S. 203 / Nr. 33 Obligationenrecht (d)

BGE 68 II 203

33. Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. Juli 1942 i.S. Rheinisch-Westfälische
Elektrizitätswerk A.G. gegen Anglo Continentale Treuhand A.G.

Regeste:
Internationales Privatrecht.
Bestimmung des anwendbaren Rechtes für die Erfüllung von Obligationen bei
internationalen Anleihen: Massgebend ist das von den Parteien beim
Vertragsschluss als anwendbar erklärte Recht, auch wenn verschiedene
zusätzliche Erfüllungsorte (Zahlstellen) nach Wahl des Gläubigers vorgesehen
sind.
Ordre public: Der schweizerische Richter hat auch die um der öffentlichen
Ordnung willen aufgestellten Bestimmungen des anwendbaren fremden Rechtes zu
beachten, sofern sie nicht dem schweizerischen ordre public widersprechen.
Nichtberücksichtigung der deutschen Devisenvorschriften durch das
amerikanische Recht verstösst nicht gegen den schweizerischen ordre public
auch nicht unter dem Gesichtspunkt des deutschschweizerischen
Verrechnungsabkommens.
Droit international privé.
Droit applicable à l'exécution d'obligations découlant d'emprunts
internationaux: Est déterminant le droit que les parties ont

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déclaré applicable lors de la conclusion du contrat, même si celui-ci prévoit
divers lieux d'exécution supplémentaires (domiciles de payement) au choix du
créancier.
Ordre public: Le juge suisse doit aussi respecter les dispositions du droit
étranger applicable qui ont été édictées on considération de l'ordre public,
si elles ne sont pas contraires à l'ordre public suisse. Le fait que le droit
américain ne tient pas compte des dispositions du droit allemand sur le trafic
des devises n'est pas contraire à l'ordre public suisse, même au regard de la
convention germano-suisse sur la compensation des payements.
Diritto internazionale privato.
Diritto applicabile all'adempimento di obbligazioni derivanti da prestiti
internazionali: determinante è il diritto che le parti hanno dichiarato
applicabile al momento della conclusione del contratto, anche se quest'ultimo
prevede diversi luoghi di adempimento supplementari (domicili di pagamento) a
scelta del creditore.
Ordine pubblico: Il giudice svizzero devo rispettare le disposizioni del
diritto estero applicabile emanate per motivi d'ordine pubblico, se esse non
sono contrarie all'ordine pubblico svizzero. Il fatto che il diritto americano
non tenga conto delle disposizioni del diritto tedesco in materia valutaria
non è contrario all'ordine pubblico svizzero, anche per quanto riguarda la
convenzione germano-svizzera sulla compensazione dei pagamenti.

A. - In den Jahren 1928 und 1930 nahm die Rheinisch-Westfälische
Elektrizitätswerk A.-G. durch Vermittlung der National City Bank of New York
als Treuhänderin zwei internationale Anleihen in Obligationen auf, die zum
Teil auch in der Schweiz untergebracht wurden. Die Kapital- und Zinsschuld der
Anleihen lautet auf amerikanische Golddollars und ist zahlbar (payable) in New
York. Nach Wahl des Obligationeninhabers sind aber Kapital und Zinsen auch
einlösbar (collectible) an verschiedenen ausländischen Plätzen in der Währung
des betreffenden Landes, so auch bei der Schweizerischen Kreditanstalt in
Zürich in Schweizerfranken. Jede Obligation enthält schliesslich die
Bestimmung, dass die in ihr enthaltene Schuldverschreibung für alle Zwecke als
Vertrag angesehen werden soll, der im Staate New York vollzogen wurde und zu
erfüllen ist, und dass sie in Übereinstimmung mit den Gesetzen des genannten
Staates ausgelegt werden soll.
B. - Die Anglo Continentale Treuhand A.-G. in Eschen (Fürstentum Lichtenstein)
ist Inhaberin einer Anzahl von

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Obligationen dieser beiden Anleihen. Unter Berufung auf die erwähnte Klausel
betreffend die Einlösbarkeit machte sie 305 Zinscoupons für die Jahre 1937/38
im Gesamtbetrag von 9150 Golddollars, zum Kurse von Fr. 7.40 Schweizerfranken
umgerechnet = Fr. 67710.-, gegenüber der Anleihensschuldnerin bei der
Schweizerischen Kreditanstalt in Zürich geltend.
Da die Schuldnerin die Zahlung verweigerte, reichte die Anglo Continentale
Treuhand A.-G. gegen sie Klage ein in Zürich auf Bezahlung des Betrages von
Fr. 67710.--nebst Verzugszinsen.
Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage, im wesentlichen mit der
Begründung, sie habe ihre Zahlungspflicht durch Einzahlung der Zinsen an die
Konversionskasse für deutsche Auslandsschulden richtig erfüllt; eine andere
Erfüllung sei ihr nach den deutschen Devisenvorschriften verboten und daher
unmöglich. Ferner erhob sie Einwendungen gegen die Umrechnung der
Zinsforderungen zum Goldwert.
C. - Das Bezirksgericht und das Obergericht Zürich hiessen die Klage im
wesentlichen gut. Beide kantonalen Instanzen fällten ihren Entscheid in
Anwendung des Rechtes des Staates New York.
D. - Gegen das obergerichtliche Urteil hat die Beklagte die Berufung an das
Bundesgericht ergriffen, mit dem Antrag auf Abweisung der Klage.
Die Klägerin beantragt, es sei auf die Berufung nicht einzutreten.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Der Streit der Parteien geht um die Erfüllung von Zinsforderungen aus
einem Obligationenanleihen. Es handelt sich also um Fragen, die auf die
Erfüllung obligatorischer Verpflichtungen Bezug haben. Hiefür ist nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts und allgemein anerkannter Lehre
dasjenige Recht massgebend, welchem die Parteien beim Vertragsschluss ihr

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Rechtsverhältnis zu unterstellen beabsichtigen (BGE 65 II 80, Erw. 8 a; 63 II
43
, 385).
Im Gegensatz zu zahlreichen andern Fällen hat bei den vorliegenden Verträgen
eine ausdrückliche Willenseinigung über das anwendbare Recht stattgefunden.
Die im Text Jeder Obligation enthaltene Bestimmung, dass der Schuldvertrag,
der bezüglich Kapital und Zinsen in New York zu erfüllen ist, in
Übereinstimmung mit den Gesetzen dieses Staates auszulegen sei, kann offenbar
keinen andern Sinn haben als den, dass die Parteien die Rechtswirkungen des
Vertrages dem genannten Recht unterstellen wollten.
Dass dies zutrifft, anerkennt die Beklagte denn auch selber ausdrücklich in
ihrer Eingabe zur Frage der Zulässigkeit der Berufung. Sie macht lediglich
geltend, sie hätte sich mit dieser Unterstellung unter das amerikanische Recht
nicht einverstanden erklärt, wenn sie vorausgesehen hätte, dass die
Zahlstellen auf Grand der «collectible»-Klausel als Erfüllungsorte und Orte
des Gerichtsstandes betrachtet würden. Dies vermag aber nichts daran zu
ändern, dass die Unterstellung unter das amerikanische Recht tatsächlich doch
vorgenommen worden ist und dem damaligen allein massgebenden Willen aller
Beteiligten entsprach.
2.- Der Grundsatz der Anwendung des vereinbarten Rechtes soll nach der Meinung
der Beklagten hinsichtlich der im Streite liegenden Ansprüche aus Zinscoupons
eine Ausnahme erfahren mit Rücksicht auf die Bestimmung, dass Kapital und
Zinsen ausser in New York nach Wahl des Inhabers noch an vier weiteren Orten,
darunter auch in Zürich, einziehbar sind.
In der Vereinbarung dieser weiteren Zahlstellen ist nun zwar nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichts, wie die Vorinstanz zutreffend entschieden
hat, die Schaffung zusätzlicher Erfüllungsorte zu erblicken (BGE 59 II 355
ff.). Ferner hat das Bundesgericht im Anschluss an die im internationalen
Privatrecht allgemein geltende Theorie schon wiederholt auch bei
internationalen Anleihen für die

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Frage der Rechtsanwendung den jeweiligen Erfüllungsort als massgebend erklärt.
Auf diesen Grundsatz hat es selbst dann abgestellt, wenn nach dem Text der
Schuldverschreibungen verschiedene Erfüllungsorte in Betracht kamen (BGE 54 II
257
, 57 II 69, 62 II 142). Diese Entscheidungen zu Gunsten des Rechtes des
Erfüllungsortes erfolgten indessen immer nur behelfsweise beim Mangel einer
Parteivereinbarung über das anwendbare Recht auf Grund der Annahme, dass der
tatsächliche oder vermutliche Wille der Parteien beim Vertragsschluss auf die
Anwendung dieses Rechtes gerichtet gewesen sei, da es den engsten räumlichen
Zusammenhang mit dem Rechtsverhältnis aufweise. Haben dagegen die Parteien den
Vertrag ausdrücklich einem bestimmten Rechte unterstellt, so müssten
schwerwiegende Gründe vorliegen, damit davon zu Gunsten des Rechtes eines
allfälligen weiteren Erfüllungsortes abgewichen werden könnte. An solchen
Gründen fehlt es aber im vorliegenden Falle. Insbesondere ist die von der
Beklagten in Anlehnung an das in der Schweiz. Juristenzeitung, Band 37, S. 350
ff., publizierte Urteil des Obergerichtes Zürich vertretene Auffassung
unhaltbar, dass selbst beim Vorliegen einer Vereinbarung über das anwendbare
Recht die Wahl eines Spezialdomizils zur Erfüllung einer Verbindlichkeit
gleichzeitig die Unterstellung unter das dort geltende Recht bedeute. Zur
Begründung dieser Ansicht wird vorgebracht, der Erwerber einer solchen
Obligation dürfe die Anwendbarkeit des Domizilrechtes annehmen, weil für ihn
nicht nur wichtig sei, dass er seinen Anspruch vor dem inländischen Richter
geltendmachen könne, sondern auch, dass derselbe nach dem ihm bekannten
inländischen Recht beurteilt werde. Diese Argumentation liesse sich allenfalls
hören, wenn es sich darum handelte, mangels ausdrücklicher Rechtskürung zu
ermitteln, welches Recht zur Anwendung zu gelangen habe. Sie versagt aber
völlig, wie ohne weiteres einleuchtet, beim Vorliegen einer klaren
Willenseinigung über das anwendbare Recht: denn eine solche lässt keinen Raum
für die

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Annahme einer Partei, dass das an ihrem Domizil geltende. ihr bekannte Recht
Anwendung finden solle. Der Entscheid BGE 53 III 196 ff., den die Beklagte in
diesem Zusammenhang anruft, bezieht sich lediglich auf die Frage der
Zulässigkeit der Betreibung am Spezialdomizil und bietet nicht den geringsten
Anhaltspunkt für die von der Beklagten verfochtene Ansicht betreffend die
Frage des anwendbaren Rechtes.
3.- Dass die von der Beklagten behauptete Ausnahme vorliege, wird zudem durch
verschiedene weitere Momente widerlegt...
d) Entscheidend ist schliesslich die Überlegung, das man zur Anwendbarkeit von
fünf verschiedenen Rechten käme, wenn man auf die von der Beklagten behauptete
Ausnahme zu Gunsten des Rechtes am jeweils gewählten Erfüllungsort abstellen
wollte. Das muss im Interesse der gleichmässigen Behandlung der Gläubiger
abgelehnt werden und ist unmöglich als Parteiwille bei der Emission und
Zeichnung der Anleihen zu vermuten. Die Sachlage drängt nach einer
einheitlichen Rechtsanwendung im Sinne des vorgesehenen Rechtes, nicht nach
einer Aufspaltung und verschiedenen Behandlung der Gläubigerrechte je nach der
zufällig in Frage stehenden Zahlstelle Es geht auch nicht an, das einmal
festgesetzte Recht auszuschalten auf Grund des einseitigen Aktes eines
Gläubigers und es zudem je nach der ihm freigestellten Wahl der Zahlstelle
nachträglich einseitig in seine Hand zu geben das anwendbare Recht von sich
aus zu bestimmen. Damit würde die Rechtsunsicherheit, zu deren Beseitigung
doch gerade die Unterstellung des Vertrages unter ein bestimmtes Recht
vereinbart wurde, in einem unerträglichen Masse gesteigert. Selbst in Fällen,
wo keine Vereinbarung über das anzuwendende Recht vorliegt, versucht denn auch
die Rechtslehre bei internationalen Anleihen sich von dem oft rein zufälligen
Erfüllungsort als Anknüpfungspunkt für die Rechtsanwendung frei zu machen und
strebt nach einheitlichen Lösungen (vgl. SCHNITZER, Handbuch des

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internat. Handels-, Wechsel- und Checkrechts, S. 294 ff.). 4. - Nach dem
Gesagten hat die Vorinstanz daher die von der Beklagten erhobenen Einreden der
Erfüllung, eventuell der Unmöglichkeit der Erfüllung, sowie die Frage des
massgebenden Umrechnungskurses mit Recht nach Massgabe der einschlägigen
Gesetzesbestimmungen des Staates New York entschieden. Denn alle diese Fragen
beziehen sich auf den Inhalt der Gläubigerrechte, den Fortbestand und das Mass
der Schuldpflicht und gehören mithin ausnahmslos zu den Wirkungen der
streitigen obligatorischen Verpflichtungen. Ob die Vorinstanz dabei das
amerikanische Recht richtig ausgelegt hat, kann dagegen vom Bundesgericht
nicht nachgeprüft werden, da seine Kognitionsbefugnis nach Art. 56 /57 OG sich
auf das schweizerische Recht beschränkt.
5.- Es bleibt daher einzig noch zu prüfen, ob das schweizerische Recht nicht
insofern verletzt sei, als ein in ihm enthaltener, um der öffentlichen Ordnung
willen aufgestellter Rechtssatz mit den an sich anwendbaren Bestimmungen des
amerikanischen Rechtes in unverträglichem Gegensatz stehe (sog. Vorbehalt des
ordre public; vgl. BGE 64 II 97 ff.).
In diesem Zusammenhang wendet sich die Beklagte in erster Linie dagegen, dass
die Vorinstanz die Einrede der Erfüllung, eventuell der Unmöglichkeit der
Erfüllung auf Grund des ordre public des Staates New York verworfen hat. Dies
soll deshalb unzulässig sein, weil der schweizerische Richter sich nicht auf
die öffentliche Ordnung eines fremden Staates stützen könne. Diese Ansicht
trifft jedoch nicht zu. Der ordre public eines fremden Staates ist Bestandteil
dessen materiellen Rechtes, und wenn das Recht dieses Staates zur Anwendung zu
bringen ist, so gilt dies deshalb auch für die seiner Rechtsanschauung
innewohnenden Grundsätze, die um der öffentlichen Ordnung willen aufgestellt
sind und darum absolute Geltung beanspruchen. Dabei versteht sich allerdings
von selbst, dass auch die Anwendung des ausländischen ordre public seine
Schranken

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findet am einheimischen ordre public des schweizerischen Richters. Steht eine
Bestimmung des ausländischen Rechtes, die aus Gründen des dortigen ordre
public Geltung beansprucht, ihrerseits mit dem schweizerischen ordre public in
Widerspruch, so ist ihre Berücksichtigung ausgeschlossen. Wird dieser
Vorbehalt beachtet, so ist die Auffassung der Beklagten unbegründet, dass in
der Anwendung des ordre public eines fremden Staates durch den schweizerischen
Richter eine Preisgabe der Souveränität des eigenen Staates zu Gunsten
derjenigen des fremden Staates liege.
Die Nichtberücksichtigung der deutschen devisenrechtlichen Bestimmungen durch
das amerikanische Recht aus Gründen seines ordre public wäre deshalb nur dann
nicht mit in Rechnung zu stellen, wenn sie mit zwingenden schweizerischen
Rechtsauffassungen unvereinbar wäre. Dies trifft jedoch im vorliegenden Fall
nicht zu. Wenn das amerikanische Recht von seinem Standpunkt aus die deutschen
Devisenvorschriften, die einem Erfüllungsverbot gleichkommen, als nicht
beachtlich erklärt zu Gunsten der Aufrechterhaltung des Grundsatzes «pacta
sunt servanda», so widerspricht es damit unserer einheimischen Auffassung
nicht. Dies müsste selbst dann gelten, wenn nach schweizerischer
Rechtsauffassung die deutschen Devisenbestimmungen zu berücksichtigen wären.
Denn das Festhalten am Grundsatz der Vertragstreue dürfte dem fremden Rechte
selbst dann nicht verwehrt werden.
Für ihre Auffassung, dass der Schutz der Klage auf Grund der Bestimmungen des
amerikanischen Rechtes gegen den schweizerischen ordre public verstosse,
glaubt die Beklagte sich ferner auf das Verrechnungsabkommen zwischen der
Schweiz und Deutschland berufen zu können. Sie macht geltend, durch
Zusprechung der Klage werde die Klägerin als ausländische Gläubigerin eines
deutschen Schuldners, die vom Verrechnungsabkommen nicht erfasst werde, besser
gestellt als schweizerische Gläubiger mit gleichartigen Forderungen, die sich
dem Abkommen

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unterzogen hätten. Dies, obwohl die Schweiz im Abkommen mit Deutschland
ausdrücklich verlangt und auch zugebilligt erhalten habe, dass Gläubiger, die
dem Abkommen nicht beitreten, nicht besser behandelt würden als diejenigen
Gläubiger, die sich dem Abkommen unterziehen.
Der Umstand, dass bei Gutheissung von Klagen wie der vorliegenden ein Kreis
einheimischer Rechtsgenossen wirtschaftlich weniger günstig dastünde als
Gläubiger ausländischer Nationalität, ist aber keine rechtliche Grundlage zur
Aufstellung eines Satzes öffentlicher Ordnung des Inhalts, dass solche Klagen
von Ausländern nicht gutgeheissen werden dürften. Damit würden rein
wirtschaftliche und zudem nur einen Teil der einheimischen Gläubiger
berührende Verhältnisse zum Ausgangspunkt genommen für die Aufstellung von
Normen öffentlicher Ordnung, was grundsätzlich nicht angeht. Das dem
ausländischen Anleihensgläubiger nach der anwendbaren Rechtsordnung
unzweifelhaft zustehende Recht und dessen richterlicher Schutz kann nicht
deshalb verkümmert werden, weil ein Teil einheimischer Gläubiger derselben
Anleihe sich zufolge der Annahme des mit Deutschland getroffenen Abkommens
schlechter stellen soll. Dieses Abkommen bezieht sich übrigens nur auf den
Transfer, auf die Befriedigung von deutsch-ausländischen Gläubigern aus dem
Transferfonds auf dem zwischenstaatlichen Verrechnungswege. Auch die
schweizerischen Gläubiger, welche das im Verrechnungsabkommen vorgesehene
Angebot nicht annehmen wollen, behalten ihre vollen Ansprüche, allerdings mit
der Einschränkung, dass sie von Deutschland nicht besser behandelt werden als
die andern. Das hindert aber nicht, dass sie ihrerseits versuchen können, ihre
vollen Rechte nach dem Inhalt der Bonds geltend zu machen. Offen für sie
sowohl als auch für die heutige Klägerin bleibt die Frage der
Befriedigungsmöglichkeit, der praktischen Auswirkung des gutgeheissenen
Anspruchs auf dem Wege der Exekution. Und offen bleibt damit auch die Frage,
ob sich letzten Endes diejenigen Gläubiger, die sich dem

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Verrechnungsabkommen unterzogen haben, wirklich wirtschaftlich schlechter
stellen, als diejenigen, die es nicht taten oder sonst von ihm nicht umfasst
werden und die auf andere Weise zu einer Befriedigung für ihre Ansprüche zu
kommen versuchen. Es ist also auch keineswegs dargetan, dass die eine Gruppe
im Endergebnis wirtschaftlich ungünstiger dastehe als die andere.
Da in allen zur Entscheidung stehenden Fragen ausschliesslich fremdes Recht
zur Anwendung gelangt, namentlich auch hinsichtlich der Frage, ob der
Anerkennung der deutschen Devisenvorschriften der ordre public des
betreffenden Landes entgegenstehe, kann auch von einem Missbrauch des
schweizerischen ordre public zu Spekulationszwecken, wie die Beklagte dies
behauptet, nicht die Rede sein.
Hat somit die Vorinstanz auf der ganzen Linie zutreffenderweise amerikanisches
Recht zur Anwendung gebracht, ohne dabei gegen eine um der öffentlichen
Ordnung willen aufgestellte Bestimmung des schweizerischen Rechtes zu
verstossen, so kann auf die Berufung nicht eingetreten werden.
Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Berufung wird nicht eingetreten.
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Document : 68 II 203
Date : 31. Dezember 1942
Published : 07. Juli 1942
Source : Bundesgericht
Status : 68 II 203
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Internationales Privatrecht.Bestimmung des anwendbaren Rechtes für die Erfüllung von Obligationen...


Legislation register
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BGE-register
53-III-196 • 54-II-257 • 57-II-69 • 59-II-355 • 62-II-140 • 63-II-42 • 64-II-88 • 65-II-66 • 68-II-203
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