S. 121 / Nr. 30 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 56 III 121

30. Entscheid vom 1. Juli 1930 i. S. Stucky.

Regeste:
Leistungen aus Militärversicherung und deren Gegenwert sind zwar unpfändbar;
doch ist die Pfändung nicht nichtig, sondern nur binnen der Beschwerdefrist
anfechtbar. Militärversicherungsgesetz von 1901, Art. 15.
Les prestations de l'assurance militaire et leur contre-valeur sont à la
vérité insaisissables; mais leur saisie n'est pas nulle de plein droit, elle
est simplement attaquable dans le délai de la plainte.

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Loi féd. concernant l'assurance des militaires contre les maladies et les
accidents, du 28 juin 1901, art. 15.
Le prestazioni dell'assicurazione militare sono inoppignorabili: ma se furono
pignorate, il pignoramento non è nullo di pieno diritto, ma solo impugnabile
entro il termine di ricorso. Legge sull'assicurazione militare del 1901 art.
15.

Amberg & Cie liessen im November 1929 eine dem Rekurrenten gehörende
Obligation des Allgemeinen Konsumvereines beider Basel arrestieren und im
Januar 1930 pfänden. Am 28. März führte der Rekurrent Beschwerde wegen
Unpfändbarkeit mit der Begründung, die gepfändete Obligation stelle die Anlage
einer ihm von der Militärversicherung ausbezahlten Abfindung dar. Die
Abschriften der Pfändungsurkunde waren am 22. Februar zugestellt worden, und
am 22. März erhielt der Rekurrent, dem das Betreibungsamt zunächst eine
unrichtige Auskunft über das Zustellungsdatum erteilt hatte, auf sein
Verlangen noch ein Duplikat der Abschrift der Pfändungsurkunde.
Am 23. Mai ist die Aufsichtsbehörde des Kantons Basel-Landschaft wegen
verspäteter Anhebung der Beschwerde auf sie nicht eingetreten.
Diesen Entscheid hat der Rekurrent an das Bundesgericht weitergezogen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Der Vorinstanz ist ohne weiteres darin beizustimmen, dass die Beschwerde
verspätet geführt wurde. Die Überlassung eines Duplikates der Abschrift der
Pfändungsurkunde vermochte die zehn Tage nach der Zustellung der Abschrift der
Pfändungsurkunde abgelaufene Beschwerdefrist nicht wieder in Lauf zu setzen.
Hievon abgesehen konnte die Einrede der Unpfändbarkeit überhaupt nur während
zehn Tagen seit der Zustellung der Abschrift der Arresturkunde und nicht mehr
auf die Pfändung hin erhoben werden (vgl. BGE 50 III S. 124).
Entgegen der Auffassung des Rekurrenten kann (bezw. muss) die Pfändung nicht
etwa wegen Nichtigkeit trotz

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dem Ablauf der Beschwerdefrist doch noch aufgehoben werden. Art. 15 des
Bundesgesetzes betreffend Versicherung der Militärpersonen gegen Krankheit und
Unfall vom 28. Juni 1901 bestimmt: «Die Leistungen der Militärversicherung
können weder gepfändet, noch mit Arrest belegt, noch in den Konkurs gezogen,
noch vor der Zahlung rechtsgültig abgetreten, noch verpfändet werden.
(Art. 14 des Bundesgesetzes über die Militärversicherung vom 23. Dezember
1914, der diese Vorschrift zu ersetzen bestimmt ist, wurde bisher noch nicht
in Kraft gesetzt.) Danach ist in der Tat nichtig der bis zur Tilgung durch
Zahlung bestehende Anspruch auf eine Leistung der Militärversicherung, m. a.
W. die Forderung auf Zahlung einer Invalidenpension oder der Abfindung dafür,
weil sie nicht abgetreten werden kann, weshalb sich die betreibungsrechtliche
Verwertung als unmöglich erweisen würde. Was dagegen zur Tilgung einer solchen
Forderung einmal geleistet worden ist, lässt sich veräussern, namentlich zur
Anschaffung anderer veräusserlicher Sachen oder Forderungen, letzteres
insbesondere zum Zwecke der Kapitalanlage, verwenden. Freilich sind auch diese
von der Militärversicherung empfangenen und die sie in der angegebenen Weise
ersetzenden Vermögenswerte unpfändbar. Allein mit Bezug auf sie ist das Verbot
der Pfändung nicht mehr zwingend, weil eben das Veräusserungsverbot, welches
einzig das Pfändungsverbot zum zwingenden zu erheben vermag, zessiert, sobald
in Erfüllung des zwingend unpfändbaren Versicherungsanspruches
Vermögensleistungen erfolgen. Wird die Pfändung der geleisteten Vermögenswerte
bezw. der Ersatzwerte nicht binnen der gewöhnlichen Beschwerdefrist von zehn
Tagen angefochten, so hat sie Bestand, gleich jeder anderen nicht rechtzeitig
angefochtenen Pfändung unpfändbarer, jedoch nicht unveräusserlicher
Vermögensstücke. In diesem Sinn ist auch die Nichtigkeit der Pfändung des
Gegenwertes einer Entschädigung aus Fabrikhaftpflicht verneint worden, deren
Unpfändbarkeit in Art. 7 des Fabrikhaftpflichtgesetzes in

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gleicher Weise vorgesehen war (BGE 37 I S. 350 = Sep.-Ausg. 14 S. 179).
Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen,
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 56 III 121
Datum : 01. Januar 1930
Publiziert : 01. Juli 1930
Quelle : Bundesgericht
Status : 56 III 121
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Leistungen aus Militärversicherung und deren Gegenwert sind zwar unpfändbar; doch ist die Pfändung...


BGE Register
37-I-350 • 50-III-123 • 56-III-121
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