BGE 64 III 35
11. Entscheid vom 23. März 1938 i. S. Gloor.
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Regeste:
Geltendmachung zweifelhafter Rechtsansprüche der Konkursmasse:
ist auch im summarischen Konkursverfahren der Gesamtheit der Gläubiger zur
Beschlussfassung zu unterbreiten;
- auf Kosten der Masse, nicht der Gläubiger, die den betreffenden Anspruch
gemeldet haben.
Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet. |
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1 | Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet. |
2 | Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern. |
3 | Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458 |
La question de savoir si la masse fera ou non valoir une prétention douteuse
du failli doit être soumise à tous les créanciers, même lorsque la faillite
est liquidée en la forme sommaire.
Les frais qui en découlent sont supportés par la masse et non pas par le
créancier qui a signalé la prétention.
Art. 260 LP.; art. 96 lit. a Ord. fail.; art. 50 Tarif.
La questione di sapere se la massa farà valere o no una pretesa dubbia del
fallito va sottoposta a tutti i creditori, anche quando il fallimento è
liquidato con la procedura sommaria.
Le spese che ne risultano sono sopportate dalla massa e non dai creditori che
hanno segnalato la pretesa.
Art. 260 LEF; art. 96 lettera a Reg. Fall.; art. 50 Tariffa delle spese.
In dem im summarischen Verfahren geführten Konkurse über die Baugesellschaft
Talwies in Zürich verlangten drei Gläubiger die Aufnahme von Ansprüchen gegen
den Architekten Wilhelm Müller, der dem Vorstande der Gemeinschuldnerin
angehört hatte, in das Konkursinventar: Ansprüche aus Art. 671 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 671 - 1 Verwendet jemand zu einem Bau auf seinem Boden fremdes Material oder eigenes Material auf fremdem Boden, so wird es Bestandteil des Grundstückes. |
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1 | Verwendet jemand zu einem Bau auf seinem Boden fremdes Material oder eigenes Material auf fremdem Boden, so wird es Bestandteil des Grundstückes. |
2 | Der Eigentümer des Materials ist jedoch, wenn die Verwendung ohne seinen Willen stattgefunden hat, berechtigt, auf Kosten des Grundeigentümers die Trennung des Materials und dessen Herausgabe zu verlangen, insoweit dies ohne unverhältnismässige Schädigung möglich ist. |
3 | Unter der gleichen Voraussetzung kann der Grundeigentümer, wenn die Verwendung ohne seinen Willen stattgefunden hat, auf Kosten des Bauenden die Wegschaffung des Materials verlangen. |
eventuell Art. 62 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 62 - 1 Wer in ungerechtfertigter Weise aus dem Vermögen eines andern bereichert worden ist, hat die Bereicherung zurückzuerstatten. |
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1 | Wer in ungerechtfertigter Weise aus dem Vermögen eines andern bereichert worden ist, hat die Bereicherung zurückzuerstatten. |
2 | Insbesondere tritt diese Verbindlichkeit dann ein, wenn jemand ohne jeden gültigen Grund oder aus einem nicht verwirklichten oder nachträglich weggefallenen Grund eine Zuwendung erhalten hat. |
Gemeinschuldnerin Liegenschaften Müllers überbaut habe, ohne dafür eine
Vergütung zu beziehen, sowie Ansprüche aus der Verwendung ihrer Bauprojekte
durch Müller. Das Konkursamt erklärte, dem Gesuch nur entsprechen zu können,
wenn ihm für die Kosten der Bekanntmachung der dadurch bedingten Neuauflage
des ergänzten Inventars, das im übrigen bereits mit dem Kollokationsplan
aufgelegt worden war (Art. 32 Abs. 2 der Konkursverordnung), ein Vorschuss von
Fr. 100.- geleistet werde. Auf Beschwerde der Gesuchsteller hat die
Bezirks-Aufsichtsbehörde das
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Konkursamt angewiesen, die Admassierung der erwähnten Ansprüche sofort und
bedingungslos vorzunehmen. Ein anderer (zugelassener) Konkursgläubiger, Gloor,
zog diesen Entscheid an die kantonale Aufsichtsbehörde weiter mit dem
Begehren, die Verfügung des Konkursamtes zu schützen. Am 24. Februar 1938 mit
diesem Begehren abgewiesen, zieht er die Sache in gleichem Sinne an das
Bundesgericht.
Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:
In das Konkursinventar gehört das gesamte dem Konkursbeschlag unterliegende
Vermögen des Gemeinschuldners, mit Einschluss sogar der ihm zu belassenden
Kompetenzstücke (Art. 221
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 221 - 1 Sofort nach Empfang des Konkurserkenntnisses schreitet das Konkursamt zur Aufnahme des Inventars über das zur Konkursmasse gehörende Vermögen und trifft die zur Sicherung desselben erforderlichen Massnahmen. |
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1 | Sofort nach Empfang des Konkurserkenntnisses schreitet das Konkursamt zur Aufnahme des Inventars über das zur Konkursmasse gehörende Vermögen und trifft die zur Sicherung desselben erforderlichen Massnahmen. |
2 | ...410 |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 224 - Die in Artikel 92 bezeichneten Vermögensteile werden dem Schuldner zur freien Verfügung überlassen, aber gleichwohl im Inventar aufgezeichnet. |
Interesse daran, dass auch wirklich das ganze vorhandene Vermögen (mit
Ausnahme der Kompetenzstücke) als Konkurssubstrat behandelt und verwertet
werde. Lehnt das Konkursamt die Einbeziehung zugehöriger Gegenstände ab, so
ist daher jeder Gläubiger zur Beschwerdeführung berechtigt, nicht etwa nur,
wer zuvor ein bestimmtes Begehren beim Amte gestellt hatte und damit
abgewiesen worden war. Zweifelhaft ist dagegen die Legitimation eines
Gläubigers zur Anfechtung einer vom Konkursamt oder einer Aufsichtsbehörde
angeordneten Erweiterung des Inventars aus dem Gesichtspunkte, dass der aus
den neu aufzunehmenden Gegenständen zu erwartende Ertrag vermutlich nicht
einmal die mit der Einbeziehung verbundenen notwendigen Kosten aufwiegen
werde. Diese Legitimationsfrage fällt zusammen mit der materiellen Frage, ob
es einem einzelnen Gläubiger zustehe, allenfalls entgegen der Mehrheit der
Gläubiger, deren Beschlussfassung er ja verhindern will, eine Beschränkung des
Inventars durchzusetzen. Das ist zu verneinen. Nicht nur Gegenstände, deren
Vorhandensein festgestellt ist, sondern auch zweifelhafte Rechtsansprüche sind
als Konkursvermögen zu verzeichnen und zu
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verwerten. Das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass ein Verzicht auf
Geltendmachung durch die Masse nur von der Gesamtheit der Gläubiger (mit
Mehrheit) beschlossen werden könne (Art. 260). Davon kann auch im summarischen
Konkursverfahren nicht abgesehen werden (BGE 53 III 124 Erw. 2). Ferner hat
auch in diesem Verfahren, falls die Mehrheit der Gläubiger auf Geltendmachung
durch die Masse verzichten sollte, jeder von ihnen das Recht, Abtretung an ihn
zur Geltendmachung auf eigene Gefahr zu verlangen. Nicht einmal durch
Mehrheitsbeschluss könnte dieses Recht ausgeschaltet werden, um so weniger
durch die Stellungnahme eines Einzelnen, der, wie hier, ja auch nicht etwa
darzutun vermag, dass die in Frage stehenden Ansprüche der Prüfung gar nicht
wert seien und auf blosser Einbildung beruhen. Dieser Wille des Gesetzes wird
noch erhärtet durch die Vorschrift von Art. 269 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 269 - 1 Werden nach Schluss des Konkursverfahrens Vermögensstücke entdeckt, welche zur Masse gehörten, aber nicht zu derselben gezogen wurden, so nimmt das Konkursamt dieselben in Besitz und besorgt ohne weitere Förmlichkeit die Verwertung und die Verteilung des Erlöses an die zu Verlust gekommenen Gläubiger nach deren Rangordnung. |
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1 | Werden nach Schluss des Konkursverfahrens Vermögensstücke entdeckt, welche zur Masse gehörten, aber nicht zu derselben gezogen wurden, so nimmt das Konkursamt dieselben in Besitz und besorgt ohne weitere Förmlichkeit die Verwertung und die Verteilung des Erlöses an die zu Verlust gekommenen Gläubiger nach deren Rangordnung. |
2 | Auf gleiche Weise verfährt das Konkursamt mit hinterlegten Beträgen, die frei werden oder nach zehn Jahren nicht bezogen worden sind.467 |
3 | Handelt es sich um einen zweifelhaften Rechtsanspruch, so bringt das Konkursamt den Fall durch öffentliche Bekanntmachung oder briefliche Mitteilung zur Kenntnis der Konkursgläubiger, und es finden die Bestimmungen des Artikels 260 entsprechende Anwendung. |
Schluss des Konkursverfahrens neu entdeckte zweifelhafte Rechtsansprüche
entsprechend Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet. |
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1 | Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet. |
2 | Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern. |
3 | Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458 |
Einbeziehung solcher Ansprüche in das Verfahren als Angelegenheit der
Gläubigergesamtheit, so wäre nicht verständlich, weshalb deren Befragung
(durch blosses Zirkular, vgl. Art. 96 a der Konkursverordnung) nicht auf
Kosten der Masse zu geschehen hätte. Mit Recht lehnt die Vorinstanz eine
analoge Anwendung von Art. 251 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 251 - 1 Verspätete Konkurseingaben können bis zum Schlusse des Konkursverfahrens angebracht werden. |
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1 | Verspätete Konkurseingaben können bis zum Schlusse des Konkursverfahrens angebracht werden. |
2 | Der Gläubiger hat sämtliche durch die Verspätung verursachten Kosten zu tragen und kann zu einem entsprechenden Vorschusse angehalten werden. |
3 | Auf Abschlagsverteilungen, welche vor seiner Anmeldung stattgefunden haben, hat derselbe keinen Anspruch. |
4 | Hält die Konkursverwaltung eine verspätete Konkurseingabe für begründet, so ändert sie den Kollokationsplan ab und macht die Abänderung öffentlich bekannt. |
5 | Der Artikel 250 ist anwendbar. |
Konkurseingaben bezieht, deren Berücksichtigung eben nur den betreffenden
Gläubigern und keineswegs der damit in ihrem Passivbestande zu beschwerenden
Masse zugute kommt. Im Gegensatz dazu handelt es sich hier um die Einbeziehung
weiterer Aktiven. Erst wenn, nach allfälliger Bestreitung durch den
Anspruchsgegner, die Gläubigergesamtheit verzichten und damit einer Abtretung
an Einzelne gemäss Art. 260 Raum geben sollte, tritt deren Sonderinteresse
neben das Recht der Masse auf einen Überschuss. Deshalb hat nach Art. 50 des
Gebührentarifs jeder Gläubiger, der Abtretung verlangt hat, für die
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Ausstellung der Urkunde (Formular Nr. 7) eine Gebühr von 1 Fr. zu entrichten,
während von einer Belastung einzelner Gläubiger mit den Kosten der
vorausgegangenen Gläubigerbefragung nicht die Rede ist.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.