S. 246 / Nr. 41 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 55 I 246

41. Urteil vom 14. November 1929 i. S. L. 3. gegen Zürich.

Regeste:
Militärpflichtersatz. - Befreiung vom Militärpflichtersatz nach Art. 2
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 2 - 1 Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist dasjenige Gesetz anzuwenden, das für ihn das mildere ist.
, lit. b
MStG tritt nur ein, wenn die Militäruntauglichkeit durch den Militärdienst
verursacht worden ist.

A. - Der 1898 geborene Beschwerdeführer hat im Jahre 1919 die Rekrutenschule
und in den Jahren 1921-1925 und 1927/28 seine Wiederholungskurse absolviert,
ist wiederholt im Dienste erkrankt oder hat sich im Anschluss an den Dienst
krank gemeldet und auf Kosten der Militärversicherung verpflegen lassen,
nämlich 1919, während der Rekrutenschule, 9 Tage wegen Metatarsalfraktur
rechts, 1923 wegen nachdienstlicher Bronchitis, 1924 wegen Distorsion des
linken Fusses und auf nachdienstliche Krankmeldung wegen Polyarthritis
besonders des linken Schultergelenkes, 1925 ebenfalls nachdienstlich wegen
Bronchitis, 1927 wegen Distorsion im rechten Kniegelenk während des
Wiederholungskurses, 1928 wegen Distorsion des rechten Fusses mit einem
Krankheitstag während des Dienstes und nachdienstlicher Anmeldung (2. April
1928), mit Arbeitsunfähigkeit und ärztlicher Behandlung bis 12. November 1928.

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Er wurde zur Abklärung der Entschädigungspflicht der Militärversicherung für
diese letzte Erkrankung durch Dr. G. Haemig in Zürich begutachtet. Dieser
führt in seinem Berichte vom 2. März 1929 die Affektion einwandfrei auf den
Dienst zurück und stellt weiterhin fest, dass der Patient vollständig
hergestellt sei. Von den lokalen pathologischen Erscheinungen, von denen die
an die rechtsseitige Fussgelenkdistorsion sich anschliessende Arbeitslosigkeit
begleitet gewesen sei, sei heute nichts mehr nachzuweisen. Auf Grund dieses
Gutachtens anerkannte die Militärversicherung die Entschädigungspflicht.
B. - Der Beschwerdeführer wurde sodann unter Hinweis auf diese häufigen
Erkrankungen vor U. C. gewiesen und von dieser durch Verfügung vom 25. April
1929 nach § 112, Ziffer 111 IBW (abnormer Charakter mit ausgesprochener
Haltlosigkeit) vorsichtshalber hülfsdiensttauglich erklärt.
C. - Die Militärdirektion des Kantons Zürich hat den Beschwerdeführer zunächst
als gemäss Art. 2
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 2 - 1 Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist dasjenige Gesetz anzuwenden, das für ihn das mildere ist.
, lit. b MStG von der Ersatzpflicht enthoben erklärt, diese
Verfügung aber unterm 12. August 1929 als auf Irrtum beruhend zurückgenommen
und ein Gesuch des Beschwerdeführers um Befreiung vom Militärpflichtersatz als
unbegründet abgewiesen.
D. - Hierüber beschwert sich G. rechtzeitig. Er macht geltend, die
Militärversicherung habe ihn für die dienstliche Erkrankung des Jahres 1928
entschädigen müssen. Die durch diese Erkrankung eingetretene Verschlimmerung
seiner Leiden habe zur Dienstenthebung geführt.
Die Militärdirektion des Kantons Zürich und die eidg. Steuerverwaltung
beantragen Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Nach Art. 2
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 2 - 1 Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
1    Nach diesem Gesetze wird beurteilt, wer nach dessen Inkrafttreten ein Verbrechen oder Vergehen begeht.
2    Hat der Täter ein Verbrechen oder Vergehen vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen, erfolgt die Beurteilung aber erst nachher, so ist dasjenige Gesetz anzuwenden, das für ihn das mildere ist.
, lit. b MStG sind diejenigen Wehrpflichtigen vom
Militärpflichtersatz enthoben, welche infolge des Dienstes militäruntauglich
geworden sind. Die

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Dienstuntauglichkeit, die zur Ausmusterung führt, muss demnach durch den
Dienst verursacht worden sein.
Der Beschwerdeführer ist nicht wegen des Fussleidens ausgemustert worden, das
er sich durch einen Unfall im Dienste zugezogen hat. Dieses Leiden ist, wie
der von der eidg. Militärversicherung konsultierte Experte in seinem Gutachten
vom 2. März 1929 feststellt, vollständig geheilt und würde den
Beschwerdeführer an der Teilnahme an militärischen Übungen nicht hindern. Der
Beschwerdeführer wird denn auch als voll arbeitsfähig bezeichnet. Für die
Heilungskosten ist die Militärversicherung aufgekommen, weil der Experte den
Zusammenhang des Leidens mit einem im Dienste erlittenen Unfall bejaht hatte.
Die Ausmusterung des Beschwerdeführers ist vorsichtshalber vorgenommen worden
auf Grund der Tatsache, dass sich dieser als den Anstrengungen des Dienstes
nicht gewachsen erwies. Tatsächlich hat er sich regelmässig entweder während
des Dienstes oder im Anschluss daran krank gemeldet. Es wird angenommen, dass
ein Mann, der bei jedem Wiederholungskurs erkrankt, nicht als diensttauglich
angesehen werden kann, wobei beim Beschwerdeführer die Vermutung nahe lag,
dass die jeweiligen Erkrankungen im Dienste auf einer Charakterschwäche
desselben beruhen, weshalb die Ausmusterung auf § 112, Ziff. 111 IBW (abnorme
Charaktere mit ausgesprochener Haltlosigkeit) gestützt wurde.
Wie es sich in dieser letztern Beziehung verhält, braucht nicht näher geprüft
zu werden. Es genügt die Feststellung dass der Beschwerdeführer nicht wegen
der Erkrankung im Dienste oder wegen deren Nachwirkungen dienstuntauglich ist,
sondern wegen der Neigung zu Erkrankungen bei Anlass von militärischen
Dienstleistungen. Diese Neigung hat aber der Beschwerdeführer gewiss nicht im
Dienste erworben. Die Ausmusterung erfolgte, um den Anlass zu neuen
Erkrankungen ein für alle Mal zu beseitigen. Das MStG ordnet die Enthebung vom
Militärpflichtersatz

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aber nur an in Fällen, in denen die Dienstuntauglichkeit durch den Dienst
verursacht ist, was beim Beschwerdeführer nicht zutrifft.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 55 I 246
Date : 01. Januar 1929
Published : 14. November 1929
Source : Bundesgericht
Status : 55 I 246
Subject area : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Subject : Militärpflichtersatz. - Befreiung vom Militärpflichtersatz nach Art. 2, lit. b MStG tritt nur ein...


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MStG: 2
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55-I-246
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