S. 147 / Nr. 33 Doppelbesteuerung (d)

BGE 63 I 147

33. Urteil vom 24. September 1937 i. S. Kanton Basellandschaft gegen Kanton
Baselstadt und i. S. Rosenmund, Spycher, Jenny gegen Baselstadt.

Regeste:
Der «Arbeitsrappen», den das baselstädtische Gesetz vom 11. September 1930
über dringliche Massnahmen zur Milderung der Wirtschaftskrise vorsieht, ist
eine Steuer. Er darf daher von den in andern Kantonen wohnenden und in Basel
beschäftigten unselbständig Erwerbenden nicht erhoben wer. den, auch nicht in
Form der «Ausgleichsabgabe», zu der nach

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§ 3 des genannten Gesetzes die baselstädtischen Arbeitgeber ausserkantonaler
Angestellten und Arbeiter herangezogen werden sollen.

A. - Am 11. September 1936 hat der Grosse Rat von Basel-Stadt ein Gesetz «über
dringliche Massnahmen zur Milderung der Wirtschaftskrise im Kt. Basel-Stadt»
erlassen, das in der Volksabstimmung vom 3./4. Oktober 1936 angenommen worden
ist. Es sieht die Aufnahme von «Arbeitsbeschaffungsanleihen» bis zum
Höchstbetrage von 24 Millionen Franken vor, die aus dem Ertrag des
«Arbeitsrappens» verzinst und getilgt werden und der Beschaffung zusätzlicher
Arbeitsgelegenheit dienen sollen.
Die vom Arbeitsrappe n selbst handelnden Bestimmungen des Gesetzes lauten,
soweit hier wesentlich, wie folgt:
«§ 1. Der Arbeitsrappen ist ein Opfer der in Arbeit stehenden Bevölkerung zu
Gunsten der Arbeitslosen. Er bezweckt die Ermöglichung zusätzlicher
Arbeitsbeschaffung.»
Ǥ 2. Der Abgabe unterliegt alles im Kt. Basel-Stadt vom 1. Oktober 1936 an
erzielte Einkommen aus unselbständiger Arbeit, das Personen erwächst, die der
baselstädtischen Steuerhoheit unterworfen sind.... Abgabepflichtig ist die
Person, die das Einkommen erzielt hat.»
«§ 5. Die Abgabe beträgt einen Rappen vom Franken (1 %) des Einkommens.»
«§ 7. I. Die Zahlung der aus unselbständiger Arbeit geschuldeten Abgabe an den
Staat hat, soweit die Verordnung zu diesem Gesetz nichts anderes vorschreibt,
durch den Arbeitgeber zu erfolgen und zwar jeweilen gleichzeitig mit der
Ausrichtung des Lohnes oder Gehalts an den Arbeitnehmer für die entsprechende
Periode.
III. Ist der Lohnabzug erfolgt, so ist der Abgabepflichtige gegenüber dem
Staat in allen Fällen befreit.
IV. Nimmt der Arbeitgeber den Abzug des Arbeitsrappens nicht vor, so fällt die
Abgabe zu seinen Lasten. Ein nachträglicher Lohnabzug ist nicht zulässig.»

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«§ 8. I. Die nach § 7 zur Zahlung von Abgaben verpflichteten Arbeitgeber sind
zur Führung von Lohnlisten gehalten, aus denen sich für jeden Arbeitnehmer die
Höhe des Lohnes und des als Arbeitsrappen abgezogenen Betrages ergibt.»
«§ 3. Für das Einkommen aus unselbständiger Arbeit, das im Kanton Basel-Stadt
von Personen erzielt wird, die der hiesigen Steuerhoheit nicht unterliegen,
ist eine entsprechende Ausgleichsabgabe durch den Arbeitgeber zu entrichten.»
«§ 10. Für die Zahlung der nach § 3 geschuldeten Ausgleichsabgabe gelten die
Vorschriften der §§ 7 Abs. 1 und 8.»
«§ 12. Hat ein dem Arbeitsrappen nach § 2 dieses Gesetzes unterliegender
lediger Abgabepflichtiger im Laufe eines Kalenderjahres, unter Einschluss
seiner sämtlichen übrigen Einkünfte, nachweislich ein Gesamteinkommen von
weniger als Fr. 1000.-erzielt, so hat ihm die Staatskasse auf sein Begehren
die als Arbeitsrappen geleisteten Beträge zurückzuerstatten. Ist der
Abgabepflichtige verheiratet, so steht ihm dieses Rückforderungsrecht zu,
sofern sein Gesamteinkommen weniger als Fr. 1500.- betragen hat; diese Summe
erhöht sich für jedes nichterwerbstätige minderjährige Kind um Fr. 100.-.
Unter der gleichen Voraussetzung entsteht zu Handen des Arbeitnehmers ein
Rückforderungsrecht für den Arbeitgeber, der unter Überwälzung auf den
Arbeitnehmer eine Ausgleichsabgabe gemäss § 3 geleistet hat, und tritt
Befreiung von der in § 4 genannten Ausgleichsabgabe ein.»
Ǥ 4. Einer Ausgleichsabgabe unterliegt ferner alles vom gleichen Zeitpunkt
(1. Oktober 1936) an erzielte Einkommen aus selbständiger Arbeit, das
natürlichen

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Personen erwächst, die der baselstädtischen Steuerhoheit unterliegen. ',
Im Eingang des Gesetzes wird als Motiv für dessen Erlass auch erwähnt, das
nach einer Vereinbarung vom 7. September 1936 zwischen den Beteiligten die
Fortdauer der bisherigen Tarifverträge im Bau-, Holz- und Metallgewerbe des
Kantons gesichert sei, wobei die Unterstellung noch weiterer Tarifverträge
unter die gleiche Vereinbarung offenstehe. Die fragliche Vereinbarung,
unterzeichnet von den in Betracht kommenden Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerverbänden, bestimmt in der Tat in Art. 1, dass alle im Bau-, Holz-
und Metallgewerbe des Kantons bestehenden Gesamtarbeitsverträge mit Gültigkeit
für die Dauer der Erhebung des Arbeitsrappens ohne grundsätzliche Veränderung
neu abgeschlossen werden. für Änderungen, die eine Partei während der
Vertragsdauer beantragt und über die keine Einigung innert Monatsfrist
zwischen den Parteien und innert 14 Tagen vor dem Einigungsamt zustandekommt,
wird ein Schiedsgericht eingesetzt, dessen Entscheidung die Parteien als
endgültig anerkennen: die Abänderungsbegehren können sich beziehen auf eine
generelle Anpassung der Löhne oder der Arbeitszeit oder auf die
Berücksichtigung in einzelnen Gewerben eingetretener technischer oder
materieller Veränderungen (Art. 2-7). Art. 10 bestimmt: «Um die Beschäftigung
einer Möglichst grossen Zahl von Arbeitslosen zu sichern, übernehmen die
Parteien die Verpflichtung, dass, soweit Aufträge aus der
Arbeitsbeschaffungsaktion zusätzliche Einstellung von Arbeitern erforderlich
machen, diese Arbeiter nach einiger Zeit ausgewechselt werden. Für die
zusätzliche Einstellung, deren Freiheit gewährleistet ist, kommen nur
Arbeitnehmer in Betracht, die entweder Basler Bürger oder mindestens seit
1.,Januar 1934 in Basel wohnhaft sind und sich durch einen baselstädtischen
Arbeitslosenausweis legitimieren.»

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Der Ratschlag (Bericht) des Regierungsrates an den Grossen Rat zum
Gesetzesentwurfe enthält auf S. 12/13 zu § 3 folgende Ausführungen:
«Einer Abgabe aus unselbständigem Arbeitseinkommen ist an sich nur solches
Einkommen zugänglich, das durch Personen erzielt wird, die der
baselstädtischen Steuerhoheit unterliegen. Demgemäss müsste der im Kanton
Basel-Stadt erzielte unselbständige Arbeitserwerb von Personen, die einer
auswärtigen Steuerhoheit unterworfen sind, abgabefrei bleiben. Diese
Konsequenz haben bereits die Initianten als stossend empfunden; sie sehen
deshalb hiefür eine Ausgleichsabgabe der Arbeitgeber vor, in der Meinung, dass
der Abschluss von Vereinbarungen es dem Arbeitgeber ermöglichen werde, den
Lohn oder Gehalt des Arbeitnehmers um den entsprechenden Betrag zu kürzen. Der
Regierungsrat stimmt dieser Auffassung zu, da es in der Tat nicht zu
rechtfertigen wäre, dass Personen, die ihren Verdienst im Kantonsgebiet
erzielen und zufolge ihres auswärtigen Wohnsitzes an die Lasten unseres
Staatshaushaltes nicht beizutragen haben, auch noch von der Entrichtung des
Arbeitsrappens befreit werden...»
B. - Mit staatsrechtlicher Klage nach Art. 175 Ziff. 2 OG hat der Kanton
Baselland am 3. November 1936 gegenüber dem Kanton Basel-Stadt die Begehren
gestellt:
«Es sei festzustellen, dass Basel-Stadt nicht berechtigt ist, den
«Arbeitsrappen» in Form einer Ausgleichsabgabe oder eines Lohnabzuges von den
in Baselland wohnenden in Basel-Stadt beschäftigten unselbständig Erwerbenden
zu erheben oder erheben zu lassen und es seien demgemäss die §§ 3 und 10 des
baselstädtischen Gesetzes vom 11. September 1936 und die damit
zusammenhängenden weiteren Vorschriften dieses Gesetzes, soweit sie der BV
widersprechen und die Steuerhoheit des Kantons Baselland verletzen, als
unwirksam und ungültig zu erklären.»
Ferner haben am 3./4., bezw. 6. November 1936 eine grössere Anzahl im Kanton
Baselland (in zwei Fällen im Kanton Aargau) wohnender, aber in Basel-Stadt

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angestellter Arbeitnehmer, denen die Ausgleichsabgabe des § 3 des erwähnten
Gesetzes von ihren Arbeitgebern am Lohn abgezogen wird, Albert Rosenmund und
Genossen, E. Spycher-Meier und Genossen und Dr. A. Jenny, beim Bundesgericht
staatsrechtliche Beschwerde nach Art. 176 Ziff. 3 , Art. 178 OG erhoben und
beantragt, die genannten Gesetzesbestimmungen seien als verfassungswidrig
aufzuheben; die darnach bereits bezogenen Beträge seien den Arbeitgebern
zuhanden der betreffenden Angestellten und Arbeiter zurückzuerstatten.
Zur Begründung der Klage des Kantons Baselland und der staatsrechtlichen
Beschwerden wird geltend gemacht, dass die streitige Ausgleichsabgabe nichts
anderes sei als eine gegen Art. 46 II BV verstossende Einkommenssteuer auf dem
Arbeitserwerb der in einem anderen Kanton wohnhaften, aber im Kanton
Basel-Stadt angestellten Arbeitnehmer.
D. - Der Kanton Basel-Stadt hat die Abweisung der Klage von Baselland und der
verschiedenen staatsrechtlichen Beschwerden dort wohnhafter Arbeitnehmer
beantragt.
Das Bundesgeicht zieht in Erwägung:
1. - Die Abgabe, wie sie § 2 des angefochtenen baselstädtischen Gesetzes vom
11. September 1936 gegenüber den der baselstädtischen Steuerhoheit
unterworfenen, d.h. im Kanton Basel-Stadt wohnhaften unselbständig erwerbenden
Personen vorsieht, ist zweifellos eine Steuer. Und zwar mit Rücksicht auf das
Abgabeobjekt (Einkommen, genauer Arbeitseinkommen dieser Personen) nicht nur
nach der heute allgemein anerkannten Abgrenzung des Begriffs, sondern auch in
dem durch Art. 46 II BV vorausgesetzten Sinne. Eine Gebühr kann sie nicht
sein, weil sie weder mit einer durch den Abgabepflichtigen veranlassten
amtlichen Verrichtung noch mit der durch ihn erfolgenden Benützung einer
öffentlichen Anstalt zusammenhängt, wofür sie die Gegenleistung bilden würde

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und wonach sie in der Höhe abgestuft wäre. Und auch eine Vorzugslast (Beitrag)
kann nicht in Betracht kommen weil hiefür wiederum die Beziehung zu einem
bestimmten öffentlichen Unternehmen (Werke), das den Abgabepflichtigen in
besonderem Masse, mehr als den übrigen Bürgern Vorteile brächte, und die
Bemessung nach einem diesen Vorteilen angepassten Masstabe fehlt (s. BGE 47 I
296
ff. Beleuchtungsabgabe der Gemeinde Bulle; nicht veröffentlichtes Urteil
vom 27. April 1923 i. S. Schweiz. Bundesbahnen gegen Basel-Stadt,
baselstädtische Strassenreinigungs- und Beleuchtungsabgabe). Die Schaffung
neuer Arbeitsgelegenheiten durch Ausführung zusätzlicher staatlicher Bauten
und Unterstützung der Bauvorhaben anderer Körperschaften vermag ein solches
Unternehmen nicht darzustellen, da ein Anspruch auf Beschäftigung bei diesen
Arbeiten oder auch nur eine einigermassen sichere Aussicht hierauf im Falle
des Arbeitsloswerdens für den Abgabepflichtigen mit der Entrichtung der Abgabe
nicht verbunden ist. Im übrigen aber sind die sämtlichen Merkmale einer Steuer
gegeben, nämlich einer Geldleistung, die dem Pflichtigen «voraussetzungslos» -
nicht als Äquivalent für eine bestimmte staatliche Gegenleistung, sondern
lediglich im Anschluss an einen bestimmten in seiner Person erfüllten
wirtschaftlichen Tatbestand - zur Deckung des staatlichen Finanzbedarfes
auferlegt wird. Der Kanton Basel-Stadt hat nicht, wie die Antwort behauptet,
die Löhne der auf seinem Gebiet beschäftigten Arbeitnehmer um einen bestimmten
Prozentsatz gesenkt; da die Bestimmung des Ansatzes dieser Löhne, auf alle
Fälle in der Richtung einer höheren Festsetzung, nach dem Grundsatz der
Vertragsfreiheit der freien Vereinbarung zwischen Arbeitgebern und
Arbeitnehmern anheimgegeben ist, wäre er dazu auch gar nicht in der Lage
gewesen. Ebensowenig hat er, wie an einer Stelle der Antwort angetönt wird,
lediglich einem von privater Seite, der Arbeitgeberschaft und
Arbeitnehmerschaft, geplanten Unternehmen seine Machtmittel zur Verfügung
gestellt, was

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rechtlich nur so denkbar wäre, dass er ein dazu ins Leben gerufenes besonderes
Gebilde mit gewissen Zwangsbefugnissen ausgestattet hätte. Vielmehr erhebt er
v o m Lohn, wie er dem Arbeitnehmer auf Grund des Arbeitsvertrages zukommt,
eine Zwangsabgabe in Höhe eines festen Bruchteils dieses Lohnes. Und diese
Abgabe fliesst in seine, die staatliche Kasse mit der Bestimmung, daraus die
Aufwendungen zu bestreiten, die ihm aus einer als in den staatlichen
Aufgabenkreis fallend erachteten Massnahme erwachsen: der Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit durch Beschaffung neuer Arbeitsgelegenheiten unter Einsatz
staatlicher Geldmittel. Eine solche Abgabe ist aber, sobald sie nicht
grundsätzlich und dem Masse nach in Beziehung zu einer bestimmten
Gegenleistung des Staates zu Gunsten des Abgabepflichtigen gebracht werden
kann, nichts anderes als eine Steuer. Dass der erste Anstoss zum angefochtenen
Gesetze nicht von den staatlichen Organen, sondern von privaten Kreisen,
Arbeitgebern und Arbeitnehmern, ausgegangen ist, in welchem Sinne allein man
von einer «Aktion» dieser Kreise sprechen kann, ändert daran ebensowenig etwas
wie die Verwendung nicht für die staatlichen Geldbedürfnisse schlechthin,
sondern nur für die Ausgaben aus der Erfüllung einer einzelnen Aufgabe. Auch
Abgaben, deren Verwendung dergestalt gebunden ist, fallen unter die Steuern
(sog. Zwecksteuern), wenn darauf im übrigen die oben festgestellten Merkmale
zutreffen. Wenn dabei die den Abgabepflichtigen durch die Abgabe entzogenen
Einkommensteile mittelbar wiederum anderen Personen -den bei den Bauten, die
aus dem Abgabeertrag erstellt werden, verwendeten Arbeitern-in Gestalt von
Lohnbezügen (Arbeitseinkommen) zugutekommen, so ist dies ebenfalls nichts
besonderes: dasselbe kann auch bei den lediglich zur Deckung des allgemeinen
Finanzbedarfs des Staates ohne nähere Zweckbegrenzung erhobenen Steuern, wie
den ordentlichen Einkommens- und Vermögenssteuern. eintreten und ist
tatsächlich in weitem Umfange

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der Fall. Keine Rolle spielt es ferner, dass das Gesetz erst erlassen wurde,
nachdem durch eine Vereinbarung zwischen den betreffenden Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerverbänden das Fortbestehen der bisherigen Gesamtarbeitsverträge in
einer Anzahl von Gewerben des Kantons für die Geltungsdauer des Gesetzes
gesichert war. Das Wesen der Abgabe als Steuer vermöchte dadurch höchstens
berührt zu werden, wenn sie sich infolgedessen als Äquivalent für die hieraus
den Abgabepflichtigen entstehenden Vorteile ansehen liesse und damit als eine
Art Beitrag an die staatlichen Baumassnahmen, deren Inaussichtstehen den
fraglichen Vorteil (die Verlängerung der Tarifverträge) ermöglicht habe. Davon
kann indessen, abgesehen von dem sehr entfernten Zusammenhang zwischen dem
angerufenen Vorteil und einer staatlichen Leistung, der alsdann für den
Beitragscharakter als genügend erachtet werden müsste, schon deshalb nicht die
Rede sein, weil der Kreis der Abgabepflichtigen sich keineswegs mit den jenen
Gewerben angehörenden Arbeitnehmern deckt; gerade die sämtlichen heutigen
Beschwerdeführer zählen unbestrittenermassen nicht zu diesen. Zudem hat auch
sogar die erwähnte Vereinbarung das bisherige «Lohnniveau» keineswegs fest für
die Zeit des Bestehens des Gesetzes gewährleistet; sie schliesst eine
Abänderung der Löhne während dieses Zeitraumes nicht aus, sondern stellt dafür
nur bestimmte Voraussetzungen und ein besonderes Verfahren auf. Geradesogut
wie in einer Erhöhung der Lohnsätze hätte sich aber die betreffende Klausel
ohne die inzwischen erfolgte Abwertung des Frankens auch in einer Herabsetzung
auswirken können, wenn sich die an das Gesetz geknüpften Hoffnungen auf einen
wirtschaftlichen Aufschwung im Kanton nicht verwirklicht hätten. Die
Richtlinien für das kaufmännische Personal, deren Zustandekommen übrigens
keineswegs als Voraussetzung für das Inkrafttreten und die Geltung des
Gesetzes erklärt worden ist, haben nach der vom Kanton Basel-Stadt selbst
vorgelegten

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Veröffentlichung nicht die Bedeutung eines verbindlichen
Gesamtarbeitsvertrages, sondern einer blossen Empfehlung an die Arbeitgeber,
die solches Personal beschäftigen; zudem wären auch hiemit noch nicht alle
Personen umfasst. denen des Gesetzes die Abgabepflicht auferlegt.
2. - Würde § 2 des Gesetzes als abgabepflichtig in dem hier umschriebenen
Sinne allgemein die im Kanton Basel-Stadt, d.h. in dortigen Betrieben
angestellten Arbeitnehmer ohne Rücksicht auf deren Wohnsitz erklären, so
müsste deshalb hierin inbezug auf die Abgabepflichtigen mit Wohnsitz in einem
anderen Kanton ohne Frage ein Eingriff in die Steuerhoheit des Wohnsitzkantons
und infolgedessen gegenüber den betreffenden Arbeitnehmern selbst eine
verfassungswidrige Doppelbesteuerung gesehen werden. Das durch die
bundesgerichtliche Rechtsprechung von jeher anerkannte und vom Kanton
Basel-Stadt nicht in Zweifel gezogene ausschliessliche Besteuerungsrecht des
Wohnsitzkantons für das Einkommen seiner Einwohner aus unselbständigem
Arbeitserwerb umfasst dieses Einkommen schlechthin, unabhängig von der
Zweckbestimmung einer vom Kanton des Arbeitsortes beanspruchten Steuer, d.h.
von der gesetzlich vorgesehenen Verwendung des Steuerertrages, wie denn eine
Differenzierung der Steuerhoheit hienach im interkantonalen Verhältnis schon
deshalb praktisch nicht durchführbar wäre, weil vielfach die Kantone in ihrer
Steuergesetzgebung eine solche Zweckbindung der Steuereinnahmen überhaupt
nicht kennen. Das haben die Bundesbehörden von Anfang an festgehalten in einem
Falle, wo eine Abweichung bedeutend näher gelegen hätte als hier, nämlich bei
den Armensteuern. Auch die Befugnis zur Erhebung einer solchen vom beweglichen
Vermögen und Einkommen einer Person ist nur dem Wohnsitzkanton zugestanden
worden, unter Ausschluss des Heimatkantons, obwohl der Heimatkanton und nicht
der Wohnsitzkanton die Lasten der Armenunterstützung (wenigstens der
dauernden) trägt (BGE 26 I S. 7 ff. insbesondere 15 ff. unter c; 34 I S.
666/7;

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49 I S. 243 Erw. 3; 54 I S. 20 Abs. 2). Dann muss dies aber noch vielmehr in
einem Falle wie dem vorliegenden gelten, wo ein solcher Lastenausgleich, der
der Erhebung der Abgabe auch vom auswärts wohnenden Arbeitnehmer zu Grunde
liegen würde, zugegebenermassen überhaupt nicht in Betracht kommt. Denn die
Lasten der Arbeitslosenfürsorge, um die es sich dabei allein handeln könnte,
treffen auch gegenüber dem zuletzt in einem bestimmten Kanton angestellt
gewesenen Arbeitnehmer nach dem heutigen Stande der Gesetzgebung nicht diesen
Kanton, sondern den Wohnsitzkanton.
3. - Gleich verhielte es sich, wenn zwar das Gesetz die Abgabe von 1% des
Lohns des Arbeitnehmers, falls dieser in einem andern Kanton wohnhaft ist,
nicht ihm sondern dem Arbeitgeber auferlegte, den letzteren aber ermächtigen
würde, den entsprechenden Betrag bei der Lohnauszahlung von der Lohnsumme
abzuziehen. Denn auch dann wäre das Abgabeobjekt, der Tatbestand, der durch
die Besteuerung in Wahrheit getroffen werden soll, nicht die Tatsache der
Auszahlung gewisser Lohnsummen durch ein geschäftliches Unternehmen, sondern
das daraus dem Lohnbezüger zufliessende Einkommen und der Lohnbezüger, der die
Steuer auch rechtlich endgültig zu tragen hat, das wirkliche Steuersubjekt,
während der Arbeitgeber sie lediglich als sein Vertreter in der
Steuerentrichtung für ihn auslegt. Andererseits träfen infolgedessen auch die
Überlegungen, welche nach Erw. 1 oben dazu führen, die Abgabe selbst als
Steuer und nicht als eine Leistung anderer Art zu betrachten, in gleicher
Weise zu. In jenem Sinne hat denn auch das Bundesgericht bereits in einer
Reihe von Entscheidungen gegenüber der Gesetzgebung einzelner Kantone erkannt,
welche den Grundeigentümer die Vermögens- (Grund-) steuer von vollen Werte des
Grundstückes entrichten liessen mit der Befugnis, einen der hypothekarisch
belasteten Wertquote entsprechenden Teil des Steuerbetrages mit den
Hypothekenzinsen zu verrechnen; es wurde darin eine verschleierte

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Besteuerung der Hypothekanforderung am Orte des Unterpfandes - und folglich
ein Übergriff in die ausschliessliche Steuerhoheit des Wohnsitzkantons des
Forderungsträgers für alle Forderungen, mit Einschluss der
grundpfandversicherten, erblickt (BGE 41 I 187 ff. mit Zitaten; 43 I 195 ff.
Erw. 2). Nicht anders wäre auch eine Regelung wie die oben angedeutete zu
beurteilen - die Erhebung einer Abgabe vom Arbeitgeber auf den an auswärts
wohnhafte Arbeitnehmer ausbezahlten Löhnen mit der gesetzlichen Befugnis zu
einem entsprechenden Lohnabzuge.
4. - Die Rechtslage ändert sich aber, was die interkantonale Ausscheidung der
Steuerhoheiten anbetrifft, auch dadurch nicht, dass das angefochtene Gesetz in
§ 3 davon absieht, dem Arbeitgeber einen solchen Abzug einzuräumen, d.h. die
Unterziehung darunter dem Arbeitnehmer durch einen entsprechenden Rechtssatz
als öffentlichrechtliche Pflicht aufzulegen. Gleichwohl bleibt Abgabeobjekt,
Tatbestand, der durch die Abgabe belastet werden soll, das aus der
Lohnauszahlung dem Arbeitnehmer (Lohnbezüger) erwachsende Einkommen. Die
Behauptung des Kantons Basel-Stadt, wonach in Wahrheit eine Besteuerung des
Arbeitgebers für den Gewinn vorliegen würde, den e r dadurch mache, dass
infolge des von den ansässigen Arbeitnehmern zu tragenden Arbeitsrappens auch
die auswärtigen Arbeitskräfte um den gleichen Prozentsatz billiger würden, ist
nicht haltbar. Sie gerät einmal schon in Widerspruch zu § 1 des Gesetzes: der
Bezeichnung des «Arbeitsrappens» als Opfer der in Arbeit stehenden Bevölkerung
zu Gunsten der Arbeitslosen, wobei unter «Arbeitsrappen» nach dem Zusammenhang
und der Überschrift des anschliessenden Abschnittes II §§ 2-5 augenscheinlich
alle in den letzteren Vorschriften vorgesehenen Abgaben verstanden sind. Es
widerspricht dieser Deutung aber auch der § 3 selbst, wonach die Abgabe
geschuldet ist vom «Einkommen» das ausserhalb des Kantons wohnhafte
Arbeitnehmer aus unselbständiger Arbeit hier erzielen also auf den ihnen
zukommenden

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Löhnen schlechthin, ohne Rücksicht darauf, ob sie unter dem Betrage stehen,
den ein im Kanton wohnhafter Arbeitnehmer zuzüglich des Arbeitsrappens
erhalten würde, d.h. ob der Arbeitgeber ohne die Ausgleichsabgabe des § 3 die
in Frage stehende Ersparnis wirklich machen würde. Endlich ist damit auch § 12
II des Gesetzes unvereinbar: das Rückforderungsrecht des Arbeitgebers
«zuhanden des Arbeitnehmers» wenn dessen Einkommen im Laufe eines
Kalenderjahres einen gewissen Mindestbetrag nicht erreicht hat. Denn eine
solche Rückerstattung verträgt sich nur mit einer Abgabe, die gewollt das
Lohneinkommen des Arbeitnehmers belasten soll, keinesfalls mit einer
Gewinnbesteuerung des Unternehmers in dem behaupteten Sinne. Zugleich wird
dadurch auch die weiter versuchte Konstruktion einer Besteuerung des
Arbeitgebers auf den von ihm ausgelegten Lohnsummen als einem Faktor seines
Betriebes von vorneherein ausgeschlossen. Es kann dies übrigens noch aus
anderen Gründen nicht die Meinung des Gesetzes sein. Hätte man etwas
derartiges beabsichtigt, so wäre die Abgabe auch im Falle des § 2 dem
Arbeitgeber auferlegt worden. Bloss die Betriebe, die auswärtige Arbeitskräfte
beschäftigen, einer solchen (Lohnsummen-) Steuer zu unterwerfen, liesse sich
durch keine sachlichen Gründe rechtfertigen und würde deshalb gegen Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV
(die Rechtsgleichheit) verstossen. Da dabei die Beziehung des Betriebes noch
zu einem anderen Kanton, wegen des ausserkantonalen Wohnsitzes des
Lohngläubigers, zum Ausgangspunkt einer stärkeren Besteuerung gemacht würde,
als sie die Betriebe ohne solche Beziehung trifft, so wäre dadurch ausserdem
Art. 46 II BV verletzt (s. für einen anderen solchen Fall - Besteuerung des
Grundeigentümers auch für den hypothezierten Teil des Grundstückswerts, wenn
der Grundpfandgläubiger in einem anderen Kanton wohnt und deshalb im Kanton
des Unterpfandes nicht erfasst werden kann - BGE 49 I 528 ff.). Der danach
allein denkbare Wille des Gesetzes - aus dem Gesichtspunkte einer

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Leistung der im Kanton arbeitenden Personen für dessen Arbeitslose die
Belastung auf alle diese Personen schlechthin auszudehnen - wird denn auch im
regierungsrätlichen Ratschlag zur Gesetzesvorlage, bei Erörterung von § 3
unumwunden zugestanden. Wenn bei der Abgabe des § 3 nicht, wie bei derjenigen
des § 2, der Arbeitnehmer als Abgabepflichtiger bezeichnet worden ist, so
erklärt sich dies also nicht aus einer Verschiedenheit des Abgabeobjektes,
sondern lediglich daraus, dass eine solche Vorschrift ohne offene Verletzung
von Art. 46 II BV nicht hätte aufgestellt werden können. Es sollte damit das
Hindernis umgangen werden, das sich aus dieser Verfassungsnorm für die dem
Wesen der Sache allein entsprechende Besteuerung des Arbeitnehmers selbst
ergab.
Bei diesem Sinn und Zweck der Abgabe ist es aber notwendig gegeben, dass der
Arbeitgeber sie nicht an sich tragen, sondern durch Abzug vom Lohne dem
Arbeitnehmer überbürden wird, auch wenn ihn das Gesetz nicht ausdrücklich
hiezu ermächtigt. Die Überwälzung, die sich dergestalt vollzieht, ist nicht
nur eine zufällige Begleiterscheinung der wirtschaftlichen Verhältnisse, einer
überragenden wirtschaftlichen Machtstellung des Arbeitgebers, die es ihm
gestattet, sich von einer ihm zugedachten Belastung durch Bezahlung eines
geringeren Preises für Leistungen Dritter zu entlasten, deren er in seinem
Betriebe bedarf. Sie stellt sich vielmehr als eine notwendige Folge des Wesens
der Abgabe selbst dar, die nach der Beschaffenheit des Abgabeobjekts nicht ihn
treffen soll, sondern nur deshalb bei ihm erhoben wird, weil das Subjekt, dem
sie zugedacht ist, wegen mangelnder steuerrechtlicher Zugehörigkeit zum
Gemeinwesen unmittelbar nicht erfasst werden kann. Der Ratschlag zur
Gesetzesvorlage betrachtet denn auch dieses Vorgehen des Unternehmers als
derart selbstverständlich, dass er gerade damit die Vorschrift rechtfertigt,
weil die - zu vermeidende - Gefahr einer fiskalischen Mehrbelastung der
Betriebsinhaber (des Gewerbes) selbst infolgedessen nicht bestehe. Wenn das

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Gesetz den fraglichen Lohnabzug dem Arbeitnehmer nicht geradezu auferlegt, so
geht es übrigens doch selbst in zwei Bestimmungen davon aus, dass er erfolgen
werde, und billigt ihn damit. Einmal in dem schon erwähnten § 12 II durch das
Rückforderungsrecht des Arbeitgebers «zu Handen des Arbeitnehmers» für die vom
Lohn abgezogenen Abgabebeträge, wenn das Jahreseinkommen des Arbeitnehmers
unter einer gewissen Mindestsumme bleibt. Sodann in § 10, wo die Vorschrift
des § 8, nämlich die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Führung von
Lohnlisten, aus denen sich für jeden Arbeitnehmer die Höbe des Lohns und des
als Arbeitsrappen abgezogenen Betrages ergibt, als auch für die Zahlung der
Ausgleichsabgabe des § 3 geltend erklärt wird.
Die Wirkung der streitigen Besteuerung des Arbeitgebers sowohl für die
verbleibende Steuerkraft der betreffenden Einwohner eines andern Kantons als
für die Einzelwirtschaft der letztern ist demnach durchaus die nämliche, wie
bei der Erhebung der Steuer vom Arbeitnehmer selbst im Arbeitskanton, mit der
sich die Rechtsprechung bisher allein zu befassen hatte. Es ist deshalb
zwischen den beiden Arten der Belastung auch, was die Frage des Eingriffs in
die Steuerhoheit des Wohnsitzkantons und der Doppelbesteuerung betrifft, kein
Unterschied zu machen. Der Kanton Basel-Stadt, der jene Wirkungen dadurch
herbeiführt, dass er den Arbeitgeber für ein Objekt besteuert, zu dem nicht
dieser, sondern nur der Arbeitnehmer in einer für die Belastung mit einer
Steuer erheblichen Beziehung steht, kann sich demgegenüber nicht darauf
berufen, dass rechtlich die Abgabepflicht nur auf dem Arbeitgeber ruhe.
Unerheblich ist ferner, dass vielleicht in einzelnen Fällen der Arbeitgeber
doch die Abgabeleistung auf sich nehmen mag, ohne sich durch einen Lohnabzug
zu entlasten. Nach der unbestritten gebliebenen Angabe der Beschwerdeführer
geschieht dies nur in Betrieben, in denen auch von einem Abzug des
Arbeitsrappens der im Kanton ansässigen

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Arbeitnehmer vom Lohne trotz der ausdrücklichen dahingehenden Vorschrift des
Gesetzes, abgesehen wird. Und auch für die Zukunft ist nach dem Gedanken, der
gemäss § 1 des Gesetzes sowohl der Abgabe des § 2 als derjenigen des § 3 zu
Grunde liegt, nichts anderes zu erwarten. So gut es sich im letzteren Falle
(Arbeitsrappen der ansässigen Arbeitnehmer) um eine ausserhalb der
gesetzlichen Ordnung der Abgabe selbst liegende Erscheinung handelt, die deren
Wesen nicht zu berühren vermag, so trifft dies aber alsdann auch im Verhältnis
zur Ausgleichsabgabe des § 3 zu. Auch kann nichts darauf ankommen, ob eine
stärkere Nachfrage auf dem Arbeitsmarkte allenfalls künftig den Arbeitnehmern
gestatten könnte, allgemein die Übernahme beider Abgaben durch die Arbeitgeber
zu erlangen und so entgegen der Absicht des Gesetzgebers die Belastung des
Arbeitseinkommens wirtschaftlich in eine solche der gewerblichen Betriebe
umzuwandeln. Massgebend kann allein sein, wie sich nach den heute gegebenen,
dem Erlass des Gesetzes zu Grunde liegenden Verhältnissen und nach dem Willen
des letzteren selbst die Besteuerung auswirkt und auswirken soll.
Sollten auch im Falle der Beseitigung der Abgabe des § 3 die baselstädtischen
Arbeitgeber gleichwohl zu einer entsprechenden Verkürzung des Lohnes ihrer
auswärtigen Arbeitnehmer schreiten, so wäre dies nicht mehr die Folge einer
vom Kanton Basel-Stadt eingeführten, nur mit Rücksicht auf bundesrechtliche
Hindernisse formell dem Arbeitgeber auferlegten, in Wirklichkeit aber dem
Arbeitnehmer zugedachten fiskalischen Belastung. Vielmehr hätte man es mit
einer davon unabhängigen privaten Entschliessung der betreffenden Unternehmer
inbezug auf die Regelung der Lohnverhältnisse ihres Personals zu tun, worüber
sich auch die dadurch beeinträchtigten Arbeitnehmer ausschliesslich mit ihren
Dienstherren auseinanderzusetzen hätten. Der Kanton Basel-Stadt kann daraus
nicht die Berechtigung ableiten, eine solche Verkürzung der Lohnzahlungen
durch eine Steuer auf denselben

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herbeizuführen, die unter den gegebenen Verhältnissen und gewolltermassen
diese Wirkung haben muss. Es ist übrigens auch keineswegs sicher, dass die
Arbeitgeber so vorgehen und nicht (gleich der baselstädtischen
Arbeitnehmerschaft) zu der richtigen Einsicht zu bringen sein werden, dass die
Auszahlung eines um 1% höheren Lohnbetrages an die in einem anderen Kanton
wohnhaften Arbeitnehmer noch keineswegs eine ungerechtfertigte Begünstigung
der letzteren gegenüber den ansässigen Arbeitskräften bedeutet. Es wird bei
dieser Argumentation übersehen, dass die auswärtigen Arbeitnehmer zu den
öffentlichen Lasten bereits in ihrem Wohnsitzkanton beizutragen haben und zwar
unter Umständen in erheblich stärkerem Masse als die entsprechenden
Einkommenskategorien in Basel-Stadt; so verhält es sich gerade für die in
Baselland wohnenden wegen der bedeutend höheren Steuersätze der dortigen
Gesetzgebung für die unteren und mittleren Einkommen. Baselland stellt aber
den weitaus grössten Teil der in Basel-Stadt arbeitenden auswärts wohnhaften
Personen. Dazu kommt, dass der Erhebung des Arbeitsrappens von den ansässigen
Arbeitskräften auch eine entsprechende Fürsorgepflicht für sie im Falle des
Arbeitsloswerdens gegenübersteht, die gegenüber den auswärts wohnenden nicht
besteht und vorgesehen wird (auch nicht einmal in Form der eventuellen
Beschäftigung bei den aus dem Abgabeertrag finanzierten zusätzlichen
Arbeitsgelegenheiten). Wenn gleichwohl die auswärtigen Arbeitnehmer gewisser
Gewerbe sich durch die vom Kanton Basel-Stadt angerufenen
Gesamtarbeitsverträge (unter der Einwirkung ihrer baselstädtischen
Berufsgenossen) einer solchen Kürzung ihrer Lohnbezüge, auch für die
Eventualität des Fallens der Abgabe nach § 3 des Gesetzes zu unterziehen
erklärt haben, so kann das den übrigen, für die dies nicht zutrifft, nicht
entgegengehalten werden und ebensowenig dem Einspruche Basellands gegen die
Erhebung der streitigen Abgabe vom Arbeitseinkommen seiner Einwohner.

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5. - Die Klage Basellands ist deshalb dahin gutzuheissen, dass die Erhebung
der Abgabe der §§ 3, 10 des angefochtenen baselstädtischen Gesetzes vom 11.
September 1936 wegen Übergriffs in die Steuerhoheit des klagenden Kantons als
unzulässig erklärt wird, soweit das Einkommen aus unselbständigem Erwerb in
Baselland domizilierter Personen in Frage steht. Es müssen aber weitergehend
auch die staatsrechtlichen Beschwerden von Arbeitnehmern in dem Sinne
geschützt werden, dass die genannten Gesetzesbestimmungen überhaupt aufgehoben
werden, soweit sie sich auf das Einkommen von Personen beziehen, die in einem
andern Kanton als Basel-Stadt wohnhaft sind. Der Erhebung der Abgabe vom
Einkommen solcher Arbeitnehmer, die ihren Wohnsitz im Ausland haben, kann Art.
46 II BV nicht entgegengehalten werden, weil er sich nur auf die
interkantonale, dagegen - von der Besteuerung des Grundbesitzes und seines
Ertrages abgesehen - nicht auf die internationale Doppelbesteuerung bezieht.
Es war denn auch, wie aus der Beschwerdebegründung hervorgeht, trotz der
allgemeinen Fassung der Beschwerdebegehren offenbar nicht der Wille der
Beschwerdeführer, die streitigen Gesetzesvorschriften auch nach dieser
Richtung anzufechten. Die Zulassung der staatsrechtlichen Beschwerde nicht
erst gegen eine den Einzelnen persönlich betreffende gesetzes anwendende
Verfügung, sondern schon gegen den Erlass eines verfassungswidrigen Gesetzes
selbst (Art. 178 Ziff. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
OG) hat, wie nie in Zweifel gezogen worden ist, die
Bedeutung, dass der Beschwerdeführer mit einer solchen Beschwerde nicht bloss
die Nichtanwendung des angefochtenen Gesetzes auf ihn, sondern dessen
Aufhebung überhaupt verlangen kann. Zur Beschwerdelegitimation genügt es
dabei, dass der angeblich verfassungswidrige Erlass auch für den
Beschwerdeführer verbindliche Kraft beansprucht: der Nachweis eines aktuellen,
bereits verwirklichten Eingriffs in seine persönliche Rechtsstellung kann
nicht gefordert werden (BGE 48 I 265 Erw. 1, 501 ff. Erw. 1). Dem muss

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es aber im vorliegenden Falle gleichgestellt werden, dass jedenfalls für die
baselstädtischen Arbeitgeber in § 3, 10 des angefochtenen Gesetzes eine solche
allgemein verbindliche Norm (Steuerpflicht) aufgestellt wurde, die für die
Arbeitnehmer gewollt und notwendig die oben erörterten Rückwirkungen nach sich
zieht. Kann mit Rücksicht auf diese Auswirkung die Erfassung des
Arbeitseinkommens des Unselbständigerwerbenden ausserhalb seines
Wohnsitzkantons durch die Erhebung einer Steuer davon beim Arbeitgeber, vom
Standpunkt des Art. 46
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 46 Umsetzung des Bundesrechts - 1 Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
1    Die Kantone setzen das Bundesrecht nach Massgabe von Verfassung und Gesetz um.
2    Bund und Kantone können miteinander vereinbaren, dass die Kantone bei der Umsetzung von Bundesrecht bestimmte Ziele erreichen und zu diesem Zweck Programme ausführen, die der Bund finanziell unterstützt.10
3    Der Bund belässt den Kantonen möglichst grosse Gestaltungsfreiheit und trägt den kantonalen Besonderheiten Rechnung.11
BV, der Doppelbesteuerung und interkantonalen
Abgrenzung der Steuerhoheiten, materiell nicht anders beurteilt und behandelt
werden als die Besteuerung des Arbeitnehmers selbst, so lässt sich auch den
heutigen Beschwerdeführern die Legitimation zur Beschwerde nicht deshalb
absprechen, weil das beanstandete Gesetz ein rechtliches Gebot unmittelbar nur
gegenüber dem Arbeitgeber aufstelle.
6. - Der weitere Beschwerdeantrag auf Rückerstattung der bereits vom Einkommen
der Beschwerdeführer bezogenen «Ausgleichsabgaben» im Sinne von § 3 des
angefochtenen Gesetzes ist dadurch gegenstandslos geworden, dass Basel-Stadt
sich verpflichtet hat, diese Rückerstattung für alle von den Arbeitgebern der
Beschwerdeführer auf deren Einkommen entrichteten Steuerbeträgevorzunehmen.
Mehr als die Rückerstattung an ihre Arbeitgeber haben aber die
Beschwerdeführer vom Kanton Basel-Stadt nicht verlangt. Diese Arbeitgeber
ihrerseits zur Aushändigung der zurückerhaltenen Beträge an die
Beschwerdeführer zu verpflichten, ist das Bundesgericht in diesem Verfahren
nicht befugt. Sollte die Aushändigung nicht erfolgen, so muss es den
Beschwerdeführern überlassen bleiben, sie durch die geeigneten rechtlichen
Schritte gegenüber ihren Arbeitgebern zu erwirken. Ebensowenig sind die
Beschwerdeführer legitimiert, die Rückerstattung auch inbezug auf die Abgabe
vom Lohn anderer Arbeitnehmer zu verlangen, die sich der Beschwerdeführung
nicht angeschlossen haben; es war und ist Sache dieser Personen

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selbst, ihre Interessen zu wahren, soweit dies heute noch möglich sein sollte.
Der Kanton Baselland hat ein solches Begehren inbezug auf die vom Einkommen
dortiger Einwohner bereits bezogenen Ausgleichsabgaben nicht gestellt. Er wäre
dazu auch nicht befugt gewesen (BGE 21 S. 5 Erw. 2; 49 I S. 135 Abs. 2 und die
einlässliche Begründung in dem nicht veröffentlichten Urteil vom 19. Februar
1921 in Sachen Zürich gegen St. Moritz).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
I. - Die Klage des Kantons Baselland wird gutgeheissen und festgestellt, dass
die Erhebung der Abgabe der §§ 3, 10 des angefochtenen baselstädtischen
Gesetzes vom 11. September 1936 unzulässig ist, soweit das Einkommen aus
unselbständigem Erwerb in Baselland domizilierter Personen in Frage steht.
II. - 1) In Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerden Rosenmund und
Genossen, Spycher und Genossen und Dr. Jenny werden die genannten
Gesetzesbestimmungen aufgehoben, soweit sie sich auf das Einkommen von
Personen beziehen, die in einem andern Kanton als Basel-Stadt wohnen.
2) Es wird davon Vormerk genommen, dass der Regierungsrat von Basel-Stadt in
der Vernehmlassung auf das Sistierungsgesuch der Rekurrenten Rosenmund und
Genossen und Spycher und Genossen die Erklärung abgegeben hat, den
Rekurrenten, bezw. ihren Arbeitgebern würden alle auf Grund von § 3 des
angefochtenen Gesetzes vom 11. September 1936 erhobenen Abgabebeträge seit
Beginn der Abgabeerhebung zurückerstattet, wenn das Bundesgericht im
materiellen Entscheid feststelle, dass die Erhebung der Abgabe eine
bundesrecbtswidrige Besteuerung der Rekurrenten enthalte. Das mit den
Beschwerden Rosenmund und Genossen und Spycher und Genossen gestellte
Rückerstattungsbegehren ist damit in diesem Umfange gegenstandslos geworden;
soweit es darüber hinausgeht, wird es abgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 63 I 147
Date : 01. Januar 1936
Published : 24. September 1937
Source : Bundesgericht
Status : 63 I 147
Subject area : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Subject : Der «Arbeitsrappen», den das baselstädtische Gesetz vom 11. September 1930 über dringliche...


Legislation register
BV: 4  46
OG: 175  176  178
BGE-register
26-I-7 • 41-I-183 • 43-I-189 • 47-I-296 • 48-I-262 • 49-I-524 • 63-I-147
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