S. 108 / Nr. 27 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 58 III 108

27. Entscheid vom 4. Juli 1932 i. S. Conzett & Huber.

Regeste:
Summarisches Konkursverfahren.
Verwertung von (bestrittenen) Ansprüchen der Masse auf Beteiligung am Gewinn
(aus der Ausbeutung von Reproduktions - rechten): hat nach den gewöhnlichen
Vorschriften zu erfolgen, nicht nach der Verordnung betr. Pfändung und
Verwertung von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen, vom 17. Januar 1923 (Erw.
1).
Art. 79 KV verbietet auch den Freihandverkauf, bevor den Gläubigern die
Abtretung gemäss Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458
SchKG angeboten wurde (Erw. 3).
Nichtigkeit aller gegen Art. 79 KV verstossenden Vorkehren (Erw. 3).
Procédure sommaire en matière de faillite.
La réalisation de prétentions (contestées) de la masse à participer à un gain
(gain découlant de l'exploitation de droits de reproduction) doit s'opérer
suivant les règles ordinaires, et non pas suivant les prescriptions de
l'ordonnance du 17 janvier 1923 concernant la saisie et la réalisation des
parts de communautés (consid. 1).
L'art. 79 de l'ordonnance sur l'administration des offices de faillite exclut
aussi la vente de gré à gré tant que la cession n'a pas été offerte aux
créanciers en conformité de l'art. 260 LP (consid. 3).
Nullité de toutes opérations contraires à l'art. 79 précité (consid. 3).
Procedura sommaria in tema di fallimento.
La realizzazione di pretese (contestate) dalla massa di participare ad un
guadagno (derivante dall' utilizzazione di diritti di riproduzione), deve
farsi secondo le regole ordinarie e non secondo le norme del regolamento 17
gennajo 1923 sul pignoramento e la realizzazione di parti in comunione
(consid. 1).
L'art. 79 del regolamento sull' amministrazione degli uffici di fallimento
vieta la vendita a trattative private se la cessione

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non è stata offerta ai creditori conformemente all'art. 260 LEF. Nullità di
tutte le operazioni contrarie all'art. 79 precitato (consid. 3).

A. - Beim Konkursamt Untertoggenburg ist der Konkurs über den ausgeschlagenen
Nachlass des A. Steiger (im summarischen Verfahren) anhängig. Steiger hatte
durch Vertrag vom 2. März 1927 der Rekurrentin bezw. ihrer Rechtsvorgängerin
das ausschliessliche Reproduktionsrecht bezüglich 300 Gemälden des Kunstmalers
Sarluis eingeräumt gegen eine einmalige Entschädigung von 50000 Fr. und mit
der weitern Abrede, dass Gewinn und Verlust aus der Ausbeutung des
Reproduktionsrechtes beiden Vertragsparteien je zur Hälfte zufallen sollen.
Als das Konkursamt die Rekurrentin aufforderte, sich bestimmt darüber zu
erklären, ob sie den Anspruch der Konkursmasse auf die Hälfte des Gewinns aus
dem Reproduktionsrecht anerkenne oder nicht, antwortete die Rekurrentin, sie
anerkenne prinzipiell den Anspruch der Masse auf die Hälfte des Gewinns «unter
Vorbehalt unserer verschiedenen Einreden», und führte dazu aus, sie stelle
gegenüber allfälligen Gewinnansprüchen die Gegenforderungen zur Verrechnung,
deren Kollokation sie verlangt habe; «nähere Begründung und Geltendmachung
weiterer Gegenansprüche bleiben vorbehalten».
Hievon gab die Konkursverwaltung einem Interessenten Kenntnis mit dem
Bemerken, da heute die Geltendmachung einer bestimmten Forderung noch nicht in
Frage komme, bleibe nichts anderes übrig, als den prinzipiell anerkannten
Anspruch in unbestimmtem Betrag durch Versteigerung eventuell Freihandverkauf
zu verwerten, und nachdem von diesem Interessenten ein Angebot von 200 Fr. und
von der Rekurrentin ein solches von 250 Fr. eingegangen war, gelangte sie
unterm 25. April 1932 mit einem Zirkular an die Gläubiger, in welchem sie um
Vollmacht zu freihändigem Verkauf dieses Gewinnanspruchs nachsuchte. Da kein
Gläubiger Einsprache erhob, veranlasste die Konkursverwaltung jene Bieter zu
weiteren Offerten, die sukzessive

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erhöht wurden. Mit ihrem Angebot von 600 Fr. schrieb hierauf die Rekurrentin
am 17. Mai dem Konkursamt, sie lege für den Fall, dass das Amt etwas anderes
als die auf den Tag der Konkurseröffnung berechneten Ansprüche des Nachlasses
auf Anteil am Erlös aus der Liquidation der zwischen ihr und Steiger
vereinbarten einfachen Gesellschaft, nämlich allfällige Ansprüche auf
Gewinnbeteiligung über den Tag der Konkurseröffnung hinaus, zur Verwertung
bringen wolle, Verwahrung ein. Die Konkursverwaltung teilte jedoch der
Rekurrentin am 23. Mai mit, sie lehne ihre Auffassung ab und gewärtige
allenfalls ein neues Angebot.
B. - Nunmehr führte die Rekurrentin gegen die in die Wege geleitete Verwertung
Beschwerde, im Wesentlichen mit der Begründung, durch den Vertrag vom 2. März
1927 sei zwischen Steiger und der Rekurrentin eine einfache Gesellschaft
entstanden, welche beim Konkurs eines Gesellschafters liquidiert werden müsse
und zwar gemäss der Verordnung über die Verwertung von Anteilen an
Gemeinschaftsvermögen. Erst durch die Zuschrift des Amtes vom 23. Mai 1932 sei
klargestellt worden, was das Amt verwerten wolle, nämlich künftige Forderungen
der Verlassenschaft Steiger gegen die Rekurrentin.
C. - Mit Entscheid vom 10. Juni 1932 ist die kantonale Aufsichtsbehörde auf
die Beschwerde wegen Verspätung nicht eingetreten.
D. - Diesen Entscheid zog die Rekurrentin rechtzeitig an das Bundesgericht
weiter mit dem Antrag, das Beschwerdebegehren materiell zu behandeln (welches
dahin ging, es sei das Konkursamt anzuweisen, den Aktivposten Nr. 11 nur in
dem Umfang zu verwerten, als ein Gewinnbeteiligungsanspruch der
Verlassenschaft Steiger am Tag der Koukurseröffnung zustand).
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
1.- Wie schon das Konkursamt in seinem Schreiben

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an die Rekurrentin vom 23. Mai geltend gemacht hat, besteht nach dem
massgebenden Vertrag vom 2. März 1927 gar kein Gemeinschaftsvermögen: Die 300
Bilder blieben unbestrittenermassen im alleinigen Eigentum des Steiger und das
Reproduktionsrecht ging ohne Einschränkung an die Rekurrentin über. Eine
Gemeinschaft (zu Hälften) wurde lediglich am Gewinn und Verlust aus der
Ausbeutung des Reproduktionsrechtes vereinbart; damit wurde aber kein
Gemeinschaftsvermögen, sondern lediglich die Grundlage für die Entstehung von
Forderungen geschaffen. Die Verwertung der Rechte aus diesem Vertrag hat sich
daher nicht nach der Verordnung vom 17. Januar 1923, sondern nach den
gewöhnlichen Bestimmungen zu richten.
2.- Keine Rede kann sodann davon sein, dass das Konkursamt jenen
Gewinnanspruch nur mit der von der Rekurrentin verlangten Einschränkung auf
den Tag der Konkurseröffnung verwerten dürfe. Der Umstand, dass die
Rekurrentin die Mehrforderung bestreitet, kann nur zur Folge haben, dass diese
Mehrforderung als bestrittenes Guthaben verwertet wird, damit dem Erwerber die
Möglichkeit bleibt, den wirklichen Bestand und Umfang des Anspruches durch den
hiefür einzig zuständigen ordentlichen Richter feststellen zu lassen. Der
Rekurrentin bleiben dabei alle Einreden gegen Bestand und Umfang des
verwerteten Rechtes gewahrt.
3.- Die Art und Weise, wie das Konkursamt hier die Verwertung in die Wege
geleitet hat, entspricht jedoch den Vorschriften nicht: Wohl hat die
Rekurrentin in ihrem Schreiben vom 4. Januar 1932 den Gewinnanspruch der Masse
«prinzipiell» anerkannt; gleichzeitig aber hat sie sich mit aller Deutlichkeit
Verrechnung mit Gegenforderungen und weitere Einreden vorbehalten; und unterm
31. März 1932 teilte sie dem Konkursamt noch mit, sie betrachte den Vertrag
vom 2. März 1927 nach der inzwischen durchgeführten Verwertung der 300
Sarluis-Bilder als gegenstandslos geworden und fühle sich auch nicht

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mehr an ihn gebunden. Unter diesen Umständen durfte das Konkursamt diese
Ansprüche auf Gewinnanteil nicht, wie es geschehen ist, als anerkannt
behandeln, es musste sie vielmehr als bestritten betrachten.
Nun gilt nach Vorschrift von Art. 96 lit. b KV auch im summarischen Verfahren
die Bestimmung von Art. 79 KV, wonach streitige Rechtsansprüche der Masse
nicht versteigert werden dürfen, bevor die Mehrheit der Gläubiger auf ihre
Geltendmachung für die Masse verzichtet hat und auch die für die Stellung von
Abtretungsbegehren im Sinn von Art. 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458
SchKG angesetzte Frist unbenützt
abgelaufen ist... Es besteht kein Grund, den Freihandverkauf in dieser
Hinsicht anders als die Versteigerung zu behandeln. Es war daher ungesetzlich,
dass sich das Konkursamt in einem Zeitpunkt, in welchem die Rekurrentin den
Anspruch schon längst bestritten hatte, Vollmacht zu einem Freihandverkauf
geben liess. Und zwar muss der Verstoss gegen Art. 79 KV die jederzeit und von
Amtes wegen zu beachtende Nichtigkeit der betreffenden Vorkehr nach sich
ziehen; denn jene Bestimmung ist zwingender Natur, da sie im Interesse der
Gesamtheit der Gläubiger erlassen wurde und ihnen die Möglichkeit wahren will,
den streitigen Anspruch für die Masse durchzusetzen, bevor er für eine
unbedeutende Summe versilbert wird. Sind aber diese Vorkehren nichtig und
nicht blos anfechtbar, so kann auch nichts darauf ankommen, dass die Gläubiger
gegen das Zirkular vom 25. April 1932 nicht Beschwerde geführt haben. Dies
umso weniger, als der Text des Zirkulars darauf schliessen lässt, das
Konkursamt hätte eine von der Mehrheit der Gläubiger erteilte Vollmacht zum
Freihandverkauf als genügend erachtet, sodass durchaus möglich ist, dass
einzelne Gläubiger nur deswegen von einer Einsprache abgesehen haben, weil sie
in den Glauben versetzt wurden, eine einzelne Einsprache werde doch nicht
genügen, um den Verkauf zu verhindern, was jedoch in Wirklichkeit nicht der
Fall gewesen wäre; denn solange auch nur ein einziger Gläubiger die Abtretung

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des Anspruches verlangt, ist eben eine Versteigerung oder freihändige
Veräusserung unzulässig.
Das Konkursamt hat daher in einem neuen Rundschreiben, in welchem sowohl der
in Frage stehende Anspruch, so wie er nach Auffassung des Amtes besteht, als
auch die Stellungnahme der Rekurrentin zu diesem Anspruch genau umschrieben
werden, an die Gläubiger zu gelangen und ihnen Frist zur Stellung von Begehren
auf Geltendmachung des Anspruches für die Masse (nötigenfalls unter
Sicherstellung der Kosten) oder, falls keine Mehrheit dafür erhältlich ist,
zur Stellung von Abtretungsbegehren anzusetzen.
Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird dahin gutgeheissen, dass das Zirkular vom 25. April 1932 und
die späteren Verwertungsmassnahmen mit Bezug auf den streitigen Anspruch
aufgehoben werden und das Konkursamt angewiesen wird, im Sinn der Erwägungen
vorzugehen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 58 III 108
Datum : 01. Januar 1931
Publiziert : 04. Juli 1932
Quelle : Bundesgericht
Status : 58 III 108
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Summarisches Konkursverfahren.Verwertung von (bestrittenen) Ansprüchen der Masse auf Beteiligung am...


Gesetzesregister
SchKG: 260
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 260 - 1 Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
1    Jeder Gläubiger ist berechtigt, die Abtretung derjenigen Rechtsansprüche der Masse zu verlangen, auf deren Geltendmachung die Gesamtheit der Gläubiger verzichtet.
2    Das Ergebnis dient nach Abzug der Kosten zur Deckung der Forderungen derjenigen Gläubiger, an welche die Abtretung stattgefunden hat, nach dem unter ihnen bestehenden Range. Der Überschuss ist an die Masse abzuliefern.
3    Verzichtet die Gesamtheit der Gläubiger auf die Geltendmachung und verlangt auch kein Gläubiger die Abtretung, so können solche Ansprüche nach Artikel 256 verwertet werden.458
BGE Register
58-III-108
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
angewiesener • anteil an gemeinschaftsvermögen • antrag zu vertragsabschluss • begründung des entscheids • bundesgericht • eigentum • einfache gesellschaft • erbschaft • errichtung eines dinglichen rechts • frage • freihandverkauf • frist • gewinnanspruch • kenntnis • konkursamt • konkursdividende • konkursmasse • konkursverwaltung • kv • künftige forderung • malerei • mass • nichtigkeit • norm • schuldbetreibungs- und konkursrecht • stelle • summarisches konkursverfahren • summarisches verfahren • tag • versicherungsleistungsbegehren • versteigerung • vertragspartei • von amtes wegen • weiler • wille • zahl • zufall