I. SACHENRECHT

DROITS RÉELS

84. Urteil der Il. Zivilebteiiung vom 24. September 1925
i. S. Evang. Kirohgemeînae Ohnmaiäen gegen Kath. Kirchgemeinde Uhurwalden.

ZGB Art. 642
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 642 - 1 Wer Eigentümer einer Sache ist, hat das Eigentum an allen ihren Bestandteilen.
1    Wer Eigentümer einer Sache ist, hat das Eigentum an allen ihren Bestandteilen.
2    Bestandteil einer Sache ist alles, was nach der am Orte üblichen Auffassung zu ihrem Bestande gehört und ohne ihre Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung nicht abgetrennt werden kann.
, Schlusstitel Art. 17 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 17 - Handlungsunfähig sind urteilsunfähige Personen, Minderjährige sowie Personen unter umfassender Beistandschaft.
und 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 17 - Handlungsunfähig sind urteilsunfähige Personen, Minderjährige sowie Personen unter umfassender Beistandschaft.
: Fortbestand der
dingliehen Rechte, welche vor dem Inkrafttreten des ZGB begründet
worden sind worüber in Anwendung des früheren (kantonalen) Rechts zu
entscheiden ist , auch an solchen Gegenständen, welche nach ZGB blosse
Bestandteile sind.

A. Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin Anerkennung ihres
freien Alleineigentums am St. Luzius Altar in der Kirche zu Churwalden;
mit ihrer Widerklage verlangt die Beklagte:

I. 1. Anerkennung ihres Alleineigentums am. St. LuziusAltar ;

2. eventuell Anerkennung ihres Miteigentumsrechts und ihres alleinigen
Gebrauchsrechts am St. LuziusAltar.

II. 1. Anerkennung ihres Eigentumsrechts an der äussern Kirche,
ausgenommen an der bestehenden Kanzel und Orgel ;.

2. eventuell Anerkennung ihres Miteigentumsrechts an der äussern Kirche
und ihres Durchgangsund Gebrauchsrechts, wie solche bisher genutzt und
besessen werden ist . '

B. Dnrch Urteil vom 12./3./4. November 1924 und 24. /5. Februar 1925
hat das Kantonsgericht von Graubünden erkannt:

Die Klage wird abgewiesen. Die Widerklage wird

AS 51 II 1925 37

548 Sachenrecht. N° 84.

,a) mit Bezug auf das Begehren auf Anerkennung des Alleineigentums am
St. Luzius Altar gutgeheissen;

b ) mit Bezug auf das Begehren auf Anerkennung des Alleineigentumsrechts,
wie auch des Miteigentumsrechts der Widerklägerin an der äusseren Kirche
abgewiesen; c) mit Bezug auf das Begehren auf Anerkennung des Durchgangs
, Gebrauchsund Benutzungsrechts der Widerklägerin an der äussern Kirche
im Sinne der Erwägungen gutgeheissen.

C. Gegen dieses am 2. Juli zugestellte Urteil hat die Klägerin am
21. Juli die Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit den Anträgen *auf
Gutheissung der Hauptklage (eventuell unter Vorbehalt der althergebrachten
öffentlich-rechtlichen Gebundenheit der der Evangelischen Kirchgemeinde
gehörenden Kirche zu Gunsten der Katholischen Kirchgemeinde) und gänzliche
Abweisung der Widerklage.

D. Die Beklagte hat sich am 1. August der Berufung angeschlossen, im
wesentlichen unter Wiederaufnahme ihrer Widerklageanträge.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

Auch wenn der vorliegende Prozess als Zivilstreitigkeit anzusehen und
also anzunehmen ist, dass es nicht schon an dieser ersten Voraussetzung
der Zulässigkeit der Berufung fehle, so erweist sich diese doch als
unstatthaft, weil der Prozess nicht unter Anwendung von Bundesrecht
entschieden worden und auch nicht nach Bundesrecht zu entscheiden ist
(Art. 56
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 17 - Handlungsunfähig sind urteilsunfähige Personen, Minderjährige sowie Personen unter umfassender Beistandschaft.
OG). Wird nämlich von der Anschlussberufung abgesehen, welche
nach Art. 70 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 17 - Handlungsunfähig sind urteilsunfähige Personen, Minderjährige sowie Personen unter umfassender Beistandschaft.
OG bei der Entscheidung über die Eintretensfrage
nicht in Betracht zu ziehen ist, so ist ausschliesslich noch streitig
einerseits, ob die Beklagte und Widerklägerin ein (privates) Durchgangs ,
Gebrauchsund Benützungsrecht an der äussern, der Hauptklägerin gehörenden
Kirche, und anderseits ob die Hauptklägerin das Eigentumsrecht am
st. Luzius AltarSachenrecht. N° 84. 549

erworben haben zu einer Zeit lange vor Inkrafttreten des ZGB. (Hieran
ändert es nichts, wenn sich die Klägerin auf ein Schreiben des
Präsidenten der Beklagten aus dem Jahre 1918 beruft, durch welches
das Eigentumsrecht der Klägerin am Altar soll anerkannt worden sein;
damit kann die Klägerin nicht im Ernste haben geltend machen wollen,
dass, wenn sie bis dahin noch nicht Eigentümerin des Altars war, sie
es durch jenes Schreiben geworden sei, zumal da sie ja verneint wissen
Will, dass der Altar seit dem Inkrafttreten des ZGB noch ein eigenes,
ein anderes rechtliches Schicksal haben könne als die äussere Kirche,
ssin der er steht). Bestanden diese dinglichen Rechte beim Inkrafttreten
des ZGB, so bleiben sie nach Art. 17 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 17 - Handlungsunfähig sind urteilsunfähige Personen, Minderjährige sowie Personen unter umfassender Beistandschaft.
des Schlusstitels des ZGB
unter Vorbehalt der Vorschriften über das Grundbuch auch unter dem neuen
Rechte anerkannt. Ob aber ein dingliches Recht vor dem Inkrafttreten
des ZGB begründet worden sei, ist nicht unter Anwendung des damals noch
gar nicht in Geltung stehenden Bundesrechts zu entscheiden. Insbesondere
bezüglich der Frage des Eigentums der Klägerin am Altar kommen nicht etwa
die fahrnissachenrechtlichen Vorschriften des aOR zur Anwendung, da auch
nicht während ih r e r Geltung entscheidende Eigentumserwerbstatsachen
sich ereignet haben. Nicht von Belang ist weiterhin, ob, wie die Klägerin
geltend macht, nach ZGB nicht mehr Sondereigentum eines Dritten am Altar
begründet werden könnte, weil er Bestandteil der äusseren, ihr, der
Klägerin, gehörenden Kirche sei. Denn nach Art. 17 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 17 - Handlungsunfähig sind urteilsunfähige Personen, Minderjährige sowie Personen unter umfassender Beistandschaft.
in Verbindung
mit Abs.. 3 des Schlusstitels des ZGB bleiben die beim Inkrafttreten
dieses Gesetzes bestehenden dinglichen Rechte unter dem neuen Rechte
selbst dann anerkannt, wenn ihre Errichtung nach dem neuen Rechte nicht
mehr möglich Wäre. Wieso sich aus den im von der Klägerin vorgelegten
Gutachten des Professors MUTzNEn angeführten Urteilen des Bundesgerichts
(AS 40 II S. 111 ff.; 42 II S. 440 ff.; 43 II

550
Obligationenrecht. N° 85.

S. 162 ff.) ein anderes ergeben soll, ist nicht ersichtlich, da in
keinem dieser Urteile die Frage erörtert wurde, welchen Einfluss das
Inkrafttreten des ZGB auf den Bestand bereits begründeter, aber nach ZGB
nicht mehr begründbarer dinglicher Rechte ausübe, speziell dinglicher
Rechte an Gegenständen, die nach ZGB nicht mehr als selbständige Sachen
im Rechtssinne anerkannt werden -; übrigens lässt das Gutachten auch
eine Auseinandersetzung mit MUTZNEB, Kommentar, Note 5 zu Art. 17
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 17 - Handlungsunfähig sind urteilsunfähige Personen, Minderjährige sowie Personen unter umfassender Beistandschaft.
,
vermissen. Endlich ist, besonders angesichts des Art. 944
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 944 - 1 Die nicht im Privateigentum stehenden und die dem öffentlichen Gebrauche dienenden Grundstücke werden in das Grundbuch nur aufgenommen, wenn dingliche Rechte daran zur Eintragung gebracht werden sollen oder die Kantone deren Aufnahme vorschreiben.
1    Die nicht im Privateigentum stehenden und die dem öffentlichen Gebrauche dienenden Grundstücke werden in das Grundbuch nur aufgenommen, wenn dingliche Rechte daran zur Eintragung gebracht werden sollen oder die Kantone deren Aufnahme vorschreiben.
2    Verwandelt sich ein aufgenommenes Grundstück in ein solches, das nicht aufzunehmen ist, so wird es vom Grundbuch ausgeschlossen.
3    ...681
ZGB, nicht
anzunehmen, dass die Vorschriften über das Grundbuch dem Weiterbestand
des Sondereigentums am Altar entgegenstehen ; solches hat die Klägerin
denn auch nicht darzutun versucht.

Demnach erkennt das Bundesgericht : Auf die Berufung wird nicht
eingetreten.

II. OBLIGATIONENRECHTDRO IT DES OBL'IGATIONS

85. Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. März 1925 i. S. Eidg. Bank
gegen Genossenschaft des Importhandels mit chemisch-technischen Produkten.

Auftr a g. OR Art. 399 Abs. II, 402 Abs. 1. Auftrag an eine inländische
Bank, bei einer ausländischen ein A k k r ed i t iv zu Gunsten des
Lieferanten des Auftraggebers zu bestellen. Die inländische Bank haftet
nur für eigenes Verschulden in der Wahl und Instruktion der ausländischen
Bank und in der Überwachung des Verkehrs, nicht aber für das Verschulden
der letztem. Würdigung des Verhaltens der inländischen Bank auf die Frage
des Verschuldens hin. Für ohne ihr Verschulden erfolgte ordnungswidrige
Auszahlungen aus dem Akkreditiv und bezügliche Belastungen durch die
ausländische Bank kann sich die inländische Bank aus dem Gesichtspunkt
der Aufwendung (OR 402 Abs. I) an den Auftraggeber halten.

Obligationenrecht. N° 85. 551

A. Die Beklagte ist eine Genossenschaft, die sich Während des Krieges
bildete und den Zweck verfolgte, ihren Mitgliedern die Einfuhr der von
ihnen benötigten Rohstoffe und Produkte zu erleichtern. Durch eine im
September 1918 beschlossene Statutenrevision wurde sie ermächtigt, die
unter den Genossenschaftszweck fallenden Waren auch auf eigene Rechnung
zu kaufen und in die Schweiz einzuführen. ss

Ende Mai 1918 übersandte die Warenabteilung des
Schweiz. Volkswirtschaftsdepartements der Beklagten ein Angebot, das
ihr vom Office commercial suisse in Madrid zugekommen war und laut
welchem die Firma Sanz & Hijo in Coca, Provinz Segovia, 100 200 Tonnen
Terpentin zum Preis von Pesetas 160 per 100 kg., franko französische
Grenzstation Hendaye, offerierte. Die Beklagte gab ihren Mitgliedern
von diesem Angebot Kenntnis, worauf die Firmen A. G. Scheller & Cie,
Jules Kuhn & Cie, B. von Auw & Cie und Otto Lobeck sich bereit erklärten,
das ganze Quantum zu übernehmen.

Nachdem das Office commercial suisse davon Kenntnis erhalten hatte,
schloss es namens der Beklagten am 27. Juni 1918 mit Sanz & Hijo zwei
Kaufvertrage ab: einen, Kontrakt Nr. 17, über 150 Tonnen zum Preise von
Pes. 168 per 100 kg; den andern, Kontrakt Nr. 19, über 50 Tonnen zum Preis
von Pes. 172 per 100 kg. Als Ablieferungsort wurde Hendaye bezeichnet,
als Lieferungstermin der Monat Juli 1918. Ferner wurde vereinbart, dass
die Zahlung zu erfolgen habe gegen récepissé de chemin de fer, facture
acquittée en double exemplaire et reconnaissance de la marchandise .

Die Beklagte richtete darauf am 11. Juli 1918 folgende Zuschrift an die
Klägerin, Eidgenössische Bank A. G. in Zürich: Wir beehren uns, Ihnen
mitzuteilen, dass die Firmen 1. Emil Scheller & Cie A.-G. Zürich Pes.
122,000, 2. Jules Kuhn & Cie in Zürich Pes. 97,500, 3. B. von Aue; &
CLe in Morges Pes. 97,500, 4. Otto Lobeck Herisau Pes. 23,750, total
Pes. 340,750, für unsere Rechnung bei Ihnen einzahlen werden, wogegen
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 51 II 547
Datum : 24. September 1925
Publiziert : 31. Dezember 1925
Quelle : Bundesgericht
Status : 51 II 547
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : I. SACHENRECHT DROITS RÉELS 84. Urteil der Il. Zivilebteiiung vom 24. September


Gesetzesregister
OG: 56  70
ZGB: 17 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 17 - Handlungsunfähig sind urteilsunfähige Personen, Minderjährige sowie Personen unter umfassender Beistandschaft.
642 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 642 - 1 Wer Eigentümer einer Sache ist, hat das Eigentum an allen ihren Bestandteilen.
1    Wer Eigentümer einer Sache ist, hat das Eigentum an allen ihren Bestandteilen.
2    Bestandteil einer Sache ist alles, was nach der am Orte üblichen Auffassung zu ihrem Bestande gehört und ohne ihre Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung nicht abgetrennt werden kann.
944
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 944 - 1 Die nicht im Privateigentum stehenden und die dem öffentlichen Gebrauche dienenden Grundstücke werden in das Grundbuch nur aufgenommen, wenn dingliche Rechte daran zur Eintragung gebracht werden sollen oder die Kantone deren Aufnahme vorschreiben.
1    Die nicht im Privateigentum stehenden und die dem öffentlichen Gebrauche dienenden Grundstücke werden in das Grundbuch nur aufgenommen, wenn dingliche Rechte daran zur Eintragung gebracht werden sollen oder die Kantone deren Aufnahme vorschreiben.
2    Verwandelt sich ein aufgenommenes Grundstück in ein solches, das nicht aufzunehmen ist, so wird es vom Grundbuch ausgeschlossen.
3    ...681
BGE Register
43-II-547
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • inkrafttreten • bundesgericht • widerklage • schlusstitel • kirchgemeinde • alleineigentum • frage • sachenrecht • genossenschaft • weiler • bestandteil • kenntnis • grundbuch • ware • entscheid • zahlung • revision • prozessvoraussetzung • anschlussbeschwerde
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