S. 355 / Nr. 62 Sachenrecht (d)

BGE 56 II 355

62. Urteil der II. Zivilabteilung vom 9. Oktober 1930 i. S. Häusermann gegen
Grimm.

Regeste:
Hält eine Schweinemastanstalt vor Art. 684
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 684 - 1 Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
1    Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
2    Verboten sind insbesondere alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Einwirkungen durch Luftverunreinigung, üblen Geruch, Lärm, Schall, Erschütterung, Strahlung oder durch den Entzug von Besonnung oder Tageslicht.597
ZGB stand? Abgrenzung von Tat- und
Rechtsfrage (Abs. 1).

Was ist Ortsgebrauch in Bauerndörfern? (Erw. 2).
Begriff der «schädlichen Einwirkungen» (Erw. 3).
Bedeutung der Stellungnahme zum Bauprojekt (Erw. 4). Inwiefern sind Massnahmen
zu berücksichtigen, die zur Abwehr während des Prozesses getroffen worden sind
oder noch getroffen werden wollen? (Erw. 5 und 6).
A. - Der Beklagte ist Eigentümer der Käsereiliegenschaft im Dorfe Birmenstorf.
Vor einigen Jahren liess er einen modern eingerichteten Schweinestall aus
Beton anbauen, worin er nun jeweilen bis gegen 100 Schweine mästet.
Der Kläger ist Eigentümer eines Wohnhauses mit Spezereiladengeschäft, das von
den Gebäulichkeiten des Beklagten durch einen 6 bis 7 Meter breiten Weg
getrennt ist. Gegen das ihm bekannte Bauvorhaben des Beklagten hat er
seinerzeit keine Einwendungen erhoben.
Am 12. April 1926 erhob er die vorliegende, auf Art. 684
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 684 - 1 Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
1    Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
2    Verboten sind insbesondere alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Einwirkungen durch Luftverunreinigung, üblen Geruch, Lärm, Schall, Erschütterung, Strahlung oder durch den Entzug von Besonnung oder Tageslicht.597
ZGB gestützte Klage
mit den Anträgen: «Dem Beklagten sei zu verbieten, in den jetzt von ihm dazu
benützten Lokalitäten eine Schweinezüchterei und Schweinemastanstalt zu
betreiben. Eventuell: Der Beklagte sei zu

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verurteilen, die durch Experten festzustellenden und im Urteil zu
bezeichnenden Vorkehren zu treffen, durch welche die Belästigung des Klägers
und der Bewohner und Besucher seines Hauses behoben wird und die sich
insbesondere auf die Ventilation der Räumlichkeiten zu beziehen haben, in
denen die Schweine sich aufhalten, ferner auf den Abzug der Dünste, die sie
erzeugen, und auf die Lagerung und Behandlung von Jauche und Mist...»
Beim Augenschein des Bezirksgerichtes Baden am 31. Mai 1927 ergab sich, dass
«die Ausdünstungen in der Nähe ausserhalb des Stalles ringsum nicht bedeutend
waren und keine nennenswerten Beschwerden verursachten», m. a. W. «keine
eigentliche Belästigung», «und zwar trotz der ausnahmsweisen, bleiernen
Schwüle, die über der Gegend lagerte». Im ganzen Hause des Klägers war nicht
der geringste üble Geruch zu entdecken. Schweine und Stallung waren
unmittelbar vorher gereinigt worden.
Die Zeugeneinvernahme zeitigte folgende von den Vorinstanzen in Betracht
gezogene positive Ergebnisse: Zuweilen, sogar im Winter, sonst aber
durchschnittlich mehr als zweimal wöchentlich, besonders bei schwüler
Witterung oder bei Bevorstehen eines Witterungsumschlages oder infolge Abfuhr
von Jauche, herrscht in der näheren Umgebung der Schweinestallung ein
stechender, ausserordentlich lästiger, «erbärmlicher», «greulicher» Gestank,
der sogar Schwindelgefühle auslösen kann. Alsdann können in den gegen die
Schweinestallung hin gelegenen Räumen des Hauses des Klägers, z. B. der Küche,
die Mahlzeiten nicht mehr eingenommen werden, da «einem der Appetit vergeht»,
und «käme man auch nicht zum Schlafen», wie das frühere nun verheiratete
Dienstmädchen des Klägers bezeugt. Auch der etwas weiter weg wohnende
Posthalter kann dann sein Bureau mit Schalterraum für das Publikum nicht mehr
wie sonst regelmässig dreimal täglich lüften. Verhandlungen

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betreffend Miete einer in das Haus des Klägers einzubauenden Wohnung
zerschlugen sich wegen dieser Geruchsbelästigung.
Dem übereinstimmenden Expertengutachten des Professors der Hygiene Dr.
Silberschmidt und des Professors für Tierzucht und landwirtschaftliches
Bauwesen Dr. Moos vom 1. Dezember 1928 ist zu entnehmen: Die Ausdünstungen der
Schweine und die übrigen Gerüche des Schweinestalles bedeuten zeitweise eine
schwere Belästigung, die den Aufenthalt des Klägers inner- und ausserhalb
seines Wohnhauses erheblich beeinträchtigen. «Es liesse sich vielleicht durch
zeitweises Halten der Tiere im Freien bei schöner Witterung die Belästigung
vermindern. Bei der jetzigen Lage des Stalles ist aber eine geruch- und
geräuschlose Schweinehaltung, ganz ohne Belästigung der nächsten Umgebung,
nicht zu erzielen.» «Gegenüber früher haben sich die Verhältnisse gebessert;
trotz den getroffenen Massnahmen sind aber die Belästigungen zeitweise und
nicht nur vorübergehend noch immer so gross, dass eine weitere Verbesserung
der Verhältnisse im Interesse des Klägers zu fordern ist.» «Eine Gefährdung
der Gesundheit der Bewohner des klägerischen Hauses muss darin erblickt
werden, dass unangenehme Gerüche, der Lärm von Tieren und Fuhrwerken die
Bewohner in ihrer Ruhe stören, so dass ein ungünstiger Einfluss sowohl auf den
seelischen, wie auf den körperlichen Zustand erfolgen kann. (Alles was das
Wohlgefühl, das Behagen, die Arbeitsfreudigkeit, die Ruhe eines Menschen
beeinträchtigt, kann gesundheitsschädlich wirken.) Die Ruhestörung, die
Geruchsbelästigung, der Ärger und der Verdruss können zu einem Gefühl des
Unbehagens führen, das direkt und indirekt als Gesundheitsschädigung
angesprochen werden muss.» «Durch Anbringung von besonderen
Ventilationsanlagen (Ventilatoren) und durch besondere Vorkehrungen bei der
Jaucheabfuhr liessen sich vielleicht die Verhältnisse etwas mildern. Bei der
Nähe des Hauses Grimm werden sich

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aber Unannehmlichkeiten wie übler Geruch und Lärm nicht vollständig vermeiden
lassen.»
Bei einem ersten Augenschein des Obergerichtes des Kantons Aargau am 6.
September 1929 liess sich bei durchwegs geschlossenen Fenstern «in keinem der
Wohn- oder Schlafräume, und auch in der Küche nicht, ein unangenehmer Geruch,
der von den Schweinestallungen des Beklagten hätte herrühren können,
wahrnehmen». Jedoch «sobald man von der Hauptstrasse in den zwischen den
Liegenschaften der Parteien durchführenden Feldweg einbog, empfand man einen
äusserst widrigen, geradezu ekelhaften Geruch... Es herrschte eine ziemlich
starke Windströmung West-Ost, die den üblen Geruch durch die Gasse zwischen
den beiden Häusern gegen die Hauptstrasse trieb».
Anfangs 1930 liess der Beklagte einen Ventilator in die Schweinescheune
einbauen.
Hernach fand am 13. Juni 1930 ein weiterer obergerichtlicher Augenschein statt
mit folgendem Ergebnis: «Es war ein etwas schwüler Nachmittag. Als sich die
Abordnung des Obergerichtes an Ort und Stelle begab, machte sich schon auf der
Dorfstrasse vor der Liegenschaft des Beklagten, vor allem aber auf dem
Verbindungsweg zwischen den Liegenschaften der Parteien ein äusserst
unangenehmer, von der Schweinestallung herrührender Geruch bemerkbar. Die
Windrichtung ging in der Richtung von den Stallungen gegen die Strasse.» Bei
diesem Anlasse gab der Kläger zu, dass «es allerdings etwas besser geworden
ist, seit die Ventilation eingebaut ist», aber, fügte er bei: «es stinkt eben
immer noch, dass man es nicht aushalten kann.»
B. - Bezirksgericht und Obergericht haben den Beklagten verurteilt, in den
jetzt von ihm für eine Schweinezüchterei und Schweinemastanstalt benützten
Lokalitäten diesen Betrieb künftig einzustellen und die dort gehaltenen
Schweine zu beseitigen.
C. - Gegen das Urteil des Obergerichtes vom 20. Juni

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1930 hat der Beklagte die Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit den
Anträgen auf Abweisung der Klage, eventuell Abweisung des Hauptklagebegehrens
und Gutheissung des eventuellen Klagebegehrens dahin, dass der Beklagte
verpflichtet werde, die nötigen Massnahmen zu treffen, um die Belästigungen zu
verringern.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Die Vorinstanz hat angenommen, dass durch den Betrieb der ausgedehnten
Schweinezucht in der Schweinescheune des Beklagten in unmittelbarer Nähe des
klägerischen Hauses der Haushaltungs- und Geschäftsbetrieb in übermässiger
Weise nachteilig beeinflusst wird, dass nämlich zu gewissen Zeiten die
Ausdünstung der Tiere und ihrer Ausscheidungen eine schwere Belästigung für
den Kläger und die in seinem Hause wohnenden und verkehrenden Personen
bedingen, dass im allgemeinen von solchen grossen Schweinezüchtereien sehr
intensive widerwärtige und lästige Gerüche ausgehen, die ein Wohnen in
nächster Nähe fast unmöglich machen, dass es sich hier um eine übermässige,
konzentrierte Einwirkung handle, hervorgerufen durch die Unterbringung einer
sehr grossen Anzahl von Schweinen in der Schweinescheune des Beklagten, dass
diese Dünste nicht nur unangenehm. sondern schädlich sind, weil die Dünste
körperliches und seelisches Unbehagen erzeugen, welches direkt und indirekt
als Gesundheitsschädigung angesprochen werden muss.
Diese Annahmen enthalten einerseits tatsächliche Feststellungen, anderseits
aber auch gleichzeitig deren rechtliche Beurteilung, letzteres namentlich
insofern, als wiederholt eine übermässige Einwirkung konstatiert wird.
Indessen lässt sich unter Heranziehung der Augenscheins- und Zeugenprotokolle
und des Expertengutachtens, auf welche die Vorinstanz verweist (teile indirekt
auf dem Weg über das Urteil des Bezirksgerichtes), einigermassen
herausschälen, welche einzelnen Tatsachen der Einwirkung

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die Vorinstanz als erwiesen angesehen und der Zusammenfassung im angefochtenen
Urteile zugrunde gelegt hat. Diese sub litt. A des Tatbestandes
wiedergegebenen Tatsachen hat das Bundesgericht als richtig hinzunehmen, unter
Vorbehalt immerhin der Aktenwidrigkeitsrüge (Art. 81
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 684 - 1 Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
1    Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
2    Verboten sind insbesondere alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Einwirkungen durch Luftverunreinigung, üblen Geruch, Lärm, Schall, Erschütterung, Strahlung oder durch den Entzug von Besonnung oder Tageslicht.597
OG). Eine solche leitet
der Beklagte unzutreffenderweise aus dem Augenscheinsbefund des
Bezirksgerichtes her; denn dieser vermag nicht zu widerlegen, dass in anderen
Zeitpunkten unerträgliche Ausdünstungen sich bemerkbar gemacht haben, und dass
dies ununterbrochen der Fall sei, hat ja weder der Kläger behauptet noch die
Vorinstanz festgestellt. Ebensowenig ist nachprüfbar, weil die Tatfrage und
nicht die Rechtsfrage betreffend, ob eine Einwirkung erträglich sei oder nicht
(BGE 51 II S. 402 und die dort angeführten Urteile). Somit bleibt für die
Nachprüfung der Rechtsfrage durch das Bundesgericht nur wenig Raum.
2.- Der Beklagte meint, die Einwirkung sei nach der Lage der klägerischen
Liegenschaft in einem Bauerndorfe nicht ungerechtfertigt. In der Tat müssen
die Nachbarn in landwirtschaftlichem Gebiet ein mehreres an Dünsten dulden als
z. B. in reinen Wohnquartieren. Allein auch hier kann ihnen nur das Dulden
solcher Dunst-Einwirkungen zugemutet werden, die von Liegenschaften auszugehen
pflegen, auf denen in normaler Weise ein Bauerngewerbe betrieben wird. Nicht
zu beanstanden ist es also, wenn an solchen Orten Schweine in der Zahl
gehalten werden, wie sie zur Verwertung der Abfälle oder zur Selbstversorgung
notwendig ist, mag der bei sorgfältiger Wartung nicht vermeidbare Geruch sich
in der Nachbarschaft auch wenig angenehm bemerkbar machen. Um solche
Verhältnisse handelt es sich aber bei der Schweinemästerei des Beklagten
nicht, die nur insofern mit dem Bauerngewerbe zusammenhängt, als Abfälle von
landwirtschaftlichen Erzeugnissen durch Verfüttern an die Schweine günstig
verwertet werden können und anderseits die die landwirtschaftliche Produktion
fördernde Jauche

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erzeugt wird. Vielmehr ist sie, wie die Käserei, mit der sie zusammenhängt,
ein Gewerbebetrieb besonderer Art, der auch in landwirtschaftlichen Gegenden
jeweilen nur vereinzelt besteht und daher für die Bestimmung der «Lage und
Beschaffenheit der Grundstücke» und des Ortsgebrauches nicht in Betracht
fällt, worauf es bei der Beurteilung der Frage ankommt, ob eine Einwirkung zu
dulden sei. Sind die Dunst- (und Lärm-) Einwirkungen, die von einer solchen
grossen Schweinemästerei ausgehen, derart wesentlich stärker als die von einem
gewöhnlichen Bauerngut ausgehenden ähnlich gearteten, dass sie als übermässig
bezeichnet zu werden verdienen, so müssen sie auch in Bauerndörfern nicht
geduldet werden. Solche Gewerbebetriebe finden nur Platz, wo in kleinerem
Umkreise keine Wohnstätten sich befinden, mag dies der Rendite auch abträglich
sein, wenn nämlich die räumliche Trennung von der bereits im Dorfe stehenden
Käserei stattfinden muss.
3.- Übrigens erweisen sich die hier in Betracht kommenden Ausdünstungen
geradezu als schädlich, mindestens für die unmittelbare Nachbarschaft, und
sind daher nicht nur unter den eben genannten Voraussetzungen verboten, was
darauf hinausläuft, dass grosse Schweinemästereien inmitten eines nicht allzu
klein bemessenen eigenen Bodens gestellt werden müssen, wenn sie auch in
Zukunft unangetastet bleiben sollen. In Übereinstimmung mit den Experten ist
nämlich als schädlich nicht nur eine Einwirkung anzusehen, die eine manifeste
Krankheit auszulösen vermag, sondern jede, die das Wohlbefinden erheblich
beeinträchtigt; hieher sind in erster Linie das Verursachen von Unlust zur
Nahrungsaufnahme und die Verunmöglichung des Einatmens frischer Luft zu
gewissen, mehr oder weniger regelmässig wiederkehrenden Zeiten zu rechnen, die
im Zusammenhang stehen mit der starken Intensität der Ausdünstungen, über die
sich der Kläger beschwert. Durch Schliessen der Fenster wird man der
letztgenannten schädlichen Einwirkung überhaupt nicht

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entgehen und der erstgenannten kaum genügend begegnen können, da es oftmals
bereits zu spät sein dürfte, wenn man der Notwendigkeit dieser Schutzvorkehr
gewahr wird. Somit kann das Haus des Klägers ohne Risiko einer
Gesundheitsstörung nur noch von Personen bewohnt werden, die über eine
besonders gute Gesundheit an Leib und Seele verfügen, wodurch dessen
Verwertbarkeit beeinträchtigt wird, wie der negative Ausgang der Verhandlungen
über teilweise Vermietung bereits dargetan hat.
4.- Daraus, dass der Kläger nicht schon gegen das Bauprojekt des Beklagten
Stellung genommen hat, kann der Beklagte keinen Verzicht herleiten, der
übrigens höchstens den Kläger persönlich hätte verpflichten können, solange er
seine Liegenschaft behält (vgl. Art. 680 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 680 - 1 Die gesetzlichen Eigentumsbeschränkungen bestehen ohne Eintrag im Grundbuch.
1    Die gesetzlichen Eigentumsbeschränkungen bestehen ohne Eintrag im Grundbuch.
2    Ihre Aufhebung oder Abänderung durch Rechtsgeschäft bedarf zur Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung und der Eintragung in das Grundbuch.
3    Ausgeschlossen ist die Aufhebung oder Abänderung von Eigentumsbeschränkungen öffentlich-rechtlichen Charakters.
ZGB). Dieser mag sich damals
über die Intensität der Ausdünstung der Schweine und des Stalles zum voraus
keine genügende Rechenschaft gegeben haben, was ihm der Beklagte umsoweniger
zum Vorwurf machen darf, weil auf ihn selbst das gleiche zutreffen dürfte;
denn andernfalls würde er ohnehin keine Nachsicht verdienen.
5.- von Bundesrechts wegen lässt sich nicht beanstanden, dass die Vorinstanz
sich mit einer einmaligen Beweiserhebung über den mit dem Einbau des
Ventilators erzielten Erfolg durch ihren zweiten Augenschein begnügt hat. Zu
dieser Verbesserung ist der Beklagte aus freien Stücken, in der Hoffnung auf
einen Vergleich, geschritten, und nicht etwa zufolge einer gerichtlichen
Anordnung, zudem recht spät, nämlich über ein Jahr nach Erstattung des
Expertengutachtens, das diese Anregung machte. Schon die Experten hatten
seinerzeit nicht mehr voraussagen wollen, als dass dadurch «die Verhältnisse
sich vielleicht etwas mildern lassen», was der Kläger denn auch zugegeben hat,
immerhin mit dem Beifügen, dass der Zustand auch jetzt noch ein unerträglicher
sei. Hievon überzeugte sich auch das Obergericht beim zweiten Augenschein für
den damaligen Zeitpunkt. Damit war die Unzulässigkeit der Anlage des Beklagten
nach

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wie vor dargetan, gleichgültig ob die Ausdünstungen sich nun weniger häufig
gleich unangenehm bemerkbar machen als früher. An den Störungen durch die
Jaucheabfuhr vermag übrigens der Ventilator nichts zu ändern. Was für
Folgerungen der Beklagte in letzterer Beziehung aus dem Gutachten ziehen will
und kann, hat er nie angegeben, obwohl ihm hiefür schon bis zur
obergerichtlichen Beurteilung anderthalb Jahre zur Verfügung standen.
6.- Dem Rückweisungsantrage kann schon deswegen keine Folge gegeben werden,
weil er zu unbestimmt gefasst ist, ohne Bezugnahme auf geeignete
Verbesserungen (BGE 44 II S. 30). Dies hängt damit zusammen, dass der Beklagte
selbst eben nicht weiss, auf welche Weise er wirksam Abhülfe schaffen könnte,
ebensowenig wie die Experten, die sich auf einige vorsichtige Andeutungen
beschränken mussten. Diesen Rechnung zu tragen hätte er übrigens schon bisher
genügend Zeit gehabt. Was er heute gestützt auf von einem Bekannten gemachte
Anregungen vorbringt, ist als neu ohnehin unbeachtlich (Art. 80
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 680 - 1 Die gesetzlichen Eigentumsbeschränkungen bestehen ohne Eintrag im Grundbuch.
1    Die gesetzlichen Eigentumsbeschränkungen bestehen ohne Eintrag im Grundbuch.
2    Ihre Aufhebung oder Abänderung durch Rechtsgeschäft bedarf zur Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung und der Eintragung in das Grundbuch.
3    Ausgeschlossen ist die Aufhebung oder Abänderung von Eigentumsbeschränkungen öffentlich-rechtlichen Charakters.
OG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons
Aargau vom 20. Juni 1930 bestätigt.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 56 II 355
Date : 01. Januar 1930
Published : 09. Oktober 1930
Source : Bundesgericht
Status : 56 II 355
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Hält eine Schweinemastanstalt vor Art. 684 ZGB stand? Abgrenzung von Tat- und Rechtsfrage (Abs. 1).


Legislation register
OG: 80  81
ZGB: 680  684
BGE-register
44-II-30 • 51-II-397 • 56-II-355
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