S. 335 / Nr. 55 Registersachen (d)

BGE 55 I 335

55. Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. Oktober 1929 i. S. Apothekerverein
des Kantons St.Gallen gegen Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs
des Kantons St.Gallen (Handelsregisterwesen).

Regeste:
Der Eintrag einer Apothekerfirma ins Handelsregister, in der als
Geschäftsinhaber eine Person aufgeführt ist, die kein eidg. Apothekerdiplom
besitzt, kann nicht unter Hinweis auf Art. 1 der rev. Verordnung II betr.
Ergänzung der Handelsregisterverordnung verweigert werden.

A. - Am 19. Juli 1929 stellte der Apothekerverein des Kantons St. Gallen bei
der Aufsichtsbehörde über das Handelsregister des Kantons St. Gallen das
Begehren, es sei die gemäss Publikation vom 15. Juni 1929 erfolgte Eintragung
der Firma «Otto Braun, Kronenapotheke & Sanitätsgeschäft» in Rorschach im
Handelsregister zu löschen, da Braun kein eidgenössisches Apothekerdiplom
besitze und deshalb zum Betriebe einer Apotheke nicht

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berechtigt sei. Die genannte Firmabezeichnung verstosse daher gegen Art. 1 der
revidierten Verordnung II betreffend Ergänzung der Handelsregisterverordnung,
wonach alle Eintragungen wahr sein müssen, zu keinen Täuschungen Anlass geben
und keinem öffentlichen Interesse widersprechen dürfen.
B. - Mit Entscheid vom ff. August 1929 hat die kantonale Aufsichtsbehörde die
Beschwerde abgewiesen.
C. - Hiegegen hat der Beschwerdeführer am 7. September 1929 die
verwaltungsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht erhoben, indem er erneut
die Löschung der angefochtenen Firma beantragte.
Braun beantragt, es sei infolge Verspätung, sowie mangels Aktivlegitimation
des Beschwerdeführers auf die Beschwerde nicht einzutreten; eventuell sei
diese abzuweisen.
Das Eidgenössische Justizdepartement ersucht ebenfalls um Abweisung der
Beschwerde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- (Eintretensfrage) .
2.- Die Vorschrift des Art. 1 der revidierten Verordnung II betreffend
Ergänzung der Handelsregisterverordnung, wonach die Eintragungen wahr sein
müssen und zu keinen Täuschungen Anlass geben dürfen, bezieht sich nur auf die
zivilrechtlichen Verhältnisse. Durch den Eintrag eines Kaufmanns im
Handelsregister wird daher nicht festgestellt, dass dieser zum Betriebe des
von ihm bezweckten Geschäftes vom polizeilichen Standpunkte aus berechtigt
sei. Darüber haben ausschliesslich die betreffenden Polizeibehörden zu
befinden. Der Eintrag der hier streitigen Firma kann daher nicht deshalb als
unwahr und zu Täuschungen Anlass gebend angefochten werden, weil Braun nicht
im Besitz eines eidgenössischen Apothekerdiplomers ist. Aber auch das dritte
in Art. 1 der genannte Verordnung aufgestellte Erfordernis, dass die
Eintragung «keinem öffentlichen Interesse» widersprechen

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dürfe, rechtfertigt die Verweigerung eines Eintrages nur, wenn dieser als
solcher, seiner Form nach öffentliche Interessen verletzt. Eine im bezweckten
Geschäftsbetrieb selber liegende Gefährdung aber kann vom
Handelsregisterführer jedenfalls nur dann gewürdigt werden, wenn dessen
Rechtswidrigkeit klar am Tage liegt. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Die
Behauptung, dass, wenn die angefochtene Firma eingetragen werde, das Publikum
über die Eigenschaft des Braun getäuscht werde, trifft nicht zu, da keineswegs
nur solche Geschäftsinhaber in einer Firma mit Namen aufgeführt werden dürfen,
die zugleich auch Leiter des betreffenden Geschäftes sind. Es kann auch dem
Publikum völlig gleichgültig sein, ob die in der Firma aufgeführte Person das
Geschäft persönlich leite; nur daran hat es ein Interesse, dass die Leitung
des wissenschaftlichen Betriebsteiles einer Apotheke unter allen Umständen in
den Händen eines mit dem eidgenössischen Diplom versehenen Apothekers liege.
Dass dies nun aber, wenn ein Nichtapotheker Inhaber einer Apotheke ist, nicht
zutreffe und daher schon der Eintrag ins Handelsregister verweigert werden
müsste, um eine mit Sicherheit voraussehbare Verletzung öffentlicher
Interessen zu verhindern, davon kann keine Rede sein. Auch diesbezüglich ist
es ausschliesslich Sache der zuständigen Sanitätsbehörde, die zum Schutze der
Öffentlichkeit nötigen Vorkehren zu treffen. Bei dieser Sachlage kann daher
die Eintragung der angefochtenen Firma, die vom Beschwerdeführer vom
zivilrechtlichen Standpunkte aus nicht beanstandet wird, nicht verwehrt werden
Demnach erkennt das Bundesgericht.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : 55 I 335
Data : 01. gennaio 1929
Pubblicato : 23. ottobre 1929
Sorgente : Tribunale federale
Stato : 55 I 335
Ramo giuridico : DTF - Diritto amministrativo e diritto internazionale pubblico
Oggetto : Der Eintrag einer Apothekerfirma ins Handelsregister, in der als Geschäftsinhaber eine Person...


Registro DTF
55-I-335
Parole chiave
Elenca secondo la frequenza o in ordine alfabetico
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