S. 254 / Nr. 44 Obligationenrecht (d)

BGE 64 II 254

44. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. Mai 1938 i. S. Ulrich
gegen Grunder's Erben.

Regeste:
Schadenersatzanspruch aus Werkvertrag, Art. 368
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 368 - 1 Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
1    Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
2    Sind die Mängel oder die Abweichungen vom Vertrage minder erheblich, so kann der Besteller einen dem Minderwerte des Werkes entsprechenden Abzug am Lohne machen oder auch, sofern dieses dem Unternehmer nicht übermässige Kosten verursacht, die unentgeltliche Verbesserung des Werkes und bei Verschulden Schadenersatz verlangen.
3    Bei Werken, die auf dem Grund und Boden des Bestellers errichtet sind und ihrer Natur nach nur mit unverhältnismässigen Nachteilen entfernt werden können, stehen dem Besteller nur die im zweiten Absatz dieses Artikels genannten Rechte zu.
OR, u. aus unerlaubter
Handlung, Art. 41 ff. Anspruchskonkurrenz.
Unfall eines Monteurs infolge mangelhafter Reparatur des Steiggurtes durch den
Sattler.
1. Werkvertrag. Haftung des Unternehmers für unmittelbaren und mittelbaren
Schaden. Prüfungs- und Anzeigepflicht des Bestellers, Art. 367 und 370. (Erw.
I, 1-4.)
2. Unerlaubte Handlung. Verhältnis zum Werkvertrag. Widerrechtlichkeit:
Verstoss gegen ein allgemeines Gebot der Rechtsordnung (in casu Gefährdung von
Leib und Leben Dritter). Adaequater Kausalzusammenhang. Haftung des
Geschäftsherrn, Art. 55. Herabsetzungsgründe. (Erw. II, 1-2.)

A. - Am 30. Mai 1931 stürzte der 1901 geborene Kläger, der als
Freileitungsmonteur bei der Installationsfirma Binder & Richi in St. Gallen
angestellt war, in der

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Nähe von Flawil von einem Kraftleitungsmaste ab, wobei er sich schwere
Verletzungen zuzog.
Der Sturz war darauf zurückzuführen, dass die Strippe des um den Mast
geschlungenen Steiggurtes riss. Der Kläger hatte den Gurt, der sein Eigentum
war, einige Wochen vor dem Unfall bei der beklagten Sattlerfirma reparieren
lassen.
Die Suval zahlte dem Kläger Krankengeld und Heilungskosten und sprach ihm eine
vorläufige Rente zu. Sie verlangte von der Beklagten Ersatz ihrer Leistungen,
da der Unfall durch die mangelhafte Reparatur des Steiggurtes verursacht
worden sei. Da die Verhandlungen nicht zum Ziele führten, trat die Suval
gestützt auf Art. 100
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 368 - 1 Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
1    Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
2    Sind die Mängel oder die Abweichungen vom Vertrage minder erheblich, so kann der Besteller einen dem Minderwerte des Werkes entsprechenden Abzug am Lohne machen oder auch, sofern dieses dem Unternehmer nicht übermässige Kosten verursacht, die unentgeltliche Verbesserung des Werkes und bei Verschulden Schadenersatz verlangen.
3    Bei Werken, die auf dem Grund und Boden des Bestellers errichtet sind und ihrer Natur nach nur mit unverhältnismässigen Nachteilen entfernt werden können, stehen dem Besteller nur die im zweiten Absatz dieses Artikels genannten Rechte zu.
KUVG ihre Ansprüche gegen die Beklagte dem Kläger ab.
B. - Im Februar 1936 leitete der Kläger gegen die Beklagte vorliegenden
Prozess ein, in dem er unter Einschluss der ihm von der Suval abgetretenen
Regressansprüche eine Schadenersatz- und Genugtuungsforderung von insgesamt
Fr. 49263.10 mit 5% Zins seit 30. Mai 1931 geltend machte. Die Klage wurde mit
der sowohl hinsichtlich des Materials als der Arbeit unsachgemässen Reparatur
des Steiggurtes begründet, die den Unfall verursacht habe.
Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Sie bestritt in erster Linie die
Aktivlegitimation des Klägers für vertragsrechtliche Ansprüche, da die
Reparatur auf Namen und Rechnung der Arbeitgeberin des Klägers ausgeführt
worden sei, zwischen dem Kläger und der Beklagten daher gar kein
Vertragsverhältnis bestanden habe. Sodann widersetzte sich die Beklagte den
Haftungsansprüchen grundsätzlich und dem Masse nach.
C. - Das Bezirksgericht St. Gallen hat die Klage nach Einholung einer
Expertise durch Urteil vom 25. Mai 1937 abgewiesen.
Auf Appellation des Klägers hin hat das Kantonsgericht des Kantons St. Gallen
das erstinstanzliche Erkenntnis

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durch Urteil vom 9. Oktober 1937 in der Weise abgeändert, dass es die Beklagte
zur Zahlung eines Betrages von Fr. 3000.- mit 5% Zins seit 30. Mai 1932
verpflichtete; für den Mehrbetrag ist die Klage abgewiesen worden.
D. - Gegen dieses Urteil haben beide Parteien die Berufung an das
Bundesgericht erklärt. Der Kläger beantragt, die Klage sei in vollem Umfange
gutzuheissen, bezw. die Sache sei zur Feststellung des Schadens und zu neuer
Entscheidung an das Kantonsgericht zurückzuweisen. Die Beklagte stellt den
Antrag auf gänzliche Abweisung der Klage.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Die Klage wird sowohl auf Werkvertrag wie auf unerlaubte Handlung gestützt.
Die beiden Grundlagen sind gesondert zu prüfen.
I.
1.- Mit Bezug auf die vertragsrechtlichen Ansprüche hatte die Beklagte vor den
kantonalen Instanzen in erster Linie die Aktivlegitimation des Klägers
bestritten. An dieser Einrede ist vor Bundesgericht mit Recht nicht
festgehalten worden. Der Gurt war Eigentum des Klägers, der ihn auch
persönlich zur Reparatur brachte und nachher wieder abholte. Wenn die
Arbeitgeberin des Klägers die Reparatur bezahlte, so beruhte das auf einer
zwischen ihr und dem Kläger getroffenen internen Abmachung; Besteller der
Reparatur und Vertragskontrahent gegenüber der Beklagten war
nichtsdestoweniger der Kläger.
2.- Nach Art. 368 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 368 - 1 Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
1    Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
2    Sind die Mängel oder die Abweichungen vom Vertrage minder erheblich, so kann der Besteller einen dem Minderwerte des Werkes entsprechenden Abzug am Lohne machen oder auch, sofern dieses dem Unternehmer nicht übermässige Kosten verursacht, die unentgeltliche Verbesserung des Werkes und bei Verschulden Schadenersatz verlangen.
3    Bei Werken, die auf dem Grund und Boden des Bestellers errichtet sind und ihrer Natur nach nur mit unverhältnismässigen Nachteilen entfernt werden können, stehen dem Besteller nur die im zweiten Absatz dieses Artikels genannten Rechte zu.
und 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 368 - 1 Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
1    Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
2    Sind die Mängel oder die Abweichungen vom Vertrage minder erheblich, so kann der Besteller einen dem Minderwerte des Werkes entsprechenden Abzug am Lohne machen oder auch, sofern dieses dem Unternehmer nicht übermässige Kosten verursacht, die unentgeltliche Verbesserung des Werkes und bei Verschulden Schadenersatz verlangen.
3    Bei Werken, die auf dem Grund und Boden des Bestellers errichtet sind und ihrer Natur nach nur mit unverhältnismässigen Nachteilen entfernt werden können, stehen dem Besteller nur die im zweiten Absatz dieses Artikels genannten Rechte zu.
OR kann der Besteller bei Mängeln des Werkes
die Annahme verweigern bezw. den Minderwert geltend machen oder Verbesserung
verlangen; ausserdem hat er bei Verschulden des Unternehmers einen Anspruch
auf Schadenersatz. Das gilt für jeden durch die Mangelhaftigkeit des Werkes
verursachten Schaden, also auch für Schaden, der infolge des Mangels beim
bestimmungsgemässen Gebrauch des Werkes

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entsteht. Art. 368 unterscheidet nicht zwischen unmittelbarem und mittelbarem
Schaden.
Ein solcher infolge des Mangels beim bestimmungsgemässen Gebrauch des Werkes
entstandener Schaden liegt hier vor. Der Unfall, den der Kläger erlitten hat,
ist nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz (Art. 81
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 368 - 1 Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
1    Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
2    Sind die Mängel oder die Abweichungen vom Vertrage minder erheblich, so kann der Besteller einen dem Minderwerte des Werkes entsprechenden Abzug am Lohne machen oder auch, sofern dieses dem Unternehmer nicht übermässige Kosten verursacht, die unentgeltliche Verbesserung des Werkes und bei Verschulden Schadenersatz verlangen.
3    Bei Werken, die auf dem Grund und Boden des Bestellers errichtet sind und ihrer Natur nach nur mit unverhältnismässigen Nachteilen entfernt werden können, stehen dem Besteller nur die im zweiten Absatz dieses Artikels genannten Rechte zu.
OG) auf die
mangelhafte Reparatur des bei der Arbeit am Kraftleitungsmast verwendeten
Steiggurtes zurückzuführen. Es handelt sich demnach um ein Schadensereignis,
auf das die Haftungsvorschrift des Art. 368
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 368 - 1 Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
1    Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
2    Sind die Mängel oder die Abweichungen vom Vertrage minder erheblich, so kann der Besteller einen dem Minderwerte des Werkes entsprechenden Abzug am Lohne machen oder auch, sofern dieses dem Unternehmer nicht übermässige Kosten verursacht, die unentgeltliche Verbesserung des Werkes und bei Verschulden Schadenersatz verlangen.
3    Bei Werken, die auf dem Grund und Boden des Bestellers errichtet sind und ihrer Natur nach nur mit unverhältnismässigen Nachteilen entfernt werden können, stehen dem Besteller nur die im zweiten Absatz dieses Artikels genannten Rechte zu.
bei Verschulden der Beklagten
grundsätzlich zutreffen würde.
3.- Nach Art. 367
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 367 - 1 Nach Ablieferung des Werkes hat der Besteller, sobald es nach dem üblichen Geschäftsgange tunlich ist, dessen Beschaffenheit zu prüfen und den Unternehmer von allfälligen Mängeln in Kenntnis zu setzen.
1    Nach Ablieferung des Werkes hat der Besteller, sobald es nach dem üblichen Geschäftsgange tunlich ist, dessen Beschaffenheit zu prüfen und den Unternehmer von allfälligen Mängeln in Kenntnis zu setzen.
2    Jeder Teil ist berechtigt, auf seine Kosten eine Prüfung des Werkes durch Sachverständige und die Beurkundung des Befundes zu verlangen.
OR setzt jedoch die Haftung des Unternehmers für Werkmängel
allgemein voraus, dass der Besteller das Werk innert tunlicher Frist prüft und
erkennbare Mängel dem Unternehmer zur Kenntnis gibt; treten die Mängel trotz
ordnungsgemässer Prüfung erst später zutage, so hat die Anzeige an den
Unternehmer nach Art. 370 Abs. 3 sofort nach der Entdeckung zu erfolgen.
Unterlässt der Besteller die gesetzlich vorgeschriebene Prüfung und Anzeige,
so gilt das Werk gemäss Art. 370 Abs. 2 und 3 als genehmigt, und die Haftung
des Unternehmers fällt dahin.
Die Vorinstanz stellt nun fest, dass der Kläger den Nachweis für die Prüfung
des Gurtes nach der Reparatur nicht hat erbringen können. Ein direkter Beweis
wird in solchen Fällen häufig schwer zu erbringen sein, da er davon abhängt,
ob zufällig eine Drittperson bei der Prüfung zugegen gewesen ist. Wenn der
Kläger, wie er behauptet, neue und reparierte Steiggurten regelmässig und
gewohnheitsmässig auf ihre Tragfähigkeit prüfte, so hätte es ihm jedoch
wenigstens möglich sein sollen, durch das Zeugnis von Nebenarbeitern für diese
gewohnheitsmässige Prüfung den Beweis zu erbringen, woraus dann hätte
geschlossen werden dürfen, dass er sie auch im vorliegenden Falle praktiziert
habe. Auch diesen Nachweis ist er indessen schuldig geblieben. Wenn die
Vorinstanz die Prüfung als nicht

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bewiesen bezeichnet, kann deshalb nicht gesagt werden, dass sie von zu
strengen Anforderungen ausgegangen sei und damit eine bundesrechtliche
Beweisvorschrift verletzt habe. Ihre Feststellung ist demgemäss für das
Bundesgericht verbindlich.
Darnach bleibt nur noch der Einwand des Klägers, dass es sich um geheime
Mängel gehandelt habe, die bei der Prüfung nicht erkennbar gewesen wären. Das
als richtig vorausgesetzt, wären die Mängel dann aber unbestreitbar durch den
Unfall offenkundig geworden. Nach Art. 370 Abs. 3 hätte daher der Kläger
sofort nach dem Unfall der Beklagten Anzeige erstatten müssen. Eine solche
Anzeige hat er nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz nie gemacht.
Da der Kläger also den Nachweis für die Prüfung des Gurtes nicht zu erbringen
vermocht und auf jeden Fall der Beklagten die Mängel nicht rechtzeitig
angezeigt hat, ist sein Schadenersatzanspruch aus Art. 368
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 368 - 1 Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
1    Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
2    Sind die Mängel oder die Abweichungen vom Vertrage minder erheblich, so kann der Besteller einen dem Minderwerte des Werkes entsprechenden Abzug am Lohne machen oder auch, sofern dieses dem Unternehmer nicht übermässige Kosten verursacht, die unentgeltliche Verbesserung des Werkes und bei Verschulden Schadenersatz verlangen.
3    Bei Werken, die auf dem Grund und Boden des Bestellers errichtet sind und ihrer Natur nach nur mit unverhältnismässigen Nachteilen entfernt werden können, stehen dem Besteller nur die im zweiten Absatz dieses Artikels genannten Rechte zu.
OR abzuweisen, ohne
dass untersucht zu werden brauchte, ob der Beklagten ein Verschulden zur Last
falle.
4.- Zum gleichen Ergebnis käme man im übrigen, wenn man annehmen wollte, Art.
368
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 368 - 1 Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
1    Leidet das Werk an so erheblichen Mängeln oder weicht es sonst so sehr vom Vertrage ab, dass es für den Besteller unbrauchbar ist oder dass ihm die Annahme billigerweise nicht zugemutet werden kann, so darf er diese verweigern und bei Verschulden des Unternehmers Schadenersatz fordern.
2    Sind die Mängel oder die Abweichungen vom Vertrage minder erheblich, so kann der Besteller einen dem Minderwerte des Werkes entsprechenden Abzug am Lohne machen oder auch, sofern dieses dem Unternehmer nicht übermässige Kosten verursacht, die unentgeltliche Verbesserung des Werkes und bei Verschulden Schadenersatz verlangen.
3    Bei Werken, die auf dem Grund und Boden des Bestellers errichtet sind und ihrer Natur nach nur mit unverhältnismässigen Nachteilen entfernt werden können, stehen dem Besteller nur die im zweiten Absatz dieses Artikels genannten Rechte zu.
OR gebe nur einen Ersatzanspruch für unmittelbaren Schaden aus
Werkmängeln, während auf mittelbaren Schaden die allgemeinen
vertragsrechtlichen Haftungsgrundsätze der Art. 97 ff. anzuwenden seien. Auch
in diesem Falle müsste die Prüfungs- und Anzeigepflicht des Art. 367 Platz
greifen, gleichwie im Kaufsrecht für Schadenersatzansprüche wegen Mängeln der
Kaufsache die Sachprüfung und Mängelrüge nach Art. 201 gefordert werden muss,
ohne Rücksicht darauf, ob die Ansprüche auf der besondern Bestimmung des Art.
208 oder den allgemeinen Bestimmungen der Art. 97 ff. beruhen (vgl. BGE 63 II
404
Erw. 3, spez. S. 406 lit. c).
II.
1.- Die Schadenersatzansprüche des Klägers erschöpfen sich aber, trotzdem die
Reparatur des Steiggurtes

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Gegenstand eines zwischen den Parteien abgeschlossenen Werkvertrages bildete,
nicht notwendig im Vertragsrecht. Liegt im Verhalten des Schadensstifters
sowohl der Tatbestand der Nichterfüllung eines Vertrages als gleichzeitig auch
derjenige einer unerlaubten Handlung nach Art. 41 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
. OR, so bestehen der
vertragliche und der ausservertragliche Schadenersatzanspruch nebeneinander,
im Sinne einer sogenannten Anspruchskonkurrenz.,So ist vom Bundesgericht in
Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre ständig entschieden worden (BGE 18
S. 340 Erw. 4 und S. 861 Erw. 5; 26 II 106; 35 II 424; 37 II 9 Erw. 4; 50 II
378
Erw. 2; 51 II 582; vgl. auch BECKER, Kommentar zum OR, Vorb. zu Art. 41
ff. N. 1; OSER-SCHÖNENBERGER, Vorb. zu Art. 41 ff. N. 15 ff.; DIETZ,
Anspruchskonkurrenz bei Vertragsverletzung und Delikt, spez. S. 332 ff.; a. A.
VON TUHR, Allg. Teil des OR, S. 324 N. 5 und S. 506 f.). Von den angeführten
bundesgerichtlichen Urteilen bezog sich keines speziell auf das Verhältnis von
Werkvertrag und unerlaubter Handlung; meistens handelte es sich um
Dienstvertrag. Der Grundsatz, dass die Haftung aus Vertrag mit derjenigen aus
unerlaubter Handlung konkurriere, wurde aber allgemein aufgestellt und gilt
auch bei Werkvertrag, da besondere Gründe für einen Ausschluss nicht
ersichtlich sind.
a) Der Fall, wo neben dem Tatbestand der Nichterfüllung des Vertrages auch
derjenige einer unerlaubten Handlung gegeben ist, wird immerhin
verhältnismässig selten sein. Voraussetzung dafür bildet vor allem, dass nicht
nur eine vertragliche Verpflichtung, sondern darüber hinaus auch noch ein
allgemeines Gebot der Rechtsordnung verletzt ist (vgl. die angeführten
bundesgerichtlichen Urteile, insbesondere BGE 26 II 106 und 37 II 10). Nur
dann ist die Handlung widerrechtlich im Sinne von Art. 41 ff
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OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
. OR. Es frägt
sich deshalb, ob die mangelhafte Reparatur des Steiggurtes durch die Beklagte
gegen ein allgemeines Gebot der Rechtsordnung verstossen hat.
Durch die mangelhafte Reparatur des Gurtes sind Leib

Seite: 260
und Leben der Benützer auf's Spiel gesetzt worden. Nicht jede Gefährdung von
Rechtsgütern Dritter ist aber rechtlich verpönt. Die Rechtsordnung anerkennt
zahllose Tätigkeiten und Verhältnisse, mit denen notwendig Gefahren für Dritte
verbunden sind. Man denke nur an das Automobilfahren, den Häuserbau, das
Halten von Hunden und dergl. In diesen Fällen muss von den Rechtsgenossen auch
die Gefährdung, soweit sie unvermeidlich ist, hingenommen werden; sie ist
insoweit nicht rechtswidrig. Derjenige, der die Gefahr schafft, hat lediglich
die Pflicht, sie nach Möglichkeit einzuschränken, wofür auf einzelnen
Gebieten, z. B. auf dem Gebiete des Motorfahrzeugverkehrs, besondere
gesetzliche Vorschriften bestehen. Anders verhält es sich dagegen bei
Gefährdungen, die nicht notwendige Begleiterscheinung eines von der
Rechtsordnung gebilligten Anlasses sind. Hier fehlt der Grund, der sie
gegenüber der Allgemeinheit rechtfertigen würde. In diesem Sinne ist es daher
ein allgemeines Gebot der Rechtsordnung, dass Leib und Leben und überhaupt
Rechtsgüter Dritter nicht unnötig in Gefahr gebracht werden dürfen. Wer solche
Gefahren schafft, handelt widerrechtlich. (Vgl. zu diesen Fragen vor allem
BECKER, Art. 41 N. 35). Das gilt also auch für die mangelhafte Herstellung
oder Reparatur von Gebrauchsgegenständen, wenn durch die Mängel beim
bestimmungsgemässen Gebrauch der Sache Leben oder Gesundheit der Benützer
gefährdet werden. Die Schaffung solcher Gefahren liegt nicht in irgendeiner
Notwendigkeit des praktischen Lebens begründet; die sachgemässe Werkausführung
erfordert gegenteils, dass Mängel vermieden werden, die bei der Benützung
Schaden anrichten könnten. Durch die mangelhafte Herstellung oder Reparatur
verletzt daher der Unternehmer nicht nur seine werkvertraglichen
Verpflichtungen, sondern auch ein allgemeines Gebot der Rechtsordnung, in
deren Schutz die gefährdeten Lebensgüter gestellt sind.
Auf dem gleichen Boden steht die Rechtsprechung

Seite: 261
anderer Länder. Bekannt ist das Beispiel aus der deutschen Praxis, wo der
Lieferant einer fehlerhaften Leiter für die Körperverletzung verantwortlich
erklärt wurde, die ein Dritter sich bei Benützung der Leiter infolge des
Fehlers zugezogen hatte. (Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts, begr.
von Gruchot, 60 S. 1011). In Frankreich und Belgien wird die deliktsrechtliche
Haftbarkeit des Berufsmannes aus der sozialen Funktion abgeleitet, die er mit
dem Berufe ausübe: kraft dieser Funktion sei er verpflichtet, nicht mit
Mängeln behaftete Waren in Verkehr zu bringen, durch welche Dritte Gefahren
ausgesetzt würden (vgl. BRUN, Rapports et domaines des responsabilités
contractuelle et délictuelle, Paris 1931, S. 255 ff.; VAN RYN, Responsabilité
aquilienne et contrats, Paris 1933, S. 210 ff.).
Die Widerrechtlichkeit der mangelhaften Reparatur des Steiggurtes muss somit
bejaht werden.
b) Ebenso ist der adäquate Kausalzusammenhang mit dem vom Kläger erlittenen
Unfall gegeben. Die Mängel der Reparatur bestanden nach der verbindlichen
Feststellung der Vorinstanz in der Verwendung ungenügend gegerbten und
gefetteten Leders und in der Lochung der Strippe am dünnen statt am dicken
Ende. Dass diese Fehler die Widerstandskraft des Gurtes beeinträchtigen
mussten und infolgedessen nach der ordentlichen Lebenserfahrung geeignet
waren, einen Unfall der vorliegenden Art herbeizuführen, liegt auf der Hand.
c) Die Reparatur wurde von einem Arbeiter der Beklagten ausgeführt. Zur
Anwendung kommt daher Art. 55
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 55 - 1 Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
1    Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
2    Der Geschäftsherr kann auf denjenigen, der den Schaden gestiftet hat, insoweit Rückgriff nehmen, als dieser selbst schadenersatzpflichtig ist.
OR: die Beklagte als Geschäftsherrin haftet für
den Unfall, wenn sie nicht nachweist, dass sie alle nach den Umständen
gebotene Sorgfalt angewendet habe, um einen Schaden dieser Art zu verhüten,
oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.
Da von der sachgemässen Ausführung der Reparatur die Sicherheit von Menschen
abhing, war für die Beklagte

Seite: 262
ein hohes Mass von Sorgfalt geboten. Sie hätte für Verwendung geeigneten
Materials und für gewissenhafte Arbeit besorgt sein müssen. Allein wie die
Vorinstanz verbindlich feststellt, hat die Beklagte nicht einmal behauptet,
dem Arbeiter für die Reparatur entsprechende Anweisungen gegeben und ihn bei
der Ausführung beaufsichtigt zu haben Das wäre unerlässlich gewesen, zumal
auch in keiner Weise dargetan ist, dass es sich um einen selbständigen und auf
diesem Gebiete speziell erprobten Arbeiter handelte, auf den sich die Beklagte
sonst regelmässig verlassen konnte. Schliesslich macht die Beklagte mit Recht
nicht geltend, dass es auch bei Anwendung der nötigen Sorgfalt zum Unfall
gekommen wäre. Sie hat somit den ihr nach Art. 55
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 55 - 1 Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
1    Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
2    Der Geschäftsherr kann auf denjenigen, der den Schaden gestiftet hat, insoweit Rückgriff nehmen, als dieser selbst schadenersatzpflichtig ist.
OR offenstehenden
Entlastungsbeweis nicht erbracht.
Im übrigen ergibt sich aus den wiederum verbindlichen Feststellungen der
Vorinstanz, dass es die Beklagte nicht nur an den nötigen Anweisungen und der
nötigen Aufsicht gegenüber dem Arbeiter hat fehlen lassen, sondern dass sie
wenigstens für die Verwendung ungeeigneten Materials selber direkt
verantwortlich ist, indem sie wissentlich nicht erstklassiges Leder verwendet
hat.
Ihrer Verantwortung kann sich die Beklagte auch nicht mit dem Hinweis darauf
entschlagen, dass sie zur Verwendung bloss zweitklassigen Leders durch die
beständige Preisdrückerei der Arbeitgeberin des Klägers veranlasst worden sei,
welche die Reparaturen bezahlt habe. Die Beklagte hätte sich zur Verwendung
solchen nicht vollwertigen Leders auf keinen Fall herbeilassen dürfen, ohne
den Kläger, für den der Gurt bestimmt war - als Benützer des Gurtes, nicht als
Besteller der Reparatur fällt der Kläger unter dem Gesichtspunkte von Art. 41
ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
. OR in Betracht -, darüber aufzuklären und es ihm anheimzustellen, ob er
sich damit abfinden wolle oder nicht; tat sie das nicht, so behielt sie zum
mindesten dem Kläger gegenüber auch die Verantwortung.
2.- Die Haftung der Beklagten steht somit

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grundsätzlich fest. Dem Umfange nach wird sie gemindert durch das
Mitverschulden des Klägers und durch andere Umstände (Art. 43
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 43 - 1 Art und Grösse des Ersatzes für den eingetretenen Schaden bestimmt der Richter, der hiebei sowohl die Umstände als die Grösse des Verschuldens zu würdigen hat.
1    Art und Grösse des Ersatzes für den eingetretenen Schaden bestimmt der Richter, der hiebei sowohl die Umstände als die Grösse des Verschuldens zu würdigen hat.
1bis    Im Falle der Verletzung oder Tötung eines Tieres, das im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten wird, kann er dem Affektionswert, den dieses für seinen Halter oder dessen Angehörige hatte, angemessen Rechnung tragen.27
2    Wird Schadenersatz in Gestalt einer Rente zugesprochen, so ist der Schuldner gleichzeitig zur Sicherheitsleistung anzuhalten.
und 44
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 44 - 1 Hat der Geschädigte in die schädigende Handlung eingewilligt, oder haben Umstände, für die er einstehen muss, auf die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens eingewirkt oder die Stellung des Ersatzpflichtigen sonst erschwert, so kann der Richter die Ersatzpflicht ermässigen oder gänzlich von ihr entbinden.
1    Hat der Geschädigte in die schädigende Handlung eingewilligt, oder haben Umstände, für die er einstehen muss, auf die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens eingewirkt oder die Stellung des Ersatzpflichtigen sonst erschwert, so kann der Richter die Ersatzpflicht ermässigen oder gänzlich von ihr entbinden.
2    Würde ein Ersatzpflichtiger, der den Schaden weder absichtlich noch grobfahrlässig verursacht hat, durch Leistung des Ersatzes in eine Notlage versetzt, so kann der Richter auch aus diesem Grunde die Ersatzpflicht ermässigen.
OR)
Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, hätte der Kläger den einen Mangel der
Reparatur, nämlich die unrichtige Lochung der Strippe, schon bei visueller
Prüfung ohne weiteres erkennen können. Wenn er den Mangel nicht beachtet hat,
so ist das deshalb seiner eigenen Unvorsichtigkeit zuzuschreiben. Im weitern
hätte die Vorsicht erfordert, den Gurt auch durch entsprechende Belastung auf
seine Tragfähigkeit zu prüfen. Dass er dies getan habe, hat der Kläger nach
der bereits erörterten Feststellung der Vorinstanz nicht nachweisen können.
Abgesehen hievon behauptet der Kläger selber nur, die Prüfung in der Weise
vorgenommen zu haben, dass er mit einem Bein in den aufgehängten Gurt
hineingestanden sei und mit seinem Körpergewicht nachgedrückt habe. Damit
begnügten sich indessen seine Mitarbeiter nicht: sie legten die Gurten um
einen Mast und liessen sich mit dem vollen Körpergewicht hineinfallen. Wäre
auch der Kläger so verfahren, so hätte sich nach der Feststellung der
Vorinstanz, welche auf die Erfahrungen dieser Arbeiter gestützt wird, die
mangelhafte Tragfähigkeit des Gurtes mit Sicherheit geoffenbart. Die vom
Kläger behauptete Prüfung war somit auf jeden Fall ungenügend. Da er dem Gurt
sein Leben anvertrauen musste, wäre er gehalten gewesen, gleich seinen
Mitarbeitern eine Prüfungsmethode anzuwenden, die nach menschlicher
Voraussicht für die Tragfähigkeit des Gurtes volle Gewähr geboten hätte.
Dem Kläger ist ferner als Verschulden anzurechnen, dass er entgegen der im
Geschäfte der Beklagten angeschlagenen Weisung die Reparatur nicht im
Ladenlokal, sondern in der Werkstätte aufgab. Dadurch wurde die Kontrolle
durch die Beklagte erschwert und die mangelhafte Ausführung der Reparatur
begünstigt.
Auf Seite der Beklagten ist zu berücksichtigen, dass sie aus dem
Reparaturauftrag nur einen geringen Vorteil zog,

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der zu dem vom Kläger erlittenen Schaden in keinem Verhältnis steht.
3.- (Das Bundesgericht setzt mit der Vorinstanz den Schadenersatz unter
Würdigung aller Umstände auf Fr. 3000.- fest und weist den Genugtuungsanspruch
ab.)
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die beiden Berufungen werden abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichtes
St. Gallen vom 9. Oktober 1937 bestätigt.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 64 II 254
Date : 01. Januar 1937
Published : 25. Mai 1938
Source : Bundesgericht
Status : 64 II 254
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Schadenersatzanspruch aus Werkvertrag, Art. 368 OR, u. aus unerlaubter Handlung, Art. 41 ff...


Legislation register
KUVG: 100
OG: 81
OR: 41  43  44  55  367  368
BGE-register
26-II-103 • 35-II-421 • 37-II-1 • 50-II-375 • 51-II-575 • 63-II-401 • 64-II-254
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