S. 203 / Nr. 48 Strafgesetzbuch (d)

BGE 69 IV 203

48. Urteil des Kassationshofes vom 12. November 1943 i.S Staatsanwaltschaft
des Kantons Graubünden gegen Torriani und Mitangeklagte.

Regeste:
1. Art. 24
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 24 - 1 Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
1    Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
2    Wer jemanden zu einem Verbrechen zu bestimmen versucht, wird wegen Versuchs dieses Verbrechens bestraft.
StGB. Wer zum vornherein jederzeit zur Tat bereit ist, kann nicht
angestiftet werden.
2. Art. 119 Ziff. 1 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 119 - 1 Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
1    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
2    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist ebenfalls straflos, wenn er innerhalb von zwölf Wochen seit Beginn der letzten Periode auf schriftliches Verlangen der schwangeren Frau, die geltend macht, sie befinde sich in einer Notlage, durch eine zur Berufsausübung zugelassene Ärztin oder einen zur Berufsausübung zugelassenen Arzt vorgenommen wird. Die Ärztin oder der Arzt hat persönlich mit der Frau vorher ein eingehendes Gespräch zu führen und sie zu beraten.
3    Ist die Frau nicht urteilsfähig, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
4    Die Kantone bezeichnen die Praxen und Spitäler, welche die Voraussetzungen für eine fachgerechte Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und für eine eingehende Beratung erfüllen.
5    Ein Schwangerschaftsabbruch wird zu statistischen Zwecken der zuständigen Gesundheitsbehörde gemeldet, wobei die Anonymität der betroffenen Frau gewährleistet wird und das Arztgeheimnis zu wahren ist.
StGB bezieht sich nur auf die beim Abtreibungsakte
geleistete Hülfe; wer vorher oder nachher hilft, ist Gehülfe im Sinne des Art.
25
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft.
StGB.
3. Ob die Gehülfenschaft der Schwangeren oder ob sie dem dritten Abtreiber
geleistet sei, entscheidet sich nach subjektiven Gesichtspunkten.
1. Art. 24 CP. Celui qui est d'emblée disposé en tout temps à commettre
l'infraction ne peut pas être l'objet d'une instigation.
2. L'art. 119 ch. 1 al. 2 CP ne concerne que l'assistance prêtée au cours de
l'avortement; celui qui prête son assistance avant ou après est un complice au
sens de l'art. 26 CP.
3. C'est d'après les circonstances subjectives qu'on décidera si l'assistance
est prêtée à la personne enceinte ou si elle l'est au tiers avorteur
1. Art. 24 CP. Chi è senz'altro disposto in ogni momento a commettere
l'infrazione non può essere oggetto d'un'istigazione.
2. L'art. 119, cifra 1, cp. 2 CP si riferisce soltanto all'assistenza prestata
nel corso dell'aborto; chi presta assistenza prima o dopo l'aborto è un
complice ai sensi dell'art. 25 CP.
3. Secondo le circostanze soggettive si deciderà se l'assistenza è prestata
alla persona incinta oppure al terzo che procura l'aborto.

A. - Wilhelm Fischer, der schon im Jahre 1929 wegen Abtreibung der
Leibesfrucht bestraft worden ist, trieb der schwangeren Rosa Casanova einmal
anfangs Februar 1942 und zum zweiten Male am 26. Januar 1943 die Frucht ab,
beide Male gegen ein Honorar von Fr. 80.-. Am 26. Januar 1943 beging er eine
gleiche Tat an Ursula Marugg. Beide Mädchen starben wenige Tage später an den
Folgen des Verbrechens.

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Ursula Marugg war von Viktor Torriani geschwängert worden. Dieser fragte
Martin Koch, den Freund seiner Schwester Klara, ob er ihm nicht die Adresse
eines Abtreibers wüsste. Koch nannte ihm Fischer und schrieb diesem auf
Veranlassung des Torriani einen Brief, worin er Fischer ersuchte, sich
telephonisch mit Klara Torriani-Bensegger, der Mutter des Viktor Torriani, in
Verbindung zu setzen. Fischer tat dies. Klara Torriani-Bensegger veranlasste
ihn, nach Chur zu kommen, um Ursula Marugg die Frucht abzutreiben. Dann
vereinbarten Klara Torriani jun. und Fischer eine Zusammenkunft, die am 26.
Januar 1943 stattfand. Nachdem sie bei diesem Anlass erörtert hatten, wo der
Eingriff vorzunehmen sei, holte Klara Torriani jun. Ursula Marugg und führte
sie in ein Hotelzimmer. Dort beging Fischer an Ursula Marugg in Gegenwart von
Klara Torriani jun., doch ohne deren Mitwirkung, die Tat. Klara Torriani jun.
bezahlte ihm dafür Fr. 100.-.
B. - Am 16./ 17. Juni 1943 erklärte das Kantonsgericht von Graubünden Wilhelm
Fischer der wiederholten gewerbsmässigen Abtreibung im Sinne des Art. 119
Ziff. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 119 - 1 Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
1    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
2    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist ebenfalls straflos, wenn er innerhalb von zwölf Wochen seit Beginn der letzten Periode auf schriftliches Verlangen der schwangeren Frau, die geltend macht, sie befinde sich in einer Notlage, durch eine zur Berufsausübung zugelassene Ärztin oder einen zur Berufsausübung zugelassenen Arzt vorgenommen wird. Die Ärztin oder der Arzt hat persönlich mit der Frau vorher ein eingehendes Gespräch zu führen und sie zu beraten.
3    Ist die Frau nicht urteilsfähig, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
4    Die Kantone bezeichnen die Praxen und Spitäler, welche die Voraussetzungen für eine fachgerechte Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und für eine eingehende Beratung erfüllen.
5    Ein Schwangerschaftsabbruch wird zu statistischen Zwecken der zuständigen Gesundheitsbehörde gemeldet, wobei die Anonymität der betroffenen Frau gewährleistet wird und das Arztgeheimnis zu wahren ist.
StGB schuldig, Klara Torriani-Bensegger, Klara Torriani jun. und
Martin Koch dagegen der Gehülfenschaft bei Abtreibung gemäss Art. 118
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 118 - 1 Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Wer eine Schwangerschaft ohne Einwilligung der schwangeren Frau abbricht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr162 bis zu zehn Jahren bestraft.
3    Die Frau, die ihre Schwangerschaft nach Ablauf der zwölften Woche seit Beginn der letzten Periode abbricht, abbrechen lässt oder sich in anderer Weise am Abbruch beteiligt, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 Absatz 1 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
4    In den Fällen der Absätze 1 und 3 tritt die Verjährung in drei Jahren ein.163
in
Verbindung mit Art. 25
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft.
StGB. Es verurteilte Fischer zu fünf Jahren Zuchthaus,
Klara Torriani-Bensegger und Martin Koch zu je acht Monaten Gefängnis und
Klara Torriani jun. zu zehn Monaten Gefängnis. Den letzteren drei gewährte es
den bedingten Strafvollzug. Alle vier stellte es ferner in der bürgerlichen
Ehrenfähigkeit ein, Fischer auf acht, die anderen auf drei Jahre.
C. - Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden
rechtzeitig die Nichtigkeitsbeschwerde erklärt mit dem Begehren, es sei mit
Bezug auf Klara Torriani-Bensegger, Klara Torriani jun. und Martin Koch zwecks
Neubeurteilung der Sache aufzuheben. Die Staatsanwaltschaft beanstandet die
Auffassung des Kantonsgerichts, wonach Wilhelm Fischer als gewerbsmässiger

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Abtreiber von den drei genannten Personen nicht habe angestiftet werden
können. Anstiftung liege vor, sagt die Beschwerdeführerin, denn auch der
gewerbsmässige Abtreiber habe seinen freien Willen, und hier sei er durch das
Schreiben des Koch und durch die Fürsprache der Frau Torriani und ihrer
Tochter beeinflusst worden. Ferner macht die Staatsanwaltschaft geltend, auf
die Hülfe, welche die Beschwerdegegner der Schwangeren bei der Abtreibung
geleistet haben, sei Art. 119 Ziff. 1 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 119 - 1 Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
1    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
2    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist ebenfalls straflos, wenn er innerhalb von zwölf Wochen seit Beginn der letzten Periode auf schriftliches Verlangen der schwangeren Frau, die geltend macht, sie befinde sich in einer Notlage, durch eine zur Berufsausübung zugelassene Ärztin oder einen zur Berufsausübung zugelassenen Arzt vorgenommen wird. Die Ärztin oder der Arzt hat persönlich mit der Frau vorher ein eingehendes Gespräch zu führen und sie zu beraten.
3    Ist die Frau nicht urteilsfähig, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
4    Die Kantone bezeichnen die Praxen und Spitäler, welche die Voraussetzungen für eine fachgerechte Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und für eine eingehende Beratung erfüllen.
5    Ein Schwangerschaftsabbruch wird zu statistischen Zwecken der zuständigen Gesundheitsbehörde gemeldet, wobei die Anonymität der betroffenen Frau gewährleistet wird und das Arztgeheimnis zu wahren ist.
StGB, nicht Art. 25
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft.
in Verbindung
mit Art. 118
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 118 - 1 Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Wer eine Schwangerschaft ohne Einwilligung der schwangeren Frau abbricht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr162 bis zu zehn Jahren bestraft.
3    Die Frau, die ihre Schwangerschaft nach Ablauf der zwölften Woche seit Beginn der letzten Periode abbricht, abbrechen lässt oder sich in anderer Weise am Abbruch beteiligt, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 Absatz 1 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
4    In den Fällen der Absätze 1 und 3 tritt die Verjährung in drei Jahren ein.163
StGB, anzuwenden.
D. - Klara Torriani-Bensegger, Klara Torriani jun. und Martin Koch beantragen
die Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde.
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1.- .....
2.- Klara Torriani-Bensegger, Klara Torriani jun. und Martin Koch wären
Anstifter, wenn sie Fischer zu dem von ihm verübten Verbrechen bestimmt hätten
(Art. 24
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 24 - 1 Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
1    Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
2    Wer jemanden zu einem Verbrechen zu bestimmen versucht, wird wegen Versuchs dieses Verbrechens bestraft.
StGB). Das würde voraussetzen, dass sie in ihm den Willen, das
Verbrechen zu begehen, hervorgerufen hätten. Das kann an sich auch gegenüber
einem gewerbsmässigen Abtreiber geschehen, denn auch ein solcher behält den
freien Willen, im einzelnen Falle zu- oder abzusagen. Hier ist jedoch nicht
festgestellt, dass Fischer eine Absage erteilt habe und von den
Beschwerdegegnern beeinflusst worden wäre. Die Vorinstanz hat seiner
diesbezüglichen Behauptung nicht geglaubt, vielmehr festgestellt, dass er zu
Abtreibungen jederzeit bereit gewesen sei und nur darauf gewartet habe, bis
ein «Auftrag» eingegangen sei. Diese Feststellung ist tatsächlicher Natur und
bindet daher den Kassationshof. Sie schliesst die Anstiftung durch die
Beschwerdegegner aus.
3.- Das Strafgesetzbuch unterscheidet zwischen der Abtreibung der Frucht durch
die Schwangere und der Abtreibung durch einen Dritten. Daneben gibt es Fälle,

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in welchen die Schwangere und der Dritte bei der Abtreibung zusammenwirken
oder eine dieser Personen der anderen beim Abtreibungsakt Hülfe leistet. Ob in
solchen Fällen der Dritte Täter bezw. Mittäter oder bloss Gehülfe gewesen ist,
kann in der Regel nur schwer festgestellt werden. Um dieser Unterscheidung aus
dem Wege zu gehen, ist in Art. 119 Ziff. 1 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 119 - 1 Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
1    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
2    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist ebenfalls straflos, wenn er innerhalb von zwölf Wochen seit Beginn der letzten Periode auf schriftliches Verlangen der schwangeren Frau, die geltend macht, sie befinde sich in einer Notlage, durch eine zur Berufsausübung zugelassene Ärztin oder einen zur Berufsausübung zugelassenen Arzt vorgenommen wird. Die Ärztin oder der Arzt hat persönlich mit der Frau vorher ein eingehendes Gespräch zu führen und sie zu beraten.
3    Ist die Frau nicht urteilsfähig, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
4    Die Kantone bezeichnen die Praxen und Spitäler, welche die Voraussetzungen für eine fachgerechte Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und für eine eingehende Beratung erfüllen.
5    Ein Schwangerschaftsabbruch wird zu statistischen Zwecken der zuständigen Gesundheitsbehörde gemeldet, wobei die Anonymität der betroffenen Frau gewährleistet wird und das Arztgeheimnis zu wahren ist.
StGB die Hülfeleistung eines
Dritten bei Abtreibung durch die Schwangere der Abtreibung durch einen Dritten
gleichgestellt worden. Dabei dachte der Gesetzgeber nur an die Hülfeleistung
beim Abtreibungsakte, nicht auch an Handlungen, welche sich vorher oder
nachher abspielen, wie z.B. die Beschaffung von Instrumenten und Arzneien oder
die Pflege der Täterin nach vorgenommener Abtreibung. Deutlich kam dies in den
Vorentwürfen von 1894 an zum Ausdruck, welche strafbar erklärten, «wer eine
Abtreibungshandlung an einer Frauensperson mit ihrem Willen vornimmt oder dazu
Hülfe leistet». Von 1908 an waren die Entwürfe weniger klar, ohne dass
indessen ersichtlich wäre, dass in diesem Punkte ihr Sinn hätte geändert
werden wollen. Noch im Ständerat wurde darauf hingewiesen, dass Art. 106 des
Entwurfs (Art. 119 des Gesetzes) sich mit dem Dritten belasse, «der einer
Schwangeren, sei es mit oder ohne ihren Willen, die Frucht abtreibt oder der
Schwangeren bei der Abtreibung Hilfe leistet» (AStenBull StR 1931 487). Auf
Hülfeleistungen, die sich nicht beim Abtreibungsakte abspielen, trifft denn
auch der Grund nicht zu, aus welchem Art. 119 Ziff. 1 Abs. 2 die Hülfe zu der
Abtreibung durch die Schwangere der Abtreibung durch einen Dritten
gleichstellt. Solche Handlungen lassen sich ohne Schwierigkeit als reine
Hülfeleistungen von der Täterschaft unterscheiden. Sie sind auch weniger
strafwürdig als die Abtreibung durch einen Dritten und die dieser
gleichgestellten Handreichungen beim Abtreibungsakte. Wer der Schwangeren
bloss im Sinne des Art. 25
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft.
StGB Gehülfenschaft leistet, kann wie die
Schwangere höchstens mit Gefängnis bestraft werden. Wer dagegen im Sinne des
Art. 119 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 119 - 1 Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
1    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
2    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist ebenfalls straflos, wenn er innerhalb von zwölf Wochen seit Beginn der letzten Periode auf schriftliches Verlangen der schwangeren Frau, die geltend macht, sie befinde sich in einer Notlage, durch eine zur Berufsausübung zugelassene Ärztin oder einen zur Berufsausübung zugelassenen Arzt vorgenommen wird. Die Ärztin oder der Arzt hat persönlich mit der Frau vorher ein eingehendes Gespräch zu führen und sie zu beraten.
3    Ist die Frau nicht urteilsfähig, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
4    Die Kantone bezeichnen die Praxen und Spitäler, welche die Voraussetzungen für eine fachgerechte Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und für eine eingehende Beratung erfüllen.
5    Ein Schwangerschaftsabbruch wird zu statistischen Zwecken der zuständigen Gesundheitsbehörde gemeldet, wobei die Anonymität der betroffenen Frau gewährleistet wird und das Arztgeheimnis zu wahren ist.
StGB

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schuldig ist, steht unter der Strafdrohung von Zuchthaus bis zu fünf Jahren
oder Gefängnis. Mit dieser schweren Strafe kann das Gesetz den nicht treffen
wollen, der nicht beim Abtreibungsakte mitwirkt, sondern die Tat sonstwie
fördert und ihr daher weniger nahe steht.
Im vorliegenden Falle ist die Abtreibung nicht durch die Schwangere selbst,
sondern durch Fischer vorgenommen worden. Die Frage, ob Art. 119 Ziff. 1 Abs.
2
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StGB Art. 119 - 1 Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
1    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
2    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist ebenfalls straflos, wenn er innerhalb von zwölf Wochen seit Beginn der letzten Periode auf schriftliches Verlangen der schwangeren Frau, die geltend macht, sie befinde sich in einer Notlage, durch eine zur Berufsausübung zugelassene Ärztin oder einen zur Berufsausübung zugelassenen Arzt vorgenommen wird. Die Ärztin oder der Arzt hat persönlich mit der Frau vorher ein eingehendes Gespräch zu führen und sie zu beraten.
3    Ist die Frau nicht urteilsfähig, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
4    Die Kantone bezeichnen die Praxen und Spitäler, welche die Voraussetzungen für eine fachgerechte Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und für eine eingehende Beratung erfüllen.
5    Ein Schwangerschaftsabbruch wird zu statistischen Zwecken der zuständigen Gesundheitsbehörde gemeldet, wobei die Anonymität der betroffenen Frau gewährleistet wird und das Arztgeheimnis zu wahren ist.
StGB nicht bloss anwendbar ist auf Personen, die bei einer durch die
Schwangere selbst vorgenommenen Abtreibung helfen, kann indessen offen
bleiben. Die Anwendung auf die Hülfeleistung bei der Abtreibung durch
Drittpersonen liesse sich jedenfalls nur insoweit rechtfertigen, als beim
Abtreibungsakte und nicht bloss vor oder nach demselben geholfen worden ist.
Die Beschwerdegegner haben bloss letzteres getan. Mit Recht sind sie als
Gehülfen im Sinne des Art. 25
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft.
StGB behandelt werden.
Der Vorinstanz ist auch darin beizupflichten, dass die Beschwerdegegner,
obgleich die Abtreibung nicht durch die Schwangere, sondern durch Fischer
vorgenommen worden ist, die Gehülfenschaft nicht diesem, sondern der
Schwangeren geleistet haben, dass sie mithin als Gehülfen zum Vergehen des
Art. 118
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 118 - 1 Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Wer eine Schwangerschaft ohne Einwilligung der schwangeren Frau abbricht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr162 bis zu zehn Jahren bestraft.
3    Die Frau, die ihre Schwangerschaft nach Ablauf der zwölften Woche seit Beginn der letzten Periode abbricht, abbrechen lässt oder sich in anderer Weise am Abbruch beteiligt, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 Absatz 1 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
4    In den Fällen der Absätze 1 und 3 tritt die Verjährung in drei Jahren ein.163
StGB, nicht als Gehülfen zum Verbrechen des Art. 119 zu bestrafen
waren. Die Unterscheidung, ob jemand Gehülfe der Schwangeren oder Gehülfe des
Dritten ist, muss nach subjektiven Gesichtspunkten getroffen werden.
Ausschlaggebend ist, wem der Beschuldigte hat helfen wollen. Daher ist z.B.
Gehülfe der Schwangeren, wer dieser einen Abtreiber sucht, Gehülfe des
(gewerbsmässigen) Abtreibers dagegen, wer diesem «Kundinnen» sucht. Die
Beschwerdegegner haben ersteres getan.
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 69 IV 203
Datum : 01. Januar 1942
Publiziert : 12. November 1943
Quelle : Bundesgericht
Status : 69 IV 203
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : 1. Art. 24 StGB. Wer zum vornherein jederzeit zur Tat bereit ist, kann nicht angestiftet werden.2...


Gesetzesregister
StGB: 24 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 24 - 1 Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
1    Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft.
2    Wer jemanden zu einem Verbrechen zu bestimmen versucht, wird wegen Versuchs dieses Verbrechens bestraft.
25 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 25 - Wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet, wird milder bestraft.
118 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 118 - 1 Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer eine Schwangerschaft mit Einwilligung der schwangeren Frau abbricht oder eine schwangere Frau zum Abbruch der Schwangerschaft anstiftet oder ihr dabei hilft, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Wer eine Schwangerschaft ohne Einwilligung der schwangeren Frau abbricht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr162 bis zu zehn Jahren bestraft.
3    Die Frau, die ihre Schwangerschaft nach Ablauf der zwölften Woche seit Beginn der letzten Periode abbricht, abbrechen lässt oder sich in anderer Weise am Abbruch beteiligt, ohne dass die Voraussetzungen nach Artikel 119 Absatz 1 erfüllt sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
4    In den Fällen der Absätze 1 und 3 tritt die Verjährung in drei Jahren ein.163
119
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 119 - 1 Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
1    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss umso grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.
2    Der Abbruch einer Schwangerschaft ist ebenfalls straflos, wenn er innerhalb von zwölf Wochen seit Beginn der letzten Periode auf schriftliches Verlangen der schwangeren Frau, die geltend macht, sie befinde sich in einer Notlage, durch eine zur Berufsausübung zugelassene Ärztin oder einen zur Berufsausübung zugelassenen Arzt vorgenommen wird. Die Ärztin oder der Arzt hat persönlich mit der Frau vorher ein eingehendes Gespräch zu führen und sie zu beraten.
3    Ist die Frau nicht urteilsfähig, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin oder ihres gesetzlichen Vertreters erforderlich.
4    Die Kantone bezeichnen die Praxen und Spitäler, welche die Voraussetzungen für eine fachgerechte Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen und für eine eingehende Beratung erfüllen.
5    Ein Schwangerschaftsabbruch wird zu statistischen Zwecken der zuständigen Gesundheitsbehörde gemeldet, wobei die Anonymität der betroffenen Frau gewährleistet wird und das Arztgeheimnis zu wahren ist.
BGE Register
69-IV-203
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
koch • beschwerdegegner • wille • kassationshof • frucht • strafgesetzbuch • maler • sucht • kantonsgericht • vorinstanz • monat • beschuldigter • strafanstalt • frage • verurteilter • adresse • honorar • tag • chur • brief • bedingter strafvollzug • mutter • treffen
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