428 Staatsrecht.

wird ja gegenteils dem Alkoholmissbrauch vorgebeugt dadurch, dass die
Pensionäre nun nicht mehr gezwungen sind, in einer Wirtschaft zu essen, wo
sie dann allerdings nachher sich unbeschränkt dem Alkoholgenuss hingeben
könnten. Der allgemeinen Gefahr, dass eine Kostgeberei auch ausser den
Mahlzeiten und an Dritte Alkohol ausschenkt, kann durch polizeiliche
Kontrolle begegnet werden. Sie berechtigt nicht, deswegen die Bewilligung
zu ihrem Betrieb überhaupt zu verweigern, sofern wenigstens keine
besonderen Verdachtsgründe in der Person des Kostgebers vorhanden sind.

I II. N IEDERLASSUNGSFREIHE ITLIBERTÉ D'ÉTABLISSEMENT

60. Auszug aus dem Urteil vom 14. Oktober 1927 i. S. Schmid gegen
Regierungsrat Zürich.

Verweigerung der Ausstellung von Ausweisschriften an Auslandsschweizer
durch die Behörde des Heimatkantons wegen Nichtentrichtung des
Militärpflichtersatzes (Art. 56 ff. der bundesrätlichen Verordnung
vom 2. Dezember 1921 zum Militärpflichtersatzgesetz und Art. 74
der Verordnung betr. das militärische Kontrollwesen vom 7. Dezember
1925). Beschwerde wegen Verletzung von Art. 45
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 45 Mitwirkung an der Willensbildung des Bundes - 1 Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
1    Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend über seine Vorhaben; er holt ihre Stellungnahmen ein, wenn ihre Interessen betroffen sind.
und Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
1    Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
2    Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig.
3    Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen.
4    Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls.
5    Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes.
letzter Absatz
BV. Abweisung (Erw. 1-3). Kognition des Bundesgerichts inbezug auf die
Verfassungsmässigkeit bundesrätlicher Verordnungen (Erw. 1 Abs. 2).

Der Rekurrent Jakob Wilhelm Schmid geb. 1885 von Zürich hält sich seit
Jahren im Auslande auf. Seit 1918 hat er trotz nicht bestrittener
grundsätzlicher Ersatzpllicht den Militärpflichtersatz nicht mehr
bezahlt. Gegen Hinterlegung seines abgelaufenen Reisepasses erhielt
er am 7. April 1921 (nach seiner Behauptung 17· April 1922) von der
schweiz. Gesandtschaft in BrüsselNiederlassungsireiheit. N° 60. 429

einen neuen solchen, der später wie folgt verlängert wurde : vom 17. März
17. Juni 1923 durch die schweiz. Gesandtschaft in Paris, vom 15. Juni
1923 15. Juni 1924 und vom 27. April 27. Juni 1926 durch die Zürcherische
Staatskanzlei. Seit 27. Juni 1926 ist der Rekurrent ohne gültigen Pass. Am
16. Oktober 1923 hatte er sich bei der schweiz. Gesandtschat't in Paris
als in dieser Stadt, Rue de la Victoire 23 wohnhaft angemeldet. Nach
einem bei den Akten liegenden Amtsberichte der Gesandtschaft an
die eidgen. Steuerverwaltung liess die Gesandtschaft ihm hierauf am
17. Januar 1924 an die erwähnte Adresse die Einschätzungsverfügurigen der
heimatlichen Militärdirektion (Zürich) für den Militärpflichtersatz der
Jahre 1918-1923 und ein Selbstein-schätzungsformular für 1924 zugehen ;
die Sendung kam nicht zurück. Schmid bestreitet indessen sie erhalten
zu haben. Ein Weiterer Brief der Gesandtschaft vom 31. Oktober 1924,
enthaltend die Einschätzungsveriügung der zürcherischen Militärdirektion
für 1924 und eine Mahnung zur Zahlung der Ersatzabgaben für 1918-1923
kam gemäss demselben Amtsberichte von der französischen Post als
unbestellbar zurück. Schon die Pass-verlängerung vom 15. Juni 1923
war nach Angabe der zürcherischen Militardirektion dem Rekurrenten
nur gegen eine Barhinterlage von 350 Fr. zur Sicherung rückständigen
Militärpflichtersatzes bewilligt worden; Schmid habe diese geleistet
und versprochen seine Adresse zu melden, sobald er wieder an einem Orte
im Ausland feste Niederlassung genommen haben Werde, dieses Versprechen
aber nicht gehalten.

Am 17. Januar 1927 erschien der Rekurrent bei der schweiz. Gesandtschaft
in Paris und verlangte von ihr die Erneuerung seines Passes. Die
Gesandtsehaft wies ihn ab, weil er: 1. nicht im Konsularhezirke
nieder-gelassen sei (Art. 51 und 38 des schweiz. Konsularreglcmentes vom
26. Oktober 1923, Art. 57 der Verordnung des Bundesrats vom 2. Dezember
1921 betreffend die

430 St aatsrecht.

Veranlagung und den Bezug des Militärpflichtersatzes von
Auslandsschweizern); 2. mit der Bezahlung des Militärpflichtersatzes
seit 1918 im Rückstande sei (Art. 56, 58 und 59 der letzteren
Verordnung). Schmid beschwerte sich hierüber beim Bundesrat, indem er
die Verweigerung der Passausstellung wegen Nichtentn'chtung von Steuern
wie des Militärpflichtersatzes und die dahingehenden Bestimmungen der
Verordnung vom 2. Dezember 1921 als unzulässig und verfassungswidrig
anfocht. Der Bundesrat bestätigte indessen durch Beschluss vom
25. März 1927 die Verfügung der Gesandtschaft aus den beiden von ihr dem
Rekurrenten eröffneten Gründen. Nach dem mehrfach erwähnten Amtsben'chte
der Gesandtschaft hatte der Rekurrent vor dieser behauptet, ständig auf
Geschäftsreisen zu sein und keine feste Niederlassung mehr zu haben;
als vorläufige Adresse gab er schliesslich wiederum das Hötel de la
Victoire, Rue de la Victoire 23 in Paris an, mit dem Beifügen, dass er
in den nächsten Tagen abreisen werde; seinen Bestimmungsort zu nennen
weigerte er sich.

Noch vor dem Beschlusse des Bundesrats sprach er anfangs März 1927 in
Begleitung seines Bruders Rechtsanwalt Dr. Edgar Schmid in Zürich auch bei
der Zürcherischen Staatskanzlei vor, um von ihr den gewünschten . Pass zu
erlangen, wurde aber unter Hinweis auf den Rückstand in der Entrichtung
des Militärpflichtersatzes ebenfalls abschlägig beschieden. Eine
Beschwerde gegen die Staatskanzlei wies der zürcherische Regierungsrat
durch Entscheid vom 7. April 1927 ab. Ebenso das Bundesgericht den gegen
diesen Entscheid von Schmid erhobenen staatsrechtlichen Rekurs Wegen
Verletzung von Art. 45
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 45 Mitwirkung an der Willensbildung des Bundes - 1 Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
1    Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend über seine Vorhaben; er holt ihre Stellungnahmen ein, wenn ihre Interessen betroffen sind.
und Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
1    Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
2    Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig.
3    Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen.
4    Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls.
5    Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes.
letzter Absatz BV.

In der Beschwerde an den Bundesrat hatte Rechtsanwalt Dr. Schmid
darauf hingewiesen, dass bis jetzt eine verbindliche ziffernmässige
Feststellung des gesuhuldeten Steuerbetrages mangels eines
rechtskräftigNiederlassungsfreiheit. N° 60. 431

gewordenen Veranlagungverfahrens nicht vorliege und die Nachholung dieses
Verfahrens verlangt. Am 15. März 1927 stellte die eidgen. Steuerverwaltung
ihm darauf verschiedene dazu bestimmte Schriftstücke zu Handen des
Rekurrenten zu. Dr. Schmid sandte sie jedoch am folgenden Tage der
eidgen. Steuerverwaltung zurück, da er seinen Bruder nur in der
Angelegenheit wegen Vorenthaltung eines Reisepasses, nicht in der
Steuer-angelegenheit selbst zu vertreten bevolimächtigt sei. Am 17. März
1927 versuchte ausserdem die schweiz. Gesandtschaft in Paris Doppel
derselben Schriftstücke dem Rekurrenten selbst durch eingeschriebenen
Brief an die Adresse Rue de la Victoire 23 in Paris zu übermitteln. Der
Brief kam von der Post mit dem Vermerk inconnu als unbestellbar zurück.

Aus den Entscheidungsgrùnden :

1. Nach Art. 10 Abs. 2 und Art. 13 des BG über den Militärpflichtersatz
vom 28. Brachmonat 1878 findet die Militärpflichtersatzanlage der im
Auslande wohnenden Schweizer durch den Heimatkanton statt: der Bundesrat
wird bestimmen, inwieweit die schweizerischen Vertreter im Auslande bei
der Anlage und beim Bezuge des Ersatzes mitzuwirken und die Kantone zu
unterstützen haben. Und Art. 15 des Gesetzes räumt dem Bunde über alle
den Militärpflichtersatz betreffenden Verhältnisse, namentlich über
die in den Art ...... 13 ...... vorgesehenen Massnahmen , zum Zwecke
einer gleichmässigen Durchführung des Gesetzes, das Oberaufsichtsund
Entscheidungsrecht ein. In Ausführung dieser Gesetzesbestimmungen hat der
Bundesrat am 2. Dezember 1921 die Verordnung betreffend die Veranlagung
und den Bezug des Militärpflichtersatzes von AuslandsschWeizern erlassen,
die über das Veranlagungsund Bezugsverfahren gegenüber solchen eine
Reihe von Vorschriften aufstellt und die den schweiz. Konsulaten dabei
obliegenden Verrichtungen im Ein-

432 Staatsrecht.

zelnen regelt. Abschnitt VII Ziff. VIII befasst sich mit den Folgen
der Säumnis in der Entrichtung des Ersatzes und bestimmt in Art. 56
zunächst allgemein, dass Schweizerbürgern, die den geschuldeten
Militärpflichtersatz nicht bezahlt haben, der diplomatische und
konsularische Schutz zu versagen sei. Heimatschein und andere
Ausweisschriften sollen ersatzpflichtigen Schweizern im Auslande nur
durch Vermittlung des zuständigen Konsulates zugestellt Werden: die
Staatskanzlei des Heimatkantons hat sich bei der Legalisation solcher
Papiere zu vergewissern, oh der Militärpilichtersatz bezahlt sei und, Wenn
nein, das Konsulat zu Hat-den des Gesuchstellers zu benachrichtigen,
dass das Ausweispapier zu seiner Verfügung stehe, aber ihm erst
nach Begleichung des Pflichtersatzes zugesandt werde (Art. 57). Die
Ausstellung oder Visierung von Ausweisschriften durch die Konsulate
selbst ist von der Bezahlung des Militärpflichtersatzes abhängig zu
machen : der Konsul kann immerhin dem Gesuchsteller zur Ordnung seiner
Verhältnisse inbezug auf den Militärpflichtersatz eine Frist von 2 6
Monaten gewähren; auch in diesem Fall darf aber die Ausstellung oder
Visierung nur unter Beschränkung der Giltigkeitsdauer des Papiers oder
Visums auf die gleiche Zeit erfolgen (Art. 58, 59). Analog erklärt das
Schweiz. Konsularreglement vom 26. Oktober 1923 Art. 'Ti Abs..5 die
heimatlichen Behörden für nicht verpflichtet, Heimatschein oder andere
AusWeispapiere einem militärpflichtigen Bürger zu verabfolgen, der den
Bestimmungen über die Militärpflicht und den Mlitärpflichtersatz nicht
nachgekommen ist. Und Art. 74 Abs. 3 der bundesrätlichen Verordnung über
das militärische Kontrollwesen vom 7. Dezember 1925 lautet wiederum:
Heimatschein und andere Ausweisschriften sind an Schweizer im Ausland
nur durch Vermittlung des zuständigen Konsulats zuzustellen. Ist der
Militärpflichtersatz für das laufende oder ein früheres Jahr noch nicht
bezahlt, so ist das Konsulat

Niederlassungsfreiheit. N° 60. 433

zu Handen des Gesuchstellers zu benachrichtigen, dass das Ausweispapier
erst nach Bezahlung des Militärpflichtersatzes zur Verfügung steht.

Es ist nicht bestritten, dass bei Giltigkeit dieser Vorschriften dem
Rekurrenten die Aushingabc des verlangten Passes von der zürcherischen
Staatskanzlei verweigert werden durfte, weil er auf eine Reihe von Jahren
zurück noch den Militärpflichtersatz schuldet. streitig ist einzig die
Verfassungsmässigkeit der dahingehenden Verordnungen. Nach Art. 113
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 113 * - 1 Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
1    Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.
2    Er beachtet dabei folgende Grundsätze:
a  Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise.
b  Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
c  Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern.
d  Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern.
e  Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären.
3    Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen.
4    Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Massnahmen vorsehen.
BV
ist das Bundesgericht zwar an die von der Bundesversammlung erlassenen
Gesetze und allgemein verbindlichen Be.-schlüsse ohne Rücksicht auf ihre
Verfassungsmässigkeit gebunden, nicht aber auch an die Verordnungen
(Beschlüsse) des Bundesrats. Es kann demnach auch die Frage der
Verfassungsmässigkeit der heute angefochtenen Verordnungsbestimmungen
überprüfen mit der Folge, dass bei ihrer Verneinung der auf die
Bestimmungen gestützte Entscheid des Regierungsrates von Zürich
seinerseits als verfassungswidrig aufzuheben wäre (BGE 51 I S. 450
S. 2 mit Zitaten). Vorzubehalten ist dabei immerhin der Fall, wo eine
Verordnungsvorschrift sich lediglich noch als Vollziehung, nähere
Ausführung eines bereits in einem Bundes g e s e t z e ausgesprochenen
Rechtsatzes darstellt. Ist dem Richter die Möglichkeit entzogen, das
Gesetz wegen Widerspruchs zur Verfassung als ungiltig zu behandeln,
so kann auch dessen Vollziehung nicht unter Berufung darauf gehemmt
werden. Der Entscheid des Bundesrats vom 25. März 1927 ist für das
Gericht wohl insoweit verbindlich, als dem Rekurrenten dadurch der
Anspruch auf Ausstellung eines Passes durch die Pariser Gesandtsehaft
bis zur Begleichung des rückständigen Militärpflichtersatzes abgesprochen
worden ist, nicht aber auch hinsichtlich der Entscheidungsgründe. .

2. In der durch Art. 45
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 45 Mitwirkung an der Willensbildung des Bundes - 1 Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
1    Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend über seine Vorhaben; er holt ihre Stellungnahmen ein, wenn ihre Interessen betroffen sind.
BV gewährleisteten Niederlassungsfreiheit ist
auch die Pflicht des Heimat-

434 Staatsrecht.

kantons und bisherigen Niederlassungskantons eingeschlossen, dem
Schweizerbürger die Verlegung der Niederlassung nicht durch Vorenthaltung
der dazu nötigen Ausweisschriften zu erschweren oder unmöglich zu
machen. Und zwar gleichgiltig, ob die Ausstellung oder Herausgabe solcher
Schriften zur Niederlassung an einem anderen Orte der Schweiz oder für
den Aufenthalt im Auslande begehrt wird: soweit es an der Schweiz liegt,
ihren Bürgern die Freizügigkeit zu ermöglichen, muss sie auch in diesem
weiteren Sinne als durch die Verfassung gewährleistet gelten (BGE 36 I 221
E. 4; 51 I 392 E. 2). Als übergeordnete öffentlichrechtliche Pflichten,
die dem Rechte auf Freizügigkeit vorgehen und eine Zurückhaltung der
Ausweisschriiten zum Zwecke ihrer Erzwingung rechtfertigen, hat die
Rechtsprechung der Bundesbehörden (bis 1893 des Bundesrats und der
Bundesversammlung, seither des Bundesgerichts) grundsätzlich nur
solche anerkannt, die sich nach ihrem Inhalte gegen die Person des
Bürgers, nicht bloss gegen sein Vermögen richten und den Behörden eine
Verfügung über jene geben, also (der Umwandlung in Freiheitsstrafe fähige
Geldbussen vorbehalten) nicht schon blosse unbefriedigte Geldansprüche
des Gemeinwesens, wie Steuern oder ähnliche Abgaben. Unter die Steuern im
Sinne dieser Praxis ist früher auch der Militärpflichtersatz gerechnet
worden (vgl. die Entscheide der Bundesversammlung im Falle Weber, BB}
1876 I 740, 841 und des Bundesrats im Falle Schönenberger, BBl 1881
II 675
; SALIS II Nr. 649 11. 650). Massgebend war dabei jeweilen die
Erwägung, dass der Militärpflichtersatz nicht als eine Militärleistung
des Pflichtigen, sondern als eine Geldschuld an den Fiskus zu betrachten
sei. Von derselben Auffassung liess sich das Bundesgericht leiten, als es
in den Jahren 1893-1896 in verschiedenen Rekursfällen die Bestimmungen
einzelner Kantone als Verstoss gegen das verfassungsmässige Verbot des
Schuldverhafts (Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
1    Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
2    Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig.
3    Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen.
4    Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls.
5    Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes.
letzter Absatz BV)" und deshalb ungiltig behan-

Niederlassungsfreiheit. N° 60. 435

delte, welche für den Fall nicht rechtzeitiger Bezahlung des
Militärpflichtersatzes die zwangsweise Einbringung des Pflichtigen in
die Kaserne zum Abverdicnen des Ersatzbetrages durch Arbeit versahen
(vgl. BGE 19 S. 44; 22 I 24). In dem ersten dieser Urteile wurde u. a.
ausgeführt : La réponse au recours cherche à demontrer que, le service
militaire et la taxe d'exemption derivant de la mème obligation, il doit
etre loisible d'user de rigueur aussi bien Vis-à-Vis du citoyen qui refusc
de payer cet impöt qu'à l'égard du citoyen incorpore qui se soustrait
au service. Bien qu'il y ait lieu de recennaitre que l'obligation au
service militaire et l'astriction au paiement de la taxe reposent l'une
et l'autre sur la disposition de l'art. 18 de la Constitution federale,
aux termes de laquelle tout Suisse est tenu au dit service, l'identité
complète que la réponse cherche à faire admettre entre les infractions
au reglement ou au Code pénal mflitaire et le refus de payer la taxe
n'est pas moins inadmissible. Ce défaut de paiement, en effet, ne peut
ètre assimilé à un manquement disciplinaire et il ne saurait, en sei,
entrainer d'autres conséquences que celles qui résultent du refus du
payement d'un autre impöt, soit de l'obligation de verser au fisc une
somme d'argent.

Die Militärorganisation vom 13. Wintermonat 1874, die zur Zeit dieser
Entscheidungen galt, identifizierte denn auch die Wehrpflicht im Sinne von
Art. 18
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 18 Sprachenfreiheit - Die Sprachenfreiheit ist gewährleistet.
BV einfach mit dem persönlichen Militärdienst und auch das BG vom
28.' Juni 1878 betreffend den Militärpflichtersatz gab keine Anhaltspunkte
dafür, dass es der Ersatzleistung einen anderen Charakter beimessen wolle
als denjenigen einer fiskalischen Verpflichtung und an die Nichthezahlung
weitergehende Felgen knüpfen wolle als bei einer gewöhnlichen Geldschuld.

In dieser Rechtslage ist aber eine für die Beurteilung des heutigen
Rekursfalles massgehende Änderung eingetreten durch das Ergänzungsgesetz
vom 29. März 1901

436 Staatsrecht.

zum Gesetze vom 28. Juni 1878. Danach wird, wer schuldhafter
Weise, ungeachtet zweimaliger Mahnung durch die Militärbehörden, den
Militärpflichtersatz nicht entrichtet, vom Strafrichter mit Haft von ein
bis zehn Tagen bestraft. Die Veranlassung zum Erlasse dieses Gesetzes
boten die oben erwähnten Urteile des Bundesgerichts, die das zwangSWeise
Abverdienenlassen des Militärpflichtersatzes nach dem damaligen Stande der
Bundesgesetzgebung als unstatthaft erklärten. Der Gedanke des Gesetzgebers
aber war, die militärische Dienstpflicht und die Ersatzpflicht als
Ausfluss einer dahinterstehenden einheitlichen allgemeineren Pflicht,
nämlich derjenigen aller in einem bestimmten Alter stehenden Bürger nach
ihrer Fähigkeit zur Wehrhaftigkeit des Landes beizutragen (allgemeine
Wehrpflicht) auch hinsichtlich der Folgen der Nichterfüllung grundsätzlich
gleichzubehandeln, mit der einzigen Unterscheidung, dass die Bestrafung
des Ersatzverweigerers, weil er nicht unter der besondern militärischen
Disziplin steht, im Gegensatz zum Dienstverweigerer nicht durch die
Militärbehörden, sondern durch den bürgerlichen Strafrichter erfolgt
(vgl. die Gesetzesberatungen stenograph. Bulletin 1898 S. 532 ff.; 1 899
S. 102 ff., 403 ff., 525 ff., 581 ff.; 1900 'S. 705 ff.; 1901 S. 23 ff.,
51 ff., 109 ff., 115 ff.). Es sollte damit der bisherigen Auffassung des
Militärpflichtersatzes als einer reinen Geldschuld entgegengetreten und
die Ersatzpflicht zu einer Verpflichtung ausgestaltet werden, für deren
Erfüllung der Bürger, gleichwie der militärische Dienstpflichtige, im
Falle des Zahlungsvermögens nicht nur mit seinem Vermögen, sondern auch
mit seiner Person einzustehen hat. Die rechtliche Grundanschauung aber,
von der der Bundesgesetzgeber dabei ausging, ist seither in allgemeiner
Form noch festgelegt worden in Art. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 1 Schweizerische Eidgenossenschaft - Das Schweizervolk und die Kantone Zürich, Bern, Luzern, Uri, Schwyz, Obwalden und Nidwalden, Glarus, Zug, Freiburg, Solothurn, Basel-Stadt und Basel-Landschaft, Schaffhausen, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden, St. Gallen, Graubünden, Aargau, Thurgau, Tessin, Waadt, Wallis, Neuenburg, Genf und Jura bilden die Schweizerische Eidgenossenschaft.
der neuen Militärorganisation von
1907, wo im Anschluss an die Wiederholung von Art. 18 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 18 Sprachenfreiheit - Die Sprachenfreiheit ist gewährleistet.
BV (Jeder
Schweizer ist Wehrpflichtig ) bestimmt wird: Die

Niederlassungsfreiheit. N° 60. 437

Wehrpflicht umfasst die Pflicht zur persönlichen Leistung
des Militärdienstes Militärdienstpflicht und die Pflicht zur
Bezahlung eines Ersatzes Militärsteuerpflicht (vgl. auch FLEINER,
Bundesstaatsrecht S. 614: In zwei verschiedenen Formen wird nach
dem Bundesrecht die Wehrpflicht erfüllt: entweder durch persönliche
Leistung des Militärdienstes oder durch Bezahlung der Militärsteuer
(Wlitàrpflichtersatz). Der Kassationshof des Bundesgerichts hat
daraus auch nach anderer Richtung die Konsequenzen gezogen, indem er
die Anwendung der Verjährungsfrist des FStrV auf das Vergehen nach
Art. 1 des Ergänzungsgesetzes vom 29. März 1901 und die Annahme von
Straflosigkeit bei nachträglicher Entrichtung des Ersatzbetrages
vor der strafrichterlichen Beurteilung ablehnte und zur Begründung
u. a. ausführte : durch die Gesetze betreffend den Militärpflichtersatz
solle nicht nur dem Staat eine Einnahme verschafft, sondern vor allem
im allgemeinen Landesinteresse das Ziel möglichster Gleichstellung der
nicht militärdienstpflichtigen Bürger mit den dienstpfliehtigen in der
Wehrpflicht erreicht werden. Die Strafandrohung will hauptsächlich den
Ungehorsam treffen, als der sich die Nichterfüllung der Wehrpflicht in
der Form der Militärsteuerpflicht darstellt und fällt nur nebenbei als
(indirekt wirksames) Zwangsmittel zur Vollstreckung der Steuerforderung
in Betracht, ansonst sie mit dem verkassungsmässigen Verbote des
Schuldverhafts kaum vereinbar wäre (BGE 51 I S. 346 E. 3, S. 342).

Bei dieser Ausgestaltung des Militärpklichtersatzes zu einer
p e r s ö nl i c h e n , nicht blossen Geldverpflichtung, deren
Nichterfüllung trotz Vermögens einen so schwerwiegenden Eingriff in die
persönliche Bewegungsfreiheit nach sich zieht wie die durch Art. ldes
Ergänzungsgesetzes vom 29. März 1901 vorgesehene Freiheitsstrafe, muss
aber auch ein weniger weitgehender Zwang gegen die Person zur Erzwingung
der Leistung,

AS 53 I 1927 28

438 Staats-echt.

wie er in der Vorenthaltung der Ausweisschriften bis zur Begleichung
rückständiger Ersatzbeträge liegt, zulässig sein und kann aus Art. 45
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 45 Mitwirkung an der Willensbildung des Bundes - 1 Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
1    Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend über seine Vorhaben; er holt ihre Stellungnahmen ein, wenn ihre Interessen betroffen sind.

BV nicht beanstandet werden. Dies zum mindesten da, wo die durch die
Bundesgesetzgebung selbst vorgesehenen Mittel des Zwanges versagen. So
verhält es sich aber beim Auslandsschweizer. Nicht nur ist eine Betreibung
gegen ihn für die Ersatzsteuer von den vereinzelten Fällen abgesehen,
wo er noch Vermögensstücke in der Schweiz besitzt nicht möglich und
kann ein Strafurteil im Sinne des Ergänzungsgesetzes vom 29. März
1901 gegen ihn nicht vollstreckt Werden, solange er nicht ins Land
zurückkehrt. Durch VerschWeigung seines wirklichen Aufenthaltsortes
hat er es auch in der Hand, schon die rechtsgiltige Zustellung
der Militärsteuereinschätzungen und der Mahnungen nach Art. 1 des
Ergänzungsgesetzes zu hintertreiben, welche die gesetzliche Voraussetzung
für die Einleitung des Strafverfahrens wegen Nicht-entrichtung des
Ersatzes, auch eines in contumaciam durchgeführten, bilden würden. Gerade
der vorliegende Fall bietet dafür ein sprechendes Beispiel. Der Rekurrent
bestreitet zwar, dass von Seite der Pariser Gesandtsehaft ein ernstlicher
Versuch unternommen worden sei, um eine rechtskräftige Einschätzung des
Rekurrenten zum Militärpflichtersatz der streitigeu Jahre herbeizuführen
und will die schuld am Fehlen einer solchen den Behörden zuschieben. Doch
besteht kein Anlass an den entgegengesetzten Angaben des Amtsberichts der
Gesandtsehakt und der zürch. Militärdirektion zu zweifeln, nach denen das
Versteckspiel des Rekurrenten mit seiner Adresse es war, das bis jetzt
die Durchführung des Veranlagungsverfahrens trotz der Bemühungen der
Behörden unmöglich machte. Sie finden eine Bestätigung in dem Misserfolg,
den der darauf gerichtete erneute Versuch der eidgen. Steuerverwaltung
vom März 1927 hatte.

Die Weisungen, welche die angefOchtenen Verordnungen des Bundesrats
hinsichtlich der Verweigerung

Niederlassungsîreiheit. N° 60. 439

der Aushingabe von Ausweispapieren an Auslandsschweizer enthalten, die den
Militärpflichtersatz nicht entrichtet haben, bleiben demnach im Rahmen
einer verfassungsrechtlich nicht anfechtbaren Vollziehungs-massnahme
zur allgemeinen Durchführung der Ersatzpflicht im Sinne von Art. 13 und
15 des Bundesgesetzes über den Militärpflichtersatz vom 28. Juni 1878,
ergänzt durch das Gesetz vom 29. März 1901.

Der Rekurrent hat aber von den zürch. Behörden nicht die Ausstellung eines
Heimatscheins zur Niederlassung im Inland, sondern eines Reisepasses für
den Aufenthalt im Ausland verlangt. Es vermag ihm auch nicht zu helfen,
wenn man gleichwie die Bestrafung nach Gesetz vom 29. März 1901 so auch
die Vorenthaltung der Ausweisschriften auf den Fall 5 c h u l d h a f t
e u Rückstandes mit der Ersatzleistung beschränken und dem Betroffenen
demnach im Rekursverkahren gegen die die Schriften verweigernde Verfügung
der kantonalen Behörde den Nachweis des Fehlens eines solchen Verschuldens
vorbehalten wollte. Denn im Rekurse wird nicht behauptet, dass der
Rekurrent zur Bezahlung der Ersatzheträge nach seinen Vermögensund
Verdienstverhältnissen ausser Stande gewesen sei. Daran aber, dass bis
heute eine verbindliche ziffernmässige Einschätzung nicht vorliegt,
trifft augenscheinlich ihn die Schuld.

Es ist auch nicht etwa bloss die Erteilung eines Passes auf beschränkte
kurze Frist verlangt worden, um dem Rekurrenten Gelegenheit zu geben,
inzwischen seine Verhältnisse inbezug auf den Wlitärpflichtersatz zu
ordnen, wie dies Art. 58 der Verordnung vom 2. Dezember 1921 für die
Ausstellung oder Visierung von Ausweisschriften durch die Konsulate
eventuell vorsieht. Vielmehr bestreitet der Rekurrent der kantonalen
Behörde grundsätzlich das Recht, die Passausstellung mit der Frage des
Militärpflichtersatzes irgendwie in Verbindung zu bringen.

440 Staatsrecht.

3. Zum sehlusse der Rekursschrift wird allerdings auch noch Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
1    Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
2    Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig.
3    Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen.
4    Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls.
5    Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes.

BV angerufen und behauptet, dass die Verweigerung von Ausweispapieren
bis zur Entrichtung des Wlitärpflichtersatzes auf einen Schuldverbaft
hinauslaufe, indem der Rekurrent dadurch in seine Heimatgemeinde Zürich
eingegrenzt Würde. Doch ist dieser Standpunkt offenbar unbegründet. Selbst
wenn die behauptete Folge Wirklich einträte, könnte deswegen doch
von einem V e r h a f t e im Sinne der Verfassung nicht die Rede sein
(BURCKHARDT, Kommentar S. 584 Abs. 5; BGE 10 S. 469; 12 S. 526 E. 2). Die.
Zulässigkeit sonstiger Eingriffe in die persönliche Bewegungsfreiheit
aber beantwortet sich nicht nach Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
1    Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
2    Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig.
3    Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen.
4    Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls.
5    Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes.
letzter Absatz BV, sondern
nach anderen Normen, hinsichtlich des Rechtes auf freie Niederlassung
nach Art. 45
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 45 Mitwirkung an der Willensbildung des Bundes - 1 Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
1    Die Kantone wirken nach Massgabe der Bundesverfassung an der Willensbildung des Bundes mit, insbesondere an der Rechtsetzung.
2    Der Bund informiert die Kantone rechtzeitig und umfassend über seine Vorhaben; er holt ihre Stellungnahmen ein, wenn ihre Interessen betroffen sind.
BV. Durch die Vorenthaltung des verlangten Reisepasses
wird zudem der Rekurient höchstens am Aufenthalt im Auslande, nicht an
anderen Orten der Schweiz als seiner Heimatgemeinde gehindert.

IV. DOPPELBESTEUERUNGDOUBLE IMPOSITION

61. Urteil vom 26. November 1927 i. S. K... gegen Einwohnergemeinde
Solothurn.

Errichtung einer Familienstiftung mit Sitz in einem anderen als dem
Wohnsitzkanton des Stifters. Voraussetzungen, unter denen der Stiftung
steuerrechtlich die Anerkennung verweigert und das Stiftungskapital und
dessen Ertrag

weiter beim Stifter an dessen Wohnsitz als Ertrag seines Vermögens und
Einkommens besteuert werden kann.

B. Der Rekurrent K. ist Direktor und Grossaktionär der ..... fabrik L. bei
Solothurn. Seinen Wohnsitz hat er in Solothurn, wo er infolgedessen nach
solothur-Doppelbesteuerung N° 61. 441

nischem Recht auch gemeindesteuerpflichtig ist. Durch öffentliche
Urkunde vom 26. Oktober 1925 hat er die Ernst K.'sche Familienstiftung
errichtet. Der Sitz der Stiftung befindet sich nach § 1 dieser Urkunde
in Schaffhausen, kann aber durch Beschluss des Kuratoriums jederzeit an
einen anderen Ort Verlegt werden. Die §§ 2, 3, 4 und 5 Abs. 2 lauten :

g 2. Die Erträgnisse des Stiftungsgutes sollen dazu dienen, den
Anteilsberechtigten zur Förderung in ihrer Erziehung oder in ihrer
Ausbildung, zu ihrer Ausstattung als Heiratsgut und allgemein zu ihrem
Lebensunterhalt Beiträge zu liefern und ihr wirtschaftliches Fortkommen
zu erleichtern.

§ 3. Als Stiftungsvermögen bestimmt der Stifter zunächst 200,000 Fr.,
bestehend in 200 Stück Aktien der ..... fabrik L. Weitere Zuwendungen
können gemacht werden.

§ 4. Anteilberechtigt an der Stiftung sind alle aus der Ehe von Herrn
Ernst K. mit Frau stammenden ehelichen Nachkommen. An die Stelle eines
Verstorbenen treten die Deszendenten beiderlei Geschlechts nach Stämmen
bis in alle künftigen Generationen vorbehaltlich der Verteilung oder
Auflösung der Stiftung gemäss § II hienach.

§ 5 Abs. 2. Soweit die Nettoerträgnisse des Stiftungsguts nicht für
Beiträge im Sinne von § 2 Verwendung finden, werden sie zum Kapital
geschlagen.

für die Besorgung der Stiftungsgeschäfte ist ein Kuratorium von höchstens
drei Mitgliedern vorgesehen, dem neben der Vertretung der Stiftung nach
aussen und der Verwaltung des Stiftungsgutes auch die ausschliessliche
und endgiltige Verfügung über die Verwendung der Erträgnisse im Rahmen
des Stiftungszweckes zusteht (gg 6 und 8 Abs. 1). Zur Zeit besteht das
Kuratorium aus dem Schwiegervater des Stifters, Herrn S. in Zürich und
dem dem Stifter befreundeten Reallehrer R. in Schaffhausen ; bei Tod,
Handlungsunfähigkeit
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 53 I 428
Date : 14. Oktober 1927
Published : 31. Dezember 1927
Source : Bundesgericht
Status : 53 I 428
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : 428 Staatsrecht. wird ja gegenteils dem Alkoholmissbrauch vorgebeugt dadurch, dass


Legislation register
BV: 1  18  45  59  113
BGE-register
22-I-24 • 36-I-215 • 51-I-345 • 51-I-388 • 51-I-448
Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
federal council of switzerland • identification paper • federal court • foundation • address • freedom of establishment • certificate of nationality • money-debt • day • petitioner • cantonal council • letter • constitution • federal assembly • hamlet • decision • constitutional law • time limit • bee • arrest for debts
... Show all
BBl
1881/II/675