S. 56 / Nr. 11 Registersachen (d)

BGE 56 I 56

11. Urteil der I. Zivilabteilung vom 11. Februar 1930 i. S. Scheidegger gegen
Regierungsrat Appenzell A.- Rh.

Regeste:
Das kantonale Handelsregisterbureau ist befugt, zu prüfen, ob die angemeldete
Verlegung des Sitzes einer Einzelfirma der Wirklichkeit entspricht.
Merkmale des Geschäftssitzes bei einem Unternehmen, in dem die eigentliche
Handelstätigkeit gegenüber der Fabrikation nebensächlicher ist. OR Art. 865
Abs. 4.


Seite: 57
A. - Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Walzenhausener Mineralquellen in
Walzenhausen. Seine Firma in Walzenhausen ist im Handelsregister des Kantons
Appenzell A.- Rh. eingetragen. Im Jahre 1928 verlegte er seinen Wohnsitz von
Walzenhausen nach St. Margrethen und hierauf nach St. Gallen. Im Jahre 1929
richtete er in St. Gallen in der von ihm gemieteten Wohnung ein Bureau ein,
von wo aus er Reisen unternimmt, Geschäftsbriefe empfängt und versendet, zwei-
bis dreimal in der Woche zur Ueberwachung des Betriebes nach Walzenhausen
fährt und wo er ausser dem Telephon ein Postscheckkonto eröffnet hat. Am 2.
September wurde auf sein Gesuch im Handelsregister des Kantons St. Gallen
eingetragen, dass der Sitz seiner Firma von Walzenhausen nach St. Gallen
verlegt worden sei. Gleichzeitig meldete er die Löschung im Handelsregister
des Kantons Appenzell A.- Rh. an. Am 18. September 1929 lehnte das
Handelsregisteramt des Kantons Appenzell A.- Rh. die Löschung ab und forderte
den Beschwerdeführer auf, beim Handelsregister den Wechsel des Wohnsitzes
anzumelden, da nur dieser, nicht der Geschäftssitz verlegt worden sei. Am 20.
September 1929 erhob der Beschwerdeführer Einsprache gegen die Verweigerung
der Löschung. Das Handelsregisterbureau des Kantons Appenzell A.- Rh.
erkundigte sich darauf bei den Polizeibehörden der Stadt St. Gallen nach dem
Umfang und Wesen der in St. Gallen ausgeübten Geschäftstätigkeit des
Beschwerdeführers. Hierauf hielt es in seinen Schreiben vom 4. und 7. Oktober
1929 an seinem Standpunkt fest. Als auch der Beschwerdeführer auf seinem
Löschungsgesuch beharrte, unterbreitete es die Angelegenheit am 14. Oktober
1929 dem Regierungsrat des Kantons Appenzell A. Rh. zur Entscheidung.
B. - Durch Verfügung vom 31. Oktober 1929 hat der Regierungsrat des Kantons
Appenzell A. Rh. das Gesuch um Löschung im Handelsregister abgewiesen.
C. - Gegen diese Verfügung hat Franz Scheidegger

Seite: 58
am 30. November 1929 die verwaltungsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht
ergriffen und den Antrag gestellt, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben
und das -Handelsregisterbureau des Kantons Appenzell A. Rh. sei zu
verpflichten, die geforderte Löschung einzutragen, eventuell seien die Akten
zur Abnahme der angebotenen Beweise an den Regierungsrat zurückzuweisen.
D. - Der Regierungsrat des Kantons Appenzell A. Rh. hat in seiner Beantwortung
der Beschwerde vom 3. Januar 1930 Abweisung der Beschwerde und Bestätigung
seiner Verfügung vom 31. Oktober 1929 beantragt.
E. - Das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat in seiner
Vernehmlassung vom 18. Januar 1930 die Auffassung begründet, die Beschwerde
sollte geschützt werden.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Die vorliegende Beschwerde ist an die staats- und verwaltungsrechtliche
Abteilung des Bundesgerichtes gerichtet worden, obschon das Bundesgericht die
Verwaltungsgerichtsbarkeit in allen Handelsregistersachen (BG über die eidg.
Verwaltungs- und Disziplinarrechtspflege Anhang I) gemäss Art. 2 Abs. 2 des
angeführten Gesetzes der I. Zivilabteilung zugewiesen hat. Diese unrichtige
Bezeichnung der zuständigen Abteilung schadet jedoch nichts, weil das
Verwaltungsgericht dem Bundesgericht nicht etwa angegliedert ist, sondern weil
die Verwaltungsgerichtsbarkeit dem Bundesgericht als solchem zugeteilt ist und
seine Abteilungen keine selbständigen Gerichte bilden. (Vgl. KIRCHHOFER, Die
Verwaltungsrechtspflege beim Bundesgericht, S. 4).
2. -Entscheidend für den Ausgang der Beschwerde ist die Rechtsfrage, ob der
Sitz, d. h. die Hauptniederlassung des Geschäftes des Beschwerdeführers im
Sinne des Art. 865 Abs. 4
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 865 - 1 Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsanspruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Erben keine Abfindung beanspruchen.
1    Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsanspruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Erben keine Abfindung beanspruchen.
2    Wird die Genossenschaft innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden oder nach dem Tode eines Genossenschafters aufgelöst und wird das Vermögen verteilt, so steht dem Ausgeschiedenen oder seinen Erben der gleiche Anspruch zu wie den bei der Auflösung vorhandenen Genossenschaftern.
OR sich nunmehr in St. Gallen, oder immer noch in
Walzenhausen befindet. Bevor diese Frage jedoch beantwortet werden kann, ist
zu untersuchen,

Seite: 59
ob das Handelsregisterbureau des Kantons Appenzell A. Rh. überhaupt befugt
war, sie zu entscheiden, oder ob es nicht verpflichtet gewesen wäre, dem
Löschungsgesuch zu entsprechen, es den Gerichten überlassend, die Frage in
einem allfälligen Zivilprozess zu beurteilen. Die I. Zivilabteilung des
Bundesgerichtes hat in einem Urteil vom 25. September 1929 in Sachen S. A.
Institut et Pensionat Le Manoir ca. Tribunal cantonal vaudois et Dames
Wakulsky et Décorvet (BGE 55 I S. 189, Erw. 2) erkannt, dass die
Registerbehörde überhaupt nicht zuständig sei, zu untersuchen, wo sich der
Sitz einer Gesellschaft wirklich befinde, wenn er nicht Bestandteil der Firma
bilde. Diese Auffassung lässt sich in dieser Allgemeinheit jedoch nicht
aufrecht halten. Nach Art. 1 der revidierten Verordnung II vom 16. Dezember
1918 müssen alle Eintragungen im Handelsregister der Wahrheit entsprechen, und
sie dürfen zu keinen Täuschungen Anlass geben. Daraus ergibt sich, dass nicht
nur die Firma nichts Unwahres enthalten darf, sondern jede Eintragung, also
auch der Sitz einer Firma, auch wenn er nicht einen Teil der Firma bildet.
Dieser Rechtssatz über die Wahrheitspflicht aller Eintragungen wendet sich an
jedermann, und die Registerbehörden haben ihn im Rahmen ihrer Zuständigkeit,
also bei der Vornahme der Eintragungen und Löschungen, anzuwenden. Mit Recht
verweist das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement in seiner
Vernehmlassung darauf, dass das Handelsregister nach Art. 9
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 9 - 1 Öffentliche Register und öffentliche Urkunden erbringen für die durch sie bezeugten Tatsachen vollen Beweis, solange nicht die Unrichtigkeit ihres Inhaltes nachgewiesen ist.
1    Öffentliche Register und öffentliche Urkunden erbringen für die durch sie bezeugten Tatsachen vollen Beweis, solange nicht die Unrichtigkeit ihres Inhaltes nachgewiesen ist.
2    Dieser Nachweis ist an keine besondere Form gebunden.
ZGB den gleichen
Beweiswert besitzt, wie die öffentlichen Urkunden. Diese rechtliche
Eigenschaft des Handelsregisters lässt es nicht zu, dass die Registerbehörden
die angemeldeten Eintragungen unbesehen vornehmen und nicht prüfen, ob die
Tatsachen gegeben sind, die eine Eintragung als wahr und rechtlich begründet
erscheinen lassen. Das Handelsregisterbureau des Kantons Appenzell A. Rh. war
daher berechtigt und verpflichtet, zu prüfen, ob der Beschwerdeführer die
Hauptniederlassung wirklich nach St. Gallen verlegt habe. Der Rekurrent

Seite: 60
macht denn auch mit Recht nicht geltend, dass die appenzellische
Registerbehörde ihre Zuständigkeit überschritten, sondern er behauptet, dass
sie sie unrichtig ausgeübt hätte.
3.- Bei der Entscheidung, wo sich die Hauptniederlassung des Beschwerdeführers
im Sinne `des Art. 865 Abs. 4
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 865 - 1 Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsanspruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Erben keine Abfindung beanspruchen.
1    Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsanspruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Erben keine Abfindung beanspruchen.
2    Wird die Genossenschaft innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden oder nach dem Tode eines Genossenschafters aufgelöst und wird das Vermögen verteilt, so steht dem Ausgeschiedenen oder seinen Erben der gleiche Anspruch zu wie den bei der Auflösung vorhandenen Genossenschaftern.
OR befinde, sind ausschliesslich Sinn und Zweck
des Handelsregisters, nicht steuerrechtliche Gesichtspunkte massgebend. Es
bleibt den Steuerbehörden der Kantone Appenzell A. Rh. und St. Gallen und im
Streitfall dem Bundesgericht als Doppelbesteuerungsinstanz überlassen, zu
entscheiden, ob und in welchem Umfang der Wohnsitzverlegung und Einrichtung
eines Bureaus in St. Gallen steuerrechtliche Folgen zuzurechnen sind und ob
dabei die Eintragung im Handelsregister zu berücksichtigen ist.
4.- Zur Eintragung im Handelsregister ist nach Art. 865 Abs. 4
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 865 - 1 Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsanspruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Erben keine Abfindung beanspruchen.
1    Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsanspruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Erben keine Abfindung beanspruchen.
2    Wird die Genossenschaft innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden oder nach dem Tode eines Genossenschafters aufgelöst und wird das Vermögen verteilt, so steht dem Ausgeschiedenen oder seinen Erben der gleiche Anspruch zu wie den bei der Auflösung vorhandenen Genossenschaftern.
OR
verpflichtet, wer ein Handels-, Fabrikations- oder anderes nach kaufmännischer
Art geführtes Gewerbe betreibt. Die für die Bestimmung der Hauptniederlassung
des Gewerbes massgebenden Kriterien werden infolgedessen verschieden sein, je
nachdem ein Handels- oder ein Fabrikationsunternehmen in Frage steht. Es gibt
Fabrikationsgewerbe, die sich des Handels, d. h. der Verbindung mit dem
offenen Markt fast oder ganz enthalten, die z. B. an einen oder wenige Kunden
liefern und bei denen deshalb die kaufmännische Tätigkeit von geringem Umfang
oder, wie bei der Kalkulation und Fabrikbuchhaltung, auf das Technische
gerichtet ist. Da das Gesetz ausser den Handelsfirmen auch diese Unternehmen
zur Eintragung verpflichtet hat, ist klar, dass in solchen und ähnlichen
Fällen ~ der Ort des technischen Betriebes nicht unerheblich sein kann. Die
Bedeutung der rein kaufmännischen Tätigkeit bei der Bestimmung des Sitzes
eines Unternehmens hängt also davon ab, welche Rolle sie in seinem ganzen
Rahmen spielt. Wollte man statt dessen ausschliesslich und in allen Fällen auf
den Ort der oft nebensächlichen und geringen eigentlichen

Seite: 61
Handelstätigkeit abstellen, so würden gerade dadurch die missverständlichen
oder geradezu unwahren Eintragungen entstehen, welche Art. 1 der Verordnung
von 1918 verbieten will.
Im vorliegenden Fall kann nicht zweifelhaft sein, dass sich der Betrieb des
Beschwerdeführers in Walzenhausen befindet. Das rührt zunächst daher, dass
dort der verwendete Rohstoff, das Mineralwasser, gewonnen wird. Allein in
Walzenhausen werden nicht nur die Flaschen abgefüllt, sondern dort wird alles
vorgenommen, was zur Verkaufsbereitschaft des Erzeugnisses notwendig ist. Der
Beschwerdeführer hat nicht behauptet, dass er anderswo als in Walzenhausen die
Fabrikation oder die Vollendung der Fabrikation betreibe. Es ist also auch
anzunehmen, dass die Kohlensäure dem Wasser in Walzenhausen bei gefügt werde.
Aber auch von der Verkaufsbereitschaft des Wassers an spielt sich die
Tätigkeit des Beschwerdeführers nicht in St. Gallen, sondern in Walzenhausen
ab, Dort wird das Erzeugnis gelagert und von dort aus wird es versandt. Im
Gegensatz zu einzelnen andern Unternehmungen der Getränkerzeugung, z. B. des
Weinbaues und Weinhandels, aber auch der Mineralwasserbranche, wird im
vorliegenden Fall das Produkt vor dem Versand überhaupt nicht an den Ort der
behaupteten kaufmännischen Tätigkeit verbracht.
Da der gesamte, dem Fabrikationsgewerbe dienende Betrieb in Walzenhausen ist,
kann es sich nur noch fragen, ob der Beschwerdeführer eine andere als die
technische, aber wesentliche Tätigkeit aus dem Betriebe ausgeschieden und an
einem andern als dem natürlichen Fabrikationsort zu der Hauptniederlassung des
Unternehmens ausgestaltet hat. Eine solche Ausscheidung kann vorkommen. Die
Leitung des Unternehmens wird dann am Ort der Hauptniederlassung sein, und
sämtliche Lieferanten und Abnehmer werden sich im Geschäftsverkehr
ausschliesslich dorthin wenden und von dort auch die Ware beziehen. In einem
solchen Fall können die Handelsregisterbehörden

Seite: 62
die Löschung oder Eintragung nicht mit der Begründung verweigern, alle
Tätigkeit müsse an den natürlichen Herstellungsort gebunden sein. Im
vorliegenden Fall aber ist die Frage zu verneinen. Die kaufmännische Tätigkeit
im Geschäfte des Beschwerdeführers ist an sich gegenüber der technischen von
geringer Bedeutung; das geht schon daraus hervor, dass er behauptet, sie
allein bewältigen zu können und dabei nicht während der ganzen Woche
beschäftigt zu sein. Es ergibt sich ferner aus der Natur des Gewerbes. Nun ist
aber nicht einmal diese geringe kaufmännische Tätigkeit vollständig nach St.
Gallen verlegt worden. Die täglichen Aufschriebe über die Veränderungen der
Aktiven und Passiven, also die laufende Buchhaltung, wird immer noch in
Walzenhausen gemacht. Die Besorgung der Abschlüsse, Bilanzen und Revisionen
durch die ostschweizerische Treuhandgesellschaft in St. Gallen fällt ausser
Betracht, denn sie geschieht unabhängig von der angeblichen Verlegung des
Sitzes nach St. Gallen, und das Merkmal, wo Buch geführt wird, kann offenbar
bei der Bestimmung des Sitzes nicht erheblich sein, wenn und soweit die Bücher
gar nicht durch das Geschäft selbst geführt werden. Auch die Bestellungen und
Zahlungen werden von den Kunden wenigstens teilweise nach Walzenhausen
gerichtet, sei es, dass sie dorthin schreiben, sei es, dass sie sie den
Wagenführern des Beschwerdeführers mündlich aufgeben. Scheidegger behauptet
freilich, dass die Bestellungen schriftlich nach St. Gallen gesandt würden. Er
hat es aber unterlassen, auch nur eine einzige solche Bestellung einzureichen,
was ihm ein Leichtes gewesen wäre; statt dessen sind Korrespondenzen in's
Recht gelegt worden, welche offensichtlich private Angelegenheiten des
Beschwerdeführers betreffen. Es ist auch nicht angeführt worden, dass auf den
Mineralwasserflaschen selbst nunmehr gedruckt wäre, die Hauptniederlassung
befinde sich in St. Gallen. Da schliesslich, wie schon bemerkt wurde, auch der
gesamte Versand von Walzenhausen aus geschieht, und da der

Seite: 63
Beschwerdeführer dort einen kaufmännischen Angestellten unterhält, ist den
zufälligen und nebensächlichen Umständen kein Gewicht beizumessen, dass in St.
Gallen ein Telephon und Postscheckkonto eröffnet wurden, dass dorthin die
Banken ihre Auszüge senden und dass von dort aus der Beschwerdeführer Reisen
unternimmt und dort selbst Reisende empfängt. In Walzenhausen hat sich nichts
Wesentliches verändert, sodass man sagen könnte, die Hauptniederlassung sei
nicht mehr dort.
Das Motiv einer Sitzverlegung ist an sich unwesentlich. Es ist jedoch
auffallend, dass der Beschwerdeführer nicht einmal versucht hat, irgendwelche,
im Unternehmen selbst liegende Gründe anzuführen, welche ihn bewogen haben
sollen, den Sitz zu verlegen.
Aus den vom Rekurrenten erwähnten Entscheidungen des Bundesrates und des
eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes lässt sich für die
Beurteilung des vorliegenden Falles nichts ableiten, da ihnen ein anderer
Tatbestand zu Grunde lag. In dem Erkenntnis i. S. Steiger vom 31. Mai 1910
(STAMPA, Sammlung von Entscheiden in Handelsregistersachen Nr. 2) wurde gerade
ausgeführt, dass die Hauptniederlassung eines Geschäftes vom Wohnsitz des
Inhabers zu unterscheiden sei. In dem Entscheid des Justiz- und
Polizeidepartements vom 8. Juni 1920 i. S. S. A. de l'ancienne Maison Devaud,
Kunstle & Cie (STAMPA Nr. 57) handelte es sich um die Frage, wie die Haupt-
von der Zweigniederlassung zu unterscheiden sei. Wenn dabei ausgeführt wurde,
dass der Fabrikort nicht mit der Hauptniederlassung zusammenfallen müsse,
wurde damit nicht gesagt, welche Merkmale die Annahme einer vom Fabrikort
verschiedenen Hauptniederlassung zulassen.
Die vom Beschwerdeführer gestellten Beweisanträge sind unwesentlich, denn auch
wenn alle vom Beschwerdeführer behaupteten und nicht schon widerlegten
Tatsachen bewiesen würden, könnte das Ergebnis in Würdigung aller Umstände
nicht anders sein. Die Hauptniederlassung

Seite: 64
ist in Walzenhausen geblieben und eine Löschung im Handelsregister des Kantons
Appenzell A. Rh. würde der Wirklichkeit nicht entsprechen und daher zu
Täuschungen Anlass geben. Es steht dem Rekurrenten aber selbstverständlich
frei, die von ihm erwähnten Arbeiten weiterhin in St. Gallen zu verrichten und
hiefür die Eintragung im st. gallischen Register als Eintragung einer
Zweigniederlassung bestehen zu lassen. Es kann in diesem Zusammenhang darauf
verwiesen werden, dass zahlreiche appenzellische Firmen der Textilbranche in
St. Gallen Räumlichkeiten gemietet haben, wo sie an gewissen Tagen Reisende
und Bestellungen empfangen und gewisse kaufmännische Tätigkeiten ausüben, ohne
dass behauptet werden könnte, ihre Hauptniederlassung sei deswegen in St.
Gallen.
Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 56 I 56
Datum : 01. Januar 1930
Publiziert : 11. Februar 1930
Quelle : Bundesgericht
Status : 56 I 56
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Das kantonale Handelsregisterbureau ist befugt, zu prüfen, ob die angemeldete Verlegung des Sitzes...


Gesetzesregister
OR: 865
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 865 - 1 Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsanspruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Erben keine Abfindung beanspruchen.
1    Enthalten die Statuten keine Bestimmung über einen Abfindungsanspruch, so können die ausscheidenden Genossenschafter oder ihre Erben keine Abfindung beanspruchen.
2    Wird die Genossenschaft innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden oder nach dem Tode eines Genossenschafters aufgelöst und wird das Vermögen verteilt, so steht dem Ausgeschiedenen oder seinen Erben der gleiche Anspruch zu wie den bei der Auflösung vorhandenen Genossenschaftern.
ZGB: 9
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 9 - 1 Öffentliche Register und öffentliche Urkunden erbringen für die durch sie bezeugten Tatsachen vollen Beweis, solange nicht die Unrichtigkeit ihres Inhaltes nachgewiesen ist.
1    Öffentliche Register und öffentliche Urkunden erbringen für die durch sie bezeugten Tatsachen vollen Beweis, solange nicht die Unrichtigkeit ihres Inhaltes nachgewiesen ist.
2    Dieser Nachweis ist an keine besondere Form gebunden.
BGE Register
55-I-189 • 56-I-56
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
hauptniederlassung • bundesgericht • frage • regierungsrat • besteller • unternehmung • ware • weiler • wasser • reis • zweigniederlassung • bilanz • entscheid • bewilligung oder genehmigung • wahrheit • lieferung • handel und gewerbe • begründung des entscheids • autonomie • antrag zu vertragsabschluss • rohrleitung • änderung • staatsorganisation und verwaltung • verwaltung • buch • empfang • rohstoff • bestandteil • sitzverlegung • eigenschaft • wille • tag • sammlung • errichtung eines dinglichen rechts • treuhandgesellschaft • zivilprozess • sender • bundesrat • einzelfirma • gewicht
... Nicht alle anzeigen