BGE 67 III 142
45. Auszug aus dem Entscheid vom 14. Oktober 1941 i. S. Lenggenhager.
Regeste:
Lohnpfändung (Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind. |
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1 | Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind. |
2 | Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist. |
3 | Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an. |
4 | Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205 |
Station, so ist diese nicht in Geld zu werten, sondern es ist zu prüfen, wie
weit sie den notwendigen Bedarf des Schuldners deckt und wie weit er noch auf
Barmittel angewiesen bleibt.
Saisie de salaire (art. 93 LP): Lorsque le débiteur reçoit de son employeur la
pension et un salaire en espèces, il n'y a pas lieu de convertir en argent les
prestations en nature, mais il faut rechercher dans quelle mesure ces
prestations couvrent le minimum indispensable au débiteur et dans quelle
mesure celui-ci doit encore faire face à des dépenses nécessaires.
Pignoramento di salario (art. 93 LEF): Se il debitore riceve dal suo padrone
vitto e alloggio come pure un salario in contanti, non si debbono convertire
in denaro le prestazioni in natura, ma devesi esaminare in quale misura queste
prestazioni coprano il minimo indispensabile al debitore e in quale misura
questuassimo debba ancora fare fronte a spese necessarie.
Aus dem Tatbestand:
Vom Monatslohn von Fr. 125.-, den der als Landarbeiter in einer Anstalt
angestellte Schuldner neben freier Station bezieht, pfändete das
Betreibungsamt für teilweise im letzten Jahr vor der Betreibung aufgelaufene
Unterhaltsansprüche der Rekurrentin, einer Tochter, monatlich
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Fr. 20.- auf die Dauer eines Jahres. Auf Beschwerde der Rekurrentin erhöhte
die obere kantonale Aufsichtsbehörde die pfändbare Quote auf Fr. 30.-: Das
monatliche Existenzminimum des Schuldners betrage Fr. 180.- und dasjenige der
drei Kinder Fr. 108.-. Diesem Existenzminimum der ganzen Familie von Fr.
288.-, das aus dem Lohn des Schuldners bestritten werden sollte, stehe das
tatsächliche Lohneinkommen von Fr. 245.- gegenüber, indem die zum Barlohn von
Fr. 125.- tretenden Naturalbezüge auf monatlich Fr. 120.- zu werten seien. Für
die
245
Rekurrentin pfändbar seien somit Fr. 36.- x --- = ca. Fr. 30.-
288
Die Rekurrentin hält mit dem vorliegenden Rekurs an weitergehender Erhöhung
der pfändbaren Lohnquote fest; sie beantragt Rückweisung an die kantonale
Instanz zu neuer Beurteilung.
Aus den Erwägungen:
Wenn die Vorinstanz von einem Existenzminimum des Schuldners von monatlich Fr.
180.- ausgeht und anderseits die ihm vom Arbeitgeber gebotene freie Station
nur auf Fr. 120.- im Monat wertet, so übersieht sie, dass der als
Existenzminimum angenommene Geldbetrag üblicherweise die Notwendigkeit, den
Lebensaufwand durch Ausgabe von Geld zu bestreiten, voraussetzt. Bezieht der
Schuldner Naturallohn, geniesst er insbesondere wie hier freie Station, so ist
es nicht zutreffend, das ihm damit Gebotene in Geld umzuwerten, etwa darnach,
was es den Arbeitgeber kostet, um dann mit dem gefundenen Geldbetrag rechnen
zu können, als würde er in bar ausbezahlt. Vielmehr ist zu prüfen, welche
Elemente des Zwangsbedarfs durch die freie Station gedeckt werden, ob nicht
ausser Nahrung und Wohnung ganz oder teilweise noch Kleidung (einschliesslich
Schuhe und Leibwäsche), Gesundheitspflege, sowie dringliche Kulturbedürfnisse.
Bietet doch die freie Station in manchen Fällen ein eigentliches
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Heim, so dass der Betreffende nur noch in geringem Mass auf Geld angewiesen
bleibt; anderseits sind freilich auch solche notwendige Ausgaben zu
berücksichtigen, die, so geringfügig sie erscheinen, im Lauf eines Jahres doch
einen beachtlichen Betrag ausmachen. Ein Bericht des Arbeitgebers wird die
Grundlage für die zu treffende Entscheidung abzugeben vermögen. Insbesondere
wird noch zu prüfen sein, was für eigentliche Zwangsausgaben, die nicht einmal
verhältnismässiger Kürzung unterliegen, allenfalls dem Schuldner erwachsen,
wie Beiträge an die Lohnausgleichskasse, Versicherungen (ausser
Lebensversicherungen) und dergleichen (vgl. BGE 51 III 68 ff.).
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und die
Sache zu neuer Beurteilung an die kantonale Aufsichtsbehörde zurückgewiesen.