S. 149 / Nr. 24 Organisation der Bundesrechtspflege (d)

BGE 67 I 149

24. Entscheid der Anklagekammer vom 21. Mai 1941 i. S. R. u. P. Schärer gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.

Regeste:
Gerichtsstand für Bundesstrafsachen, die von kantonalen Behörden zu beurteilen
sind, Art. 258 ff. BStrP.
1. Die Anklagekammer des Bundesgerichtes kann nach Art. 264 zur Bestimmung der
zuständigen Behörde auch von Privaten angerufen werden. (Erw. 1).
2. Setzt sich das eingeklagte Vergehen aus mehreren Handlungen zusammen (z.B.
bei Patentverletzung und Lebensmittelfälschungsdelikten) von denen an sich
jede einen Straftatbestand erfüllen würde, so ist der Gerichtsstand nach Art.
263 zu bestimmen. (Erw. 2).
3. Die Anklagekammer kann gestützt auf Art. 263 Abs. 3 als Gerichtsstand den
Ort bestimmen, wo sich der Schwerpunkt der eingeklagten Handlungen befindet.
(Erw. 3).

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Causes de droit pénal fédéral attribuées aux autorités cantonales. Question du
for. Art. 258 ss. PPF.
1. Selon l'art. 264, la Chambre d'accusation du Tribunal fédéral peut aussi
être saisie par les personnes privées lorsqu'il s'agit de déterminer quelle
est l'autorité compétente (consid. 1).
2. Lorsque le délit comprend plusieurs actes distincts (par exemple en cas de
violation des droits que confère un brevet ou de falsification de denrées
alimentaires) qui, en eux-mêmes, constitueraient chacun un acte punissable, le
for se détermine en vertu de l'art. 263 (consid. 2).
3. La Chambre d'accusation peut, en vertu de l'art. 263 al. 3, fixer le for au
lieu où l'action punissable se situe principalement (consid. 3).
Foro nelle cause penali che debbono essere giudicate da autorità cantonali
(art. 258 e seg. PPF).
1. Secondo l'art. 264, la Camera di accusa del Tribunale federale può essere
adita per la determinazione dell'autorità competente anche da persone private
(consid. 1).
2. Se il delitto comprende parecchie azioni distinte (p. es., in caso di
violazione dei diritti conferiti da un brevetto o di falsificazione di derrate
alimentari) che, per se stesse, costituirebbero singolarmente un'azione
punibile, il foro si determina in virtù dell'art. 263 (consid. 2).
3. La Camera di accusa può fissare, in virtù dell'art. 263 cp. 3 il foro al
luogo ove l'azione punibile si situa in modo principale (consid. 3).

A. - Hans Schärer, Wohlen, hat in Zürich gegen Robert und Paul Schärer,
Inhaber der Firma U. Schärers Söhne, Baubeschlägefabrik in Münsingen,
Strafklage eingereicht wegen Verletzung seines Schweizer Patentes Nr. 167,102,
das einen Drehstangenverschluss für Fenster und Balkontüren betrifft. Der
Kläger wirft den Beklagten vor, sie hätten den Patentgegenstand widerrechtlich
nachgemacht und ihr Erzeugnis in Zürich durch ihren dort wohnhaften Vertreter
verkaufen lassen.
Die Bezirksanwaltschaft Zürich hat durch Verfügung vom 31. August 1940 die
Strafuntersuchung wegen örtlicher Unzuständigkeit der Zürcher Behörden
eingestellt und den Kläger eingeladen, die Strafklage beim Richteramt
Konolfingen einzureichen.
B. - Auf Rekurs des Klägers hat die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
durch Entscheid vom 19. Oktober 1940 diese Verfügung aufgehoben und die
Bezirksanwaltschaft angewiesen, die Untersuchung durchzuführen

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und sich über Sistierung oder Anklageerhebung schlüssig zu machen.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass zwei Delikte eingeklagt seien:
widerrechtliche Nachmachung oder Nachahmung des Patentgegenstandes im Sinne
von Art. 38 Ziff. 1
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 38 - 1 Wenn dem Bedürfnis des inländischen Marktes durch die Erteilung von Lizenzen nicht genügt wird, so kann jeder, der ein Interesse nachweist, nach Ablauf von zwei Jahren seit der Einräumung der ersten Lizenz auf Grund von Artikel 37 Absatz 1 auf Löschung des Patentes klagen.
1    Wenn dem Bedürfnis des inländischen Marktes durch die Erteilung von Lizenzen nicht genügt wird, so kann jeder, der ein Interesse nachweist, nach Ablauf von zwei Jahren seit der Einräumung der ersten Lizenz auf Grund von Artikel 37 Absatz 1 auf Löschung des Patentes klagen.
2    Ist nach der Gesetzgebung des Landes, dem der Patentinhaber angehört, oder in dem er niedergelassen ist, die Klage auf Löschung des Patentes mangels Ausführung der Erfindung im Inland schon nach Ablauf von drei Jahren seit der Patenterteilung gestattet, so kann unter den in Artikel 37 für die Lizenzerteilung genannten Voraussetzungen statt auf Erteilung einer Lizenz auf Löschung des Patentes geklagt werden.89
und Vertrieb der widerrechtlich hergestellten Erzeugnisse
im Sinne von Art. 38 Ziff. 3
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 38 - 1 Wenn dem Bedürfnis des inländischen Marktes durch die Erteilung von Lizenzen nicht genügt wird, so kann jeder, der ein Interesse nachweist, nach Ablauf von zwei Jahren seit der Einräumung der ersten Lizenz auf Grund von Artikel 37 Absatz 1 auf Löschung des Patentes klagen.
1    Wenn dem Bedürfnis des inländischen Marktes durch die Erteilung von Lizenzen nicht genügt wird, so kann jeder, der ein Interesse nachweist, nach Ablauf von zwei Jahren seit der Einräumung der ersten Lizenz auf Grund von Artikel 37 Absatz 1 auf Löschung des Patentes klagen.
2    Ist nach der Gesetzgebung des Landes, dem der Patentinhaber angehört, oder in dem er niedergelassen ist, die Klage auf Löschung des Patentes mangels Ausführung der Erfindung im Inland schon nach Ablauf von drei Jahren seit der Patenterteilung gestattet, so kann unter den in Artikel 37 für die Lizenzerteilung genannten Voraussetzungen statt auf Erteilung einer Lizenz auf Löschung des Patentes geklagt werden.89
PatG. Die Nachmachung oder Nachahmung sei am Ort
der Fabrikation, also in Münsingen erfolgt, weshalb für die Verfolgung dieses
Deliktes allein die Berner Behörden zuständig wären. Der Vertrieb der
Erzeugnisse hingegen habe sich in Zürich abgespielt, indem der Vertreter der
Beklagten dort Bestellungen aufgenommen und damit eine eigentliche
Verkaufstätigkeit entfaltet habe. Demgemäss seien «nach dem heutigen Stand der
Untersuchung» die Zürcher Behörden für die Behandlung der Strafklage
zuständig.
Gegen diesen Entscheid haben die Beklagten Nichtigkeitsbeschwerde beim
Kassationshof und Willkürbeschwerde bei der staatsrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichtes erhoben. Auf beide Beschwerden ist wegen Unzulässigkeit des
Rechtsmittels und auch wegen Verspätung nicht eingetreten worden (Urteil des
Kassationshofes vom 17. Dezember 1940, Urteil der staatsrechtlichen Abteilung
vom 24. Januar 1941).
D. - Hierauf haben die Beklagten unter Berufung auf Art. 264 BStrP die
Anklagekammer des Bundesgerichtes um die Bezeichnung der örtlich zuständigen
Behörde ersucht. Sie wenden sich gegen die Behandlung der Strafsache durch die
Zürcher Behörden.
Die Anklagekammer des Obergerichtes des Kantons Bern erachtet in ihrer
Vernehmlassung den zürcherischen Gerichtsstand als gegeben; dieser Auffassung
hat sich die Justizdirektion des Kantons Bern angeschlossen.
Die Anklagekammer zieht in Erwägung:
1.- Wenn in Bundesstrafsachen der Gerichtsstand unter den Behörden
verschiedener Kantone streitig ist,

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so bezeichnet nach Art. 264 BStrP die Anklagekammer des Bundesgerichtes den
zur Verfolgung und Beurteilung zuständigen Kanton. An Hand dieser Bestimmung
gestattet die Praxis auch den Parteien, den Entscheid der Anklagekammer
anzurufen, und zwar selbst dann, wenn unter den Behörden der Gerichtsstand
nicht streitig ist, also weder ein positiver noch ein negativer
Kompetenzkonflikt vorliegt; jedenfalls tritt die Anklagekammer auf solche
Gesuche ein in Fällen, wo nicht die Nichtigkeitsbeschwerde an den
Kassationshof wegen Verletzung der betreffenden bundesrechtlichen
Gerichtsstandsbestimmung gegeben ist, sei es, weil es sich beim Entscheid der
kantonalen Behörde nicht um ein gerichtliches Endurteil im Sinne von Art. 268
Abs. 1, sei es, weil es sich nicht um eine die Anhandnahme der Untersuchung
ablehnende letztinstanzliche Einstellungsverfügung im Sinne von Art. 268 Abs.
3 BStrP handelt (siehe die Entscheide der Anklagekammer vom 27. Januar 1940 i.
S. Landtwing, Fischlin, Etter und Nussbaumer gegen Bezirksgericht Zürich;
bezüglich Art. 268 BStrP vgl. BGE 63 I 120 sowie den nichtpublizierten
Entscheid des Kassationshofes vom 17. Dezember 1940 in vorliegender Sache).
Auf diese Praxis der Anklagekammer stützt sich denn auch die staatsrechtliche
Abteilung des Bundesgerichtes, um ihrerseits die staatsrechtliche Beschwerde
als weitern Rechtsbehelf nicht zuzulassen, wie sie speziell mit ihrem
obgenannten Urteil vom 24. Januar 1941 entschieden hat.
2.- Die den Beklagten vom Kläger zur Last gelegten Handlungen erfüllen,
einzeln gesehen, zwei Straftatbestände: den Tatbestand der widerrechtlichen
Nachahmung oder Nachmachung des Erfindungsgegenstandes im Sinne von Art. 38
Ziff. 1
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 38 - 1 Wenn dem Bedürfnis des inländischen Marktes durch die Erteilung von Lizenzen nicht genügt wird, so kann jeder, der ein Interesse nachweist, nach Ablauf von zwei Jahren seit der Einräumung der ersten Lizenz auf Grund von Artikel 37 Absatz 1 auf Löschung des Patentes klagen.
1    Wenn dem Bedürfnis des inländischen Marktes durch die Erteilung von Lizenzen nicht genügt wird, so kann jeder, der ein Interesse nachweist, nach Ablauf von zwei Jahren seit der Einräumung der ersten Lizenz auf Grund von Artikel 37 Absatz 1 auf Löschung des Patentes klagen.
2    Ist nach der Gesetzgebung des Landes, dem der Patentinhaber angehört, oder in dem er niedergelassen ist, die Klage auf Löschung des Patentes mangels Ausführung der Erfindung im Inland schon nach Ablauf von drei Jahren seit der Patenterteilung gestattet, so kann unter den in Artikel 37 für die Lizenzerteilung genannten Voraussetzungen statt auf Erteilung einer Lizenz auf Löschung des Patentes geklagt werden.89
und denjenigen des Inverkehrbringens dieser Erzeugnisse im Sinne von
Art. 38 Ziff. 3
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 38 - 1 Wenn dem Bedürfnis des inländischen Marktes durch die Erteilung von Lizenzen nicht genügt wird, so kann jeder, der ein Interesse nachweist, nach Ablauf von zwei Jahren seit der Einräumung der ersten Lizenz auf Grund von Artikel 37 Absatz 1 auf Löschung des Patentes klagen.
1    Wenn dem Bedürfnis des inländischen Marktes durch die Erteilung von Lizenzen nicht genügt wird, so kann jeder, der ein Interesse nachweist, nach Ablauf von zwei Jahren seit der Einräumung der ersten Lizenz auf Grund von Artikel 37 Absatz 1 auf Löschung des Patentes klagen.
2    Ist nach der Gesetzgebung des Landes, dem der Patentinhaber angehört, oder in dem er niedergelassen ist, die Klage auf Löschung des Patentes mangels Ausführung der Erfindung im Inland schon nach Ablauf von drei Jahren seit der Patenterteilung gestattet, so kann unter den in Artikel 37 für die Lizenzerteilung genannten Voraussetzungen statt auf Erteilung einer Lizenz auf Löschung des Patentes geklagt werden.89
PatG. Der Herstellung der Erzeugnisse kommt jedoch neben dem
Inverkehrbringen strafrechtlich keine selbständige Bedeutung zu. Bringt die
gleiche Person, welche die Erzeugnisse hergestellt hat, sie auch in

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Verkehr, so geht der erste Tatbestand im zweiten als dem umfassendern auf. Es
verhält sich hier nicht anders als im Strafrecht der Lebensmittelpolizei, wo
die Fälschungshandlung vom Haupttatbestand des Inverkehrbringens der
Erzeugnisse ebenfalls miterfasst wird (vgl. ESSER, Die Vergehen des LMG, S. 75
f.). Ob man dabei von unechter Gesetzeskonkurrenz mit Konsumtion oder von
unechter Realkonkurrenz mit Subsidiarität des ersten Vergehens sprechen will
(hiezu insbesondere MAYER, Der allg. Teil des deutschen Strafrechts, 1915, S.
505 ff. und 511), ist gleichgültig, jedenfalls gelangt nur die zweite
Strafbestimmung zur Anwendung. Auch die Beklagten können daher nur nach Art.
38 Ziff. 3
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 38 - 1 Wenn dem Bedürfnis des inländischen Marktes durch die Erteilung von Lizenzen nicht genügt wird, so kann jeder, der ein Interesse nachweist, nach Ablauf von zwei Jahren seit der Einräumung der ersten Lizenz auf Grund von Artikel 37 Absatz 1 auf Löschung des Patentes klagen.
1    Wenn dem Bedürfnis des inländischen Marktes durch die Erteilung von Lizenzen nicht genügt wird, so kann jeder, der ein Interesse nachweist, nach Ablauf von zwei Jahren seit der Einräumung der ersten Lizenz auf Grund von Artikel 37 Absatz 1 auf Löschung des Patentes klagen.
2    Ist nach der Gesetzgebung des Landes, dem der Patentinhaber angehört, oder in dem er niedergelassen ist, die Klage auf Löschung des Patentes mangels Ausführung der Erfindung im Inland schon nach Ablauf von drei Jahren seit der Patenterteilung gestattet, so kann unter den in Artikel 37 für die Lizenzerteilung genannten Voraussetzungen statt auf Erteilung einer Lizenz auf Löschung des Patentes geklagt werden.89
PatG bestraft werden.
Dementsprechend möchte es angebracht erscheinen, auch für die Bestimmung des
Gerichtsstandes von der Einheit des Straftatbestandes auszugehen. Was
materiellrechtlich gilt, ist aber nicht notwendig auch massgebend in
prozessualer Hinsicht, bezüglich des Gerichtsstandes. In dieser Hinsicht fällt
vielmehr entscheidend in Betracht, dass tatsächlich mehrere Handlungen
vorliegen, das Inverkehrbringen und die Herstellung der Erzeugnisse. Von
diesen mehreren Handlungen kann zunächst jede an ihrem Begehungsort Anlass zur
Aufnahme einer Strafverfolgung geben, nur darf es dann bloss an einem Orte zur
Bestrafung kommen. Damit ist die prozessuale Lage die gleiche wie bei einer
Mehrheit selbständiger Straftatbestände, und daher drängt es sich auch auf,
die Kollision der verschiedenen Gerichtsstände in mindestens analoger Weise
nach den gleichen Normen zu lösen, die dort gelten. Dem steht nicht entgegen,
dass hier an sich Art. 260 Abs. 2 BStrP zutreffen würde, der eine besondere
Regelung enthält für den Fall, dass eine strafbare Handlung, also ein und
dasselbe Vergehen, an mehreren Orten ausgeführt worden ist. Denn wenn das
Vergehen tatsächlich mehrere Handlungen umfasst, von denen an sich jede
strafbar wäre, so tritt die Einheit des Straftatbestandes in prozessualer
Hinsicht gegenüber der Mehrheit der Handlungen an

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Bedeutung zurück, sodass es näher liegt und sachlich gerechtfertigter
erscheint, die für eine Mehrheit von Vergehen geltenden
Gerichtsstandsvorschriften heranzuziehen. Sind bei der geltend gemachten
Patentverletzung die verschiedenen Handlungen an verschiedenen Orten begangen
worden, so ist der Gerichtsstand somit nach Art. 263 BStrP zu bestimmen.
3.- Bei der widerrechtlichen Nachmachung oder Nachahmung des
Erfindungsgegenstandes ist Begehungsort Münsingen, wo die beanstandeten
Erzeugnisse hergestellt wurden. Ebenso wäre nach der grundsätzlichen
Entscheidung des Kassationshofes in BGE 63 I 121 für das Inverkehrbringen ohne
weiteres Münsingen als Begebungsort anzunehmen, wenn die Beklagten ihre
Erzeugnisse direkt von dort aus an ihre Zürcher Kunden verkauft und verschickt
hätten. Nach der Darstellung des Klägers sollen sie jedoch in Zürich eine
Vertretung unterhalten haben, von der die Bestellungen aufgenommen worden
seien. Damit wären Verkauf und Vertrieb jedenfalls in massgebender Weise in
Zürich erfolgt. Hieraus ergäbe sich nach Art. 263 Abs. 2 BStrP die
Zuständigkeit der Zürcher Behörden, da Herstellung und Vertrieb der
Erzeugnisse in Art. 39
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 39 - Der Bundesrat kann die Artikel 37 und 38 gegenüber den Angehörigen von Ländern, welche Gegenrecht halten, ausser Kraft setzen.
PatG mit der gleichen Strafe bedroht sind und die
Untersuchung in Zürich zuerst angehoben worden ist. Darauf will offenbar auch
die Staatsanwaltschaft abstellen, wenn sie in ihrem Entscheide erklärt, dass
«nach dem heutigen Stand der Untersuchung» der zürcherische Gerichtsstand
gegeben sei.
Allein diese Lösung würde dem Sachverhalt als Ganzem nicht genügend Rechnung
tragen. Der Schwerpunkt der den Beklagten vorgeworfenen Handlungen befindet
sich in Münsingen. Dort hat ihre Unternehmung den Sitz, dort wurden die
Erzeugnisse hergestellt, und dort sind sie zur Versendung gelangt.
Demgegenüber fällt die Zürcher Vertretung unbestreitbar weniger ins Gewicht,
zumal ja auch der Kläger nicht geltend machen zu wollen scheint, dass die
Beklagten in Zürich ein eigentliches Verkaufslager

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unterhalten hätten. Jedenfalls kommt in Münsingen zur einen Tätigkeit, der
Herstellung der Erzeugnisse, noch eine zweite, die Versendung, womit dort und
nicht in Zürich der Hauptteil des Straftatbestandes verwirklicht ist. Unter
diesen Umständen wäre es für die Beklagten eine unbillige und durch keinerlei
prozessuale Rücksichten gebotene Erschwerung, sich trotzdem vor den Zürcher
Behörden verantworten zu müssen. Für derartige Fälle sieht Art. 263 Abs. 3
BStrP vor, dass die Anklagekammer den Gerichtsstand anders bestimmen kann als
nach den in Abs. 1 und 2 aufgestellten Grundsätzen. Die Anklagekammer macht
daher von dieser Befugnis Gebrauch und erklärt demgemäss für die vorliegende
Strafsache die bernischen Behörden als zuständig. Die Beklagten sollen vor
ihrem natürlichen Richter am Sitz des Geschäftsunternehmens, der gleichzeitig
ihr Wohnort ist, für ihre im wesentlichen dort entfaltete Tätigkeit Recht
stehen können. Ob Art. 42 Abs. 2
SR 232.14 Bundesgesetz vom 25. Juni 1954 über die Erfindungspatente (Patentgesetz, PatG) - Patentgesetz
PatG Art. 39 - Der Bundesrat kann die Artikel 37 und 38 gegenüber den Angehörigen von Ländern, welche Gegenrecht halten, ausser Kraft setzen.
PatG mit dem alternativen Gerichtsstand des
Wohnortes durch die neue Bundesstrafprozessordnung aufgehoben ist (Art. 342
BStrP), spielt dabei keine Rolle; der Wohnort kann nichtsdestoweniger bei
Würdigung der gesamten Verhältnisse nach Art. 363 Abs. 3 BStrP
mitberücksichtigt werden.
Die nämliche Lösung ist von der Anklagekammer schon in frühern Fällen
getroffen worden, so namentlich mit ihrem Entscheid vom 15. September 1935 i.
S. Regierungsrat des Kantons Zürich gegen Regierungsrat des Kantons Schwyz, wo
für Vergehen gegen das Lebensmittelpolizeigesetz der Gerichtsstand zu
bestimmen war. Umsomehr rechtfertigt sich die vorliegende Entscheidung auch
vom Standpunkt des Verletzten aus. Die Strafbestimmungen des PatG schützen den
Erfinder, also im Gegensatz zu denjenigen des LMG nicht den Käufer und
Konsumenten. Dem Erfinder kann aber noch eher als dem Konsumenten zugemutet
werden, an den Richter zu gelangen, wo die Ware hergestellt und versandt
worden ist (vgl. BGE 63 I 122).

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Demnach verfügt die Anklagekammer:
1. Der Entscheid der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 19. Oktober
1940 wird aufgehoben.
2. Zur Verfolgung und Beurteilung der Patentverletzung, welche den Beklagten
vom Kläger zur Last gelegt wird, sind berechtigt und verpflichtet die Behörden
des Kantons Bern.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 67 I 149
Date : 31. Dezember 1941
Published : 21. Mai 1941
Source : Bundesgericht
Status : 67 I 149
Subject area : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Subject : Gerichtsstand für Bundesstrafsachen, die von kantonalen Behörden zu beurteilen sind, Art. 258 ff...


Legislation register
PatG: 38  39  42
BGE-register
63-I-119 • 67-I-149
Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
chamber of accusation • defendant • federal court • court of cassation • remedies • orderer • inventor • cantonal administration • scene of crime • hamlet • intention • cantonal council • criminal matter • decision • judicial agency • criminal act • statement of affairs • penal provisions • cantonal remedies • weight
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