BGE 59 III 16
4. Entscheid vom 4. Februar 1933 i. S. Société financière pour valeurs
scandinaves en Suisse.
Regeste:
Hat der Faustpfandgläubiger auf sein Faustpfandrecht verzichtet, so kann er
gewöhnliche Betreibung auf Pfändung oder Konkurs anheben, auch wenn die
Faustpfandgegenstände dem Verpfänder noch nicht zurückgegeben sind.
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Der Verzicht auf das Faustpfandrecht kann wirksam noch im Betreibungsbegehren
erklärt werden.
Art. 41
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 41 - 1 Für pfandgesicherte Forderungen wird die Betreibung, auch gegen die der Konkursbetreibung unterliegenden Schuldner, durch Verwertung des Pfandes (Art. 151-158) fortgesetzt. |
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1 | Für pfandgesicherte Forderungen wird die Betreibung, auch gegen die der Konkursbetreibung unterliegenden Schuldner, durch Verwertung des Pfandes (Art. 151-158) fortgesetzt. |
1bis | Wird für eine pfandgesicherte Forderung Betreibung auf Pfändung oder Konkurs eingeleitet, so kann der Schuldner mit Beschwerde (Art. 17) verlangen, dass der Gläubiger vorerst das Pfand in Anspruch nehme. |
2 | Für grundpfandgesicherte Zinse oder Annuitäten kann jedoch nach der Wahl des Gläubigers entweder die Pfandverwertung oder, je nach der Person des Schuldners, die Betreibung auf Pfändung oder auf Konkurs stattfinden. Vorbehalten bleiben ferner die Bestimmungen über die Wechselbetreibung (Art. 177 Abs. 1). |
Lorsque le créancier gagiste a renoncé à son droit de gage, il peut intenter
une poursuite ordinaire par voie de saisie ou de faillite
alors même que l'objet dont il est nanti n'aurait pas encore été rendu au
constituant du gage.
La renonciation au droit de gage peut avoir encore lieu valablement dans la
réquisition de poursuite.
Art. 41 LP
Ove il creditore pignoratizio abbia rinunciato al suo diritto di pegno, potrà
introdurre un' esecuzione in via ordinaria di pignoramento o di fallimento,
anche quando gli oggetti del pegno non sono ancora stati restituiti a chi li
ha costituiti in pegno.
La rinuncia al diritto di pegno è valida anche se fatta solo nella domanda di
esecuzione.
A. - Auf Begehren der Rekurrentin stellte das Betreibungsamt Bern-Stadt dem
Schuldner de Grenus einen Zahlungsbelehl (auf Pfändung oder Konkurs) No. 35955
für eine Forderung von 2025 Fr. 80 Cts. zu. Auf demselben war nach Angabe des
Forderungsgrundes vermerkt die Gläubigerin verzichte auf ihr Faustpfandrecht
an 225 in ihren Händen befindlichen Aktien des Consortium de Meunerie. Der
Schuldner erhob Rechtsvorschlag und führte gleichzeitig Beschwerde mit dem
Antrag, den Zahlungsbefehl aufzuheben und die Gläubigerin auf eine
Pfandverwertungsbetreibung zu verweisen.
B. - Mit Entscheid vom 30. Dezember 1932 hat die kantonale Aufsichtsbehörde
die Beschwerde gutgeheissen, im Wesentlichen mit der Begründung, der Verzicht
auf das Faustpfandrecht sei nicht perfekt, solange dem Schuldner das
Faustpfand nicht ausgehändigt worden sei; hieran fehle es im vorliegenden
Fall. Das blosse Angebot, dem Schuldner die Pfandsache zur Verfügung zu
halten, genüge nicht, abgesehen davon, dass es hier erst nach Anlegung des
Zahlungsbefehls erfolgt und deswegen nicht beachtlich sei.
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C. - Diesen Entscheid zog die Gläubigerin rechtzeitig an das Bundesgericht
weiter mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
Voraussetzung einer Pfandverwertungsbetreibung ist, dass im Moment der
Anhebung der Betreibung ein Pfandrecht besteht. Im Gegensatz zum Grundpfand,
das (abgesehen vom Untergang des Grundstücks) erst durch Löschung des
Grundbucheintrages untergeht, wird das Faustpfandrecht schon durch den
einseitigen Verzicht des Gläubigers aufgehoben; die Herausgabe der Pfandsache
(Art. 889
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 889 - 1 Ist das Pfandrecht infolge der Tilgung der Forderung oder aus anderem Grunde untergegangen, so hat der Gläubiger die Pfandsache an den Berechtigten herauszugeben. |
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1 | Ist das Pfandrecht infolge der Tilgung der Forderung oder aus anderem Grunde untergegangen, so hat der Gläubiger die Pfandsache an den Berechtigten herauszugeben. |
2 | Vor seiner vollen Befriedigung ist er nicht verpflichtet, das Pfand ganz oder zum Teil herauszugeben. |
sondern Folge des bereits eingetretenen Untergangs des Pfandrechtes.
Im vorliegenden Fall hat die Rekurrentin auf ihr Pfandrecht nicht erst nach
Anlegung des Zahlungsbefehls verzichtet, sondern schon im Betreibungsbegehren.
Diese ohne Zweifel zu Handen des Schuldners beigefügte Erklärung ist dem
Schuldner tatsächlich im Zahlungsbefehl zur Kenntnis gebracht worden und damit
in diesem Moment wirksam geworden. Das muss aber genügen, um die Rekurrentin
zur Durchführung der gewöhnlichen Betreibung zu ermächtigen; es kommt nur
darauf an, dass die Verzichtserklärung dem Schuldner nicht erst nach
Zustellung des Zahlungsbefehls zugeht. Dass zur Sicherung der in Betreibung
gesetzten Forderung noch andere als die von der Rekurrentin genannten und
nunmehr preisgegebenen Pfänder bestellt worden seien, hat der Schuldner selbst
nicht behauptet.
Allerdings besteht an sich die Möglichkeit, dass der Gläubiger trotz seinem
Verzicht noch auf irgend eine Weise über die in seinem Besitz gebliebene
Pfandsache verfügt, ein solches widerrechtliches Verhalten ist jedoch nicht
ohne besondere Anhaltspunkte zu vermuten, an denen es aber im vorliegenden
Fall fehlt. Infolgedessen
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besteht kein Anlass, von Betreibungsrechts wegen die tatsächliche Rückgabe der
Pfandsache zur Voraussetzung für die Zulässigkeit der gewöhnlichen Betreibung
zu machen. Im Gegenteil wäre angesichts der Stellungnahme des Schuldners eher
damit zu rechnen, dass er durch Annahmeverweigerung die Rekurrentin an der
Ausübung ihrer Betreibungsrechte zu hindern versuche. Ob man es bei der
Rückgabe der Pfandsache mit einer Hol- oder einer Bringschuld zu tun hat und
ob man im erstern Fall aus Gründen des Vollstreckungsrechtes dem Gläubiger
gleichwohl mehr als die einfache Zur Verfügungsstellung zumuten darf, braucht
unter diesen Umständen nicht erörtert zu werden.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und die
Beschwerde abgewiesen.