9-4 Familienrecht. N° 17.

zu Note 65, EHRENZWEIG; Österreichisches allgemeines Privatrecht I, 1,
S. 106; WALKER, Internationales Privatrecht S. 718 ff.).

Österreichisches Recht wäre übrigens auch dann anwendbar, wenn auf den
Wohnsitz der Mutter zur Zeit der Schwängerung abgestellt werden wollte.

3. Auch für den Fall der grundsätzlichen Anwendbarkeit österreichischen
Rechtes hat die Vorinstanz jedoch die Anwendung des Art. 315
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
1    Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
2    Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält.
3    Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde.
ZGB,
wonach die Klage abzuweisen ist, wenn die Mutter um die Zeit der
Empfängnis einen unzüchtigen Lebenswandel geführt hat, vorbehalten
mit der Begründung, es sei dies eine um der öffentlichen Ordnung und
Sittlichkeit willen aufgestellte Bestimmung (vgl. Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
des Schlusstitels
zum ZGB). Indessen hat das Bundesgericht bereits verneint, dass Art. 315
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
1    Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
2    Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält.
3    Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde.

ZGB in intertemporaler Beziehung zwingend sei, wobei es freilich gelten
liess, dass die Vorschriften über das aussereheliche Kindesverhältnis
vor allem um der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit willen erlassen
wurden, jedoch in Art. 13 Abs. 2 des Schlusstitels eine Ausnahme von
Art. 2 erblickte (BGE 39 II S. 408 ff.). Muss aber eine Vorschrift
in intertemporaler Beziehung nicht als zwingend erachtet werden, so
liegen auch keine zureichenden Gründe dafür vor, sie in internationaler
Beziehung als zwingend zu erachten. Insbesondere ist dem Einwand,
die ausländische aussereheliche Mutter werde besser gestellt als die
inländische, jede Bedeutung abzusprechen, da derartige Ungleichheiten
in dem das internationale Privatrecht in der Schweiz beherrschenden
Territorialitätsprinzip begründet sind. Endlich erschiene es auch
bedenklich, dem im Ausland von einer Vaterschaftsklage Bedrohten die
Möglichkeit einzuräumen, durch nachträgliche Verlegung seines Wohnsitzes
in die Schweiz die Einrede des unzüchtigen Lebenswandels vorzuschützen,
selbst wenn das grundsätzlich anwendbare Auslandsrecht eine solche
Einrede nicht zulässt. .Familienrecht. N° 18. 95

4. Kommt somit für die Entscheidung über die vorliegende Klage
ausschliesslich österreichisches Recht zur Anwendung, so ist die Sache
zu neuer Beurteilung in Anwendung dieses Rechtes an die Vorinstanz
zurückzuweisen (arg. e contrario Art. 83
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 315 - 1 Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
1    Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.438
2    Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält.
3    Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde.
OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Berufung wird dahin begründet erklärt, dass das Urteil des
Ohergerichts des Kantons Schaffhausen vom 1. Oktober 1926 aufgehoben
und die Sache zurückgewiesen wird.

18. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. April 1927
i. S. Schaub gegen Schaub.

Anfechtung der Anerkennung eines ausserehelichen Kindes. Beweis der
Unmöglichkeit der Vaterschaft des Anerkennenden und seiner absichtlichen
Täuschung durch die aussereheliche Mutter. An diesen Beweis ist ein
strenger Masstab anzulegen.

Wie das Bundesgericht in seinem Urteil vom 6. Juni 1923 i. S. Meier gegen
Meier ausgesprochen hat, kommt jeder Anerkennung eines ausserehelichen
Kindes die Eigenschaft eines Vergleiches zu, durch den der Anerkennende
Verzicht leistet auf die Einreden, die er im Vaterschaftsprozess trotz dem
Nachweis seiner Beiwohnung hätte erheben können, nämlich die Einrede der
erheblichen Zweifel in die Vaterschaft und des unzüchtigen Lebenswandels
der ausserehelichen Mutter. Diese Einrede kann daher der Anerkennende zur
Anfechtung seiner Anerkennung nicht mehr geltend machen. Dagegen steht
ihm die Möglichkeit offen, Willensmängel, die ihn zur Anerkennung geführt
haben, auf Grund der allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts
über die Anfechtung von Rechtsgeschäften wegen Irrtums, Betrugs oder
Zwangs geltend zu machen und gestützt

96 Familienrecht . N° 18.

auf sie seine Anerkennung anzufechten, jedoch mit der Einschränkung,
dass sich diese Willensmängel auf einen Sachverhalt beziehen müssen,
der nicht nur die UngeWissheit, sondern geradezu die Unmöglichkeit
einer Zeugung des anerkannten Kindes durch den Anerkennenden dartun
(BGE 49 II S. 156 Erw. 2).

Die Umstände, auf die sich der Kläger zur Begründung seiner
Anerkennungsanfechtung beruft, wären dann geeignet, im Sinne dieser
Rechtsprechung die Unmöglichkeit seiner Vaterschaft und damit die
Ungültigkeit seiner Kindesanerkennung darzutun, wenn er wirklich von der
Mutter des Klägers über den Sachverhalt absichtlich getäuscht worden wäre;
denn wenn er dieser, wie er behauptet, zum ersten Mal zwei oder drei Tage
vor dem 10. Juli 1923, also am ?. oder 8. Juli heigewohnt hat, könnte
der am 22. Januar 1924, also 63/2 Monate nach dieser Beiwohnung geborene
Beklagte nach der Erfahrung der medizinischen Wissenschaft unmöglich
sein Sohn sein, da er nach dem Zeugnis der Hebamme als ausgetragenes
Kind zur Weltgekommen ist.

Nach der Feststellung der Vorinstanz ist jedoch dieser Nachweis
nicht geleistet: der Kläger hat weder hcwiesen, dass er der Mutter
des Beklagten erst anfangs Juli 1923 zum ersten Mal beigewohnt, noch
dass ihm die Mutter über die Dauer der Schwangerschaft zum Zwecke der
Täuschung unrichtige Angaben gemacht hat. Wenn die Vorinstanz sich
dahin äussert, der Beweis für die unrichtigen Angaben der Mutter über
die Schwangerschaft stehe auf schwachen Füssen, so wollte sie damit,
wie sich aus den übrigen Ausführungen des Urteils ergibt, sagen, der
Beweis sei nicht erbracht. Diese Feststellungen ficht der Kläger zu
Unrecht als für das Bundesgericht nicht verbindlich an. Die Vorinstanz
hat an den Beweis der Unmöglichkeit der Vaterschaft des Klägers und
der absichtlichen Täuschung über diese Unmöglichkeit allerdings einen
hesonders strengen Masstab angelegt; darin muss ihr aber vom Standpunkt
des eidge-Famiiienrecht. N° 19. 97

nössischen Rechtes aus beigepflichtet werden, da von der Anerkennung eines
Kindes nicht nur dessen Anspruch gegenüber dem Anerkennenden auf Erziehung
und Unterhalt, sondern auch dessen Namen und Heimatangehörigkeit bestimmt
wird, denen gegenüber eine Änderung aus Gründen der Rechtssicherheit
möglichst vermieden werden soll. Die Würdigung der einzelnen Zeugen aber
ist ausschliesslich Sache des kantonalen Richters ......

19. Auszug aus dem Urteil der II. Zivila'bteilung vom 11. Mai 1927
i. S. Apolloni gegen Apolloni und Genossen.

Berufungsfrist. OG Art. 41 und 65.

Die 20 tägige Frist zur Einleitung der Berufung läuft am letzten Tage
erst nachts 12 (24) Uhr und nicht schon abends 6 (18) Uhr ab.

Güterstandsvereinbarung.

ZGB Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
, î79, 226 Abs. 2, 470 ff.

Die vertragliche Vereinbarung der Gütergemeinschaft, die in
einem Zeitpunkte, wo die Auflösung der Ehe durch den Tod des einen
Ehegatten offensichtlich unmittelbar bevorsteht, ausschliesslich zu
dem Zwecke erfolgt, den überlebenden Ehegatten auf Kosten der übrigen
Pflicht-teilserben zu begünstigen, stellte einen R e e h t s m i s 3b
r a u c h dar.

Aus dem Tatbestand :

Die Beklagte schloss mit ihrem Ehemann wenige Tage vor dessen Ableben,
das von ihnen stündlich erwartet wurde, einen Ehevertrag ab, laut
welchem sie als Güterstand an Stelle der bisherigen Güterverbindung die
Gütergemeinschaft vereinbarten und bestimmten, dass dem überlebenden
Ehegatten drei Vierteilc des Gesamtgutes zukommen solle.

Diese Vereinbarung wurde von den Kindern des Ehemannes der Beklagten
aus erster Ehe nach dessen Tode angefochten u. a. mit der Begründung,
die Vereinbarung

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Decision information   •   DEFRITEN
Document : 53 II 95
Date : 06. April 1927
Published : 31. Dezember 1927
Source : Bundesgericht
Status : 53 II 95
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 9-4 Familienrecht. N° 17. zu Note 65, EHRENZWEIG; Österreichisches allgemeines Privatrecht


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OG: 83
ZGB: 2  315
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