S. 33 / Nr. 6 Interkantonales Armenunterstützungsrecht (d)

BGE 55 I 33

6. Urteil vom 8. Februar 1929 i. S. Kanton Zürich gegen Bürgergemeinde Rechte.


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Regeste:
Zuständigkeit des Bundesgerichtes zur Beurteilung einer Klage eines Kantons,
wodurch von einer Gemeinde eines andern Kantons die Übernahme eines Bürgers
verlangt wird (Erw. 1).
Pflicht einer Heimatgemeinde oder eines Heimatkantons eines Bürgers, der
mehrere Kantonsbürgerrechte besitzt, zu dessen Aufnahme ohne Rücksicht darauf,
ob eine andere Gemeinde oder ein anderer Kanton als dessen Heimat im Sinne des
Art. 22
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 22 - 1 Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
1    Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
2    Das Bürgerrecht wird durch das öffentliche Recht bestimmt.
3    Wenn einer Person das Bürgerrecht an mehreren Orten zusteht, so ist für ihre Heimatangehörigkeit der Ort entscheidend, wo sie zugleich ihren Wohnsitz hat oder zuletzt gehabt hat, und mangels eines solchen Wohnsitzes der Ort, dessen Bürgerrecht von ihr oder ihren Vorfahren zuletzt erworben worden ist.
ZGB gilt (Erw. 2).

A. - Adolf Klee-Tössegger, Bürger von Reute und St. Gallen, hatte während
eines Aufenthaltes im Kanton Zürich im August 1928 einen Anfall von
Geisteskrankheit und wurde daher in die Heilanstalt Burghölzli gebracht. Da er
mittellos ist, musste sich die Direktion des Armenwesens des Kantons Zürich
seiner annehmen. Sie ersuchte durch Vermittlung der Direktion des
Gemeindewesens des Kantons Appenzell A.-Rh. die Bürgergemeinde Beute, den
kranken Klee zu übernehmen und für die seit dem 30. August 1928 entstehenden
Pflegekosten aufzukommen. Zudem beschloss der Regierungsrat des Kantons Zürich
am 6. September 1928, den Adolf Klee heimzuschaffen, und zeigte das der
Regierung von Appenzell A.-Rh. an. Der Gemeinderat von Reute lehnte jedoch die
Aufnahme und den Ersatz der Kosten der Unterstützung des Adolf Klee ab, indem
er geltend machte, dass nach Art. 22 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 22 - 1 Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
1    Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
2    Das Bürgerrecht wird durch das öffentliche Recht bestimmt.
3    Wenn einer Person das Bürgerrecht an mehreren Orten zusteht, so ist für ihre Heimatangehörigkeit der Ort entscheidend, wo sie zugleich ihren Wohnsitz hat oder zuletzt gehabt hat, und mangels eines solchen Wohnsitzes der Ort, dessen Bürgerrecht von ihr oder ihren Vorfahren zuletzt erworben worden ist.
ZGB die Gemeinde St. Gallen hiezu
verpflichtet sei, weil Klee nie in Reute, wohl aber in St. Gallen gewohnt und
auch das Bürgerrecht von St. Gallen erst nach demjenigen von Reute, im Jahre
1924, erworben hatte.

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B. - Hierauf hat der Regierungsrat des Kantons Zürich mit staatsrechtlicher
Klage vom 25. Oktober 1928 beim Bundesgericht den Antrag gestellt, die
Bürgergemeinde Reute sei «zu verpflichten, den Adolf Klee in heimatliche
Anstaltsversorgung zu übernehmen und dem Kanton Zürich die seit 30. August
1928 laufenden Pflegekosten in der Heilanstalt Burghölzli mit 6 Fr. täglich
zuzüglich allfällige Nebenauslagen zu vergüten».
C. - Der Gemeinderat von Reute hat, unterstützt von Regierungsrat von
Appenzell A.-Rh., die Abweisung der Klage beantragt. Eventuell, für den Fall
der Gutheissung, ersucht er, in der Begründung des Entscheides die Frage zu
beantworten, ob der Bürgergemeinde Reute ein Rückgriffsrecht gegenüber der
Ortsgemeinde (Bürgergemeinde) St. Gallen zustehe.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Das Bundesgericht ist unbestrittenermassen zur Beurteilung der
vorliegenden Klage zuständig. Der Streit über die Pflicht zur Übernahme und
Unterstützung eines Bürgers zwischen dem Kanton Zürich und der appenzellischen
Bürgergemeinde Reute, wobei der Regierungsrat von Appenzell A.-Rh. deren
Standpunkt unterstützt, ist zweifellos eine staatsrechtliche Streitigkeit
zwischen zwei Kantonen im Sinne des Art. 175 Ziff. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 22 - 1 Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
1    Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
2    Das Bürgerrecht wird durch das öffentliche Recht bestimmt.
3    Wenn einer Person das Bürgerrecht an mehreren Orten zusteht, so ist für ihre Heimatangehörigkeit der Ort entscheidend, wo sie zugleich ihren Wohnsitz hat oder zuletzt gehabt hat, und mangels eines solchen Wohnsitzes der Ort, dessen Bürgerrecht von ihr oder ihren Vorfahren zuletzt erworben worden ist.
und des Art. 177
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 22 - 1 Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
1    Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
2    Das Bürgerrecht wird durch das öffentliche Recht bestimmt.
3    Wenn einer Person das Bürgerrecht an mehreren Orten zusteht, so ist für ihre Heimatangehörigkeit der Ort entscheidend, wo sie zugleich ihren Wohnsitz hat oder zuletzt gehabt hat, und mangels eines solchen Wohnsitzes der Ort, dessen Bürgerrecht von ihr oder ihren Vorfahren zuletzt erworben worden ist.
OG, die
das Bundesgericht auf Begehren des Regierungsrates des Kantons Zürich zu
beurteilen hat (BGE 49 I S. 449; Entscheid des BG i. S. Zürich g. Glarus v.
22. Juni 1928 Erw. 1). Es handelt sich nicht um eine Streitigkeit im Sinne der
Art. 18 und 19 des Konkordates über wohnörtliche Unterstützung, die vom
Bundesrat zu beurteilen wäre, da der Kanton Appenzell A.-Rh. diesem Konkordat
nicht beigetreten ist.
2.- Nach Art. 44
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 44 Grundsätze - 1 Bund und Kantone unterstützen einander in der Erfüllung ihrer Aufgaben und arbeiten zusammen.
1    Bund und Kantone unterstützen einander in der Erfüllung ihrer Aufgaben und arbeiten zusammen.
2    Sie schulden einander Rücksicht und Beistand. Sie leisten einander Amts- und Rechtshilfe.
3    Streitigkeiten zwischen Kantonen oder zwischen Kantonen und dem Bund werden nach Möglichkeit durch Verhandlung und Vermittlung beigelegt.
und 45 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 45 Mitwirkung an der Willensbildung des Bundes - 1 Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
1    Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend über seine Vorhaben; er holt ihre Stellungnahmen ein, wenn ihre Interessen betroffen sind.
BV ist die Heimatgemeinde oder der Heimatkanton
einer Person, die sich anderswo in der Schweiz aufhält, verpflichtet, diese
aufzunehmen, wenn sie an ihrem Aufenthaltsort dauernd der

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öffentlichen Wohltätigkeit zur Last fällt und der Heimatkanton oder die
Heimatgemeinde eine angemessene Unterstützung trotz amtlicher Aufforderung
nicht gewährt. Es steht unbestrittenermassen fest, dass die Bürgergemeinde
Reute danach die Pflicht hat, den Adolf Klee infolge des Begehrens des Kantons
Zürich zu übernehmen, wenn sie für den vorliegenden Fall als dessen
Heimatgemeinde anzusehen ist. Der Gemeinderat von Reute bestreitet lediglich,
dass diese Voraussetzung zutreffe, indem er unter Berufung auf Art. 22 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 22 - 1 Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
1    Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
2    Das Bürgerrecht wird durch das öffentliche Recht bestimmt.
3    Wenn einer Person das Bürgerrecht an mehreren Orten zusteht, so ist für ihre Heimatangehörigkeit der Ort entscheidend, wo sie zugleich ihren Wohnsitz hat oder zuletzt gehabt hat, und mangels eines solchen Wohnsitzes der Ort, dessen Bürgerrecht von ihr oder ihren Vorfahren zuletzt erworben worden ist.

ZGB die Ansicht vertritt, dass nur die Bürger- oder Ortsgemeinde St. Gallen
für den vorliegenden Fall als Heimatgemeinde des Klee gelte. Allein dieser
Standpunkt ist unhaltbar. Wenn ein Schweizerbürger das Bürgerrecht einer
andern Gemeinde und eines andern Kantons, als er bisher besass, erwirbt, so
geht damit sein bisheriges Gemeinde- und Kantonsbürgerrecht - abgesehen von
einem gültigen Verzicht hierauf - nicht unter (ULLMER, Staater. Praxis II S.
120); sondern jede der in Frage stehenden Gemeinden gilt dann als seine
Heimatgemeinde im Sinne der Art. 44
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 44 Grundsätze - 1 Bund und Kantone unterstützen einander in der Erfüllung ihrer Aufgaben und arbeiten zusammen.
1    Bund und Kantone unterstützen einander in der Erfüllung ihrer Aufgaben und arbeiten zusammen.
2    Sie schulden einander Rücksicht und Beistand. Sie leisten einander Amts- und Rechtshilfe.
3    Streitigkeiten zwischen Kantonen oder zwischen Kantonen und dem Bund werden nach Möglichkeit durch Verhandlung und Vermittlung beigelegt.
und 45
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 45 Mitwirkung an der Willensbildung des Bundes - 1 Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
1    Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend über seine Vorhaben; er holt ihre Stellungnahmen ein, wenn ihre Interessen betroffen sind.
BV und muss ihn aufnehmen, sei es
dass er selbst es verlangt oder sein Aufenthaltskanton es wegen Verarmung nach
Art. 45 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 45 Mitwirkung an der Willensbildung des Bundes - 1 Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
1    Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend über seine Vorhaben; er holt ihre Stellungnahmen ein, wenn ihre Interessen betroffen sind.
und 5
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 45 Mitwirkung an der Willensbildung des Bundes - 1 Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
1    Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend über seine Vorhaben; er holt ihre Stellungnahmen ein, wenn ihre Interessen betroffen sind.
BV fordert und dem nicht eine besondere Vereinbarung
zwischen diesem und dem Heimatkanton im Wege steht. Die Heimatgemeinde, von
der in einem solchen Falle die Aufnahme verlangt wird, kann diese nicht mit
dem Hinweis darauf ablehnen, dass sie Sache der andern Heimatgemeinde sei. Das
Bundesgericht hat das in seinem Urteil i. S. Appenzell A.-Rh. gegen Genf vom
8. Dezember 1897 (BGE 23 S. 1468) ausdrücklich festgestellt. Schon damals galt
aber für die zivilrechtlichen Verhältnisse und den Gerichtstand die dem Art.
22 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 22 - 1 Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
1    Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
2    Das Bürgerrecht wird durch das öffentliche Recht bestimmt.
3    Wenn einer Person das Bürgerrecht an mehreren Orten zusteht, so ist für ihre Heimatangehörigkeit der Ort entscheidend, wo sie zugleich ihren Wohnsitz hat oder zuletzt gehabt hat, und mangels eines solchen Wohnsitzes der Ort, dessen Bürgerrecht von ihr oder ihren Vorfahren zuletzt erworben worden ist.
ZGB analoge Vorschrift des Art. 5
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 5 Zweck und Betrieb - 1 Das Schweizerische Register der Urkundspersonen (UPReg) gibt Zulassungsbestätigungen zur Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen aus und macht Daten über die darin eingetragenen Urkundspersonen im Internet öffentlich zugänglich.
1    Das Schweizerische Register der Urkundspersonen (UPReg) gibt Zulassungsbestätigungen zur Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen aus und macht Daten über die darin eingetragenen Urkundspersonen im Internet öffentlich zugänglich.
2    Es wird vom Bundesamt für Justiz (BJ) betrieben.
NAG, wonach, «wenn jemand in
mehrern Kantonen heimatberechtigt ist, für die Anwendung der Bestimmungen
dieses Gesetzes als Heimat derjenige Heimatkanton gilt, in welchem er seinen
letzten Wohnsitz gehabt hat, und falls er seinen Wohnsitz

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niemals in einem der Heimatkantone gehabt hat, derjenige Kanton, dessen
Bürgerrecht er oder seine Vorfahren zuletzt erworben haben». Sowenig wie diese
Vorschrift hat Art. 22 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 22 - 1 Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
1    Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
2    Das Bürgerrecht wird durch das öffentliche Recht bestimmt.
3    Wenn einer Person das Bürgerrecht an mehreren Orten zusteht, so ist für ihre Heimatangehörigkeit der Ort entscheidend, wo sie zugleich ihren Wohnsitz hat oder zuletzt gehabt hat, und mangels eines solchen Wohnsitzes der Ort, dessen Bürgerrecht von ihr oder ihren Vorfahren zuletzt erworben worden ist.
ZGB an der Pflicht der Heimatgemeinden zur
Aufnahme eines Doppelbürgers etwas geändert (vgl. EGGER, Komm. zu Art. 22
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 22 - 1 Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
1    Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
2    Das Bürgerrecht wird durch das öffentliche Recht bestimmt.
3    Wenn einer Person das Bürgerrecht an mehreren Orten zusteht, so ist für ihre Heimatangehörigkeit der Ort entscheidend, wo sie zugleich ihren Wohnsitz hat oder zuletzt gehabt hat, und mangels eines solchen Wohnsitzes der Ort, dessen Bürgerrecht von ihr oder ihren Vorfahren zuletzt erworben worden ist.
ZGB
N. 4 b, Entscheid des BG i. S. Armenpflege Sulgen gegen St. Gallen v. 25. März
1915). Die Bestimmungen der Art. 22 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 22 - 1 Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
1    Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
2    Das Bürgerrecht wird durch das öffentliche Recht bestimmt.
3    Wenn einer Person das Bürgerrecht an mehreren Orten zusteht, so ist für ihre Heimatangehörigkeit der Ort entscheidend, wo sie zugleich ihren Wohnsitz hat oder zuletzt gehabt hat, und mangels eines solchen Wohnsitzes der Ort, dessen Bürgerrecht von ihr oder ihren Vorfahren zuletzt erworben worden ist.
ZGB und 5 NAG sind für das Zivil-
und Vormundschaftsrecht aufgestellt worden. Es handelt sich dabei um eine Norm
zur Abgrenzung der Herrschaftsgebiete verschiedener Rechte und der örtlichen
Zuständigkeit. Ihr Grund und Zweck ist, eine Kollision verschiedener Rechte
und die Zuständigkeit der Behörden verschiedener Orte für den Fall zu
vermeiden, dass die zivilrechtlichen Verhältnisse einer Person vom Recht ihrer
Heimat beherrscht werden und zu deren Beurteilung oder Regelung die Behörden
ihrer Heimat zuständig sind, weil es ein unhaltbarer oder unbefriedigender
Rechtszustand wäre, wenn für die Ordnung eines solchen Rechtsverhältnisses
gleichzeitig verschiedene kantonale oder nationale Rechte massgebend und die
Behörden verschiedener Orte zuständig wären. Dieser Grund lässt sich nicht
gegen die Pflicht mehrerer Heimatgemeinden zur Aufnahme eines Bürgers und
damit zu dessen Unterstützung anführen. Wenn sich der in Art. 22 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 22 - 1 Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
1    Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
2    Das Bürgerrecht wird durch das öffentliche Recht bestimmt.
3    Wenn einer Person das Bürgerrecht an mehreren Orten zusteht, so ist für ihre Heimatangehörigkeit der Ort entscheidend, wo sie zugleich ihren Wohnsitz hat oder zuletzt gehabt hat, und mangels eines solchen Wohnsitzes der Ort, dessen Bürgerrecht von ihr oder ihren Vorfahren zuletzt erworben worden ist.
ZGB
enthaltene Grundsatz auf diese Pflicht auch bezöge, so bildete er insoweit
nicht mehr eine bloss zur Vermeidung einer Kollision verschiedener Rechte und
verschiedener Behörden dienende Norm, sondern würde den Inhalt einzelner von
mehreren Bürgerrechtsverhältnissen einer Person dadurch ganz erheblich
einschränken, dass er eine oder einzelne von ihren verschiedenen
Heimatgemeinden von der Pflicht zu ihrer Aufnahme befreite. Eine solche in das
Bürgerrecht selbst eingreifende Bedeutung lässt sich dem in Art. 22 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 22 - 1 Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
1    Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
2    Das Bürgerrecht wird durch das öffentliche Recht bestimmt.
3    Wenn einer Person das Bürgerrecht an mehreren Orten zusteht, so ist für ihre Heimatangehörigkeit der Ort entscheidend, wo sie zugleich ihren Wohnsitz hat oder zuletzt gehabt hat, und mangels eines solchen Wohnsitzes der Ort, dessen Bürgerrecht von ihr oder ihren Vorfahren zuletzt erworben worden ist.
ZGB
aufgestellten Grundsatz nicht beimessen; für eine derartige Beschränkung des
Bürgerrechts von Doppelbürgern bedürfte es

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einer deutlich in diesem Sinne lautenden Bestimmung. Das Konkordat über
wohnörtliche Unterstützung, das übrigens für Appenzell A.-Rh. nicht gilt,
bestimmt nicht ausdrücklich, dass nur eine der Heimatgemeinden eines
unterstützungsbedürftigen Doppelbürgers die Pflicht habe, ihn aufzunehmen.
Lediglich für den Fall der Unterstützung eines Bürgers mehrerer
Konkordatskantone durch den Wohnsitzkanton auf Grund des Art. 1 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 1 - 1 Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
1    Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
2    Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht4 nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde.
3    Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.
des
Konkordates sieht es vor, dass nur ein Heimatkanton, der durch Art. 22 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 22 - 1 Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
1    Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
2    Das Bürgerrecht wird durch das öffentliche Recht bestimmt.
3    Wenn einer Person das Bürgerrecht an mehreren Orten zusteht, so ist für ihre Heimatangehörigkeit der Ort entscheidend, wo sie zugleich ihren Wohnsitz hat oder zuletzt gehabt hat, und mangels eines solchen Wohnsitzes der Ort, dessen Bürgerrecht von ihr oder ihren Vorfahren zuletzt erworben worden ist.

ZGB bestimmt wird, zur Vergütung von Unterstützungskosten verpflichtet sei.
Die interkantonale Vereinbarung über die Unterstützung von Doppelbürgern vom
28. Mai 1926 zeigt aber auch, dass die Geltung des Grundsatzes des Art. 22
Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 22 - 1 Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
1    Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
2    Das Bürgerrecht wird durch das öffentliche Recht bestimmt.
3    Wenn einer Person das Bürgerrecht an mehreren Orten zusteht, so ist für ihre Heimatangehörigkeit der Ort entscheidend, wo sie zugleich ihren Wohnsitz hat oder zuletzt gehabt hat, und mangels eines solchen Wohnsitzes der Ort, dessen Bürgerrecht von ihr oder ihren Vorfahren zuletzt erworben worden ist.
ZGB in Beziehung auf die Pflicht der Heimatgemeinden zur Aufnahme und
zur Unterstützung eines Doppelbürgers entgegen der Auffassung des
Gemeinderates von Reute keineswegs allgemein anerkannt ist. Er gilt auch nicht
für die Wiedereinbürgerung von Frauen, die durch die Ehe ihr
Schweizerbürgerrecht verloren haben (vgl. BBl 1917 II S. 20), und dürfte wohl
ebensowenig nach dem neuen Art. 44
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 44 Grundsätze - 1 Bund und Kantone unterstützen einander in der Erfüllung ihrer Aufgaben und arbeiten zusammen.
1    Bund und Kantone unterstützen einander in der Erfüllung ihrer Aufgaben und arbeiten zusammen.
2    Sie schulden einander Rücksicht und Beistand. Sie leisten einander Amts- und Rechtshilfe.
3    Streitigkeiten zwischen Kantonen oder zwischen Kantonen und dem Bund werden nach Möglichkeit durch Verhandlung und Vermittlung beigelegt.
BV für die Zwangseinbürgerung von
Ausländern, deren Mutter ursprünglich Schweizerin war, massgebend sein, obwohl
in dieser Beziehung die endgültige Fassung des Art. 44 weniger bestimmt lautet
als der bundesrätliche Entwurf vom 14. November 1922 (BBl 1922 III S. 675).
Die Bürgergemeinde Reute ist somit verpflichtet, den Adolf Klee zu übernehmen.
Dass sie unter dieser Voraussetzung auch die Pflicht hat, dem Kanton Zürich
die Unterstützungskosten zu ersetzen, deren Vergütung gefordert wird, ist
nicht bestritten.
3.- Die Frage, ob die Bürgergemeinde Reute gegen die Bürger- oder Ortsgemeinde
St. Gallen eine Forderung auf Ersatz der Kosten der Unterstützung des Klee,
sei es des ganzen Betrages oder eines Teiles, habe, ist im vorliegenden Fall
nicht zu prüfen, da Appenzell A.-Rh. eine solche Forderung nicht durch Klage
gegen St. Gallen

Seite: 38
geltend gemacht hat. Sollte hierüber Streit entstehen, so steht es dem Kanton
Appenzell A.-Rh. frei, das Bundesgericht zur Entscheidung anzurufen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Klage wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen und demgemäss die Gemeinde
Reute verpflichtet, den Adolf Klee zu übernehmen und dem Kanton Zürich die
seit 30. August 1928 entstandenen Kosten seiner Unterbringung in der
Heilanstalt Burghölzli (6 Fr. im Tag und allfällige Nebenauslagen) zu
vergüten.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 55 I 33
Datum : 01. Januar 1929
Publiziert : 08. Februar 1929
Quelle : Bundesgericht
Status : 55 I 33
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Zuständigkeit des Bundesgerichtes zur Beurteilung einer Klage eines Kantons, wodurch von einer...


Gesetzesregister
BV: 44 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 44 Grundsätze - 1 Bund und Kantone unterstützen einander in der Erfüllung ihrer Aufgaben und arbeiten zusammen.
1    Bund und Kantone unterstützen einander in der Erfüllung ihrer Aufgaben und arbeiten zusammen.
2    Sie schulden einander Rücksicht und Beistand. Sie leisten einander Amts- und Rechtshilfe.
3    Streitigkeiten zwischen Kantonen oder zwischen Kantonen und dem Bund werden nach Möglichkeit durch Verhandlung und Vermittlung beigelegt.
45
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 45 Mitwirkung an der Willensbildung des Bundes - 1 Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
1    Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend über seine Vorhaben; er holt ihre Stellungnahmen ein, wenn ihre Interessen betroffen sind.
EÖBV: 5
SR 211.435.1 Verordnung vom 8. Dezember 2017 über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBV)
EÖBV Art. 5 Zweck und Betrieb - 1 Das Schweizerische Register der Urkundspersonen (UPReg) gibt Zulassungsbestätigungen zur Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen aus und macht Daten über die darin eingetragenen Urkundspersonen im Internet öffentlich zugänglich.
1    Das Schweizerische Register der Urkundspersonen (UPReg) gibt Zulassungsbestätigungen zur Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen aus und macht Daten über die darin eingetragenen Urkundspersonen im Internet öffentlich zugänglich.
2    Es wird vom Bundesamt für Justiz (BJ) betrieben.
OG: 175  177
ZGB: 1 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 1 - 1 Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
1    Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
2    Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht4 nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde.
3    Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.
22
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 22 - 1 Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
1    Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
2    Das Bürgerrecht wird durch das öffentliche Recht bestimmt.
3    Wenn einer Person das Bürgerrecht an mehreren Orten zusteht, so ist für ihre Heimatangehörigkeit der Ort entscheidend, wo sie zugleich ihren Wohnsitz hat oder zuletzt gehabt hat, und mangels eines solchen Wohnsitzes der Ort, dessen Bürgerrecht von ihr oder ihren Vorfahren zuletzt erworben worden ist.
BGE Register
49-I-446 • 55-I-33
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
bundesgericht • gemeinde • regierungsrat • gemeinderat • frage • heilanstalt • sozialhilfe • ersatz der kosten • weiler • norm • schweizer bürgerrecht • begründung des entscheids • bedürftigkeit • entscheid • verhältnis zwischen • gemeindebürgerrecht • abweisung • tonbildträger • vermittler • ersetzung • mutter • vorfahre • bundesrat • staatsrechtliche klage • tag • ehe • aufenthaltsort
... Nicht alle anzeigen
BBl
1917/II/20 • 1922/III/675