S. 187 / Nr. 36 Organisation der Bundesrechtspflege (d)
BGE 63 I 187
36. Urteil vom 10. September 1937 i. S. Schmocker gegen eidgenössische
Alkoholverwaltung.
Regeste:
Art. 317 BStrP: Umwandlung uneinbringlicher Geldbussen in Gefängnis im
Verfahren bei Übertretung fiskalischer Bundesgesetze. Rechtsmittel gegen die
richterliche Umwandlungsverfügung.
Fritz Schmocker wurde mit Verfügung der eidgenössischen Alkoholverwaltung vom
8. August 1936, bestätigt durch Beschwerdeentscheid des eidgenössischen
Finanz- und Zolldepartements vom 29. Oktober 1931 wegen Zuwiderhandlung gegen
das Alkoholgesetz zu einer Busse von Fr. 5000.- verurteilt. Ein Gesuch des
Gebüssten um Gestattung von Ratenzahlungen wies die Alkoholverwaltung am 1.
April 1937 ab. Als eine gleichzeitig für eine andere Forderung der
Alkoholverwaltung durchgeführte Betreibung des Schmocker einen Verlustschein
ergab, stellte diese Behörde gestützt auf Art. 317 BStrP, wornach im Verfahren
bei Übertretung fiskalischer Bundesgesetze uneinbringliche Bussen vom Richter
in Gefängnis umgewandelt werden, beim Amtsgericht Solothurn-Lebern das Gesuch,
die genannte Busse von Fr. 5000.- sei durch eine
Seite: 188
dreimonatige Gefängnisstrafe zu ersetzen. Das Amtsgericht entsprach dem Gesuch
am 10. Mai 1937.
Mit der vorliegenden, am 17. Mai 1937 beim Bundesgericht eingereichten
staatsrechtlichen Beschwerde macht Schmocker im wesentlichen geltend: Darin
dass die Alkoholverwaltung das Gesuch des Rekurrenten um Bewilligung von
Ratenzahlungen abwies, während sie gleichzeitig diese Erleichterung den wegen
desselben Delikts neben ihm Verurteilten gewährte, liege eine
Rechtsungleichheit. Art. 69 Abs. 3 des Alkoholgesetzes sehe vor, dass eine
Busse durch die Alkoholverwaltung ganz oder teilweise gestundet oder erlassen
werden könne, wenn besondere Verhältnisse die Eintreibung für den
Zahlungspflichtigen als grosse Härte erscheinen liessen. Dieser Fall sei hier
gegeben. Ferner hätten vor der Umwandlung der Busse in Gefängnis die
gleichzeitig mit dem Rekurrenten verurteilten und solidarisch mit ihm
haftenden Personen herangezogen werden sollen. Das Amtsgericht
Solothurn-Lebern habe den Rekurrenten in der streitigen Angelegenheit weder
vorgeladen noch einvernommen. Die Beschwerdebegehren lauten: «... II. Es sei
mir, gleich wie den andern Mitverurteilten, die Möglichkeit von Ratenzahlungen
im Rahmen meiner Einkommensverhältnisse zu bewilligen; III. Es sei die Busse
auf eine meinen Verhältnissen angepasste Höhe zu reduzieren, wie Art. 69 des
Alkoholgesetzes es auch für Leute in bedrängter Lage vorsieht; IV. Es seien
die solidarisch Mithaftenden zur Zahlung mitheranzuziehen....»
Die eidgenössische Alkoholverwaltung beantragt, auf die Beschwerde nicht
einzutreten. Das Amtsgericht Solothurn-Lebern hat seinerseits eine kurze
Vernehmlassung eingereicht.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Wenn der Rekurrent glaubte, einen teilweisen Erlass der über ihn verhängten
Busse oder doch die Bewilligung von Ratenzahlungen beanspruchen zu können, so
hätte er
Seite: 189
dieses Begehren im Administrativverfahren gemäss Art. 69 Abs. 3 in Verbindung
mit Art. 50 des Alkoholgesetzes stellen, bezw. weiterverfolgen müssen. Das
Bundesgericht ist in der fraglichen Hinsicht nicht zuständig. Das Gleiche gilt
für das Verlangen des Rekurrenten, die Alkoholverwaltung hätte die solidarisch
mit ihm haftenden andern Verurteilten auf Zahlung der Busse belangen sollen.
Nachdem übrigens inzwischen die Busse nach Art. 317 BStrP in eine
Gefängnisstrafe umgewandelt worden ist, geht das Interesse des Rekurrenten
unmittelbar nur noch auf Aufhebung dieser richterlichen Massnahme. Hiefür
hätte aber - ganz abgesehen von der Frage allfälliger vorerst zu ergreifender
kantonaler Rechtsmittel - auf dem Boden des Bundesrechts nach der
übereinstimmenden Auffassung der staatsrechtlichen Abteilung und des
Kassationshofs die Nichtigkeitsbeschwerde an die letztere Behörde gemäss Art.
310 BStrP offen gestanden. Freilich ist die Vorschrift von Art. 317 BStrP über
die Bussenumwandlung bei Übertretung fiskalischer Bundesgesetze unter die
Strafvollzugsbestimmungen des betreffenden Abschnittes eingeordnet, und das
Gesetz sieht für Anordnungen des Strafvollzugs die Nichtigkeitsbeschwerde an
das Bundesgericht nicht vor. Der Sache nach handelt es sich aber bei jener
Umwandlung, zumal sie ausdrücklich dem Richter übertragen wird, um einen
materiellen Entscheid, eine Ergänzung des seinerzeit ergangenen
Bussenerkenntnisses, auf welche Art. 310 BStrP als anwendbar betrachtet werden
muss. Der Rekurrent kann daher mit seiner staatsrechtlichen Beschwerde auch
nicht die Frage aufwerfen, ob die Umwandlung der Busse von der vorherigen
Belangung der solidarisch Mithaftenden abhängig war, und ob ihm im
amtsgerichtlichen Verfahren Gelegenheit zur Aussprache hätte gegeben werden
sollen. Eine Überweisung der Sache an den Kassationshof kommt schon deshalb
nicht in Betracht, weil die formellen Voraussetzungen der
Nichtigkeitsbeschwerde (Einlegung innert zehn Tagen bei der erkennenden
Behörde, Einreichung der
Seite: 190
schriftlichen Begründung innert weiteren zwanzig Tagen bei der gleichen
Stelle, Art. 312 und 272 BStrP) nicht erfüllt sind.
Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.