BGE 62 I 148
32. Urteil vom 24. September 1936 i. S. Krisenabgabeverwaltung des Kantons
Bern gegen Bernische Kraftwerke A. -G. und Rekurskommission des Kantons Bern.
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Regeste:
Krisenabgabe.
1. In die Berechnung des massgebenden Reingewinns von Aktiengesellschaften
werden einbezogen die Unkosten und die Abschreibungen, die nicht
geschäftsmässig begründet sind.
2. Unter die geschäftsmässig begründeten Unkosten in diesem Sinne fallen
Aufwendungen, die lediglich zur Erhaltung des bisherigen Bestandes eines
Bilanzaktivums gemacht werden, nicht zu dessen Vergrösserung oder
Verbesserung.
3. Als geschäftsmässig begründet werden die Abschreibungen anerkannt, die der
Wertverminderung des Bilanzaktivums im Bemessungszeitraum entsprechen.
A. - Die Aktiengesellschaft der Bernischen Kraftwerke in Bern hatte im
Rechnungsabschluss 1929 die Aktivkonten Mobilien und Werkzeuge je auf 1 Fr.
abgeschrieben. Seither wurden alljährlich die Zugänge über Unkosten
abgeschrieben. Im Abschluss 1933 wurden die beiden Konten mit dem Konto
Bauinventar, das schon vor 1929
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auf 1 Fr. gebracht und seither unverändert geblieben war, vereinigt und die
Aufwendungen für Neuanschaffungen von Mobilien 8862 Fr. und Werkzeugen 24017
Fr., zusammen 32881 Fr., abgeschrieben, sodass das Konto in der Bilanz
wiederum mit 1 Fr. figuriert.
Die kantonale Rekurskommission hat die Abschreibung auf Mobilien und
Werkzeugen von 32881 Fr. als steuerfrei anerkannt «auf Grund der von
sachverständigen Mitgliedern erhaltenen Auskünfte».
B. - Hierüber beschwert sich die kantonale Krisenabgabeverwaltung. Sie
beantragt Erhöhung der Veranlagung um 27949 Fr. Der Entscheid der kantonalen
Rekurskommission widerspreche Gesetz und Praxis, wonach Abschreibungen nur im
Umfange der Entwertung während der Berechnungsperiode zulässig und
Abschreibungen auf Objekten ohne entsprechende Reaktivierung ausgeschlossen
seien. Es sei deshalb nur eine Abschreibung von 15% auf den Neuanschaffungen
an Mobilien und Werkzeugen, also 4932 Fr., zu bewilligen und der Überschuss in
die Besteuerung einzubeziehen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Nach Art. 48, Abs. 1, Ziff. 3 KrisAB fallen bei der Berechnung des
abgabepflichtigen Reingewinns in Betracht und sind in die Gewinnberechnung
einzubeziehen die Abschreibungen, die nicht geschäftsmässig begründet sind.
Das Bundesgericht betrachtet nach seinem Entscheid in Sachen Frey vom 18. Juni
1931 (zu der sachlich übereinstimmenden Anordnung in Art. 66, Abs. 1, Ziff. 3
KStB) als geschäftsmässig begründete Abschreibung diejenige, die der
Wertverminderung des Abschreibungsgegenstandes m Laufe der Berechnungsperiode
entspricht (wobei allerdings in der Regel nicht der effektive, sondern ein
durchschnittlicher, nach allgemeinen Erfahrungssätzen bemessener Wertverlust
angerechnet wird 1 ). Es stellt somit ab
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auf die sachliche, in den Verhältnissen des besteuerten Unternehmens liegende
Begründetheit des Abstrichs, nicht auf die Zulässigkeit der Abschreibung nach
Handelsrecht oder nach kaufmännischen Bilanzierungsmethoden. Das Handelsrecht
ordnet grundsätzlich nur die Höchstansätze für die Bewertungen in der Bilanz
(Art. 656
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat CO Art. 656 - 1 Les actions privilégiées jouissent des avantages qui leur sont expressément conférés par rapport aux actions ordinaires dans les statuts primitifs ou à la suite d'une modification de ceux-ci. Elles sont assimilées, pour le surplus, aux actions ordinaires. |
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1 | Les actions privilégiées jouissent des avantages qui leur sont expressément conférés par rapport aux actions ordinaires dans les statuts primitifs ou à la suite d'une modification de ceux-ci. Elles sont assimilées, pour le surplus, aux actions ordinaires. |
2 | Les avantages peuvent s'étendre notamment aux dividendes, avec ou sans droit aux dividendes supplémentaires, à la part de liquidation et au droit préférentiel de souscription en cas d'émissions futures. |
damit auch der Abschreibung, ohne Begrenzung, im Gegensatz zum Steuerrecht,
speziell Art. 66, Abs. 1, Ziff. 3, und Abs. 4 KStB und 48, Abs. 1, Ziff. 3,
und Abs. 3 KrisAB, wo im Hinblick auf eine gleichmässige Durchführung der
Besteuerung Grenzen gezogen werden (vgl. WIELAND: Handelsrecht I S. 328, Text
und Anm. 26). Dass sodann Abschreibungen, die kaufmännischen
Bilanzierungsmethoden, also kaufmännischer Usanz, entsprechen, nicht ohne
Einschränkung als abzugsberechtigt anerkannt werden können, ist im Entscheide
Frey dargelegt worden, wo eine bilanztechnisch gerechtfertigte Abschreibung
(Abbuchung) eines Nonvaleur als Gewinnbestandteil erklärt wurde, weil sie
steuerrechtlich nicht das Ergebnis der Berechnungsperiode anging. Eine weitere
Einschränkung wurde ausgesprochen im Entscheide vom 1. April 1936 i. S.
Villars, wonach Abschreibungen auf bereits abgeschriebenen Beträgen, also
solche, die über den Bilanzwert hinausgehen, ausgeschlossen sind, womit die
Abschreibung auf einen negativen Wert hinunter abgelehnt wird. Die Frage, ob
und in welchem Umfange die steuerrechtlich zulässige Abschreibung auch durch
den Endwert des Abschreibungsobjektes begrenzt wird, wurde dabei nicht
entschieden (es wurde vorausgesetzt, dass der Endwert durch die streitige
Abschreibung nicht berührt werde). Sie kann auch hier offen bleiben.
2.- Die kantonale Rekurskommission hat gestützt auf Äusserungen ihrer
sachverständigen Mitglieder den streitigen Abzug als Abschreibung zugelassen.
Die Verwaltungsbehörden erblicken darin eine Gesetzesverletzung, weil die
Abschreibung Mobilien und Werkzeug betreffe, die im Laufe der
Bemessungsperiode angeschafft wurden, und
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eine vollständige Entwertung dieser Objekte während des Rechnungsjahres nicht
anzunehmen sei. Die Einwendung wäre begründet bei einem Bilanzposten, der als
Bestandeskonto behandelt wird und demgemäss den für die Bemessung der
Abschreibung massgebenden Wert des betreffenden Aktivums ausweist. Hier wäre
allerdings die steuerrechtlich zulässige Abschreibung, die Höhe der
anrechenbaren Wertverminderung im Sinne von Erwägung 1, nach einer der
üblichen Methoden zu ermitteln, etwa unter Anwendung des entsprechenden
Abschreibungssatzes auf den Buchwert, und ein allfälliger Überschuss nach Art.
48, Abs. 1, Ziff. 3 KrisAB in die Gewinnberechnung einzubeziehen.
Die Rekursbeklagte führt aber für Mobilien und Werkzeug seit 1929 keine
Bestandeskonten im oben angegebenen Sinne. Sie hat damals die beiden Konten je
auf 1 Fr. abgebucht, also wertmässig aus der Bilanz entfernt. Die Konten
werden (seit 1933 vereinigt) in der Bilanz nur noch pro memoria erwähnt. Die
jährlichen Anschaffungen sodann werden nicht nach Massgabe der tatsächlichen
oder theoretischen Entwertung abgeschrieben, sondern sofort im
Anschaffungsjahre abgebucht, wie Unkosten (vgl. BERLINER: Buchhaltungs- und
Bilanzlehre 7. Aufl. Bd. II S. 189), weshalb Abschreibungsregeln nicht
unmittelbar auf dieses nach andern Gesichtspunkten geführte Konto angewandt
werden können. Die Frage ist, ob durch die Abbuchung der Aufwendungen für
Anschaffungen Teile des Jahresergebnisses in Anspruch genommen wurden, die
nicht als geschäftsmässig begründete Unkosten anzusehen sind. Dies ist dann
der Fall, wenn die Aufwendungen zur Anschaffung neuer oder zur Verbesserung
vorhandener Vermögensobjekte gemacht wurden (Art. 48, Abs. 1, Ziff. 2 KrisAB).
Keine Abänderung des ausgewiesenen Ergebnisses bedingen Aufwendungen, die
keine Vermehrung oder Verbesserung der zu Beginn des Jahres vorhandenen
Bestände bewirkten, besonders solche, die im wesentlichen der Erhaltung des
bisherigen Bestandes, dem Ersatze abgehender Stücke dienten. Es kommt also
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darauf an, wie hoch die Entwertung der einzelnen im Laufe des Jahres dem Konto
hinzugefügten Gegenstände zu schätzen ist, sondern ob der ganze Bestand an
Mobilien, Werkzeug und Bauinventar am Ende des Jahres einen höheren Wert
aufweist als zu Beginn und ob durch die Abbuchung des Kontos auf den Stand zu
Beginn des Jahres eine im Laufe des Jahres eingetretene Wertvermehrung der
Rechnung entzogen worden ist.
Die Rekurrentin hat nicht behauptet, dass die Anschaffungen, die abgebucht
wurden, einen Zuwachs oder eine wesentliche, eine Wertvermehrung bedingende
Verbesserung des Bestandes an Mobilien und Werkzeug herbeigeführt hätten und
die Akten rechtfertigen es, diese Annahme auszuschliessen. An Werkzeug wurde
im Jahre 1933, nach den Erläuterungen zum Rechnungsabschluss für dieses und
die vorhergehenden Jahre offenbar im wesentlichen Ersatz für abgehendes
Material angeschafft: die betreffenden Aufwendungen weisen seit drei Jahren
ungefähr gleichbleibende Beträge auf, 1932 etwas unter, 1933 etwas über dem
Durchschnitt (1931: 21200 Fr., 1932: 18500 Fr., 1933: 24000 Fr.). Höher waren
die Aufwendungen im Jahre 1930 (29700 Fr.), nachdem 1929, vermutlich im
Zusammenhang mit der damals vorgenommenen Umstellung der Buchungsart, keine
Anschaffungen ausgewiesen worden waren. Die Mobiliaranschaffungen des Jahres
1933 waren ungewöhnlich niedrig (8800 Fr. gegen 9500 Fr. 1932, 22400 Fr. 1931
und 59000 Fr. 1930). Aus diesen Daten darf geschlossen werden, dass für 1933
ein wesentlicher Zuwachs und eine Wertvermehrung bei Mobilien und Werkzeug
nicht anzunehmen ist. Die Neuanschaffungen dienten offenbar hauptsächlich dem
laufenden Ersatz abgehenden Materials. Dann rechtfertigt es sich aber auch
nicht, den in der Jahresrechnung ausgewiesenen Reingewinn wegen dieser
Anschaffungen zu erhöhen.
Das Begehren der Rekurrentin, die steuerrechtliche Abschreibung auf Mobilien
und Werkzeug auf 15% des
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Buchwertes am Ende des Jahres zu beschränken, läuft darauf hinaus,
Abschreibungsgrundsätze auf einen Bilanzposten anzuwenden, der seit Jahren
nicht mehr als ein Abschreibungen unterworfenes Bestandeskonto geführt wird.
Wollte man zum Zwecke der Steuerkontrolle Abschreibungsgrundsätze heranziehen,
was nicht unzulässig wäre, so müsste zuvor der abzuschreibende Bilanzposten
rekonstruiert werden. Die Rekursgegnerin hat in ihrer Antwort (S. 4) eine
solche Rekonstruktion versucht, wobei sie zutreffend auf das Jahr 1929
zurückgeht als den Zeitpunkt, in welchem die neue Buchungsart eingeführt
wurde. Sie kommt dabei auf einen Buchwert zu Beginn des Jahres 1933 von 167000
Franken und auf Ende, unter Berücksichtigung der Anschaffungen, auf rund
200000 Fr.; zu dem von den Behörden vorgeschlagenen Abschreibungssatze wäre
die zulässige Abschreibung rund 30000 Fr., also ungefähr der Betrag, der 1933
über Unkosten abgebucht wurde. Ob für Werkzeug nicht ein höherer
Abschreibungsansatz in Frage käme, kann dahingestellt bleiben.
Die Behörden irren sich, wenn sie glauben, dem Fiskus würden bei Anerkennung
der beanstandeten Abbuchung Steuerwerte entzogen. Bei der Feststellung des
Ergebnisses des Jahres 1933 als des Unterschiedes der Vermögenslage der
Rekursgegnerin zu Beginn und zu Ende des Jahres, kommt es, soweit
Betriebsmittel wie Mobilien und Werkzeug in Frage stehen, letzten Endes darauf
an, ob der Bestand dieser Objekte im Laufe des Jahres eine wesentliche
Wertvermehrung erfahren hat, was wie gesagt nach den Akten nicht anzunehmen
ist. Dann war aber auch die Abbuchung der Anschaffungen über Unkosten, durch
die der Bilanzwert auf den Stand der Eingangsbilanz zurückgeführt wurde,
jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Gewinnberechnung, nicht zu beanstanden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.