BGE 66 I 88
15. Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. Februar 1940 i. S. Bürgenstockhotels
A.-G. in Liq. und Frey gegen Regierungsrat des Kantons Nidwalden.
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Regeste:
1. Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie kann sich nur richten gegen einen
Entscheid in konkreter Sache, nicht gegen einen Erlass allgemeiner Natur; Art.
4 ff. VDG. Erw. 1.
2. Grundbuch. Bundesrechtswidrig und darum nichtig sind kantonale
Vorschriften, die bestimmen, dass alle Anmeldungen der Eintragung vorgängig
vom Grundbuchamt der Aufsichtsbehörde zu unterbreiten und zwecks Ermöglichung
von Einsprachen zu veröffentlichen seien. Erw. 2.
1. Seules les décisions relatives à des cas d'espèce, à l'exclusion de celles
qui ont une portée générale, peuvent faire l'objet d'un recours de droit
administratif; art. 4 ss. JAD. Consid. 1.
2. Registre foncier. Sont contraires au droit fédéral et donc nulles les
dispositions de droit cantonal selon lesquelles toutes les demandes
d'inscription doivent être préalablement soumises par le conservateur à
l'autorité de surveillance et publiées pour recueillir les oppositions
éventuelles. Consid. 2.
1. Il ricorso di diritto amministrativo può essere diretto soltanto contro una
decisione in un caso concreto, non contro disposizioni di portata generale
(art. 4 e seg. GAD).
2. Registro fondiario. Contrarie al diritto federale e quindi nulle sono le
disposizioni del diritto cantonale, secondo le quali tutte le domande
d'iscrizione debbono essere preventivamente sottoposte dall'Ufficio del
registro fondiario all'Autorità di vigilanza e debbono essere pubblicate in
vista di eventuali opposizioni. Consid. 2.
A. Der Regierungsrat von Nidwalden verfügte am 28. August 1939 als kantonale
Aufsichtsbehörde über das Grundbuchwesen, es dürfe im Grundbuch keine
Eintragung mehr vorgenommen werden, ohne dass die dahingehende Anmeldung zuvor
unter Ansetzung einer Einsprachefrist von 14 Tagen im kantonalen Amtsblatt
veröffentlicht werde.
B. Die A.-G. Bürgenstockhotels in Liq. teilte dem Grundbuchamt von Nidwalden
Ende 1939 die Absicht mit, ihre Liegenschaften zu verkaufen, und erbat
Auskunft darüber, ob der Kaufvertrag vor dem Eintrag in das Grundbuch im Sinne
der regierungsrätlichen Verfügung vom 28. August 1939 veröffentlicht würde.
Das
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Grundbuchamt leitete die Anfrage an den Regierungsrat weiter. Dieser gab dem
Amte am 11. Dezember 1939 Weisung, ihm zu gegebener Zeit vom Eingang der
Anmeldung des Kaufvertrages Kenntnis zu geben, ehe es die Eintragung vornehme;
er werde dann seinerseits die Sache prüfen.
Durch öffentlich beurkundeten Vertrag vom 30. Dezember 1939 verkaufte die
A.-G. Bürgenstockhotels in Liq. ihre Liegenschaften an F. Frey jun. in Luzern.
Gleichen Tages bescheinigte das Grundbuchamt der Verkäuferin, den Vertrag zur
Eintragung erhalten zu haben, und erklärte dazu, es werde die Anmeldung
zunächst gemäss der Weisung vom 11. Dezember 1939 dem Regierungsrat
unterbreiten und dessen Verfügung abwarten.
C. Am 5. Januar 1940 reichten die Bürgenstockhotels A.-G. in Liq. und F.
Frey jun. beim Bundesgericht verwaltungsgerichtliche Beschwerde ein mit den
Begehren:
1. Der Beschluss des Regierungsrates von Nidwalden vom 28. August 1939
betreffend die Veröffentlichung von Grundbuchanmeldungen sei aufzuheben;
2. das Grundbuchamt sei zur unverzüglichen grundbuchlichen Behandlung des
Kaufvertrages anzuhalten.
D. Durch Verfügung vom 8. Januar 1940 wies der Regierungsrat das
Grundbuchamt an den Kaufvertrag vorgängig der Eintragung im Sinne seiner
Weisung vom 28. August 1939 im Amtsblatt zu veröffentlichen.
E. Der Regierungsrat beantragt in seiner Vernehmlassung Abweisung der
Beschwerde.
Das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement beantragt, die Beschwerde sei in dem
Sinne gutzuheissen, dass die Beschlüsse des Regierungsrates vom 28. August
1939 und 8. Januar 1940 aufgehoben werden.
F. Auf Begehren der Beschwerdeführer hat der Präsident der II.
Zivilabteilung des Bundesgerichtes durch Verfügung vom 16. Januar 1940 die
Veröffentlichung der Grundbuchanmeldung sistiert.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegen Entscheide von
Verwaltungsbehörden nach Massgabe von Art. 4 ff. VDG. Entscheid im Sinne des
Gesetzes ist ein behördlicher Akt, durch den im einzelnen, konkreten Falle
bestimmt wird, was rechtens ist oder sein soll. Behördliche Erlasse
allgemeiner Natur hingegen, durch die abstrakte Rechtsregeln aufgestellt
werden, fallen nicht unter diesen Begriff (KIRCHHOFER, Die
Verwaltungsrechtspflege beim Bundesgericht, S. 24; vgl. auch BGE 64 I 60).
Der Beschluss des Regierungsrates vom 28. August 1939 schreibt in allgemeiner
Weise vor, dass Grundbuchanmeldungen der Eintragung vorgängig im kantonalen
Amtsblatt zu publizieren seien, um Dritten Gelegenheit zur Einsprache zu
geben. Der Beschluss ist also seiner Natur nach eine Verordnung und kein
Entscheid in konkreter Sache im Sinne des VDG. Daraus folgt, dass er nicht
Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Beschwerde bilden und bei
Unverbindlichkeit entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer und des Eidg.
Justiz- und Polizeidepartementes nicht vom Bundesgericht als
Verwaltungsgericht aufgehoben werden kann; seine Verbindlichkeit ist lediglich
als Vorfrage von Bedeutung bei Überprüfung eines konkreten Entscheides.
Einen solchen Entscheid in individueller Sache stellt erst die Verfügung vom
8. Januar 1940 dar, durch die der Regierungsrat die Veröffentlichung des von
den Beschwerdeführern abgeschlossenen Kaufvertrages angeordnet und das
Begehren um sofortige Eintragung des Vertrages abgewiesen hat. Der Entscheid
ist ein letztinstanzlicher gemäss Art. 8 VDG.
Er hat nun freilich im Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung formell noch nicht
vorgelegen, war jedoch der Sache nach bereits in der Verfügung vom 11.
Dezember 1939 enthalten, durch die der Grundbuchführer angewiesen wurde, den
Vertrag nicht einzutragen, bevor er den Entscheid des Regierungsrates
eingeholt habe. Dass durch
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diesen Entscheid die vorgängige Veröffentlichung des Vertrages angeordnet
würde, stand auf Grund des allgemeinen Beschlusses vom 28. August zum
vorneherein mit grösster Wahrscheinlichkeit fest. Unter diesen Umständen kann
auf die Beschwerde ohne Bedenken eingetreten werden, umsomehr als das
Verwaltungsgerichtsverfahren absichtlich nicht mit strenger Förmlichkeit
ausgestaltet ist.
2. Die Voraussetzungen, unter denen Kaufverträge über Grundstücke im
Grundbuch eingetragen werden können, sind im ZGB abschliessend geregelt. Sind
diese Voraussetzungen erfüllt, so besteht von Bundesrechts wegen ein Anspruch
darauf, dass das Grundbuchamt die Eintragung vornehme. Die Kantone sind nicht
befugt, weitere Voraussetzungen aufzustellen, die verhindern sollen, dass
durch den Eintrag Rechte Dritter gefährdet werden.
a) Schon die Weisung an den Grundbuchführer, Verträge dem Regierungsrat als
Aufsichtsbehörde zu unterbreiten, ehe er sie eintrage, ist unzulässig. Gewiss
kann und muss die Aufsichtsbehörde die Geschäftsführung des Grundbuchamtes
überwachen, und sie darf dieses wohl auch anweisen, in bestimmt umschriebenen
Ausnahmefällen ihre Weisung einzuholen. Allein es geht nicht an, dass die
Aufsichtsbehörde allgemein, für alle Grundbuchanmeldungen, dieses Verfahren
vorschreibe und dem Grundbuchführer damit untersage, derart alltägliche
Amtshandlungen wie die Eintragung eines Kaufvertrages von sich aus und auf
eigene Verantwortung hin vorzunehmen. Daraus müssten unerträgliche
Verzögerungen in der Geschäftsführung entstehen, die berechtigte Interessen
der Kaufvertragsparteien verletzen könnten. Was der Regierungsrat hier
einführen will, wäre nicht mehr eine blosse Aufsichtstätigkeit, sondern die
ständige Mitwirkung bei der gewöhnlichen Amtsführung des Grundbuchverwalters.
Diese Befugnis steht der Aufsichtsbehörde nicht zu.
b) Noch weniger zulässig ist die weitere Verfügung des Regierungsrates, dass
der Kaufvertrag nicht im Grundbuch eingetragen werden dürfe, ehe er im
kantonalen Amtsblatt
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zur Ermöglichung von Einsprachen veröffentlicht worden sei.
Nach Art. 963
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907 CC Art. 963 - 1 Les inscriptions s'opèrent sur la déclaration écrite du propriétaire de l'immeuble auquel se rapporte leur objet. |
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1 | Les inscriptions s'opèrent sur la déclaration écrite du propriétaire de l'immeuble auquel se rapporte leur objet. |
2 | Cette déclaration n'est pas nécessaire, lorsque l'acquéreur se fonde sur la loi, ou qu'il produit un jugement passé en force de chose jugée ou tout autre acte équivalent. |
3 | Les cantons peuvent charger les officiers publics qui ont qualité pour dresser des actes authentiques, de requérir l'inscription des actes reçus par eux. |
des Grundstückseigentümers und der Ausweise über das Verfügungsrecht und den
Rechtsgrund. Das Verfügungsrecht ergibt sich gemäss Art. 965 aus dem Grundbuch
selbst, der Rechtsgrund wird ausgewiesen durch Vorlegung eines gültigen
Kaufvertrages. Für weitere, vom kantonalen Recht zu bestimmende Erfordernisse
bleibt kein Raum, insbesondere steht es weder dem Grundbuchführer noch der
Aufsichtsbehörde zu, die Veröffentlichung des Vertrages zu verfügen, um
Dritten Gelegenheit zur Einsprache zu geben. Die Verweigerung oder
Hinausschiebung der Eintragung kann nur damit begründet werden, dass die vom
eidgenössische Recht aufgestellten Voraussetzungen nicht oder noch nicht
erfüllt seien (vgl. auch Art. 24 der Grundbuchverordnung).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird dahin gutgeheissen, dass die Verfügung des Regierungsrates
von Nidwalden vom 8. Januar 1940 aufgehoben und das Grundbuchamt angewiesen
wird, den Kaufvertrag einzutragen, sofern die vom eidgenössischen Recht
aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind, und die Veröffentlichung des
Vertrages vor dem Eintrag zu unterlassen.