S. 107 / Nr. 25 Registersachen (d)

BGE 62 I 107

25. Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. März 1936 i. S. Schürch gegen
Direktion der Volkswirtschaft des Kantons Zürich.

Regeste:
Handelsregistereintragung:
Die Eintragspflicht besteht auch für zeitlich zum vorneherein beschränkte
Betriebe. Erw. 1.
Bei Betrieben mit raschem Warenumsatz ist nur auf die Grösse des Umsatzes und
nicht auf den Wert des jeweiligen Warenlagers abzustellen. Es braucht nicht
das Ende des Geschäftsjahres abgewartet zu werden, wenn sich schon vorher
erweist, dass ein Umsatz von 10000 Fr. erreicht werden wird. Bestätigung der
Praxis. Erw. 2.

A. - Der Beschwerdeführer eröffnete am 27. Juli 1935 das Café Old India,
Bahnhofplatz 5 in Zürich. Durch Schreiben vom 6. Januar 1936 forderte das
Handelsregisteramt Zürich ihn auf, sich im Handelsregister eintragen zu lassen
oder seine Einwendungen gegen die Eintragspflicht schriftlich geltend zu
machen. Die Aufforderung stützte sich auf einen Polizeirapport, wonach der
Buchhalter Joos erklärt hatte, das Café habe einen Umsatz von 60000 Fr. und
ein Warenlager im Werte von 1000 Fr. und beschäftige gegenwärtig 16
Angestellte.
Der Beschwerdeführer antwortete dem Handelsregisteramt

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am 13. Januar, dass er die Eintragung nicht für notwendig halte. Er habe den
Betrieb des Cafés nur im Auftrage von Drittpersonen übernommen, und es werde
sich bis zum April 1936 entscheiden, ob eine Aktiengesellschaft oder
Genossenschaft gegründet werde, wobei er nur noch als Geschäftsführer in Frage
komme. Vorläufig seien auch die gesetzlichen Voraussetzungen für die
Eintragspflicht noch gar nicht vorhanden.
B. - Das Handelsregisteramt unterbreitete die Angelegenheit am 16. Januar 1936
der kantonalen Volkswirtschaftsdirektion als Aufsichtsbehörde. Diese setzte
dem Beschwerdeführer durch Verfügung vom 17. Januar eine Frist von fünf Tagen,
um sich zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden, und drohte ihm für den
Fall der Nichtanmeldung die Eintragung von Amtes wegen an.
C. - Gegen diese Verfügung richtet sich die vorliegende, am 23. Januar
eingereichte Beschwerde. Der Beschwerdeführer beantragt Aufhebung der
Verfügung und macht zur Begründung geltend, dass er das Café lediglich
vorläufig auf seinen Namen übernommen habe und dass von Anfang an die spätere
Übernahme durch eine Aktiengesellschaft oder Genossenschaft in Aussicht
genommen gewesen sei, die sich jedenfalls noch vor dem 1. April 1936
verwirklichen werde. Nach Art. 865 Abs. 4
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 865 - 1 Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsanspruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Erben keine Abfindung beanspruchen.
1    Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsanspruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Erben keine Abfindung beanspruchen.
2    Wird die Genossenschaft innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden oder nach dem Tode eines Genossenschafters aufgelöst und wird das Vermögen verteilt, so steht dem Ausgeschiedenen oder seinen Erben der gleiche Anspruch zu wie den bei der Auflösung vorhandenen Genossenschaftern.
OR habe es aber die Meinung, dass
eine Eintragung ins Handelsregister nur notwendig sei, wenn das Geschäft auf
den Namen des derzeitigen Inhabers fortgeführt werde. Ob sich ein Jahresumsatz
von 60000 Fr. ergeben werde, stehe noch nicht fest, da das Geschäft nicht
einmal ein halbes Jahr bestehe.
In der Beschwerde wird das Gesuch gestellt, es sei ihr aufschiebende Wirkung
zuzuerkennen, damit die Unterlagen über die in Gründung begriffene
Genossenschaft vorgelegt werden können.
Die kantonale Volkswirtschaftsdirektion beantragt in ihrer Vernehmlassung vom
3. März Abweisung der Beschwerde.

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Das Bundesgericht steht in Erwägung:
1.- Der Beschwerdeführer gibt ausdrücklich zu, das Café Old India seit dem 27.
Juli 1935 bis heute, also auch im Zeitpunkte der Aufforderung des
Handelsregisteramtes vom 6. Januar 1936, auf seinen Namen betrieben zu haben.
Dieser Zeitpunkt ist massgebend für die Eintragspflicht (BGE 57 I 146, 58 I
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). Waren die gesetzlichen Voraussetzungen damals gegeben, so besteht die
Eintragspflicht, ohne Rücksicht darauf, ob und in welcher Weise sich die
Verhältnisse seither verändert haben oder künftig verändern werden. Daher ist
auch unerheblich, ob der Betrieb demnächst an Stelle des Beschwerdeführers von
einer Genossenschaft übernommen werden soll. Für solange, als der
Einzelkaufmann sein Geschäft betreibt, ist er eintragspflichtig, mag es sich
dabei auch nur um einen vorübergehenden und zeitlich zum vorneherein
beschränkten Betrieb handeln (STAMPA, Entscheide in Handelsregistersachen, Nr.
15; Urteile des Bundesgerichtes vom 15. Mai 1934 i. S. Walder gegen Zürich und
vom 17. Dezember 1935 i. S. Gilli-Saillen gegen Genf). Wie der
Beschwerdeführer dazu kommt, aus Art. 865 Abs. 4
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 865 - 1 Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsanspruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Erben keine Abfindung beanspruchen.
1    Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsanspruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Erben keine Abfindung beanspruchen.
2    Wird die Genossenschaft innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden oder nach dem Tode eines Genossenschafters aufgelöst und wird das Vermögen verteilt, so steht dem Ausgeschiedenen oder seinen Erben der gleiche Anspruch zu wie den bei der Auflösung vorhandenen Genossenschaftern.
OR etwas anderes
herauszulesen, ist nicht verständlich; seine Auffassung findet weder im
Wortlaut noch im Zweck der Bestimmung irgendwelche Stütze.
2.- Es frägt sich also nur, ob die sachlichen Voraussetzungen für die
Eintragspflicht zur Zeit der vom Handelsregisteramt erlassenen Aufforderungen
erfüllt waren. Das ist zu bejahen.
Der Café-Betrieb des Beschwerdeführers ist ein Gastwirtschaftsgewerbe im Sinne
des Art. 13 Abs. 2 Ziff. 3 lit. d der Handelsregisterverordnung vom 6. Mai
1890. Dass ein Warenlager im Werte von mindestens 2000 Fr. vorhanden sei, ist
nicht erforderlich; bei Gewerben dieser Art mit einem raschen und deshalb
verhältnismässig grossen Warenumsatz kann nach sinngemässer Auslegung des Art.
13 Abs. 3 der Verordnung auf den Wert des jeweiligen Lagers

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für die Eintragspflicht nichts ankommen (vgl. BGE 61 I 301, Erw. 2, ferner die
nicht publizierten Urteile vom 12. Mai 1931 i. S. Leutenegger gegen Graubünden
und vom 13. Juni 1933 i. S. Fluttaz gegen Genf). Voraussetzung ist nur, dass
der Jahresumsatz den Betrag von 10000 Fr. erreiche. Um das festzustellen,
braucht keineswegs das Ende des Geschäftsjahres abgewartet zu werden, sofern
schon das Betriebsergebnis einiger Monate mit Sicherheit diesen Schluss
zulässt (BGE 61 I 302). Das ist hier unzweifelhaft der Fall. Der Buchhalter
des Beschwerdeführers selber bezifferte den Jahresumsatz an Hand der
vorläufigen Ergebnisse auf 60000 Fr. Tatsächlich kann es auch gar nicht anders
sein, als dass ein unbestrittenermassen gut frequentiertes Café am
Bahnhofplatz in Zürich mit 16 Angestellten einen den Betrag von 10000 Fr.
erheblich übersteigenden Jahresumsatz haben muss.
3.- Die Beschwerde ist demnach abzuweisen, ohne dass Anlass bestände, den
Entscheid im Hinblick auf die Gründung der Genossenschaft noch auszusetzen.
Ebenso erübrigt es sich bei der klaren Rechtslage, eine Vernehmlassung des
eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes einzuholen.
Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 62 I 107
Datum : 01. Januar 1936
Publiziert : 18. März 1936
Quelle : Bundesgericht
Status : 62 I 107
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Handelsregistereintragung:Die Eintragspflicht besteht auch für zeitlich zum vorneherein beschränkte...


Gesetzesregister
OR: 865
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 865 - 1 Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsanspruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Erben keine Abfindung beanspruchen.
1    Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsanspruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Erben keine Abfindung beanspruchen.
2    Wird die Genossenschaft innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden oder nach dem Tode eines Genossenschafters aufgelöst und wird das Vermögen verteilt, so steht dem Ausgeschiedenen oder seinen Erben der gleiche Anspruch zu wie den bei der Auflösung vorhandenen Genossenschaftern.
BGE Register
57-I-143 • 58-I-200 • 61-I-300 • 62-I-107
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
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