S. 119 / Nr. 36 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 62 III 119

36. Entscheid vom 3. August 1936 i. S. Herrigel.

Regeste:
Hat der Gläubiger nur einen Vollstreckungstitel auf Sicherstellung, so kann er
damit nicht eine durch Rechtsvorschlag eingestellte gewöhnliche Betreibung
bloss auf Sicherheitsleistung fortsetzen, und zwar ist eine solche Fortsetzung
nichtig.
Si le créancier ne possède qu'un titre lui permettant d'exiger des sûretés, il
ne peut, sur cette base, continuer une poursuite ordinaire à laquelle le
débiteur a fait opposition, même s'il se borne désormais à poursuivre la
prestation desdites sûretés. Est donc nulle toute mesure de l'office donnant
suite à la réquisition de continuer.
Se il creditore possiede solo un titolo esecutorio che gli permette d'esigere
delle garanzie, egli non può invocare questo titolo per domandare la
continuazione di un'esecuzione ordinaria a cui il debitore fece opposizione,
quand'anche si limitasse a chiedere la continuazione solo per la prestazione
delle garanzie. E' nullo qualsiasi atto dell'ufficio che dà seguito ad una
siffatta domanda.


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Als der Rekurrent in der Betreibung des Rekursgegners für 2988 Fr. 35 Cts.
Rechtsvorschlag erhob, betrat letzterer den ordentlichen Prozessweg, wobei es
in der Sühneverhandlung zu folgenden gegenseitigen Erklärungen der Parteien
kam: «In obiger Sache reduziert der Kläger die Klage für fälligen Anspruch auf
2420 Fr. 85 Cts. nebst 4% Zins seit 5. Juli 1934, in welcher Höhe der Beklagte
grundsätzlich die Forderung anerkennt, jedoch laut Vertrag die Fälligkeit
bestreitet. Der Kläger gibt zu, seinerzeit dem Beklagten jeweils bei Erhalt
von Teilzahlungen erklärt zu haben, dass es ihm gleichgültig sei, aus welchem
Baukredit er Teilzahlungen erhalte. Der Kläger stellt vorläufig das Geschäft
auf Zuwarten». Gestützt hierauf verlangte der Rekursgegner die Fortsetzung der
Betreibung für 2420 Fr. 85 Cts. auf Sicherstellung, kündigte das
Betreibungsamt Zürich 6 am 12. Februar 1930 dem Rekurrenten die Pfändung an
mit dem Beifügen: «Betreibung auf Sicherstellung» und pfändete es am 14.
Februar einen Inhaberschuldbrief, worüber es die Pfändungsurkundenabschriften
am 22. Februar zustellte. Hiegegen führte der Rekurrent (erst) am 18. März
Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung der Pfändung.
Die kantonale Aufsichtsbehörde hat am 17. Juli 1936 die Beschwerde als
verspätet abgewiesen.
Diesen Entscheid hat der Rekurrent an das Bundesgericht weitergezogen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Die Vorinstanz meint: «Der Rekurrent wird durch die Änderung des Zweckes der
Betreibung in keiner Weise beschwert. Ob die Betreibung auf Zahlung oder auf
Sicherstellung gerichtet ist, die Folge ist für ihn die gleiche: er muss den
im Zahlungsbefehl genannten Betrag bezahlen, im ersteren Fall an den
Rekursgegner, oder an das Betreibungsamt, im andern Fall an das letztere».

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Hiebei wird ausseracht gelassen, dass die Betreibung auf Sicherheitsleistung
nicht ausschliesst, dass der Betriebene die Sicherheit auf andere Weise als
durch Übergabe von zu hinterlegendem Geld bezw. Verwertung, der gepfändeten
Vermögensstücke leiste, insbesondere z. B. durch Hinterlegung von
Wertschriften, und dass gegebenenfalles die Betreibung gemäss Art 85
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 85 - Beweist der Betriebene durch Urkunden, dass die Schuld samt Zinsen und Kosten getilgt oder gestundet ist, so kann er jederzeit beim Gericht des Betreibungsortes im ersteren Fall die Aufhebung, im letzteren Fall die Einstellung der Betreibung verlangen.
SchKG
aufzuheben ist. Hieraus ergibt sich, dass die Betreibung auf
Sicherheitsleistung keineswegs etwa nur ein minus im Verhältnis zur Betreibung
auf Geldzahlung ist. Dann kann aber dem Gläubiger grundsätzlich nicht
zugestanden werden, eine Betreibung auf Sicherheitsleistung fortzusetzen, ohne
dass der Schuldner zur Frage Stellung zu nehmen Gelegenheit hatte, ob er seine
Pflicht zur Sicherheitsleistung anerkennen wolle (was er freilich z. B. auch
in der Weise tun könnte, dass er gegen einen gewöhnlichen Zahlungsbefehl
Rechtsvorschlag erhebt, hiebei jedoch einen bezüglichen
Sicherheitsleistungsanspruch ausdrücklich anerkennt). Auch für eine solche
Betreibung, die ohne Zahlungsbefehl «auf Sicherheitsleistung» durchgeführt
werden will, muss daher gelten, was für eine gewöhnliche Betreibung ohne
vorausgegangenen Zahlungsbefehl ausgesprochen worden ist, nämlich dass sie
gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstösst, also nichtig ist (BGE 38 I
327
/8 = Sep. Ausg. 15, 146/7) und, solange nicht abgeschlossen, jederzeit auf
dem Beschwerdeweg angefochten werden kann. Die vom rekursbeklagten
Betreibungsamt beim Rekurrenten vollzogene Pfändung ist in Wahrheit gar nicht
die Fortsetzung der Betreibung, die seinerzeit gegen den Rekurrenten angehoben
worden ist, sondern eine ohne Einleitungsverfahren durchgeführte neue
Betreibung, mit der nach dem Ausgeführten nicht nur weniger, sondern,
mindestens alternativ, etwas anderes verlangt wird als mit jener ersten
Betreibung, wenn auch nur die Geldleistung erzwungen werden kann. · Ob das
Ergebnis der Sühneverhandlung zur Beseitigung eines allfälligen
Rechtsvorschlages gegen eine Betreibung auf Sicherheitsleistung

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tauglich sei, kann sich erst zeigen, wenn eine solche andersartige Betreibung
angehoben, dagegen Recht vorgeschlagen und dann die Aufhebung des
Rechtsvorschlages (Rechtsöffnung) verlangt wird. Dass das Ergebnis der
Sühneverhandlung nicht zur Beseitigung des Rechtsvorschlages in der richtig
angehobenen (gewöhnlichen) Betreibung ausreiche, hat der Rekursgegner selbst
anerkannt, indem er die Fortsetzung der Betreibung auf Sicherheitsleistung:
beschränken wollte.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird begründet erklärt und die Pfändung aufgehoben.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 62 III 119
Datum : 01. Januar 1936
Publiziert : 03. August 1936
Quelle : Bundesgericht
Status : 62 III 119
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Hat der Gläubiger nur einen Vollstreckungstitel auf Sicherstellung, so kann er damit nicht eine...


Gesetzesregister
SchKG: 85
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 85 - Beweist der Betriebene durch Urkunden, dass die Schuld samt Zinsen und Kosten getilgt oder gestundet ist, so kann er jederzeit beim Gericht des Betreibungsortes im ersteren Fall die Aufhebung, im letzteren Fall die Einstellung der Betreibung verlangen.
BGE Register
38-I-324 • 62-III-119
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
rechtsvorschlag • betreibung auf sicherheitsleistung • zahlungsbefehl • betreibungsamt • beklagter • nichtigkeit • geldleistung • unternehmung • sicherstellung • richtigkeit • baukredit • frage • geld • wille • vollstreckungstitel • zins • requisition • schuldner • vorinstanz • wahrheit
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