S. 14 / Nr. 4 Sachenrecht (d)

BGE 68 II 14

4. Urteil der 11. Zivilabteilung vom 26. Februar 1942 i. S.
Wasserversorgungsgenossenschaft Muri-Wey gegen Fischzucht Muri und Aigle A.-G.

Regeste:
Inhalt des Grundeigentum, Quellenrecht. Art. 667 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 667 - 1 Das Eigentum an Grund und Boden erstreckt sich nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich, soweit für die Ausübung des Eigentums ein Interesse besteht.
1    Das Eigentum an Grund und Boden erstreckt sich nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich, soweit für die Ausübung des Eigentums ein Interesse besteht.
2    Es umfasst unter Vorbehalt der gesetzlichen Schranken alle Bauten und Pflanzen sowie die Quellen.
und 704 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 704 - 1 Quellen sind Bestandteile der Grundstücke und können nur zugleich mit dem Boden, dem sie entspringen, zu Eigentum erworben werden.
1    Quellen sind Bestandteile der Grundstücke und können nur zugleich mit dem Boden, dem sie entspringen, zu Eigentum erworben werden.
2    Das Recht an Quellen auf fremdem Boden wird als Dienstbarkeit durch Eintragung in das Grundbuch begründet.
3    Das Grundwasser ist den Quellen gleichgestellt.
ZGB.
Grundwasserbecken von örtlich begrenztem Umfang mit eigentlichem
Quellengrundstück (in Moränegebiet) untersteht dem Privatrecht. Eigentum am
darüber liegenden Grundstück bezw. Quellenrecht berechtigen zur Wasserentnahme
ohne Rücksicht auf bestehende Konzession an dem aus dem Grundwasser gespeisten
öffentlichen Bache.

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Etendue de la propriété foncière, droit à une source Art. 667 al. 2 et 704 al.
3 CC.
Un bassin délimité d'eau souterraine dans un fonds à sources proprement dit
(moraine) appartient au domaine du droit privé. La propriété du sol au-dessus
ou le droit de source qui en fait partie permettent de puiser l'eau
souterraine sans égard à une concession d'eau accordée sur le ruisseau
qu'alimente le bassin d'eau souterrain.
Estensione della proprietà fondiaria, diritto ad una sorgente. Art. 667 cp. 2
e 704 cp. 3 CC.
Un bacino delimitato d'acqua del sottosuolo in un fondo con sorgenti
propriamente dette (terreno morenico) soggiace al diritto privato. La
proprietà del suolo soprastante o il diritto di sorgente che ne fa parte dànno
il diritto di prendere l'acqua del sottosuolo senza riguardo ad una
concessione d'acqua accordata sul pubblico ruscello alimentato dall'acqua del
sottosuolo.

A. ­ Die Fischzucht Muri und Aigle A.-G. in Muri betreibt auf ihrem Grundstück
GB Nr. 115 in Muri eine Fischzuchtanstalt, die aus einigen Fischteichen und
einer Brutanlage in einem dazugehörigen Gebäude besteht. Zur Speisung der
Anstalt benutzt die A.-G. das Wasser des Brunnbaches, eines öffentlichen
Gewässers, dessen Ableitung ihr mit der Verpflichtung der Wiederzuleitung
durch staatliche Konzession bewilligt ist. Der Brunnbach kommt als kleine
Wasserader aus der Gegend der ungefähr 900 m oberhalb der Fischzucht gelegenen
Ziegelei Muri, fliesst dann in nördlicher Richtung auf eine Strecke von etwa
300 m der «Lippertwiese» entlang, aus der er verschiedene Grundwasser- und
Drainagezuflüsse erhält, und wird kurz vor seiner Einmündung in die Bünz in
die Fischzucht abgeleitet. In den erwähnten Lippertwiesen besitzt die
Wasserversorgungsgenossenschaft Muri-Wey eine kleine Landparzelle Nr. 2108,
auf der sich ein Grundwasserpumpwerk mit einem Sammelschacht und einem
Filterbrunnen befindet. Diese Anlage wurde 1931 erweitert und erneuert. 1933
erstellte die Wasserversorgung auf dem ihre eigene Parzelle rings umgebenden
Grundstück Nr. 2109

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des Karl Frey auf Grund einer von diesem erworbenen Grunddienstbarkeit einen
zweiten und 1935 einen dritten Filterbrunnen mit Überlaufleitung zum
Sammelschacht.
Als in der Nacht vom 24./25. Juli 1935 in der Fischzuchtanstalt 1252 kg.
Forellen verendeten, machte sie die Wasserversorgung für den Schaden von Fr.
6527.45 verantwortlich mit der Behauptung, das Fischsterben sei auf die von
der Beklagten im Herbst 1934 ausgeführte Vergrösserung der Wasserfassung
zurückzuführen, die eine Absenkung des Grundwasserspiegels unter den
Lippertwiesen, dadurch eine Verminderung des normalen Wasserzuflusses zum
Brunnbach und zur Fischzuchtanstalt und in der kritischen Nacht den
verhängnisvollen Sauerstoffmangel in den Fischteichen zur Folge gehabt habe.
Die Beklagte bestritt ihre Entschädigungspflicht, da sie als Grundeigentümerin
bezw. Dienstbarkeitsberechtigte die Befugnis habe, das Grundwasser der
Lippertwiesen, dem die Eigenschaft eines öffentlichen Gewässers, im Gegensatz
zum Brunnbach, nicht zukomme, zu fassen und wegzuleiten.
B. ­ Diesen Standpunkt der Beklagten schützte ­ im Anschluss an die
bundesgerichtliche Rechtsprechung (BGE 42 II 440) ­ das Bezirksgericht Muri in
seinem ersten Urteil vom 10. Mai 1938, mit dem es die Klage abwies. Das
Obergericht des Kantons Aargau hiess jedoch mit Urteil vom 1. April 1940 die
Klage grundsätzlich gut, wies die Sache zur Durchführung eines
Beweisverfahrens und Neubeurteilung an das Bezirksgericht zurück und
bestätigte am 14. November 1941 dessen zweites Urteil, das die Beklagte zum
Ersatz des von der Klägerin geltend gemachten Schadens von Fr. 6527.45 nebst
Zins zu 5% seit 1. Oktober 1935 verurteilte.
In tatsächlicher Beziehung stellt das Obergericht ­ gestützt auf ein
geologisch-zoologisches Gutachten ­ fest, dass der Brunnbach sein Wasser zur
Hauptsache aus dem unter den Lippertwiesen liegenden Grundwasserbecken

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erhalte, aus dem auch die Wasserversorgung der Beklagten gespeist werde. Aus
diesem Zusammenhang ergebe sich, dass der Betrieb des Pumpwerkes die
Wasserzufuhr zum Brunnbach und damit zur Fischzuchtanstalt der Klägerin
nachteilig beeinflusste. Sogar in der wasserreichen Periode vom November 1935
habe die daherige Verminderung des Wasserzuflusses 14% betragen. In der
kritischen Nacht (24. /25. Juli 1935) sei die Verminderung noch stärker
gewesen, da die Pumpen der Wasserversorgung mit einem Unterbruch von 2 Stunden
während 16 Stunden im Betrieb gewesen seien. Dadurch sei die Sauerstoffmenge
des Wassers in den Fischteichen unter die Minimalgrenze des für das Leben der
Fische Notwendigen gesunken. Der Kausalzusammenhang zwischen der Errichtung
des dritten Filterbrunnens in den Lippertwiesen im Jahre 1934/35 und dem
Schadensereignis vom 24./25. Juli 1935 stehe mithin ausser Zweifel. Da nach
der Praxis des Bundesgerichtes Grundwasservorkommen bedeutenderen Umfangs
ihrer Natur nach ausserhalb der privaten Eigentumsherrschaft ständen und den
oberirdischen Gewässern gleichzustellen seien (BGE 65 II 145), biete Art. 704
Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 704 - 1 Quellen sind Bestandteile der Grundstücke und können nur zugleich mit dem Boden, dem sie entspringen, zu Eigentum erworben werden.
1    Quellen sind Bestandteile der Grundstücke und können nur zugleich mit dem Boden, dem sie entspringen, zu Eigentum erworben werden.
2    Das Recht an Quellen auf fremdem Boden wird als Dienstbarkeit durch Eintragung in das Grundbuch begründet.
3    Das Grundwasser ist den Quellen gleichgestellt.
ZGB keine Rechtsgrundlage mehr für den von der Beklagten bewirkten
Wasserentzug; es handle sich bei den Lippertwiesen um ein Grundwasservorkommen
von mindestens 2200 ML, das wegen seiner Grösse die Anwendung der kantonalen
Vorschriften über die öffentlichen Gewässer rechtfertige. Nach kantonalem
öffentlichem Recht bedürfte die Wasserentnahme, wie sie die Beklagte aus dem
Grundwasserbecken unter den Lippertwiesen bewerkstellige, einer Bewilligung
des Regierungsrates. Die von der Beklagten ohne solche Bewilligung getroffenen
Einrichtungen zur Grundwasserentnahme bedeuteten daher eine rechtswidrige
Handlung. Ebenso sei ein Verschulden der Beklagten gegeben; sie habe ohne
Rücksicht auf die 2 Chargébriefe der Klägerin vom 4. September und 20.
November 1935 mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer Schädigung der
Fischzuchtanstalt

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die projektierten Erweiterungsbauten ausgeführt und auch unterlassen, die
rechtlichen Grundlagen ihres Vorgehens eingehend zu prüfen.
Auch die Einrede der Verjährung sei unbegründet. Erst mit der Zustellung des
gerichtlichen Gutachtens der Experten Dres. Hartmann und Steinmann am 23.
April 1936 habe die Klägerin genügende Kenntnis von der wahren Ursache des
Fischsterbens und von der Person des Ersatzpflichtigen erhalten, und durch den
Sühneversuch vom 30. Dezember 1936 und die Klageeinreichung am 30. Juni 1937
sei die Verjährungsfrist unterbrochen worden.
C. ­ Gegen das Urteil vom 14. November 1941 richtet sich die vorliegende
Berufung der Beklagten mit dem Antrag auf Abweisung der Klage im vollen
Umfange, eventuell in dem Fr. 3263.70 nebst Zins übersteigenden Betrage. Die
Klägerin trägt auf Bestätigung des Urteils an.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. ­ Das Schicksal der Klage hängt von der Beurteilung der Frage ab, ob das
Grundwasservorkommen unter den Lippertwiesen dem Privatrecht unterstehe und
damit gemäss Art. 704 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 704 - 1 Quellen sind Bestandteile der Grundstücke und können nur zugleich mit dem Boden, dem sie entspringen, zu Eigentum erworben werden.
1    Quellen sind Bestandteile der Grundstücke und können nur zugleich mit dem Boden, dem sie entspringen, zu Eigentum erworben werden.
2    Das Recht an Quellen auf fremdem Boden wird als Dienstbarkeit durch Eintragung in das Grundbuch begründet.
3    Das Grundwasser ist den Quellen gleichgestellt.
ZGB gleich einer Quelle Bestandteil der über ihm
liegenden Grundstücke sei, oder ob es als öffentliches Gewässer der
privatrechtlichen Herrschaft in Form von Eigentum und Dienstbarkeit entzogen
sei. Das Bezirksgericht Muri hat sich zur ersteren Auffassung bekannt, das
Obergericht des Kantons Aargau, unter Berufung auf BGE 65 II 143, zur
letztern. Dass es sich vorliegend um ein Grundwasservorkommen im geologischen
und mithin im Sinne jenes Entscheides handelt, steht ausser Zweifel. Indessen
konnte es in dem zitierten Falle nicht die Meinung des Bundesgerichts sein,
gestützt auf die seit der Abfassung des ZGB gewonnenen neuen geologischen
Erkenntnisse über die Beziehungen zwischen den Quellen im bisherigen Sinne und
dem Grundwasser

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den Art. 704 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 704 - 1 Quellen sind Bestandteile der Grundstücke und können nur zugleich mit dem Boden, dem sie entspringen, zu Eigentum erworben werden.
1    Quellen sind Bestandteile der Grundstücke und können nur zugleich mit dem Boden, dem sie entspringen, zu Eigentum erworben werden.
2    Das Recht an Quellen auf fremdem Boden wird als Dienstbarkeit durch Eintragung in das Grundbuch begründet.
3    Das Grundwasser ist den Quellen gleichgestellt.
ZGB auf dem Wege der Auslegung des wesentlichen Teils
seines Anwendungsgebietes zu berauben und ihn, ausgehend von den Erläuterungen
zu Art. 699 Abs. 3 des Vorentwurfes, etwa auf Sodbrunnen und dergleichen
geringfügige private Grundwasseranlagen zu beschränken. Im Falle BGE 65 II 143
handelte es sich um ein Grundwasserpumpwerk, das jährliche Wassermengen von
über 12 Millionen m3 dem das alte Rheintal durchziehenden, gewaltige
Wassermassen führenden Grundwasserstrom entnimmt, der zu den mächtigsten der
Schweiz gehört. Die Nichtunterstellung derartiger unterirdischer
Wasservorkommen unter das private Quellenrecht des ZGB wurde mit der Erwägung
gerechtfertigt, dass sie den Grundwasserreichtum ganzer Gegenden darstellen
und angesichts ihrer Bedeutung für das Klima, die Vegetation, den Wassergehalt
der Umgebung sowie der grossen Zahl der an ihrer Ausnützung Interessierten
notwendig der gleichen Ordnung rufen, wie sie für oberirdische Wasserläufe und
-becken gegeben ist, nämlich der Ordnung durch das öffentliche Recht (BGE 65
II 146
/47). Bei dem Grundwasserstrom mit einer Wasserführung von
Hunderttausenden von Minutenlitern und einem sehr grossen Einzugsgebiet, der
sich in zwar langsamem, aber ständigem Fliessen befindet, fehlt es an einer
dauernden natürlichen Beziehung zu dem einzelnen von ihm durchströmten
Grundstück, wie sie die Eigenschaft eines Bestandteils desselben voraussetzt
und wie sie zwischen Quelle und Quellengrundstück besteht. Auf
Grundwasservorkommen von solcher Ausdehnung kann vernünftigerweise das
Privatrecht nicht anwendbar sein, weil sie privatrechtlicher Herrschaft ­ dem
Eigentum bezw. beschränkten dinglichen Rechten ­ schlechterdings ebensowenig
zugänglich sind wie etwa ein oberirdischer Fluss oder See.
Um ein solches Grundwasservorkommen handelt es sich jedoch in Muri nicht. Auf
Grund ihrer Untersuchung über die horizontale Ausdehnung und die
Wiederauffüllung

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des beim Pumpbetrieb entstehenden Absenkungstrichters stellen die Experten
fest, «dass das Grundwasservorkommnis ein Grundwasserbecken mit einem
beschränkten Zufluss und nicht ein grosser Grundwasserstrom ist»; denn bei
einem ergiebigeren Grundwasserstrom hebe sich der Wasserspiegel nach Abstellen
der Pumpen sofort, in vielen Fällen in weniger als einer Minute, auf die
ursprüngliche Höhe, während hier nach 33 Minuten dieser Höchststand noch nicht
erreicht werde und die Wasserentnahme sich nur in geringem Umkreis (ca. 60 m
in südlicher Richtung) durch Absenkung des Wasserspiegels bemerkbar mache.
Daraus geht hervor, dass man es mit einem örtlich begrenzten, relativ
unbeweglichen, nicht ständig strömenden Wasser zu tun hat. Im Unterschied zu
den Grundwasserströmen ist hier ein eigentliches Quellengrundstück
festzustellen, eben die Lippertwiesen, zu denen die Parzellen Nr. 2108 und
2109 gehören; denn aus diesem Grundstück kam schon vor Errichtung der
Pumpstation der Beklagten und kommt noch heute der Hauptzufluss zum Brunnbach,
der wegen dieser Herkunft (nach dem Gutachten Wehrli) auch Lippertwiesbach
genannt wird. An der Stelle, wo sich heute die Filterbrunnen befinden, stellte
der Experte Prof. Hartmann schon 1919 einen Erguss von 200 bis 300 ML guten
Grundwassers fest. Tritt demnach das Grundwasser schon auf natürliche Weise
ohne Kunstbauten auf dieser Wiese zu Tage, so ist auch die natürliche enge
Beziehung von Wasservorkommen und Grundstück gegeben, wie sie vom Quellenrecht
des Art. 704 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 704 - 1 Quellen sind Bestandteile der Grundstücke und können nur zugleich mit dem Boden, dem sie entspringen, zu Eigentum erworben werden.
1    Quellen sind Bestandteile der Grundstücke und können nur zugleich mit dem Boden, dem sie entspringen, zu Eigentum erworben werden.
2    Das Recht an Quellen auf fremdem Boden wird als Dienstbarkeit durch Eintragung in das Grundbuch begründet.
3    Das Grundwasser ist den Quellen gleichgestellt.
ZGB vorausgesetzt wird und die analoge Behandlung von
Quelle und Grundwasser rechtfertigt.
Die Tatsache allein, dass das Grundwasser der Lippertwiesen mit einer
Mächtigkeit von etwa 2200 ML quantitativ recht erheblich ist und jedenfalls
die vom zürcherischen Ergänzungsgesetz zu § 137 des EG z. ZGB festgesetzte
untere Grenze von 300 ML weit übersteigt, bildet keinen zureichenden Grund, es
von der Ordnung

Seite: 21
des Art. 704 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 704 - 1 Quellen sind Bestandteile der Grundstücke und können nur zugleich mit dem Boden, dem sie entspringen, zu Eigentum erworben werden.
1    Quellen sind Bestandteile der Grundstücke und können nur zugleich mit dem Boden, dem sie entspringen, zu Eigentum erworben werden.
2    Das Recht an Quellen auf fremdem Boden wird als Dienstbarkeit durch Eintragung in das Grundbuch begründet.
3    Das Grundwasser ist den Quellen gleichgestellt.
ZGB auszunehmen. Denn wesentlicher als durch die
Wassermenge wird im vorliegenden Fall das Grundwasser dadurch charakterisiert,
dass es, lokal begrenzt und stationär, seinen Quellpunkt in einem
Grundstückkomplex, den Lippertwiesen, hat, auf diesem allein natürlich zutage
tritt und auch da gefasst wurde. Unter diesen Umständen kann nicht gesagt
werden, das Grundwasservorkommen stehe mit dem Anzapfungsgrundstück in so
loser, zufälliger Beziehung und greife hinsichtlich Bedeutung über dieses so
weit hinaus, dass seine Unterstellung unter das gleiche private
Herrschaftsrecht einer vernünftigen Regelung widerspräche. Gegenteils
entsprechen solche lokale Ansammlungen der Vorstellung, die man zur Zeit der
Abfassung des ZGB vom Grundwasser hatte und die daher der Regel des Art. 704
Abs. 3 zugrunde liegt. Geologisch handelt es sich nach dem Gutachten von Prof.
Leo Wehrli um Moränegebiet, dessen Grundwasser wie dasjenige im Gebiet der
Molassequellen auch im Kanton Zürich nicht zu den Grundwasserströmen und
Grundwasserbecken gezählt wird, die § 137 bis der Novelle vom 2. Februar 1919
des Zürcher EG z. ZGB öffentlich erklärt und der Regierungsrat als öffentliche
Gewässer bezeichnet (BEILICK, Aus der Praxis des Zürcher Grundwasserrechts, im
Zentralblatt für Staats- und Gemeindeverwaltung Bd. 29 S. 43; derselbe, Die
Grundwasserverhältnisse des Kantons Zürich, verwaltungstechnischer Teil, S.
174). Auch die bisherige aargauische Rechtsprechung über die Frage der
Öffentlichkeit des Grundwassers und die Unterstellung unter das kantonale
öffentliche Recht bezieht sich nur auf Grundwasserströme von verhältnismässig
grosser Mächtigkeit wie denjenigen des Limmattales (VJS für aarg. R. 1922, 151
ff.). Bei dieser Sachlage fehlt jeder Grund, das Wasservorkommen den
Grundwasserströmen gleichzustellen, um es von der privatrechtlichen Ordnung
auszunehmen und dem Recht der öffentlichen Gewässer zu unterstellen. Die
gegenteilige Entscheidung ist mit der in Art. 704 Abs. 3 begründeten

Seite: 22
grundsätzlichen Gleichstellung des Grundwassers mit den Quellen nicht
vereinbar und bedeutet daher eine Verletzung dieser Bestimmung. Wie es sich
verhielte, wenn das vorliegende Urteil auf ein kantonales Gesetz gestützt
würde, das ­ gleich dem verworfenen aargauischen Entwurf ­
Grundwasservorkommen von der hier fraglichen Grössenordnung und Art dem
öffentlichen Recht unterstellte, kann dahingestellt bleiben, da im Aargau ein
solches eben nicht besteht.
2. ­ Ist demnach das Grundwasser der Lippertwiesen nach Art. 704 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 704 - 1 Quellen sind Bestandteile der Grundstücke und können nur zugleich mit dem Boden, dem sie entspringen, zu Eigentum erworben werden.
1    Quellen sind Bestandteile der Grundstücke und können nur zugleich mit dem Boden, dem sie entspringen, zu Eigentum erworben werden.
2    Das Recht an Quellen auf fremdem Boden wird als Dienstbarkeit durch Eintragung in das Grundbuch begründet.
3    Das Grundwasser ist den Quellen gleichgestellt.
ZGB
den Quellen gleichgestellt, so war die Beklagte als Eigentümerin der Parzelle
2108 und als Grunddienstbarkeitsberechtigte an der Parzelle 2109 nach Art. 704
Abs. 1 und 2 befugt, ihre dortige Grundwasserversorgungsanlage in den Jahren
1934/35 durch Errichtung zweier weiterer Filterbrunnen auf der Parzelle 2109
zu erweitern. Die Rechtmässigkeit der grösseren Wasserentnahme schliesst die
Verantwortlichkeit der Beklagten für den der Klägerin zufolge des
Fischsterbens entstandenen Schaden aus, obwohl der Kausalzusammenhang
verbindlich festgestellt ist. Die Wasserentnahme auf Grund des Eigentums bezw.
des Quellenrechts bedeutet weder eine Überschreitung dieser dinglichen Rechte,
aus der die Beklagte gemäss Art. 679
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 679 - 1 Wird jemand dadurch, dass ein Grundeigentümer sein Eigentumsrecht überschreitet, geschädigt oder mit Schaden bedroht, so kann er auf Beseitigung der Schädigung oder auf Schutz gegen drohenden Schaden und auf Schadenersatz klagen.
1    Wird jemand dadurch, dass ein Grundeigentümer sein Eigentumsrecht überschreitet, geschädigt oder mit Schaden bedroht, so kann er auf Beseitigung der Schädigung oder auf Schutz gegen drohenden Schaden und auf Schadenersatz klagen.
2    Entzieht eine Baute oder eine Einrichtung einem Nachbargrundstück bestimmte Eigenschaften, so bestehen die vorstehend genannten Ansprüche nur, wenn bei der Erstellung der Baute oder Einrichtung die damals geltenden Vorschriften nicht eingehalten wurden.584
ZGB haftbar gemacht werden könnte, noch
eine missbräuchliche Rechtsausübung im Sinne von Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB, noch ist sie eine
unerlaubte Handlung im Sinne von Art. 41 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
OR; ebensowenig kommt eine
Haftung aus absichtlicher Schadenszufügung in Verletzung der guten Sitten nach
Art. 41 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
OR in Frage. Eine Rechtswidrigkeit liegt auch nicht in der
Nichteinholung einer Konzession; die vorinstanzliche Feststellung, die
Beklagte hätte eine solche einholen sollen, ist weder tatsächlicher Natur
noch, weil kantonales Recht betreffend, für das Bundesgericht verbindlich;
denn sobald die Öffentlicherklärung des fraglichen Gewässers als
bundesrechtswidrig festgestellt ist, fällt jene Annahme ipso iure dahin.

Seite: 23
Endlich verschafft auch die Konzession am Brunnbach der Klägerin keinen
Anspruch gegen die Beklagte auf Zuleitung der Wassermenge, die vor der
Errichtung des zweiten und dritten Filterbrunnens dem Brunnbach zufloss. Denn
die Konzession am öffentlichen Gewässer schliesst keinen privatrechtlichen
Titel in sich, der die Konzessionärin berechtigte, der Beklagten als
Eigentümerin der Parzelle 2108 und Quellenservitutsbetechtigten an Parzelle
2109 den Mehrbezug von Grundwasser zu verbieten oder von ihr Schadenersatz zu
verlangen, weil sie durch den Mehrbezug das Sondernutzungsrecht der Klägerin
verletzt hätte (BGE 42 II 438 ff.). Die dem Rechtsvorgänger der Klägerin
erteilte und für diese erneuerte Konzession vom 2. Dezember 1922 gewährt
übrigens der Klägerin keinen Anspruch auf eine bestimmte Wassermenge, sondern
nur das Recht zur Benutzung des Brunnbaches und der Bünz für den Betrieb ihrer
Fischzuchtanstalt, wobei aber in Art. 10 der Konzession jede Garantie für
Qualität und Quantität des Wassers abgelehnt wird.
War mithin das Vorgehen der Beklagten nicht rechtswidrig, so ist die Frage
eines subjektiven Verschuldens dabei gegenstandslos. Ein solches lag
jedenfalls nicht in dem hartnäckigen und illoyalen Stillschweigen der
Beklagten auf die Anfragen der Klägerin vom 4. September und 20. November
1934, da erstere nichts als ihr privates, von dem öffentlichrechtlichen Titel
der Klägerin in keiner Weise eingeschränktes Recht auszuüben sich anschickte.
Noch weniger läge ein Verschulden in der angeblichen Unterlassung einer
Prüfung der Rechtslage, die zu ihren Gunsten war, und in der Nichtbeachtung
von kantonalen Vorschriften, die als solche das streitige
Privatrechtsverhältnis nicht berühren.
Fehlen demnach alle Voraussetzungen einer Haftbarkeit der Beklagten, so
erübrigt sich die Prüfung der Verjährungsfrage.

Seite: 24
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die
Klage abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 68 II 14
Datum : 31. Dezember 1942
Publiziert : 25. Februar 1942
Quelle : Bundesgericht
Status : 68 II 14
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Inhalt des Grundeigentum, Quellenrecht. Art. 667 Abs. 2 und 704 Abs. 3 ZGB.Grundwasserbecken von...


Gesetzesregister
OR: 41
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
ZGB: 2 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
667 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 667 - 1 Das Eigentum an Grund und Boden erstreckt sich nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich, soweit für die Ausübung des Eigentums ein Interesse besteht.
1    Das Eigentum an Grund und Boden erstreckt sich nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich, soweit für die Ausübung des Eigentums ein Interesse besteht.
2    Es umfasst unter Vorbehalt der gesetzlichen Schranken alle Bauten und Pflanzen sowie die Quellen.
679 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 679 - 1 Wird jemand dadurch, dass ein Grundeigentümer sein Eigentumsrecht überschreitet, geschädigt oder mit Schaden bedroht, so kann er auf Beseitigung der Schädigung oder auf Schutz gegen drohenden Schaden und auf Schadenersatz klagen.
1    Wird jemand dadurch, dass ein Grundeigentümer sein Eigentumsrecht überschreitet, geschädigt oder mit Schaden bedroht, so kann er auf Beseitigung der Schädigung oder auf Schutz gegen drohenden Schaden und auf Schadenersatz klagen.
2    Entzieht eine Baute oder eine Einrichtung einem Nachbargrundstück bestimmte Eigenschaften, so bestehen die vorstehend genannten Ansprüche nur, wenn bei der Erstellung der Baute oder Einrichtung die damals geltenden Vorschriften nicht eingehalten wurden.584
704
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 704 - 1 Quellen sind Bestandteile der Grundstücke und können nur zugleich mit dem Boden, dem sie entspringen, zu Eigentum erworben werden.
1    Quellen sind Bestandteile der Grundstücke und können nur zugleich mit dem Boden, dem sie entspringen, zu Eigentum erworben werden.
2    Das Recht an Quellen auf fremdem Boden wird als Dienstbarkeit durch Eintragung in das Grundbuch begründet.
3    Das Grundwasser ist den Quellen gleichgestellt.
BGE Register
42-II-438 • 65-II-143 • 68-II-14
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
1919 • aargau • ausmass der baute • ausserhalb • baute und anlage • beklagter • benutzung • beschränktes dingliches recht • bestandteil • beurteilung • bewilligung oder genehmigung • bundesgericht • dauer • dienstbarkeit • eigenschaft • eigentum • entscheid • erhöhung • errichtung eines dinglichen rechts • examinator • fischzucht • fluss • form und inhalt • frage • gerichts- und verwaltungspraxis • gesetzmässigkeit • grunddienstbarkeit • grundeigentum • grundwasser • gründung der gesellschaft • hauptsache • kantonales recht • kausalzusammenhang • kenntnis • leben • nacht • ort • pumpe • quellenrecht • rechtslage • regierungsrat • rohrleitung • sachenrecht • sachverständiger • schaden • schadenersatz • see • stelle • tag • umfang • unerlaubte handlung • verurteilter • vorinstanz • wasser • wasserfassung • wassermenge • weiler • wetter • widerrechtlichkeit • wiese • zahl • zins • zweifel