I. FAM ILIENRECHT

DROIT DE LA FAMILLE

68. Auszug aus dem Urteil der II. Zîvilabteilung vom 8. Juli 1926
i. S. Elmiger gegen Eimiger.

ZGB Art. 140, 142, 158 Ziff. 3, 4 u. 5 ; 169.

i. Die Klage auf Scheidung wegen Verlassung gemäss Art. 140 ZGB darf erst
2 ']: Jahre nach dem Zeitpunkt der Verlassung angehoben werden, nachdem
die vom Richter zur Rückkehr angesetzte Frist von 6 Monaten abgelaufen
ist. Die richterliche Aufforderung ist für die Scheidung unerlässlich
und kann nicht durch blosse richterliche Mahnungen, die im Sinne des
Art. 169
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 169 - 1 Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
1    Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
2    Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen.
ZGB erlassen worden sind, ersetzt Werden (Erw. 1).

2. Das gegenseitige Einverständnis der Ehegatten genügt für die Scheidung
nicht. Es kann höchstens als Bewei umstand für das Vorhandensein der
Zerrüttung gewürdigt Werden. Der Richter hat in jedem Fall von sich aus
zu prüfen, ob eine Ehe wirklich unheilbar zerrüttet ist (Erw. 2).

1 . Zu Unrecht versucht der Kläger sein Scheidungsbegehren auf den
besondern Scheidungsgrund der böswilligen Verlassung zu stützen. Die
Scheidung nach Art. 140 ZGB setzt voraus, dass der durch die böswillige
Verlassung oder durch die Verweigerung der Rückkehr ohne wichtigen
Grund geschaffene Zustand wenigstens zwei Jahre gedauert, und dass der
Richter auf Begehren des Klageberechtigten den abwesenden Ehegatten
aufgefordert hat, binnen sechs Monaten zurückzukehren. Erst nach Ablauf
dieser weitem Frist von 6 Monaten darf gemäss Abs. 3 des Art. 140 ZGB die
Klage auf Scheidung wegen Verlassung angebracht werden, also frühestens
2 1/2 Jahre seit dem Zeitpunkt der Verlassung (BGE 40 II s. 7 ff.). Die
Beklagte hat den Kläger am 4. Juli 1923 verlassen, während der Kläger
bereits am 11.Juli 1925, also vor Ablauf der genannten Frist die

AS 52 Is 1926 29

412 Familienrecht. N° 68.

Scheidungsklage angehoben hat, und zwar ohne dass er vorher eine
richterliche Aufforderung zur Rückkehr im Sinne des Abs. 2 des Art. 140
ZGB begehrt hätte. Diese Aufforderung ist nämlich im Gegensatz zu
Art. 162
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 162 - Die Ehegatten bestimmen gemeinsam die eheliche Wohnung.
des Entwurfes durch das ZGB nicht nur dann vorgeschrieben,
wenn Aussicht auf die WiederVereinigung der Ehegatten vorhanden ist;
sie ist, wie das Bundesgericht in seinem Urteil vom 9. Oktober 1912
i.S. Huber gegen Huber (abgedruckt in Praxis II Nr. 9) ausgesprochen hat,
eine unerlässliche Voraussetzung für die Scheidung wegen böswilliger
Verlassung. Die Verfügungen des Amtsgerichtspräsidenten vom 22.
Oktober und 17. Dezember 1924 aber, auf die sich der Kläger beruft,
vermögen eine solche Aufforderung im Sinne von Art. 140 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 162 - Die Ehegatten bestimmen gemeinsam die eheliche Wohnung.
ZGB
nicht zu ersetzen. Denn abgesechen davon, dass sie der Beklagten keine
Frist von 6 Monaten angesetzt haben, handelte es sich dabei lediglich um
richterliche Mahnungen der Beklagten an ihre Pflicht im Sinne des Art. 169
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ZGB Art. 169 - 1 Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
1    Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
2    Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen.

ZGB, also um eine Massnahme zum Schutze der ehelichen Gemeinschaft,
nicht zur Vorbereitung der Scheidungsklage gemäss Art. 140 ZGB.

2.Da auch die übrigen besondern Scheidungsgründe, wie Misshandlung und
schwere Ehrenkränkung, nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht in
Betracht kommen können, fragt es sich nur noch, ob die Ehe der Parteien
aus dem allgemeinen Seheidungsgrunde der tiefen Zerrüttung gemäss Art. 142
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 169 - 1 Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
1    Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
2    Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen.

ZGB zu scheiden ist. Die Vorinstanz nimmt an, die tiefe Zerrüttung ergehe
sich ohne weiteres auf Grund der Feststellungen der ersten Instanz, und
zudem seien die Parteien mit der Scheidung ihrer Ehe einverstanden. Sollte
sie damit dem gegenseitigen Einverständnis der Parteien eine entscheidende
Bedeutung für die Auflösung der Ehe haben beimessen wollen, so könnte
ihr nicht beigepflichtet werden, da das ZGB den Scheidungsgrund der
gegenseitigen Einwilligung der Ehegatten nicht kennt.Familienrecht; N°
69. 413

Die Bedeutung, die ' der Erhaltung der Ehe zum Schutze der Familie und
der menschlichen Gesellshaft zukommt, verlangt, dass die Auflösung der Ehe
nicht dem Belieben der Ehegatten anheimgestellt bleiben darf ; daher sind
nach Art. 158 Ziff. 3
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ZGB Art. 169 - 1 Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
1    Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
2    Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen.
und 4
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 169 - 1 Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
1    Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
2    Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen.
ZGB Parteierklärungen irgendwelcher Art für
den Richter nicht verbindlich, und wenn nach Ziff. 5 des gleichen Artikels
sogar die Vereinbarungen der Parteien über die Nebenfolgen der Scheidung
zu ihrer Rechtsgültigkeit der Genehmigung des Richters bedürfen, so kann
die Vereinbarung der Parteien über die Scheidung selbst noch viel weniger
von irgend welcher bindender Bedeutung sein. Der Richter hat in jedem
Falle von sich aus zu prüfen, ob eine Ehe, deren Scheidung oder Trennung
verlangt wird, wirklich unheilbar zerrüttet sei (wobei Geständnisse der
Parteien höchstens als Beweisumstand für das Vorhandensein der Zerrüttung
gewürdigt werden können), und er darf die Scheidung nur dann aussprechen,
wenn er sich von der unheilbaren Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses
der Parteien überzeugt hat

(vgl. BGE 51 n 116 H.).

69. Urteil der II. Zivilabteilung vom 15. Dezember 1926
i. S. Waîsenbehòrde der Stadt Schaffhausen gegen Gemeinderat von
Beggingen.

Kinderschutz; zivilrechtliche _Bes e h w e r d'e: Ob ein Kind, das
in Anwendung des Art. 284
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 169 - 1 Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
1    Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
2    Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen.
ZGB zu versorgen ist, in einer Familie oder
Anstalt unterzubringen sei, hat die Vormundschaftsbehòrde, regelmässig des
Wohnsitzes, zu bestimmen, keinesfalls die Armenbehördc der Heimatgemeinde,
Welche für die Versorgungskosten aufzukommen hat. Ein gegenteiliger
Entscheid der letzteren kann durch zivilrechtliche Beschwerde gemäss
Art. 87 Ziff. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 169 - 1 Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
1    Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken.
2    Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen.
OG angefochten werden.

A. Auf Begehren der inSchaffhausen wohnenden, unhemittelten Witwe Luise
Blum-Linsi beschloss die
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Document : 52 II 411
Date : 08. Juli 1926
Published : 31. Dezember 1926
Source : Bundesgericht
Status : 52 II 411
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : I. FAM ILIENRECHT DROIT DE LA FAMILLE 68. Auszug aus dem Urteil der II. Zîvilabteilung


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OG: 87
ZGB: 140  142  158  162  169  284
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40-II-7
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