S. 26 / Nr. 8 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 62 III 26

8. Entscheid vom 6. März 1936 i. S. Spycher.


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Regeste:
Ist der Liquidationsanteil des Schuldners an einer Erbschaft gepfändet worden
und wird von den Miterben geltend gemacht, die Erbschaft sei geteilt und kein
Aktivwert auf den Schuldner entfallen, so ist nicht das Widerspruchsverfahren
einzuleiten, sondern der gepfändete Erbanteil durch Versteigerung oder
Anweisung an den betreibenden Gläubiger nach Art. 131 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 131 - 1 Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
1    Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
2    Sind alle pfändenden Gläubiger einverstanden, so können sie oder einzelne von ihnen, ohne Nachteil für ihre Rechte gegenüber dem betriebenen Schuldner, gepfändete Ansprüche im eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung und Gefahr geltend machen. Sie bedürfen dazu der Ermächtigung des Betreibungsamtes. Das Ergebnis dient zur Deckung der Auslagen und der Forderungen derjenigen Gläubiger, welche in dieser Weise vorgegangen sind. Ein Überschuss ist an das Betreibungsamt abzuliefern.261
SchKG zu
verwerten.
Diejenigen Vorschriften der Verordnung vom 17. Januar 1923 über die Pfändung
und Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen, welche die Mitwirkung
von Drittpersonen als Mitanteilhabern vorsehen, sind nicht anwendbar gegenüber
Personen, die den Bestand der Gemeinschaft bestreiten.
Lorsque la part de liquidation héréditaire du débiteur a été saisie et que les
cohéritiers prétendent que la succession est déjà partagée sans que le
débiteur ait obtenu, une part d'actif, ce n'est pas la procédure de
revendication qui doit être introduite; la part saisie sera réalisée aux
enchères ou par attribution au créancier saisissant selon art. 131 al. 2 LP.
Les dispositions de l'ordonnance du 17 janvier 1923 sur la saisie et la
réalisation de parts des communautés qui prévoient la coopération des membres
de la communauté, ne sont pas applicables aux personnes qui contestent
l'existence de la communauté.
Allorché la quota spettante ad un debitore nella liquidazione d'una eredità è
stata pignorata ed i coeredi pretendono che la successione venne già divisa
senza che il debitore abbia ricevuto una parte dell'attivo, non si deve
iniziare la procedura di rivendicazione ma vendere all'incanto la quota
ereditaria pignorata o attribuirla giusta il prescritto dell'art. 131 cp. 2
LEF, al creditore precedente.
Le prescrizioni del regolamento 17 gennaio 1923 concernente il pignoramento e
la realizzazione di diritti in comunione relative alla collaborazione di terzi
comunisti non sono applicabili a coloro che negano l'esistenza della
comunione.

Auf das von der Rekurrentin gestellte Begehren um Verwertung des als
bestritten gepfändeten Erbanteils ihres Schuldners Fritz Jean Schmutz hat die
kantonale Aufsichtsbehörde zunächst Einigungsverhandlungen im Sinne der Art. 9
ff. der Verordnung über die Pfändung und

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Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen vom 17. Januar 1923, dann
aber auf Beschwerde der Miterbin des Schuldners die Durchführung eines
Widerspruchsverfahrens angeordnet. Diese Miterbin bestreitet jegliche Rechte
des Schuldners am Nachlass mit Berufung auf einen schon der Pfändung
entgegengehaltenen, trotz dem Arrestbeschlag ohne Mitwirkung der in Art. 609
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 609 - 1 Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken.
1    Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken.
2    Dem kantonalen Recht bleibt es vorbehalten, noch für weitere Fälle eine amtliche Mitwirkung bei der Teilung vorzusehen.

ZGB vorgesehenen Behörde abgeschlossenen Erbteilungsvertrag, wonach dem
Schuldner auf Rechnung seines Erbteiles lediglich Ansprüche der Erbschaft
gegen ihn selbst zugewiesen wurden.
Gegen diesen Entscheid vom 13. Februar 1936 richtet sich der vorliegende
Rekurs der Gläubigerin mit dem Antrag, die Beschwerde der Miterbin abzuweisen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1. - Gegenstand der Pfändung und der Verwertung bildet hier nicht eine Anzahl
bestimmter Erbschaftssachen, sondern der Liquidationsanteil des Schuldners an
der (nach der Auffassung der Rekurrentin noch nicht gültig geteilten)
Hinterlassenschaft seines Vaters, also seine Erbquote. Es ist nicht die Rede
davon, dass dieser Anteil von der Rekursgegnerin zu Eigentum erworben oder
dass ihr daran ein Pfandrecht bestellt worden sei. Somit besteht keine
Veranlassung zur Durchführung eines Widerspruchsverfahrens. Der Streit über
das Fortbestehen der Erbengemeinschaft und über das Vorhandensein des
gepfändeten Liquidationsanteils schliesst das von der Rekurrentin anbegehrte
Verwertungsverfahren nicht aus, wie schon im früheren, die Pfändung
betreffenden Rekursentscheid dargetan worden ist (BGE 1935 III 160 ff.).
2. - Nach der zuerst getroffenen Verfügung der kantonalen Aufsichtsbehörde
hätten der Verwertung Einigungsverhandlungen mit der Rekursgegnerin
vorauszugehen. Die Bestimmungen der Anteilsverwertungsverordnung vom 17.
Januar 1923, die dieses Verfahren vorsehen,

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setzen jedoch das unbestrittene Bestehen einer (Erben-) Gemeinschaft voraus.
Drittpersonen, welche die Zugehörigkeit zu einer solchen Gemeinschaft
bestreiten, sind ihnen nicht unterworfen. Das Bundesgericht hat denn auch
diejenigen Vorschriften der Verordnung, welche die Mitanteilhaber gewissen
Kontrollbefugnissen der Vollstreckungsbehörden unterstellen, bei bestrittenem
Bestande des Gemeinschaftsverhältnisses unanwendbar erklärt (BGE 1935 III 95
ff.). Ebenso verhält es sich nun auch mit weiteren Vorschriften, welche die
Mitwirkung von Drittpersonen in ihrer Eigenschaft als Mitanteilhaber in
irgendeiner Weise vorsehen, so z. B. durch Führung von Einigungsverhandlungen
(die bei wirklichem Bestande der Gemeinschaft wesentlich auch in deren eigenem
Interesse liegen, ihnen aber, wenn sie die Gemeinschaft nicht anerkennen,
nicht aufgezwungen werden dürfen). Der gepfändete Erbteil wird also durch
Versteigerung oder (zweckmässiger) durch Anweisung an die Rekurrentin gemäss
Art. 131 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 131 - 1 Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
1    Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
2    Sind alle pfändenden Gläubiger einverstanden, so können sie oder einzelne von ihnen, ohne Nachteil für ihre Rechte gegenüber dem betriebenen Schuldner, gepfändete Ansprüche im eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung und Gefahr geltend machen. Sie bedürfen dazu der Ermächtigung des Betreibungsamtes. Das Ergebnis dient zur Deckung der Auslagen und der Forderungen derjenigen Gläubiger, welche in dieser Weise vorgegangen sind. Ein Überschuss ist an das Betreibungsamt abzuliefern.261
SchKG zu verwerten sein, worauf es ihr anheimstehen wird, die
zur Geltendmachung ihres Standpunktes, es habe eine gültige Teilung noch nicht
stattgefunden, geeigneten rechtlichen Schritte einzuleiten (vgl. BGE 1935 III
99).
Demnach erkennt die Schuldbetr. u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird gutgeheissen, die Anordnung des Widerspruchsverfahrens
aufgehoben und das Betreibungsamt angewiesen, im Sinne der Erwägungen
vorzugehen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 62 III 26
Datum : 01. Januar 1936
Publiziert : 06. März 1936
Quelle : Bundesgericht
Status : 62 III 26
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Ist der Liquidationsanteil des Schuldners an einer Erbschaft gepfändet worden und wird von den...


Gesetzesregister
SchKG: 131
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 131 - 1 Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
1    Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
2    Sind alle pfändenden Gläubiger einverstanden, so können sie oder einzelne von ihnen, ohne Nachteil für ihre Rechte gegenüber dem betriebenen Schuldner, gepfändete Ansprüche im eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung und Gefahr geltend machen. Sie bedürfen dazu der Ermächtigung des Betreibungsamtes. Das Ergebnis dient zur Deckung der Auslagen und der Forderungen derjenigen Gläubiger, welche in dieser Weise vorgegangen sind. Ein Überschuss ist an das Betreibungsamt abzuliefern.261
ZGB: 609
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 609 - 1 Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken.
1    Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken.
2    Dem kantonalen Recht bleibt es vorbehalten, noch für weitere Fälle eine amtliche Mitwirkung bei der Teilung vorzusehen.
BGE Register
62-III-26
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
schuldner • liquidationsanteil • versteigerung • anteil an gemeinschaftsvermögen • erbe • weisung • erbschaft • zahl • einsprache • entscheid • erbschaftsteilung • kantonales rechtsmittel • richtlinie • angewiesener • betreibungsamt • eigenschaft • bundesgericht • eigentum • erbengemeinschaft • vater • schuldbetreibungs- und konkursrecht
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