verfassungsrecht • bundesgericht • charakter • weiler • weisung • einwendung • treffen • frage • entscheid
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