474 Personenreeht. N ° 73.

wenn zwar Art. 219 SchKG für das Privileg erster Klasse

einen Unterschied macht zwisehen Arbeitern einerseits _ und Kommis und
Bnreauangesteliten anderseits, so

liegt doch nichts dafür vor, dass die Kassen für letztere, die doch
ebenfalls Arbeiter' nn weiteren Sinne des Wortes sind, hätten vom
Privileg ausgeschlossen werden. wollen. Durch die ausdehnende Auslegung
wird auch die wünschbare Übereinstimmung hergestellt mit Art. 52
Ziff. 7 des Bundesgesetzes über Verpfändung und Zwangsliquidation
von Eisenbahnund Schiffahrtsunternehmungen vom 25. September 1917,
wonach im Nat-blassvertrag der konzessionierten Transportanstalten
sicherzustellen ist die unverkürzte Bezahlung des Vermögens der Kranken-,
Unterstützungs-und Pensionskassen, soweit dasselbe aus dem Vermögen der
Unternehmung nicht ausgeschieden ist, sowie der Einzahlungen, die nach
den Statuten dieser Kassen von der Unternehmung zu leisten sind, aber noch
ausstehen (dass Art. 40 2. c. beider Zwangsliquidation kein entsprechendes
Konkursprivileg gewährt, dürfte einem Versehen zuzuschreiben sein).

Demnach erkennt das Bundesgericht : Die Berufung wird abgewiesen und
das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern vom 1. Juli 1925
bestätigt. ·

Familienrecht. N° :74. 475

H. FAMILIENRECHT

DROIT DE LA FAMILLE

774. Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. November 1926 i. S. Hinder
gegen Schaffen

Vaterschaftsklage gegen einen Unmündigen mit Anträgen auf Zusprechung
des Kindes mit Standesfolge und Geldleistungen an die Mutter. Bezüglich
des ersteren Antrages ist der Beklagte pmzessfähig, nicht bezüglich
der letzteren. Art und Weise der Berücksichtigung dieses Mangels.
Unzulässigkeit der Zurückweisung der ganzen Klage (Erw. 2). Ist solche
Zurückweisung Haupturteil ? (Erw. 1). ZGB Art. 312 Abs. 2: Folgen der
Unterlassung der Mitteilung der Standesfolge-Klagc an die Heimatgemeinde
des Beklagten (Erw. 3).

A. Am 26. August 1924 stellten Rosa Minder und deren am 29. September
1923 geborenes Kind Ernst Minder beim Richteramt Laupen das Gesuch
um Veranstaltung eines Aussöhnungsversuches mit Walter Schaffer
...... geboren 22. Juli 1905 ...... über ihre Vaterschaftsklage, mit
welcher sie Zahlung eines Unterhaltsgeldes an das Kind, sowie Ersatz
für die Kosten der Entbindung und des Unterhalts der Mutter um ,die Zeit
der Geburt und Zahlung einer Genugtuungssumme verlangten. Die Ladung zum
Aussöhnungsversuche wurde dem Beklagten persönlich zugestellt, welcher
ihr in Begleitung eines Fürspreehers Folge leistete. In der schriftlichen
Klage vom 13. Oktober 1924, welche ebenfalls dem Beklagten persönlich
zugestellt wurde, nicht dagegen an dessen Heimatgemeinde, stellten die
Kläger den weiteren, eventuellen Antrag, das Kind Ernst Minder sei dem
Beklagten mit standeskolgen zuzusprechen. Der Gerichtspräsident verfügte
unter Mitteilung an die Parteien, dass zur ersten Hauptverbandlung vor
dem Amtsgericht u.a. auch die Mutter des Beklagten als

-

476 Familienrecht. N° 74 .

Zeuge zu laden sei ; obschon dies infolge eines Versehens nicht geschehen
war, erschien die Mutter des Beklagten, von diesem zur Verhandlung
mitgenommen, gleichwohl und konnte als Zeuge einvernommen werden. Im
weiteren Verlaufe des Prozesses stellte der Beklagte den Antrag, die Klage
sei wegen Mangels einer Prozessvoraussetzung ohne Prüfung der materiellen
Begründetheit zurückzuweisen und es sei das bisherige Prozessverfahren
nichtig zu erklären, nämlich deswegen, weil die Prozessvorkehren gegenüber
dem noch minderjährigen Beklagten selbst und nicht gegenüber seiner Mutter
als Inhaberin der elterlichen Gewalt über ihn getroffen worden seien. Das
Amtsgericht ver-warf jedoch diese Einrede, und nachdem die Kläger ihren
eventuellen Klageantrag, dass das Kind dem Beklagten. mit Standesfolge
zuzusprechen sei, zum Hauptantrag erhoben hatten, hiess das Amtsgericht
diesen Klageantrag gut und verurteilte den Beklagten ausserdem zur Zahlung
einer Genugtuungssumme von 1500 Fr. und zum Ersatz der Spitalkosten im
Betrage von 295 Fr. Gegen dieses Urteil appellierte der Beklagte. _

B. Durch Urteil vom 4. Juni 1925 hat der Appellationshof des Kantons
Bern die Klage zurückgewiesen.

C. Gegen dieses Urteil haben die Kläger die Berufung an das Bundesgericht
eingelegt mit dem Antrag auf Viederherstellung des erstinstanzlichen
Urteils.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. -Die Vorinstanz hat die Klage uneinlässlich zurückgewiesen mit
der Begründung, dass es wenigstens nach gewissen Richtungen an der
Prozessfähigkeit des Beklagten, also einer Prozessvoraussetzung mangle,
indem der (damals) noch minderjährige Beklagte jedenfalls nicht im ganzen
Umfangc der gegen ihn eingereichten Klage habe persönlich ins Recht
gefasst werden können, nämlich nicht bezüglich der neben dem Hauptbegehren
auf Zuspruch mit Standesfolgcn auch noch eingeklagtenFamilienrecht. N°
74 . 477

Geldforderungen: der Entbindungskosten, des Unterhaltsgeldes an die
Mutter und der von dieser geforderten Genugtuungssumme, und auch nicht
bezüglich des zunächst prinzipiell und später dann wenigstens noch
eventuell neben dem Begehren auf Zuspruch mit Standesfolgeu gestellten
Begehrens auf Entrichtung gewöhnlicher Vaterschaftsleistungen, weil es
sich hiebei nicht um höchst persönliche Rechte des Beklagten handle. Aus
diesen Urteilsgründen in Verbindung mit der von den Klägern in der
Berufungseingabe aufgestellten Behauptung, dass sie gemäss Art. 163
der bernischen Zivilprozessordnung innert der zehntägigen Frist beim
Richter in Laupen sowohl die Vorladung zum Aussöhnungs-versuch, als auch
die Klage neu angebracht haben, ist zu schliessen, dass das angefochtene
Urteil eine Zurückweisung der Klage im Sinne des Art. 194 I. c. enthält,
das also die Klage zwar neu angebracht werden muss, jedoch als Zeitpunkt
der Rechtshängigkeit das Datum der Einreichung der zurückgewiesenen
Klage gilt, sofern dies innert zehn Tagen nach der Rückweisung unter
Verbesserung des vorerst unterlaufenen Fehlers ge-schieht (Art. 163
Z. c.). Indessen hat es das Bundesgericht bereits in Zweifel gezogen, ob,
wenn wie hier inzwischen eine vom Bundesrecht gesetzte Verwirkungsfrist
abgelaufen ist, eine solche Rückbeziehung der Rechtshängigkeit auf den Tag
der ersten, fehlerhaften Klageanhehung der Verwirkung entgegensteht (AS 51
II S. 240 f. und die dort zitierten Entscheide der Schuldhetreibungsund
Konkurskammer). Würde diese Frage verneint, so hätte die Zurückweisung
der vorliegenden Klage zur Folge, dass die Kläger die mit ihrer Klage
geltend gemachten Ansprüche aus der behaupteten Vaterschaft des Beklagten
unwiederbringlich verlieren. Jedoch genügt dieser Umstand für sich allein
noch nicht, um das angefochtene Urteil als Haupturteil im Sinne des
Art. 58 OG zu qualifizieren, gegen welches die Berufung zulässig wäre;
hiefür ist vielmehr von entscheidender Bedeu-

,478 Familienrecht. NOV-74. tung, dass die Klage als gegen den
minderjährigen Beklagten selbst gerichtet endgültig abgewiesen sein würde,
Wenn das angefochtene Urteil die Rechtskraft beschritte. Weiter hat
die Vorinstanz noch ausgeführt, dass, wenn auch besagter Mangel in den
Prozessvoraussetzungen nicht vorliegen würde, das erstinstanzliche Urteil
wegen Verletzung des Art. 312 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 312 - Die Kindesschutzbehörde entzieht die elterliche Sorge:423
1  wenn die Eltern aus wichtigen Gründen darum nachsuchen;
2  wenn sie in eine künftige Adoption des Kindes durch ungenannte Dritte eingewilligt haben.
ZGB (Unterlassungder Mitteilung
der Klage an die Heimatgemeinde des Beklagten) hätte kassiert werden
müssen. Hierin ist Wahl nicht ein zweiter die Zurückweisung der Klage
rechtfertigender Standpunkt zu sehen, da jene Unterlassung nicht als
Mangel einer Prozessvoraussetzung bezeichnet werden kann, an welchen
allein Art. 194 l. e. die Zurückweisung der Klage knüpft, Sondern nur
eine Auslas'sung darüber, dass das erstinstanzliche Urteil ohnehin nicht
hätte bestätigt werden können, die bei der Nachprüfung des angefochtenen
Urteils nicht weiter in Betracht kommt. ' 2. Der Vorinstanz ist auf Grund
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ohne weiteres darin beizustimmen,
dass dem Beklagten vor seiner Volljährigkeit die Prozess,fähigkeit gefehlt
hat bezüglich der Klageanträge, welche Leistungen an die Mutter, und-des
eventuellen Klage antrages, welcher für den Fall, dass das Kind dem
Beklagten nicht mit Standesfolge zugesprochen würde, ein Unterhaltsgeld
an das Kind zum Gegenstande haben (AS 42 II S. 555 ff..) Allein wenn
nicht das gleiche auch gilt für den weiteren ngeantrag, welcher darauf
abzielt, dass das Kind dem Beklagten mit Standesfolge zugesprochen werde,
wenn gegenteils die Prozessiähigkeit des Beklagten bezüglich dieses
Klageantrages zu bejahen wäre was die Vorinstaz glaubte dahingestellt
lassen zu können , so liesse es sich angesichts der möglicherweise mit
der Zurückweisung der Klage verbundenen schweren Verwirkungsfo'lge nicht
rechtfertigen, wegen des nur die ersterwähnten Klageanträge betreffenden
Mangels der Prozessfähigkeit des Beklagten die Klage

Familienrecht. N° 74. 479

ilif'isihrsiesir Gesamtheit zurückzuweisen, mit Einschluss des
letzt-erwähnten Klageantrages, der von jenem Mangel nicht betroffen
wird. Dem Antrag, dass das Kind dem Beklagten mit Standesfolge
zuzusprechen sei, kommt nämlich' im Verhältnis zu den ihm zwar
gleichgeordneten Anträgen auf Leistungen an die Mutter derart überwiegende
Bedeutung zu, dass er nicht geradezu unberücksichtigt bleiben darf,
wie es der Fall ist, wenn die Klage wegen Fehlens der Prozessiähigkeit
des Beklagten bezüglich der übrigen Anträge zurückgewiesen wird,
gleichgültig ob der Beklagte bezüglich des hauptsächliebsten Antrages,
dass nämlich das Kind ihm mit Standesiolge zuzusprechen sei, prozessfähig
sei. Ob die Kläger diesen vorerst überhaupt nicht und dann zunächst
nur eventuell gestellten Antrag im Laufe des Prozesses zum Hauptantrag
erheben durften, ist ausschliesslich nach kantonalem Prozessrecht zu
beurteilen, und es muss daher ohne Nachprüfung sein Bewenden dabei haben,
dass die Klageänderung von den kantonalen Instanzen zugelassen worden
ist. Nun kann in der Tat die Prozessiähigkeit des Beklagten bezüglich
dieses Klageantrages nicht verneint werden. Steht nämlich dem Vater
eines ausserehelichen Kindes das Recht, dieses im Sinne des Art. 303
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 303 - 1 Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
1    Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
2    Ein Vertrag, der diese Befugnis beschränkt, ist ungültig.
3    Hat ein Kind das 16. Altersjahr zurückgelegt, so entscheidet es selbständig über sein religiöses Bekenntnis.

ZGB, also mit Standesfolge, anzuerkennen, um seiner Persönlichkeit
willen zu und kann es daher von einem urteilsfähigen unmündigen Vater
selbst ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters ausgeübt werden,
wie das Bundesgericht ausgeprochen hat (AS 44 II S. 211 f.), so kommt
dem urteilsfähigen unmündigen Beklagten auch die Prozessfähigkeit
bezüglich der Standesfolge-Klage zu, welche darauf abzielt, die gleichen
Rechtswirkungen herbeizuführen, die der Beklagte durch die Anerkennung
des Kindes zu begründen vermöchte (vgl. auch AS 42 II S. 558, wo
ausdrücklich die Einschränkung gemacht wurde, dass die Führung eines
Vaterschaftsprozesses im Sinne von Art. 317
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 317 - Die Kantone sichern durch geeignete Vorschriften die zweckmässige Zusammenarbeit der Behörden und Stellen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Kindesschutzes, des Jugendstrafrechts und der übrigen Jugendhilfe.
und 319
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 319 - 1 Die Eltern dürfen die Erträge des Kindesvermögens für Unterhalt, Erziehung und Ausbildung des Kindes und, soweit es der Billigkeit entspricht, auch für die Bedürfnisse des Haushaltes verwenden.
1    Die Eltern dürfen die Erträge des Kindesvermögens für Unterhalt, Erziehung und Ausbildung des Kindes und, soweit es der Billigkeit entspricht, auch für die Bedürfnisse des Haushaltes verwenden.
2    Ein Überschuss fällt ins Kindesvermögen.
ZGB nicht als die
Ausübung eines Persönlichkeits-

480 Familienrecht. N° 74.

rechtes erscheine). (Wäre anzunehmen, dass der das Unterhaltsgeld an
das Kind betreffende Klageantrag

nicht bloss als eventueller, sondern als dem Standesfolge_ Antrag
gleichgeordneter gestellt worden sei, so könnte .

die Prozessfähigkeit des Beklagten auch bezüglich dieses Antrages nicht
verneint werden; denn so aufgefasst würde er nichts anderes als die
finanziellen Folgen der Zusprechung mit Standesfolge zum Gegenstand haben,
welche der urteilsfähige Unmündige durch die ihm zustehende freiwillige
Anerkennung ja auch ohne weiteres auf sich nahme.)

Fragt es sich nun, auf welche Weise dem Umstand, dass der Beklagte
bezüglich des die Zusprechung mit Standesfolge betreffenden Klageantrages
schon zur Zeit der Anhebung der Klage prozessiähig war, die gebührendc
Berücksichtigung zu schenken sei, so kann es sich nicht darum handeln. das
Urteil der Vorinstanz insofern aufzuheben, als es den Standesfolge-Antrag
zurückgewiesen hat, im übrigen dagegen zu bestätigen, so dass es bei der
ZurückWeisung der Leistungen an die Mutter betreffenden Klageanträge
und des eventuellen, das Unterhaltsgeld an das Kind betreffenden
Klageantrages sein

Bewenden hätte. Nicht nur wäre es ein unzulässiger si Eingriff in
das kantonale Prozessreeht, wenn dem kantonalen Richter, der nicht
zur Absonderung einzelner fehlerhaft angebrachter Anträge einer
bei ihm einheitlich eingeleiteten Vaterschaftsklage schreiten will,
vorgeschrieben werden sollte, die fehlerfrei angebrachten getrennt von
jenen zu beurteilen, sondern es ist auch von Bundesrechts wegen mit
Rücksicht auf den engen Zusammenhang zwischen der Klage auf Zusprechung
des Kindes mit Standesfolge (oder auf ein Unterhaltsgeld an das Kind)
einerseits und der Klage der Mutter auf Kostenersatz und anfällig
Genugtuung der Beurteilung aller dieser Anträge in einem und demselben
Prozess der Vorzug zu geben (AS 50 I S. 394). Ebensowenig erschiene der
Standpunkt begründet, es hätte von der

Familienrecht. N° 743 481

Zurückweisung der Klage deswegen abgesehen werden sollen, weil
die Anträge auf Leistungen an die Mutter als blosses Akzessorium des
Antrages auf Zusprechung des Kindes mit Standesfolge anzusehen und daher
die Prozessfähigkeit eines urteilsiähigen unmigen Beklagten ohne
weiteres auch für die mit einer Standesfolge-Klage verbundene Klage
auf Leistungen an die Mutter zu bejahen sei; denn der letzteren Klage
kommt doch insofern selbständige Bedeutung zu, als sie sehr wohl auch für
sich allein erhoben werden könnte; Vielmehr ist die einzig befriedigende
Lösung darin zu sehen, dass, wenn gegen einen urteilsfähigen Unmündigen
(oder Entmündigten) eine Vaterschaftsklage mit dem Antrag auf Zusprechung
des Kindes mit Standesfolge und mit Anträgen auf Leistungen an die Mutter
angebracht wird, ohne dass der gesetzliche Vertreter des Beklagten mit
Bezug auf die letzteren Klage ,punkte zwecks Einbeziehung desselben in den
Prozess auch nur genannt wird, der Richter, sobald er des Mangels gewahr
wird, die materielle Beurteilung aussetzt, bis der Mangel gehoben ist,
wobei natürlich nichts entgegensteht, dass er den Klägern eine Frist zur
Verbesserung des Mangels setzt mit der Androhung, dass unbenützter Ablauf
derselben die Zurückweisung der ganzen Klage nach sich ziehen werde. Und
zwar hat er hiefür nicht etwa einen Antrag des Beklagten abzuwarten,
dessen Prozesshandlungen bezüglich der letzterwähnten Klagepunkte ja
überhaupt unwirksam sind, sondern er hat den Mangel von Amtes wegen
in jedem Stadium des Verfahrens zu berücksichtigen (AS 48 H S. 30
f. Erw. 4). Dies wäre vorliegend denn auch nicht erst möglich gewesen,
als der Anwalt des Beklagten durch seine Prozesseinrede das Gericht
auf die Unmündigkeit des Beklagten aufmerksam machte, sondern gleich zu
Beginn des Prozesses, weil die Kläger schon im Gesuch um Veranstaltung
eines A.ussöhnungsversuches das Datum der Geburt des Beklagten angegeben
hatten. AS 51 II 1925 , 32

4'82 Fanfilienrecht. No 74.

Somit muss das Urteil der Vorinstanz,"Welches an den teilweisen
Mangel in den Prozessvoraussetzungen die Zurückweisung der ganzen
Klage knüpfte, aufgehoben werden, so zwar, dass es auch bei der
durch jenes Urteil erfolgten Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils
sein Bewenden hat, und es wird der kantonale Richter die Klage dem
inzwischen nun volljährig gewordenen Beklagten erneut zustellen
müssen, weil überhaupt noch keinerlei wirksame Prozesshandlung von
seiner Seite bezüglich der Klageanträge auf Leistungen an die Mutter
erfolgt ist. Freilich hat die erste Instanz angenommen, die Mutter des
Beklagten habe dessen Prozessführung genehmigt; allein die Vorinstanz
hat diese Auffassung nicht zu der ihrigen gemacht und eine Nachprüfung
dieses Punktes steht dem Bundesgericht nicht zu, da die Frage, ob
Prozesshandlungen durch Stillschweigen genehmigt werden können, nach
dem kantonalen 'Zivilprozessrecht, speziell den Normen über die Form
der Prozesshandlungen, zu beurteilen ist, und infolgedessen auch die
weitere Frage, ob im konkreten Falle das stillschweigen konkludent war.

3. Wird auf die angegebene Weise verfahren, so wird auch die Mitteilung
der Klage an die Heimatgemeinde des Beklagten nachgeholt werden können,
sodass nicht näher erörtert zu werden braucht, was vorgekehrt werden
muss, um eine Verkürzung der Heimatgemeinde in ihren Parteirechten zu
'verhüten. Jedenfalls hätte der Standpunkt, welchen die Kläger mit
ihrem Berufungsantrag auf sofortige Gutheissung der Klage einnehmen,
ohne es freilich ausdrücklich zu sagen, dass nämlich an die Verletzung
des Art. 312 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 312 - Die Kindesschutzbehörde entzieht die elterliche Sorge:423
1  wenn die Eltern aus wichtigen Gründen darum nachsuchen;
2  wenn sie in eine künftige Adoption des Kindes durch ungenannte Dritte eingewilligt haben.
ZGB (Unterlassung der Mitteilung von der Klage an
die Heimatgemeinde des Beklagten) überhaupt keine Folge zu knüpfen sei,
zurückgewiesen werden müssen.

Demnach erkennt das Bundesgericht : Die Berufung wird dahin begründet
erklärt, dass dasFamilienrecht. N° 75. , 483

Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern vom 4. Juni 1925 aufgehoben
und die Sache zurückgewiesen

wird.

75. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 10. Dezember. 1925
i. S. Br. gegen Erben Br.

Zusprechung eines aussereheliehen Kindes mit Standesfolgen, Art. 323
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 323 - 1 Was das Kind durch eigene Arbeit erwirbt und was es von den Eltern aus seinem Vermögen zur Ausübung eines Berufes oder eines eigenen Gewerbes herausbekommt, steht unter seiner Verwaltung und Nutzung.
1    Was das Kind durch eigene Arbeit erwirbt und was es von den Eltern aus seinem Vermögen zur Ausübung eines Berufes oder eines eigenen Gewerbes herausbekommt, steht unter seiner Verwaltung und Nutzung.
2    Lebt das Kind mit den Eltern in häuslicher Gemeinschaft, so können sie verlangen, dass es einen angemessenen Beitrag an seinen Unterhalt leistet.
ZGB:

1. Die Standesklage kann auch gegen die Erben des verstorbenen Vaters
gerichtet werden (Erw. 1).

2. Hat der Schwängerer der ausserehelichen Mutter die Ehe versprochen, ist
aber das Eheversprechen V 0 r der Beiwohnung in i d e r r u s e n worden,
oder musste sich die Mutter nach den gegebenen Umständen sonstwie vor der
Beiwohnung bewusst sein, dass das Eheversprechen d a hi n g e f a 1 1 e
n war, so kann dem Vater das Kind nicht mit Standesfolgen zugesprochen
werden (Erw. 2).

8. Die Feststellung des kantonalen Gerichts, dass zur Zeit der Beiwohnung
das Eheversprechen nach der Auffassung von Vater und Mutter dahingefallen
war , ist tatsächlich und für das Bundesgericht verbindlich. Recht-lieh
wäre die Feststellung, die Mutter habe nach der Sachlage schliessen
müssen, das Eheversprechen bestehe nicht mehr (Erw. 3).

Die Klägerin gebar am 25. Dezember 1924 einen si aussereheliehen
Sohn, als dessen Vater sie ihren am 28. Juni des gleichen Jahres
verstorbenen Hausherrn bezeichnete. Sie erhob gegen die gesetzlichen
Erben des Verstorbenen Klage auf Feststellung der Vaterschaft, mit
dem Begehren, das Kind sei ihm mit Standesfolgen zuzusprechen, weil er
ihr die Ehe versprochen habe, eventuell verlangte sie Entschädigung und
Unterhalts-beiträge an ihr Kind. Das Kantonsgericht Schwyz hat mit Urteil
vom 15. September 1925 das Begehren um Zusprechung mit Standesfolgen
abgewiesen und die Beklagten als gesetzliche Erben des ausser-ehelichen
Vaters lediglich zu Entschädigung und Unterhaltbeiträgen verurteilt. Das
Bundesgericht hat die hier--
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 51 II 475
Datum : 01. Juli 1925
Publiziert : 31. Dezember 1925
Quelle : Bundesgericht
Status : 51 II 475
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 474 Personenreeht. N ° 73. wenn zwar Art. 219 SchKG für das Privileg erster Klasse


Gesetzesregister
OG: 58
ZGB: 303 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 303 - 1 Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
1    Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
2    Ein Vertrag, der diese Befugnis beschränkt, ist ungültig.
3    Hat ein Kind das 16. Altersjahr zurückgelegt, so entscheidet es selbständig über sein religiöses Bekenntnis.
312 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 312 - Die Kindesschutzbehörde entzieht die elterliche Sorge:423
1  wenn die Eltern aus wichtigen Gründen darum nachsuchen;
2  wenn sie in eine künftige Adoption des Kindes durch ungenannte Dritte eingewilligt haben.
317 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 317 - Die Kantone sichern durch geeignete Vorschriften die zweckmässige Zusammenarbeit der Behörden und Stellen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Kindesschutzes, des Jugendstrafrechts und der übrigen Jugendhilfe.
319 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 319 - 1 Die Eltern dürfen die Erträge des Kindesvermögens für Unterhalt, Erziehung und Ausbildung des Kindes und, soweit es der Billigkeit entspricht, auch für die Bedürfnisse des Haushaltes verwenden.
1    Die Eltern dürfen die Erträge des Kindesvermögens für Unterhalt, Erziehung und Ausbildung des Kindes und, soweit es der Billigkeit entspricht, auch für die Bedürfnisse des Haushaltes verwenden.
2    Ein Überschuss fällt ins Kindesvermögen.
323
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 323 - 1 Was das Kind durch eigene Arbeit erwirbt und was es von den Eltern aus seinem Vermögen zur Ausübung eines Berufes oder eines eigenen Gewerbes herausbekommt, steht unter seiner Verwaltung und Nutzung.
1    Was das Kind durch eigene Arbeit erwirbt und was es von den Eltern aus seinem Vermögen zur Ausübung eines Berufes oder eines eigenen Gewerbes herausbekommt, steht unter seiner Verwaltung und Nutzung.
2    Lebt das Kind mit den Eltern in häuslicher Gemeinschaft, so können sie verlangen, dass es einen angemessenen Beitrag an seinen Unterhalt leistet.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • mutter • bundesgericht • vater • vorinstanz • weiler • prozessvoraussetzung • vaterschaftsklage • prozesshandlung • minderheit • frage • veranstalter • ehe • frist • zeuge • gesetzlicher erbe • tag • wille • verurteilter • erbe
... Alle anzeigen