BGE 60 III 173
43. Entscheid vom 12. Oktober 1934 i. S. Zimmermann.
Regeste:
Aus einem während des Nachlassverfahrens vom Schuldner (mit Zustimmung des
Sachwalters) erteilten Prozessauftrag erwächst (bei Abschluss eines
Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung) keine Masseverbindlichkeit.
Le mandat de plaider donné par le débiteur (avec l'assentiment du commissaire)
pendant le sursis concordataire ne crée pas d'obligations à la charge de la
masse (en cas d'homologation d'un concordat par abandon d'actif).
Il mandato ad litem, conferito dal debitore (col consenso del commissario)
durante la moratoria concordataria, non crea obblighi a carico della massa (in
caso di omologazione d'un concordato per abbandono degli attivi).
A. - Albert Hug, welchem am 27. Oktober 1933 eine Nachlasstundung bewilligt
worden war, bevollmächtigte am 5. Dezember 1933 unter Gegenzeichnung durch den
Sachwalter Giroud den Rekurrenten zur Vertretung in einer Forderungsklagesache
des W. Sommerhalder über 3182 Fr. 60 Cts., woran Hug im Nachlassverfahren nur
900 Fr. anerkannte, sodass der Prozess über den Rest weitergeführt wurde,
jedoch nicht über die Bestätigung des Nachlassvertrages hinaus. Am 14. März
1934 wurde nämlich der von Hug vorgeschlagene Nachlassvertrag mit Abtretung
der Aktiven von der Nachlassbehörde bestätigt. Auf den am 11. April 1934
erlassenen Schuldenruf der Liquidationskommission hin meldete der
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Rekursgegner eine Honorarrestforderung von 159 Fr. 55 Cts. an mit dem
Verlangen, dass dieselbe durch die Liquidationsmasse in vollem Umfang
ausbezahlt werde. Mit diesem Verlangen abgewiesen, führte der Rekurrent Ende
April 1934 die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, seine Honorarforderung
sei als Masseverbindlichkeit anzuerkennen. Am 11. Juli 1934 schrieb das
Prozessgericht den Prozess als erledigt ab unter Vormerknahme und Behaftung
der Parteien, worunter des Beklagten Albert Hug (und nicht etwa seiner
Liquidationsmasse) bei einem nach Bestätigung des Nachlassvertrages vom
Beklagten selbst abgeschlossenen Vergleich mit den Bestimmungen: Der Beklagte
bezahlt dem Kläger per Saldo Lohnforderung 1700 Fr., wovon zahlbar 900 Fr. als
von der Liquidationskommission anerkannten Betrag durch Giroud, 800 Fr. durch
Hug selbst in monatlichen Raten von 100 Fr.
B. - Die kantonale Aufsichtsbehörde hat am 30. August 1934 die Beschwerde
abgewiesen.
C. - Diesen Entscheid hat der Rekurrent an das Bundesgericht weitergezogen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Der Rekurrent leitet seine Forderung aus Auftrag her, der ihm von einer Person
erteilt wurde, welcher eine Nachlasstundung bewilligt worden war. Auf die
Zustimmung des Sachwalters im Nachlassverfahren kommt nach dem Präjudiz in BGE
48 III 224 nichts an, weil sich die Liquidation zufolge Nachlassvertrags mit
Abtretung der Aktiven zum vorausgegangenen Nachlassverfahren nicht anders
verhält als der wegen Nichtzustandekommens eines Nachlassvertrages eröffnete
Konkurs. Der Rekurrent kann nicht geltend machen, dass die Voraussetzungen der
Anwendung des Art. 405 Abs. 2

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 405 - 1 Der Auftrag erlischt, sofern nicht das Gegenteil vereinbart ist oder aus der Natur des Geschäfts hervorgeht, mit dem Verlust der entsprechenden Handlungsfähigkeit, dem Konkurs, dem Tod oder der Verschollenerklärung des Auftraggebers oder des Beauftragten.254 |
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1 | Der Auftrag erlischt, sofern nicht das Gegenteil vereinbart ist oder aus der Natur des Geschäfts hervorgeht, mit dem Verlust der entsprechenden Handlungsfähigkeit, dem Konkurs, dem Tod oder der Verschollenerklärung des Auftraggebers oder des Beauftragten.254 |
2 | Falls jedoch das Erlöschen des Auftrages die Interessen des Auftraggebers gefährdet, so ist der Beauftragte, sein Erbe oder sein Vertreter verpflichtet, für die Fortführung des Geschäftes zu sorgen, bis der Auftraggeber, sein Erbe oder sein Vertreter in der Lage ist, es selbst zu tun. |
gesetzlicher Übergang des Auftrages nirgends vorgesehen ist, auch nicht z. B.
auf die
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Konkursmasse des Auftraggebers. Daher haben Rechte und Pflichten aus dem
Auftrag nicht ohne weiteres auf die Liquidationsmasse übergehen können,
gleichgültig ob angenommen wird, der vom Nachlasschuldner erteilte Auftrag sei
infolge Abschluss des Nachlassvertrages mit Abtretung der Aktiven erloschen
oder nicht (in welch letzterem Fall eben heute noch der Auftrag des Schuldners
Hug weiterbestünde); keinesfalls bedurfte es also eines Widerrufs des
Auftrages seitens der Liquidationskommission, um den Übergang auf sie zu
verhindern. Ebensowenig kann der Rekurrent die Voraussetzungen der Anwendung
des Art. 406

SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 406 - Aus den Geschäften, die der Beauftragte führt, bevor er von dem Erlöschen des Auftrages Kenntnis erhalten hat, wird der Auftraggeber oder dessen Erbe verpflichtet, wie wenn der Auftrag noch bestanden hätte. |
Liquidationsmasse nicht als «Erbe» des Schuldners angesehen oder gleich einem
solchen behandelt werden kann. Damit entfallen alle Voraussetzungen dafür,
dass der Rekurrent Geschäfte der Liquidationsmasse aus deren Auftrag geführt
habe, der ja auch nicht etwa je ausdrücklich neu erteilt worden ist. Vielmehr
ist aus dem Auftrag einzig der Schuldner selbst verpflichtet. Also nimmt die
angemeldete Forderung ohne jedes Vorzugsrecht an der Abtretung seiner Aktiven
teil, soweit sie vor der Bestätigung des Nachlassvertrages entstanden ist, und
wäre sie überhaupt von jeder Beteiligung am Liquidationsergebnis
ausgeschlossen, insoweit sie erst durch seitherige Tätigkeit entstanden sein
sollte.
Demnach erkennt die Schuld betr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.