S. 26 / Nr. 7 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 68 III 26

7. Entscheid vom 13. März 1942 i. S. Kloos.


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Regeste:
Lohnpfändung, Berechnung des pfändbaren Teils.
Für ein sog. «absolutes» Existenzminimum des Schuldners, das nicht einmal
durch eine Pfändung zugunsten unterhaltsberechtigter Familienangehöriger
unterschritten werden dürfte, ergibt sich aus Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
4    Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205
SchKG kein Anhaltspunkt.
Reicht das Einkommen des Schuldners nicht zur Deckung seines eigenen und des
Bedarfs der von ihm zu unterstützenden Personen (mit Einschluss des
betreibenden Alimentengläubigers) aus, so ist davon ein Betrag zu pfänden, der
sich zu der in Betreibung gesetzten Unterhaltsforderung, diese als Notbedarf
des Gläubigers betrachtet, gleich verhält wie das ganze Einkommen des
Schuldners zum gesamten Notbedarf desselben und der von ihm mit Einschluss des
Gläubigers zu unterhaltenden Personen.
An den durch den Richter festgesetzten Unterhaltsbeitrag sind die
Betreibungsbehörden im allgemeinen gebunden.
Saisie de salaire, calcul de la part saisissable.
L'art. 93 LP ne fournit aucun point d'appui à l'idée d'un minimum «absolu»,
que devrait respecter même une saisie en faveur de membres de la famille du
débiteur, créanciers d'aliments.
Si les ressources du débiteur ne suffisent pas à couvrir ses besoins et ceux
des personnes qu'il est tenu d'entretenir (y compris le créancier
poursuivant), la somme à saisir sera fixée de manière qu'il y ait entre elle
et le montant de la créance d'aliments (censée correspondre au minimum
indispensable au créancier) le même rapport qu'entre le montant des ressources
du débiteur et le montant total des dépenses nécessaires à son entretien et à
celui des personnes ­ dont le créancier ­ auxquelles il doit des aliments.
Les autorités de poursuite doivent en général s'en tenir à la pension
alimentaire fixée par le juge.
Pignoramento di salario, calcolo della quota pignorabile.
L'art. 93 LEF non fornisce nessuna base ad un minimo «assoluto» che dovrebbe
rispettare anche un pignoramento in favore dei membri della famiglia del
debitore, creditori di alimenti.
Se i mezzi del debitore sono insufficienti a coprire i suoi bisogni e quelli
delle persone (compreso il creditore) che è obbligato di mantenere, la somma
da pignorare sarà fissata in modo che tra essa e l'importo del credito
d'alimenti (ritenuto come il minimo indispensabile al creditore) esista il
medesimo rapporto che vi è tra l'ammontare dei mezzi del debitore e il totale
delle spese necessarie al suo mantenimento e a quello delle persone, compreso
il creditore, cui deve dogli alimenti.
Le autorità di esecuzione debbono in generale attenersi alla pensione
alimentare stabilita dal giudice.

Franz Kloos-Klug, Monteur des Elektrizitätswerkes Uznach, schuldet seiner
Ehefrau Rosa, gegenwärtig in

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St. Gallen, gemäss vorsorglicher Verfügung des Gerichtspräsidenten vom
Seebezirk für die Dauer des Scheidungsprozesses einen monatlichen
Unterhaltsbeitrag von Fr. 60.-. Am 13. Dezember 1941 pfändete das
Betreibungsamt Uznach für ein solches Monatsbetreffnis monatlich Fr. 10.- vom
Lohne des Schuldners von Fr. 275.-. Die Beschwerde der Gläubigerin mit dem
Antrag, die pfändbare Quote auf Fr. 45.- monatlich zu erhöhen, wurde von der
untern Aufsichtsbehörde abgewiesen, von der obern dagegen am 23. Februar 1942
geschützt. Im vorliegenden Rekurs beantragt der Schuldner, es sei der
Entscheid der zweiten Instanz aufzuheben und derjenige der ersten zu
bestätigen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Der Schuldner bestreitet nicht, seiner getrennt lebenden Ehefrau einen
Bruchteil seines Lohnes von Fr. 275.- abgeben zu müssen, obwohl das von der
Vorinstanz für ihn und seine im gleichen Haushalt lebende Mutter auf Fr. 300.-
festgesetzte Existenzminimum dieses Einkommen überschreitet. Dagegen wirft er
der rekursbeklagten Aufsichtsbehörde vor, sie habe sich über die tatsächliche
Feststellung der unteren Aufsichtsbehörde hinweggesetzt, wonach er selbst
nicht mehr menschenwürdig leben könnte, wenn er der Gläubigerin mehr als Fr.
10.- bezahlen müsste. Allein für ein solches sog. «absolutes» Existenzminimum
des Schuldners, das nicht einmal durch eine Pfändung zugunsten
unterhaltungsberechtigter Familienangehöriger unterschritten werden dürfte
(vgl. Entscheid der Aufsichtsbehörde von Basel-Stadt in SJZ 36 S. 291), ergibt
sich aus Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
4    Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205
SchKG kein Anhaltspunkt. Diese Bestimmung setzt dem
unumgänglichen Notbedarf des Schuldners selbst denjenigen seiner Familie
gleich. Aus ihrem Wortlaut geht zunächst hervor, dass die für einen
familienfremden Dritten angeordnete Pfändung den Lohn insoweit nicht erfassen
kann, als er den Notbedarf

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nicht nur des Schuldners selbst, sondern auch seiner Angehörigen zu decken
hat. Diese Gleichstellung hat sodann zur Folge, dass der Schuldner einer
Betreibung für Alimentenforderungen eines Familienangehörigen nicht den
eigenen Notbedarf entgegenhalten kann, weder den gewöhnlichen noch einen
«absoluten». Allerdings darf zugunsten eines solchen Gläubigers nicht zur
Deckung seiner ganzen Forderung, auch soweit sie seinen Notbedarf nicht
übersteigt, der Lohn des Schuldners gepfändet werden, wenn er nicht das
Existenzminimum der ganzen Familie mit Einschluss jenes Gläubigers deckt;
andernfalls würde letzterer gegenüber dem Schuldner oder andern
Familienangehörigen bevorzugt, was sowenig anginge wie eine Privilegierung des
Schuldners selbst im Sinne des Basler Entscheides. Vielmehr ist der Ausgleich
dadurch herbeizuführen, dass vom Einkommen des Schuldners ein Betrag zu
pfänden ist, welcher sich zu der in Betreibung gesetzten Unterhaltsforderung,
diese als Notbedarf des Gläubigers betrachtet, gleich verhält wie das ganze
Einkommen des Schuldners zum gesamten Notbedarf desselben und der von ihm mit
Einschluss des Gläubigers zu unterhaltenden Personen. Auf diese Weise erhält
jeder, auch der Schuldner selbst, was ihm gebührt (vgl. BGE vom 14. Mai 1940
i. S. Strobel; 63 III 118, 67 III 138).
Lebt der Alimentengläubiger zwar getrennt vom Schuldner, so darf für ihn doch
nicht ein grösserer Teil des Lohnes gepfändet werden, als er auf den Gläubiger
bei gemeinsamem Haushalt entfiele, wobei dieser Betrag aber natürlich durch
den vom Richter festgesetzten Unterhaltsbeitrag nach oben begrenzt wird. Auf
ein solches gerichtliches Urteil haben die Betreibungsbehörden im allgemeinen
abzustellen, sofern nicht etwa bestimmte Gründe dafür vorliegen, dass der
Alimentenberechtigte zur Bestreitung seines Notbedarfes gar nicht auf den
ganzen dem Schuldner auferlegten Beitrag angewiesen ist, worüber die
Betreibungsbehörden von Amtes wegen Erhebungen anzustellen haben (vgl. BGE 55
III 156
, 57 III 208, 58 III

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167/8). Die erwerbsfähige Ehefrau ist hinsichtlich der ihr zugesprochenen
Alimentenforderung nicht anders zu behandeln als etwa das aussereheliche Kind.
Den Einfluss der Erwerbsfähigkeit des unterhaltsberechtigten Ehegatten,
überhaupt seiner finanziellen Verhältnisse, auf die Höhe des
Unterhaltsbeitrages zu untersuchen, liegt unter dem angebrachten Vorbehalt
grundsätzlich dem Richter ob. Nach diesem Grundsatz lässt sich in der
vorliegenden Betreibung die der Frau richterlich zugesprochene Quote von Fr.
60.- nicht reduzieren. Auf Grund hievon ist die Vorinstanz, die der ständigen
bundesgerichtlichen Praxis entsprechende Verhältnisrechnung anwendend,
zutreffend zu einem pfändbaren Ansatz von Fr. 45.- im Monat gelangt. Der
Einwand des Rekurrenten, die Gläubigerin habe ihm Haushaltungsschulden von
über Fr. 1000.- hinterlassen, die sie hinter seinem Rücken eingegangen sei,
kann von den Betreibungsbehörden nicht berücksichtigt werden.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 68 III 26
Date : 31. Dezember 1942
Published : 12. März 1942
Source : Bundesgericht
Status : 68 III 26
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : Lohnpfändung, Berechnung des pfändbaren Teils.Für ein sog. «absolutes» Existenzminimum des...


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SchKG: 93
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55-III-152 • 57-III-204 • 63-III-116 • 67-III-135 • 68-III-26
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