294 Prozessrecht. N° 45.

Da somit die Parteien über den Wert des Streitgegenstandes nicht einig
sind, ist es gemäss Art. 59 Abs. 2 OG Sache des Bundesgerichts, ihn
gemäss Art. 53 Abs. 3 und 4 OG festzustellen. Aus dem Verfahren vor den
Vorinstanzen sind jedoch keinerlei Grundlagen ersichtlich, gestützt
auf die der fragliche Streitwert berechnet Werden könnte. Der Kläger
hat vor der ersten Instanz allerdings behauptet, seine Liegenschaft
erieide durch die heanstandeten Einwirkungen einen Minderwert, der
durch Expertise festgestellt werden möge. Doch hat sich der zugezogene
Sachverständige über einen solchen Minderwert nicht ausgesprochen, noch
hat der Kläger selber, etwa durch Angabe des Wertes seiner Liegenschaft
und anderer Umstände, die Grundlagen zur Berechnung eines allfälligen
Minderwertes gegeben.

Der Nachweis dafür, dass der Wert der vorliegenden Streitsache die für die
Berufung an das Bundesgericht erforderliche Summe von 4000 Fr. erreicht,
ist somit nicht geleistet, und selbst wenn dies der Fall Wäre, könnte
auf die Berufung nicht eingetreten werden, weil die für das schriftliche
Berufungsverfahren erforderliche Rechtsschrift der Berufungserklärung
nicht beigelegt werden ist (Art. 59 und 67 Abs. 4 OG), was für sich
allein schon die Rechtsunwirksamkeit der Berufung nach sich zieht.

_ _ ' Demnach} erkennt das Bundesgericht : Auf die Berufung wird nicht
eingetreten.

45. Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. Mai 1926 i. S. Hutzmann gegen
Regierungsrat St. Gallen.

Gegen die Bevormundung Unmündiger auf Grund von Art. 368 ZGB ist die
zivilrechtliche Beschwerde gemäss Art. 86 OG nicht g e g e h e n. Die
Anführung des Art. 368 ZGB in Art. 86 Ziff. 3 OG ist lediglich auf einen
redaktionellen Irrtum zurückzuführen.

Prozessrecht. N° 45. 295

A. Am 8. Dezember 1924 starb im kantonalen Asyl in Wil der von
Kaltbrnnn (Kt. St. Gallen) gebürtige und in Luzern wohnhaft gewesene
Emil Hutzmann. Da seine Frauschon vor ihm gestorben war, ordnete die
Vormundschaftsbehörde von Kaltbrunn über seine noch unmündigen Kinder:
Emil, Ida Maria und Klemens Josef Hutzmann am 12. Dezember 1924 die
Vormundschaft an. Die gleiche Anordnung traf in der Folge auch das
Waisenamt von Luzern mit Verfügung vom 10. J anuar 1925. Letzteres
ersuchte dann die Vormundschaftsbehörde von Kaltbrunn, die von ihr
angeordnete Vormundschaft, weil sie hiezu nicht zuständig gewesen wäre,
zu widerrufen. Da diese dem Gesuche nicht entsprach, rekurrierte der
I. Amtsvormund der Stadt Luzern, J. Elmiger, namens seiner Mündel an
den Regierungsrat von St. Gallen, worauf die Vormundschaftsbehörde von
Kaltbrnnn die Vormundschaft über die beiden erstgenannten Kinder. aufhob,
diejenige über Klemens Josef jedoch aufrecht erhielt.

B. Mit Entscheid vom 23. Februar 1926 hat der Regierungsrat von St. Gallen
den Rekurs, soweit er nicht durch die erwähnte Aufhebung gegenstandslos
geworden war, abgewiesen, wogegen Amtsvormund Elmiger namens des Klemens
Josef Hutzmann die zivilrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht
erhob mit dem Begehren : die über Josef Hutzmann am 12. Dezember 1924
in Kaltbrunn bestellte Vormundschaft sei aufzuheben und abzuschreiben,
und es seifestzustellen, dass die Vormundschaftsbehörde von Luzern einzig
zuständig sei für die Bestellung eines Vormundes über die drei Kinder
Hutzmann von Kaltbrunn.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

Der vom Beschwerdeführer angefochtene Entscheid stellt sich als Entscheid
über die Bestellung eines V ormundes für Minderjährige gemäss Art. 368
ZGB dar.

296 _ Prozessrecht. N° 45.

Nun hat aber das Bundesgericht schon früher ausgesprochen, dass derartige
Entscheide nicht mit der zivilrechtlichen Beschwerde weiterziehbar
sind (vgl. BGE 47 II S. 16). Hierauf zurückzukommen liegt kein Grund
vor. Art. 86 Ziff. 3 OG sieht die zivilrechtliche Beschwerde nur für die
Fälle vor, wo eine bisher mündige Person unter Vormundschaft gestellt
wird. Das ergibt sieh unzweideutig daraus, dass in dieser Vorschrift
ausdrücklich der nach der Terminologie des ZGB nur die Fälle des
Art. 369 372 ZGB umfassende Ausdruck Entmündigung verwendet werden
ist und nicht der sowohl die Bevormundung Mündiger als auch diejenige
Unmündiger umfassende, allgemeine Ausdruck Bevormundung . Richtig ist
zwar, dass unter den in Art. 86 Ziff. 3 OG in Klammern angegebenen
Gesetzesartikeln, die als Anwendungsfälle der genannten Vorschrift
aufgeführt. sind, auch Art. 368 ZGB steht. Dabei handelt es sich jedoch
angesichts des klaren Wortlautes dieser Bestimmung nnzweifelhaft um einen
redaktionnellen Verschrieb. Diese verschiedene Behandlung erscheint auch
keineswegs unverständlich angesichts der Tatsache. dass die Entmündigung
stets mit dem Entzug der Handlungsfähigkeit verbunden ist, also einen
Eingriff in bestehende Rechte des Entmündigten bedeutet, während durch
die Bevormundung eines Unmündigen diesem keine Rechte entzogen werden. Ob
dem Beschwerdeführer, da es sich im vorliegenden Falle lediglich um einen
Gerichtsstandsstreit handelt, der 'Weg des staatsrechtlichen Rekurses
gemäss Art. 189 Abs. 3 OG offen stehe, braucht hier nicht untersucht
zu werden.

Demnach erkennt das Bundesgericht : Auf die Beschwerde wird nicht
eingetreten.

,__ s...-. --

i Eis-L. W.....

Versicherungsvertrag. N° 46. 297

VII. VERSICHERUNGSVERTRAG

CONTRAT D'ASSURANCE

46. Auszug aus dem Urteil der II. Zîvilabteilung vom 9. Juni 1926
i. S. Witwe A. gegen Vita .

Fragebogen und dessen Beantwortung beim Versichernngsabschluss : Art. 4
Abs. î und 3 VVG.

1. Vorgehen beim Ausfüllen des Fragebogens. Dem Erfordernis der
schriftlichen Beantwortung der Fragen wird Genüge getan, wenn
der Versicherungsnehmer die vom Vertrauensarzt der Gesellschaft
nieder-geschriebenen Ant. werten unterschreibt (Erw. 1).

2. Bestimmte, unzweideutige Fassung der an den Versicherungsnehmer
gerichteten Fragen. Fragen nach seinen früheren Krankheiten , seinem
gegenwärtigen Gesundheitszustand , sowie danach, ob er kürzlich einen
Arzt zu Rate gezogen habe (Erw. 2).

1. Die Klägerin bestreitet nicht, dass die beklagte
Versicherungsgesellschaft den Rücktritt vom Versicherungsvertrag gemäss
Art. 6 VVG rechtzeitig und formrichtig erklärt hat. Sie wendet nur ein,
es hätten die Voraussetzungen zum Rücktritt gefehlt. Zu Unrecht macht
sie indessen zur Begründung dieses Einwurfes allgemein geltend, es fehle
bei der Beantwortung der an den Versicherungsnehmer gestellten Fragen
der Gesellschaft das in Art. 4 Abs. 1 VVG aufgestellte Erfordernis der
Schriftlichkeit, indem der Anstaltsarzt (dessen Fehler von der Beklagten
vertreten werden müssen), bei der Ausfüllung des Fragebogens die Fragen,
die der Versicherungsnehmer A. nicht gelesen habe, mündlich gestellt und
die Antworten selber niedergeschrieben habe... Art. 4 VVG verlangt nur,
dass die für die Beurteilung der Gefahr erheblichen Fragen schriftlich
festgelegt und die Antworten darauf ebenfalls schriftlich festgehalten
werden, damit über
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : 52 II 294
Data : 27. maggio 1926
Pubblicato : 31. dicembre 1926
Sorgente : Tribunale federale
Stato : 52 II 294
Ramo giuridico : DTF - Diritto civile
Oggetto : 294 Prozessrecht. N° 45. Da somit die Parteien über den Wert des Streitgegenstandes


Registro di legislazione
CC: 368  369
LCA: 4  6
OG: 53  59  67  86  189
Registro DTF
47-II-15
Parole chiave
Elenca secondo la frequenza o in ordine alfabetico
tribunale federale • quesito • valore • contraente d'assicurazione • contratto di assicurazione • consiglio di stato • committente • convenuto • casale • decisione • tutore • rimedio di diritto cantonale • età minore • motivazione della decisione • condizione • soppressione • direttiva • direttiva • esattezza • medico di fiducia
... Tutti