S. 95 / Nr. 22 Obligationenrecht (d)

BGE 61 II 95

22. Urteil der I. Zivilabteilung vom 2. April 1935 i. S. Wüest gegen Haltiner.

Regeste:
Auftrag, nicht Dienstvertrag, das Schütteln eines Baumes für einen Nachbarn.
Haftung des Auftraggebers für Schaden des Beauftragten beim unentgeltlichen
Auftrag gleichwie die des Geschäftsherrn bei der Geschäftsführung ohne
Auftrag; kein Verschulden des Auftraggebers erforderlich. Art. 402
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 402 - 1 Der Auftraggeber ist schuldig, dem Beauftragten die Auslagen und Verwendungen, die dieser in richtiger Ausführung des Auftrages gemacht hat, samt Zinsen zu ersetzen und ihn von den eingegangenen Verbindlichkeiten zu befreien.
1    Der Auftraggeber ist schuldig, dem Beauftragten die Auslagen und Verwendungen, die dieser in richtiger Ausführung des Auftrages gemacht hat, samt Zinsen zu ersetzen und ihn von den eingegangenen Verbindlichkeiten zu befreien.
2    Er haftet dem Beauftragten für den aus dem Auftrage erwachsenen Schaden, soweit er nicht zu beweisen vermag, dass der Schaden ohne sein Verschulden entstanden ist.
, 422
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 422 - 1 Wenn die Übernahme einer Geschäftsbesorgung durch das Interesse des Geschäftsherrn geboten war, so ist dieser verpflichtet, dem Geschäftsführer alle Verwendungen, die notwendig oder nützlich und den Verhältnissen angemessen waren, samt Zinsen zu ersetzen und ihn in demselben Masse von den übernommenen Verbindlichkeiten zu befreien sowie für andern Schaden ihm nach Ermessen des Richters Ersatz zu leisten.
1    Wenn die Übernahme einer Geschäftsbesorgung durch das Interesse des Geschäftsherrn geboten war, so ist dieser verpflichtet, dem Geschäftsführer alle Verwendungen, die notwendig oder nützlich und den Verhältnissen angemessen waren, samt Zinsen zu ersetzen und ihn in demselben Masse von den übernommenen Verbindlichkeiten zu befreien sowie für andern Schaden ihm nach Ermessen des Richters Ersatz zu leisten.
2    Diesen Anspruch hat der Geschäftsführer, wenn er mit der gehörigen Sorgfalt handelte, auch in dem Falle, wo der beabsichtigte Erfolg nicht eintritt.
3    Sind die Verwendungen dem Geschäftsführer nicht zu ersetzen, so hat er das Recht der Wegnahme nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung.
OR.
Bestätigung der Praxis.
Lückenausfüllung durch den Richter. Art. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 1 - 1 Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
1    Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
2    Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht4 nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde.
3    Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.
ZGB. Begriff der Entgeltlichkeit
des Auftrags.

A. - Die Parteien bewirtschaften zwei benachbarte Bauerngewerbe. Am 28.
September 1932 bat der Beklagte den Kläger, für ihn einen Birnbaum zu
schütteln; er selbst könne wegen Schwindels nicht mehr auf Bäume steigen. Der
Kläger entsprach diesem Ansuchen. Beim Schütteln brach ein grosser Ast, und
der Kläger, der auf diesem stand, stürzte vom Baum. Er erlitt schwere
Verletzungen, vor allem einen Bruch des 12. Brustwirbels, der eine langwierige
Behandlung erforderte und einen bleibenden Nachteil hinterliess.
Die Versicherungsgesellschaft «Helvetia», bei der der

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Beklagte gegen Unfall und Haftpflicht versichert ist, bezahlte dem Kläger
einen Betrag von 830 Fr.; die nähern Umstände, unter denen diese Zahlung
erfolgte, sind aus den Akten nicht ersichtlich.
B. - Mit Klage vom 3. November 1933 belangte der Kläger den Beklagten auf
Bezahlung einer Schadenersatzsumme von 27672 Fr. 20 Cts. abzüglich der
erhaltenen 830 Fr., also 26843 Fr. 20 Cts. nebst 5% Zins seit 29. September
1932. Die Klage wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beklagte dem
Kläger die unzutreffende Zusicherung gemacht habe, der Baum sei gesund; er
hafte daher nach Art. 41 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
. OR; eventuell, da der Kläger infolge der
Übertragung der in Frage stehenden Arbeit im Dienste des Beklagten gestanden
habe, liege in der unzutreffenden Zusicherung ein Verstoss gegen die
Schutzpflicht des Dienstherrn nach Art. 339
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 339 - 1 Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden alle Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis fällig.
1    Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden alle Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis fällig.
2    Für Provisionsforderungen auf Geschäften, die ganz oder teilweise nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfüllt werden, kann durch schriftliche Abrede die Fälligkeit hinausgeschoben werden, jedoch in der Regel nicht mehr als sechs Monate, bei Geschäften mit gestaffelter Erfüllung nicht mehr als ein Jahr und bei Versicherungsverträgen sowie Geschäften, deren Durchführung mehr als ein halbes Jahr erfordert, nicht mehr als zwei Jahre.
3    Die Forderung auf einen Anteil am Geschäftsergebnis wird fällig nach Massgabe von Artikel 323 Absatz 3.
OR.
Der Beklagte bestritt, die vom Kläger behauptete Zusicherung abgegeben zu
haben und beantragte Abweisung der Klage.
C. - Die Klage wurde sowohl vom Bezirksgericht Weinfelden, wie vom Obergericht
des Kantons Thurgau abgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, eine
Haftung des Beklagten komme nur in Frage, wenn ihn ein Verschulden treffe, ob
nun Dienstvertrag oder Auftrag angenommen werde; ein Verschulden des Beklagten
liege aber nicht vor, da nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens einerseits
nicht erwiesen sei, dass der Beklagte die vom Kläger behaupteten Zusicherungen
gemacht habe, und anderseits feststehe, dass der Baum und der abgebrochene Ast
gesund gewesen seien.
D. - Gegen das Urteil des Obergerichtes hat der Kläger rechtzeitig und in der
vorgeschriebenen Form die Berufung an das Bundesgericht ergriffen mit dem
Antrag auf grundsätzlichen Schutz der Klage und Rückweisung der Streitsache an
die Vorinstanz zur Beurteilung des Quantitativs. Aktenwidrigkeiten werden in
der Berufungserklärung nicht gerügt.

Seite: 97
E. - An der heutigen Verhandlung hat der Kläger seine Berufungsanträge
wiederholt. Der Beklagte hat auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des
angefochtenen Entscheides angetragen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- (Prozessuales).
2.- Ist somit von den durch das Obergericht festgestellten tatsächlichen
Unterlagen auszugehen, so muss ein Verschulden des Beklagten zweifellos
verneint werden, was eine Haftung aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten
Handlung, Art. 41 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
. OR, ohne weiteres ausschliesst, wie auch eine solche aus
Art. 339
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 339 - 1 Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden alle Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis fällig.
1    Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses werden alle Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis fällig.
2    Für Provisionsforderungen auf Geschäften, die ganz oder teilweise nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfüllt werden, kann durch schriftliche Abrede die Fälligkeit hinausgeschoben werden, jedoch in der Regel nicht mehr als sechs Monate, bei Geschäften mit gestaffelter Erfüllung nicht mehr als ein Jahr und bei Versicherungsverträgen sowie Geschäften, deren Durchführung mehr als ein halbes Jahr erfordert, nicht mehr als zwei Jahre.
3    Die Forderung auf einen Anteil am Geschäftsergebnis wird fällig nach Massgabe von Artikel 323 Absatz 3.
OR. Denn da der Baum und der abgebrochene Ast nicht etwa morsch,
sondern gesund waren, so fehlte es an einer besonderen Gefahr, die über das
mit dem Besteigen jeden Baumes verbundene und als solches auch dem Kläger ohne
weiteres erkennbare Risiko hinausgegangen wäre und den Beklagten zur Erteilung
besonderer Warnungen und Verhaltungsmassregeln verpflichtet hätte. Zudem kann
keine Rede davon sein, dass zwischen den Parteien ein Dienstvertrag bestanden
habe; hiefür fehlt es schon an dem unumgänglich notwendigen Zeitmoment, und
auch im übrigen täte man dem Verhältnis der Parteien mit der Unterstellung
ihrer gegenseitigen Beziehungen unter die Regeln des Dienstvertragsrechtes
offensichtlich Gewalt an.
3.- Die Übertragung der Arbeit, den Baum zu schütteln, muss vielmehr nach den
gesamten Umständen als Auftrag (Art. 394 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 394 - 1 Durch die Annahme eines Auftrages verpflichtet sich der Beauftragte, die ihm übertragenen Geschäfte oder Dienste vertragsgemäss zu besorgen.
1    Durch die Annahme eines Auftrages verpflichtet sich der Beauftragte, die ihm übertragenen Geschäfte oder Dienste vertragsgemäss zu besorgen.
2    Verträge über Arbeitsleistung, die keiner besondern Vertragsart dieses Gesetzes unterstellt sind, stehen unter den Vorschriften über den Auftrag.
3    Eine Vergütung ist zu leisten, wenn sie verabredet oder üblich ist.
. OR) betrachtet werden; handelte
es sich doch um eine einmalige, begrenzte Aufgabe, deren Ausführung der
Kläger, der selber Landwirt mit einem eigenen Gewerbe ist, wesentlich auf
Grund der guten nachbarlichen Beziehungen zum Beklagten übernahm.
Nach dem Wortlaut von Art. 402
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 402 - 1 Der Auftraggeber ist schuldig, dem Beauftragten die Auslagen und Verwendungen, die dieser in richtiger Ausführung des Auftrages gemacht hat, samt Zinsen zu ersetzen und ihn von den eingegangenen Verbindlichkeiten zu befreien.
1    Der Auftraggeber ist schuldig, dem Beauftragten die Auslagen und Verwendungen, die dieser in richtiger Ausführung des Auftrages gemacht hat, samt Zinsen zu ersetzen und ihn von den eingegangenen Verbindlichkeiten zu befreien.
2    Er haftet dem Beauftragten für den aus dem Auftrage erwachsenen Schaden, soweit er nicht zu beweisen vermag, dass der Schaden ohne sein Verschulden entstanden ist.
OR haftet nun allerdings auch der Auftraggeber
nicht für den Schaden, der dem Beauftragten aus der Ausführung des Auftrages
erwachsen ist, sofern er nachzuweisen vermag, dass ihn

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an der Entstehung des Vertrages kein Verschulden treffe. Allein diese
Regelung, auf Grund deren die Vorinstanz gleich wie bei Annahme eines
Dienstvertrages zur Abweisung der Klage mangels Verschuldens des Beklagten
gekommen ist, bezieht sich nur auf den Fall des entgeltlichen Mandates, wie
das Bundesgericht bereits in Band 48 II S. 490 ff. entschieden hat. Beim
unentgeltlichen Mandat hingegen hat der Auftraggeber dem Beauftragten seinen
Schaden nach richterlichem Ermessen zu ersetzen, wie dies Art. 422
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 422 - 1 Wenn die Übernahme einer Geschäftsbesorgung durch das Interesse des Geschäftsherrn geboten war, so ist dieser verpflichtet, dem Geschäftsführer alle Verwendungen, die notwendig oder nützlich und den Verhältnissen angemessen waren, samt Zinsen zu ersetzen und ihn in demselben Masse von den übernommenen Verbindlichkeiten zu befreien sowie für andern Schaden ihm nach Ermessen des Richters Ersatz zu leisten.
1    Wenn die Übernahme einer Geschäftsbesorgung durch das Interesse des Geschäftsherrn geboten war, so ist dieser verpflichtet, dem Geschäftsführer alle Verwendungen, die notwendig oder nützlich und den Verhältnissen angemessen waren, samt Zinsen zu ersetzen und ihn in demselben Masse von den übernommenen Verbindlichkeiten zu befreien sowie für andern Schaden ihm nach Ermessen des Richters Ersatz zu leisten.
2    Diesen Anspruch hat der Geschäftsführer, wenn er mit der gehörigen Sorgfalt handelte, auch in dem Falle, wo der beabsichtigte Erfolg nicht eintritt.
3    Sind die Verwendungen dem Geschäftsführer nicht zu ersetzen, so hat er das Recht der Wegnahme nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung.
OR für die
Geschäftsführung ohne Auftrag bestimmt. Dies deshalb, weil es offensichtlich
auf ein nach Art. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 1 - 1 Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
1    Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
2    Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht4 nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde.
3    Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.
ZGB durch den Richter zu korrigierendes Versehen des
Gesetzgebers zurückzuführen ist, wenn der Beauftragte beim unentgeltlichen
Auftrag schlechter gestellt wird als der Geschäftsführer ohne Auftrag, während
doch der innere Grund, aus dem der letztere einen Schadenersatzanspruch haben
soll, wo es die Billigkeit erheischt, auch beim unentgeltlichen Auftrag
zutrifft; denn in beiden Fällen handelt es sich um die Übernahme eines rein
altruistischen Geschäftes.
4.- Sofern daher im vorliegenden Fall der Kläger keinen Anspruch auf Entgelt
haben sollte, so wäre nach den vorstehenden Ausführungen die Ersatzpflicht des
Beklagten grundsätzlich zu bejahen. Wie es sich mit der entscheidenden Frage
der Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit verhält, bedarf hingegen noch der
Abklärung. Den Kläger etwa dabei behaften zu wollen, dass er selber mit der
Behauptung des Dienstvertrages den Standpunkt eingenommen habe, es sei ein
entgeltliches Geschäft gewollt gewesen, geht nicht an; denn abgesehen davon,
dass diese rechtliche Konstruktion des Klägers der ganzen Sachlage nach ja gar
nicht ernsthaft in Betracht kommen kann, ist aus den Akten auch nicht
ersichtlich, worin nach der Ansicht des Klägers der angebliche Entgelt
eigentlich bestanden haben sollte. Die Sache ist daher an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Dabei hat es die Meinung, dass die Leistung von Gegendiensten,
wie z. B. die Überlassung

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des Pferdes durch den Beklagten an den Kläger und dergleichen, die nach den
Ausführungen des Beklagten in der Klageantwort als «Entgelt» gedacht gewesen
sein sollen, das Geschäft noch nicht zu einem entgeltlichen im hier
massgebenden Sinne zu stempeln vermöchten. Wenn auch ein solcher Dienst
vielleicht erwiesen werden mag in der Hoffnung, dass der Nachbar
gegebenenfalls dann Gegenrecht halten werde, so kann doch nicht schon deswegen
der altruistische Charakter der Handlung verneint werden, sondern es wird sich
im allgemeinen eben doch um freundnachbarliche Hilfeleistungen handeln, die
ihrem Wesen nach unentgeltlich sind. Immerhin ist es denkbar, dass auch
derartige Dienstleistungen unter Nachbarn, sei es nach allgemeiner Ortsübung,
sei es im konkreten Fall, als entgeltliche Geschäfte anzusehen sind, und
hierüber wird die Vorinstanz nun eben die erforderlichen Erhebungen zu treffen
haben. Je nach dem Ergebnis derselben wird dann auch die Höhe des gesamten dem
Kläger erwachsenen Schadens zu ermitteln sein, und endlich wird die Vorinstanz
unter Berücksichtigung aller Umstände nach ihrem billigen Ermessen den Anteil
festsetzen, zu, dessen Ersatz der Beklagte verpflichtet ist.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, der Entscheid des Obergerichtes des Kantons
Thurgau vom 19. Februar 1935 aufgehoben und die Sache zur Ergänzung der Akten
und zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz
zurückgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 61 II 95
Date : 01. Januar 1935
Published : 02. April 1935
Source : Bundesgericht
Status : 61 II 95
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Auftrag, nicht Dienstvertrag, das Schütteln eines Baumes für einen Nachbarn.Haftung des...


Legislation register
OR: 41  339  394  402  422
ZGB: 1
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