S. 165 / Nr. 27 Obligationenrecht (d)

BGE 59 II 165

27. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 10. Mai 1933. i. S. Meli
gegen Trefzer.

Regeste:
Voraussetzungen für die Zusprache eines Genugtuungsanspruches gemäss Art. 47
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 47 - Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen.

OR bei Verletzung eines Menschen (Zusammenstoss eines Automobils mit einem
Velofahrer). Würdigung des Verschuldens des Verletzers und des Verletzten.

Die Vorinstanz hat die Genugtuungsforderung im Betrage von 1000 Fr.
gutgeheissen, während die Beklagte eine solche in vollem Umfange als
unbegründet erachtet, da sie, die Beklagte, kein schweres Verschulden treffe.
Dieses Argument ist nicht schlüssig; denn die in Art. 47
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 47 - Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen.
OR geregelte
Genugtuungsberechtigung im Falle von Körperverletzung besteht, entgegen der
allgemeinen Vorschrift des Art. 49
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 49 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
2    Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen.
OR, nicht nur bei besonderer Schwere des
Verschuldens (vgl. BGE 53 II S. 429). Auch schliesst ein Mitverschulden auf
Seiten des Geschädigten einen solchen Anspruch nicht ohne weiteres aus (vgl.
BGE 54 II S. 17, S. 468 Erw. 6). Allein, wenn das schuldhafte Verhalten des
Verunfallten, wie dies hier der Fall war, geradezu als die Hauptursache des
Unfalles bezeichnet werden

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muss, erscheint die Zusprache eines Genugtuungsanspruches nicht
gerechtfertigt. Der Kläger ist, wie bereits dargetan wurde, leichtfertig
drauflosgefahren, während das Verschulden der Beklagten lediglich darin liegt,
dass sie nach erfolgtem Zusammenstoss sich der Situation nicht gewachsen
zeigte.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 59 II 165
Datum : 01. Januar 1932
Publiziert : 10. Mai 1933
Quelle : Bundesgericht
Status : 59 II 165
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Voraussetzungen für die Zusprache eines Genugtuungsanspruches gemäss Art. 47 OR bei Verletzung...


Gesetzesregister
OR: 47 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 47 - Bei Tötung eines Menschen oder Körperverletzung kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletzten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen.
49
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 49 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
1    Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist.
2    Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen.
BGE Register
53-II-419 • 54-II-9 • 59-II-165
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • vorinstanz • verhalten • schweres verschulden • treffen • automobil