IS schulWUggss und Konkursmebt. N° 4.

4.3ntscheifim2sshnm1925isssswaii

Art. 230 OR. Anfechtung eines Steigemngszuschiages auf Grund einer vor der
Steigerung zwischen einem Grundpi'andgiäubiger und einem Kaufliebhaber
über den Kanipreis abgeschlossenen Vereinbarung. Legitimation eines
Grundpfandgläubigers zur Anfechtung (Erw. 1). Wirkung der Vereinbarung
auf die Steigerung (Erw. 2).

A. Im Konkurse B. Hauser, Stickfabrikant in Romanshorn, gelangten am
28. November 1924 Fabrikgebäude und Villa des Gemeinschuidners zur zweiten
Versteigerung. Die rekursbeklagte Schweizerische Bodenkreditanstalt in
Zürich, war die Hauptgrundpfandglänbigerin als Inhaberin eines Titels
für 160,000 Fr. im ersten Rang auf der Fabrik, zwei weiterer Titel für
17,000 Fr. und 18,000 Fr. im ersten und zweiten Rang auf der Villa, sowie
dreier Titel im Gesamtbetrage von 70,000 Fr. im nachfolgenden Range auf
beiden Grundstücken zusammen, neben denen noch weitere 50,000 Fr. mit
gleichen Rechten hafteten. Die Bank traf mit O. R. der die Liegenschaft
zu erwerben gedachte, vor der Steigerung eine mündliche Vereinbarung über
den Kaufpreis der Gantobjekte und die nähern Zahlungsbedingungen. Nach
dem Bestätigungsschreiben R. vom 28. November hatte sich dieser
der Bank gegenüber verpflichtet, für die beiden Grundstücke 230,000
.Fr. zu bezahlen und zwar auch dann, wenn die Liegenschaften an der
Steigerung zu einem niedrigeren Preis zugeschlagen würden. Gemäss dem
Bestätigungsschreiben der Bank vom 29. November sollten die 230,000
Fr. durch eine Hinterlage sichergestellt werden; 10,000 Fr. sollten
bar anbezahlt werden, und der Rest durch Errichtung und Übergabe von
zwei auf bestimmte Zeit festgelegten Schuldbriefen für 160,000 und
60,000 Fr. entrichtet werden. Die Bank hatte sich auch verpflichtet,
die Verwertungskosten, die dem Ersteigerer R. überbunden würden, sowie
dieSchuidbetreibimgsund Konkursrecht. N° 4. 17

Hälfte der ihm obliegenden Handänderungskosten auf} sich zu nehmen. -

O. R. ersteigerte dann die Liegenschaften um 167,000 Franken, nachdem
von dritter Seite nur bis auf 166,000 Franken geboten worden war. Die
Rekurrentin, die zwei Schuldbriefe für jess10,W0 Fr. im gleichen Range
wie die letzten Titel der Bodenkreditanstalt auf den beiden Grundstücken
innehatte, glaubte sich durch die Vereinbarung der Reknrsbekiagten
benachteiligt, da ihre Titel bei einem Steigerungszuschlag von, 167,000
Fr. ungedeckt blieben, während sie bei einem Steigerungserlös von 230,000
Fr. wenigstens zum Teil gedeckt worden wären. Sie focht daher, nachdem sie
,von der Vereinbarung Kenntnis erhalten hatte, den steigerungszuschlag
gemäss Art. 230
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 230 - 1 Wenn in rechtswidriger oder gegen die guten Sitten verstossender Weise auf den Erfolg der Versteigerung eingewirkt worden ist, so kann diese innert einer Frist von zehn Tagen von jedermann, der ein Interesse hat, angefochten werden.
1    Wenn in rechtswidriger oder gegen die guten Sitten verstossender Weise auf den Erfolg der Versteigerung eingewirkt worden ist, so kann diese innert einer Frist von zehn Tagen von jedermann, der ein Interesse hat, angefochten werden.
2    Im Falle der Zwangsversteigerung ist die Anfechtung bei der Aufsichtsbehörde, in den andern Fällen beim Richter anzubringen.
OR an und verlangte dessen Aufhebung. Eine gleiche
Beschwerde erhob auch die Konkursverwaltung.

B. Mit Entscheid vom 23. Dezember 1924 hat die Rekurskommission des
Obergerichts des Kantons Thurgau die ,Beschwerden abgewiesen. Sie ging
davon aus, dass die Vereinbarung der Rekursbeklagten weder rechtswidrig
sei, noch gegen die guten Sitten verstosse; sie habe aber auch keinen
Einfluss auf die Steigerung ausgeübt; es sei nicht vereinbart worden,
dass nicht über die Pfandforderungen der Bodenkreditanstalt hinaus
geboten werden solle, und wenn der Zuschlag nicht zu einem höhem Angebot
erfolgt sei, so erkläre sich das daraus, dass andere Kaufliebhaber, die
an der Steigerung teilgenommen, das Angebot R. nicht überboten hätten.
Die Bank selber sei zu höhern Angeboten nicht verpflichtet gewesen;
es sei ihr keine Pflicht obgelegen, für die Rekurrenfin zu bieten,
die es ihrerseits unterlassen habe, für ein Angebot zu sorgen, das zur
Deckung ihrer Pfandforderung genügt hätte. Der Bank wäre es übrigens
freigestanden, die Grundstücke ihrerseits zu 167,000 Fr. zu ersteigern
und sie nachher um 230,000 Fr. an R. zu verkaufen.

AS 51 m 1925 2

18 Schuidbetreibungsund Konkmreckt. N' 4.

C. Diesen Entscheid hat die Rekurrentin Oswald unter Erneuerung ihres
Begehrens an das Bundesgericht weitergezogen.

Die Schuldbetreibungs und Kankurskammer zieht in Erwägung :

1. Mit Recht hat die Vorinstanz die Beschwerdelegitimation der Rekurrentin
bejaht. Es unterliegt keinem Zweifel, dass Grundpfandgläubiger ein
Interesse am Erfolg einer Steigerung haben, da durch deren Ergebnis
notwendig die Deckung der Pfandforderungen beeinflusst wird und eine
Steigerung, auf die durch keinerlei unzulässige Machenschaften eingewirkt
wird, vielleicht keine oder doch geringere Pfandausfallsforderungen
zeitigt. Es wäre übrigens auch die Konkursverwaltung, die die Steigerung
vor der Vorinstanz ebenfalls angefochten, deren Entscheid jedoch nicht
weitergezogen hat, zum Rekurs legitimiert gewesen, da ihr allgemein die
Wahrung der gemeinsamen Interessen der Konkursgläubigerschaft anvertraut
ist (BGE 1921 47 III Nr. 41 S. 134 Erw. 2).

2. Zweck der öffentlichen Steigerung im Zwangsvollstreckungsverfahren
ist, wie das Bundesgericht wiederholt und zuletzt im eben erwähnten
Entscheid vom 7. November 1921 i. S. A.-G. Axa erklärt hat, durch den
öffentlichen Wettbewerb über die zu versteigernde Sache einen ihrem wahren
Wert möglichst nahekommenden Erlös zu erzielen. Dieser Zweck wird aber
vereitelt, wenn Kaufliebhaber Vereinbarungen treffen, durch die ihr
Interesse am Erwerb des Steigerungsobjektes und somit an der Teilnahme
am Wettbewerb ausgeschaltet wird . Dass dies bei der Vereinbarung der
Rekursbeklagten zutrifft, ist nicht zweifelhaft. Die Bank liess sich von
R., den sie als Bieter vorschab, den Preis _versprechen, auf den sie die
Liegenschaften selber wertete, und zwar ohne Rücksicht auf die Höhe des
Zuschlages. Dadurch verlor sie jedes Interesse an der Steigerung,

Sehnhibetreibungsund Konkursrecht. No 4. 19

trotzdem sie daran am meisten beteiligt war und ohne die Vereinbarung alle
Veranlassung gehabt hätte, für die Erzielung eines Steigerungserlöses
wenigstens in der si Höhe des vereinbarten Preises besorgt zu sein. Die
Steigerung ist dadurch sowohl in ihren Voraussetzungen, als auch in ihrem
Ergebnis gefälscht worden. Während nach aussen, den Steigerungsteilnehmem
und der Konkursverwaltnng gegenüber, R. als Ersteigerer auftrat, hat sich
im innern Verhältnis Zwischen ihm und der Bank diese als eigentlicher
Ersteigerer benommen hat sie ja doch die gesamten Verwertungsund die
Hälfte der Handänderungskosten auf sich genommen _ und dann ihrerseits
die Steigerungsohjekte an R. weiterveräussert. Auf diese Weise hat sich
die Bank durch die ausserhalb der Steigerung und ihr vorgehend getroffene
Vereinbarung einen höhern Erlös für ihre Pfandforderungen gesichert,
als die Steigerung für die Masse und die andern Pfandgläubiger auswies,
ohne dass sie selbst an der Steigerung hätte auftreten müssen.

Damit hat sie in einer sowohl widerrechtlichen als auch gegen
die guten Sitten verstossenden Weise auf den Erfolg der Steigerung
eingewirkt. Eine solche Einwirkung liegt nach der ständigen Rechtsprechung
des Bundesgerichts in einer vor der Steigerung getroffenen Vereinbarung,
wenn sie bezweckt, das Ergebnis der Steigerung ungünstig zu beeinflussen
und die Differenz zwischen dem Zuschlagspreis und dem wahren Werte der
Gantobjekte dem einen der beiden Kontrahenten oder einem Dritten zukommen
zu lassen (BGE 1913 39 II S. 34). Nicht nur ist durch die Vereinbarung
der Rekursheklagten der Gegenwert über den Zuschlag hinaus den andern
Grundpfandgläubigern entgangen, sondern die Masse ist überdies, was die
Vorinstanz voll ständig nnbeachtet gelassen, für diesen Betrag mit einer
Pfandausfallsforderung zu Gunsten der Bank helastet worden, Während diese
einen solchen Ausfall, da er ihr bis auf den Preis von 230,000 Fr. vom Er-

20 Schuldbetreibungs und Konkursrecht. N° 4.

steiget-er vergütet wird, in Wirklichkeit gar nicht erleidet. Infolge
der Abmachung war für die Bank jede Verlustgefahr bis auf den Betrag von
230,000 Fr. ausgeschlossen. Sie konnte sich daher jeder Einwirkung auf
die Steigerung enthalten. Auch ihr Vertragsgegner R. hatte nicht den
geringsten Anlass, noch weiterzuhieten, nachdem er schon mit 167,000
Fr. Höchstbieter geblieben, war. Was er in Wirklichkeit für die Liegen-

schaften zu bezahlen hatte, war ja schon vorher festss

gestellt worden. Die Abmachung war somit entgegen der Annahme der
Vorinstanz von entscheidendem Einfluss auf den Gang der Steigerung und
ihren Erlös.

Wäre die Vereinbarung nicht getroffen worden, so hätte die Bank, um die
230,000 Fr. nicht zu verlieren, selbst bis auf diesen Betrag bieten
müssen, und auch R. hätte, wenn er sich der Bank gegenüber zu diesem
Preise verpflichten wollte, ohne die Abmachung ebenfalls wenigstens
diesen Betrag; an der Steigerung bieten müssen. Unrichtig ist die
Annahme'der Vorinstanz, die Bank hätte ihrerseits die Grundstücke
an der Gant für 167,000 Fr. erworben und dann für 230,000 Fr. an '
R. weiterverkaufen können. Denn R. hätte ohne die Vereinbarung für die
Liegenschaften, wie er in seiner Antwort auf die Beschwerde übrigens
selber ausdrücklich zugibt, 230,000 Fr., vielleicht sogar mehr geboten,
da sie ihm soviel wert waren, und er hätte sie daher der Bank nicht um
167,000 Fr. überlassen. Allerdings hätte er dann, weil die Pfandtitel
fällig waren, sich das Geld bei einer andern Bank verschaffen müssen;
dass dies jedoch nicht möglich gewesen wäre, dafür liegt in den Akten
kein Anhaltspunkt vor.

Richtig ist, dass eine Verpflichtung der Bank, an der Gant zu bieten,
nicht bestand. Es genügt jedoch zur Anfechtung einer Steigerung nach
Art. 230
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 230 - 1 Wenn in rechtswidriger oder gegen die guten Sitten verstossender Weise auf den Erfolg der Versteigerung eingewirkt worden ist, so kann diese innert einer Frist von zehn Tagen von jedermann, der ein Interesse hat, angefochten werden.
1    Wenn in rechtswidriger oder gegen die guten Sitten verstossender Weise auf den Erfolg der Versteigerung eingewirkt worden ist, so kann diese innert einer Frist von zehn Tagen von jedermann, der ein Interesse hat, angefochten werden.
2    Im Falle der Zwangsversteigerung ist die Anfechtung bei der Aufsichtsbehörde, in den andern Fällen beim Richter anzubringen.
OR, wenn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge angenommen werden
muss, dass die Gant ohne die Abmachung anders verlaufen wäre, und das
muss hier als sicher betrachtetsein-Witwean und Konkmsrecht. N° 5. 21

werden. Nicht der Umstand, dass die Bank an der Steigerung tatsächlich
nicht geboten hat, verstösst gegen die guten Sitten, sondern die Tatsache,
dass sie mit R. ' ausserhalb der Steigerung eine Vereinbarung getroffen
hat, die ihre Teilnahme an der Gant unnötig machte, ihr trotzdem aber
einen höhern Erlös als den durch den Zuschlag ausgewiesenen zusicherte.

Demnach erkennt die Schuldbetr.und Konkurskammer :

Der Rekurs wird gutgeheissen und der angefochtene Steigerungszuschiag
vom 28. November 1924 aufgehoben.

5. Entscheid vom 5. Februar 1925 i. S. Wegner.

Anfechtung einer Versteigerung gemäss Art. 2 3 0 O R :

Zusicherung der Biirgen einer durch Nachgangshypothek versicherten Schuld,
die Vorgangshypotheken herauszubieten 'I

Vereinbarung unter Mitbürgen, dass nur einer von ihnen die Liegenschaft
auf gemeinsame Rechnung erwerbe, ist nicht ein unzulässiges pactum de
non licitcmdo.

Tatbestand gekürzt:

A. _ Auf der Liegenschaft des Gemeinschuldners Kamber lasteten ein
Schuldbrief im ersten Rang von 7051 Fr. 30 Cts. einschliesslich
Akzessorien zugunsten der Solothurm'schen Kantonalbank, zwei vom
Rekur. renten und drei weiteren Bürgen verbürgte Grundpfandverschreibungen
im zweiten und dritten Rang von 1214 Fr. 70 Cts. und 1910 Fr. 20
Cts. einschlieslich Akzessorien zugunsten dergleichen Bank, und ein
Eigentümerpfandtitel im vierten Rang von 12,000 Fr., welcher für einen
vom Gemeinschnldner aufgenommenen, von Augustin Felber, Olivier Wagner
und Ernst Beutler verbürgten Bankkredit im Betrag von 13,013 Fr. 30
Cts. einschliesslich Akzessorien verpfändetäwar.

An der ersten Konkurssteigerung bot Ernst Beutler
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 51 III 16
Datum : 04. Januar 1925
Publiziert : 31. Dezember 1925
Quelle : Bundesgericht
Status : 51 III 16
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : IS schulWUggss und Konkursmebt. N° 4. 4.3ntscheifim2sshnm1925isssswaii Art. 230


Gesetzesregister
OR: 230
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 230 - 1 Wenn in rechtswidriger oder gegen die guten Sitten verstossender Weise auf den Erfolg der Versteigerung eingewirkt worden ist, so kann diese innert einer Frist von zehn Tagen von jedermann, der ein Interesse hat, angefochten werden.
1    Wenn in rechtswidriger oder gegen die guten Sitten verstossender Weise auf den Erfolg der Versteigerung eingewirkt worden ist, so kann diese innert einer Frist von zehn Tagen von jedermann, der ein Interesse hat, angefochten werden.
2    Im Falle der Zwangsversteigerung ist die Anfechtung bei der Aufsichtsbehörde, in den andern Fällen beim Richter anzubringen.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
rang • vorinstanz • ersteigerer • bundesgericht • wert • versteigerung • ausserhalb • mass • konkursverwaltung • deckung • schuldbetreibungs- und konkursrecht • richtigkeit • geld • ertrag • wirkung • berechnung • beschwerdelegitimation • fabrik • kaufpreis • thurgau
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