94 Personenrecht. N° 18.

28. Februar 1923 i. S. Jeanjaquet), noch dass der Richter gestützt auf
ein in gewisser Beziehung mangelhaftes Gutachten darüber entscheiden, noch
dass er bei seiner Entscheidung Umstände nicht in Betracht ziehen dürfe,
die nicht Gegenstand der Begutachtung gebildet haben. Eine Verletzung
der erwähnten, von der Rechtsprechung aufgestellten Beweisnorm kann
somit nicht darin gefunden werden, dass die Vorinstanz weder eine
Verbesserung noch eine Ergänzung der psychiatrischen Gutachten
anordnete, obwohl die Experten auf Zeugnisse abgestellt hatten,
von denen die Vorinstanz einzelne als unzuverlässig erachtete, und
das Zeugnis der Gefängnisaufseherin auch vom zweiten Experten nicht
gewürdigt werden zu sein scheint. Auch lässt sich gegen die Verwendung
der im Strafprozess erstatteten Gutachten unter dem Gesichtspunkt
jener Beweisnorm nichts einwenden, da die Fragestellung jedenfalls
mit Bezug auf die Geisteskrankheit dort keine wesentlich andere
als die für den vorliegenden .Zivilprozess zutreffende war. Endlich
beruht die Entscheidung der Vorinstanz, dass die Klägerin zur Zeit
der Tötung ihrer Tochter nicht geisteskrank gewesen sei, auch nicht
etwa auf einer unrichtigen Verteilung der Beweislast. Die Frage der
Beweislastverteilung war nicht von ausschlaggebender Bedeutung, weil die
TVorinstanz nicht einfach im Zweifel gegen die beweisbelastete Klägerin
entschieden, sondern das Beweisergebnis explizite dahin gewürdigt hat,
sie sei nicht geisteskrank gewesen. Übrigens ist der Belastung der
Klägerin mit dem Beweis der Geisteskrankheit zuzustimmen, da es sich
dabei um einen Ausnahmezustand handelt. Die Würdigung des Zeugnisses
der Gefängnisaufseherin lässt auch erkennen, dass die Vorinstanz das
Vorliegen einer Geisteskrankheit, bei der Klägerin nicht etwa bloss
deswegen verneinte weil sie davon ausging, es sei mit dem Beweis derselben
streng zu nehmen, weshalb dahingestellt bleiben kann, ob dies richtig war
(vgl. das eingangs Ge sagte).Familienrecht. N° 19. si 95

Muss es somit bei der Verneinung einer Geisteskrankheit der Klägerin
durch die Vorinstanz sein Bewenden haben, so braucht nicht Stellung
genommen zu werden zur Frage, ob das Bundesgericht befugt wäre, die
Verbesserung und Ergänzung einer mangeloder luckenhaften psychiatrischen
Expertise insoweit anzuordnen, als es derselben als Hülfsmittel bedarf,
um in zutreffender Weise die rechtlichen Schlussfolgerungen aus einer
festgestellten Geisteskrankheit auf die Urteilsfähigkeit der kranken
Person ziehen zu können ......

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil der I. Kammer des Obergerichts
des Kantons Zürich vom

15. September 1923 bestätigt.

II. FAMILIENRECHTDROIT DE LA FAMILLE

19. Urteil der II. Zivilabteilung vom 2. April 1924 i. S. Bezirksrat
Zürich gegen G.

A rt. 8 6 Z i f f e r 3 OG. Die den Entmündigungsprozess führende Behörde
ist zur zivilrechtlichen Beschwerde legitimiert. .

A r t. 3 ? 6 ZGB. Die Zuständigkeit zur Entniigung richtet sich
nach dem Wohnsitzdes zu Entmundigenden zur Zeit der Einleitung des
Entmündigungsverfahrens. Begriff der c Einleitung o des Verfahrens. Die
Ausweisung des zu Entmündigenden während des Verfahrens beseitigt

die Zuständigkeit nicht.

A. Margaretha G., wegen Diebstahls und gewerbsmässiger Unzucht
vorbestraft, Wurde am 20. Dezember 1921 in Zürich, wo sie damals wohnhaft
war, als gerneingefährliche Gesehlechtskranke in die dermatologische

96 ' Familienrecht. N° 19.

Klinik versetzt. Am 23. Dezember 1921 ersuchte der Polizeiinspektor
der Stadt Zürich das dortige Waisenami, ihre Bevormundung in die Wege
zu leiten. Am 30. Januar 1922 wurde die G. erstmals waisenamtlich
einvernommen, wobei sie laut dem von ihr unterzeichneten Protokoll
erklärte, von einem Vormunde nichts wissen zu wollen. Am 2. März 1922,
nachdem inzwischen die Akten durch das Waisenamt ergänzt worden waren,
sollte sie dieser Behörde zur Schlusseinvernahme im Sinne von Art. 374
Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 374 - 1 Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
1    Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
2    Das Vertretungsrecht umfasst:
1  alle Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs üblicherweise erforderlich sind;
2  die ordentliche Verwaltung des Einkommens und der übrigen Vermögenswerte; und
3  nötigenfalls die Befugnis, die Post zu öffnen und zu erledigen.
3    Für Rechtshandlungen im Rahmen der ausserordentlichen Vermögensverwaltung muss der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner die Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde einholen.
ZGB vorgeführt werden, sie

entfloh jedoch am gleichen Tage aus dem Gewahrsam

und begab sich nach Mailand. Am 9. März 1922 beschloss der Regierungsrat
des Kantons, Zürich aus armenpolizeilichen Gründen ihre Ausweisung aus dem
Kanton und verbot ihr unter Androhung strafrechtlicher Folgen das Betreten
des Kantonsgebietes. Am 30. Juni 1922 stellte das Waisenamt Zürich das
Entmündigungsverfahren vorläufig ein. Im Juli gleichen Jahres kehrte die
G. nach Zürich zurück. Sie wurde polizeilich angehalten und dem Waisenamte
vorgeführt, das sie am 3. August 1922 im Sinne von Art. 374 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 374 - 1 Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
1    Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
2    Das Vertretungsrecht umfasst:
1  alle Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs üblicherweise erforderlich sind;
2  die ordentliche Verwaltung des Einkommens und der übrigen Vermögenswerte; und
3  nötigenfalls die Befugnis, die Post zu öffnen und zu erledigen.
3    Für Rechtshandlungen im Rahmen der ausserordentlichen Vermögensverwaltung muss der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner die Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde einholen.
ZGB
einvernahm und darauf ihre Verbringung in die Heimatgemeinde zum Zwecke
der Zwangsversorgung veranlasste. In der Folge begab sie sich nochmals
nach Zürich, wurde aber Ende August 1922 polizeilich weggewiesen. si

Am 4. 8. August 1922 stellte das Waisenamt der Stadt Zürich beim
Bezirksrat Zürich den Antrag, die G. im Sinne von Art. 370
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 370 - 1 Eine urteilsfähige Person kann in einer Patientenverfügung festlegen, welchen medizinischen Massnahmen sie im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt oder nicht zustimmt.
1    Eine urteilsfähige Person kann in einer Patientenverfügung festlegen, welchen medizinischen Massnahmen sie im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt oder nicht zustimmt.
2    Sie kann auch eine natürliche Person bezeichnen, die im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt die medizinischen Massnahmen besprechen und in ihrem Namen entscheiden soll. Sie kann dieser Person Weisungen erteilen.
3    Sie kann für den Fall, dass die bezeichnete Person für die Aufgaben nicht geeignet ist, den Auftrag nicht annimmt oder ihn kündigt, Ersatzverfügungen treffen.
ZGB wegen
lasterhaften Lebenswandels zu entmündigen. Der Bezirksrat sprach am
17. August 1922 antragsgemäss die Entmündigung aus und erhob sodann,
da die G. sich der Massregel widersetzte, gemäss den Bestimmungen
des zürcherischen Einführungng setzes zum ZGB gerichtliche Klage auf
Bestätigung der Entmündigung.

B. Das Bezirksgericht Zürich hat die Klage gutgeheissen, das Obergericht
des Kantons Zürich dagegen hat sie auf Appellation der G. durch Urteil
vom 15. Fe-Familienrecht. N° 19. . 97.

bruar 1923 von der Hand gewiesen, weil die zürcherischen Behörden zur
Entmündigung nicht zuständig seien, da ' das Entmündigungsverfahren
erst mit der am 3. August 1922 erfolgten Anhörung der G. im Sinne von
Art. 374 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 374 - 1 Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
1    Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
2    Das Vertretungsrecht umfasst:
1  alle Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs üblicherweise erforderlich sind;
2  die ordentliche Verwaltung des Einkommens und der übrigen Vermögenswerte; und
3  nötigenfalls die Befugnis, die Post zu öffnen und zu erledigen.
3    Für Rechtshandlungen im Rahmen der ausserordentlichen Vermögensverwaltung muss der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner die Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde einholen.
ZGB als eingeleitet gelten könne, die Genannte in diesem
Zeitpunkte aber keinen Wohnsitz mehr in Zürich gehabt habe. _ .

C. Gegen dieses Urteil hat der Bezn'ksrat s Zurich rechtzeitig sowohl
den staatsrechtlichen Rekurs als auch die zivilrechtliche Beschwerde
beim Bundesgericht erhoben mit dem Antrag auf Rückweisung der Sache an
die Vorinstanz zur materiellen Behandlung der Entmündigungsfrage. Die
staatsrechtliche Abteilung ist auf den Rekurs wegen fehlender Legitimation
des Bekurrenten zur Ergreifung dieses Rechtsmittels nicht emgetreten. . .

Die Beschwerdebeklagte, die sich inzwischen verheiratet hat und mit ihrem
Manne in Basel wohnt, hat auf Abweisung der Beschwerde antragen lassen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

2. Durch die Verneinung der Legitimation des Bezirksrates zum
staatsrechtlichenRekurs ist über seine Legitimation zur zivilrechtlichen
Beschwerde nicht entschieden, da die Voraussetzungen der beiden
Rechtsmittel nicht die nämlichen sind. Nach Art. 86 Ziffer 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 374 - 1 Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
1    Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
2    Das Vertretungsrecht umfasst:
1  alle Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs üblicherweise erforderlich sind;
2  die ordentliche Verwaltung des Einkommens und der übrigen Vermögenswerte; und
3  nötigenfalls die Befugnis, die Post zu öffnen und zu erledigen.
3    Für Rechtshandlungen im Rahmen der ausserordentlichen Vermögensverwaltung muss der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner die Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde einholen.
OG ist die
zivilrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Bundesrecht zulässig gegen
letztinstanzliche kantonale Entscheide über Entmündigung. Ein solcher
Entscheid liegt hier vor. Dass er nur die Zuständigkeit zur Entmündigung
und nicht diese selbst zum Gegenstand hat, ist unerheblich, weil die
zivilrechtliche Beschwerde kein kantonales Haupturteil voraussetzt, und
dass das Rechtsmittel etwa nur dann gegeben sei, wenn die Entmündigung
ausgesprochen, nicht aber, wenn sie abgelehnt wurde, ist dem Gesetze
nicht zu entnehmen. Legi--

98 Familienrecht. N° 19.

timiert zur Beschwerde sind im letztem Falle nach der nunmehrigen
bundesgerichtlichen Praxis (AS 41 II S. 641) die vor den kantonalen
Instanzen als Partei anerkannten Drittinteressenten. Um so mehr muss
das Beschwerderecht der Behörde zustehen, die von Amtes wegen das
Entmündigungsverfahren vor der erkennenden kantonalen Instanz als Partei
durchzuführen hatte, wie dies für den Bezirksrat Zutrifft (vgl. AS 46
II S. 3).

3. Nach Art. 376
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 376 - 1 Bestehen Zweifel, ob die Voraussetzungen für eine Vertretung erfüllt sind, so entscheidet die Erwachsenenschutzbehörde über das Vertretungsrecht und händigt gegebenenfalls dem Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder dem eingetragenen Partner eine Urkunde aus, welche die Befugnisse wiedergibt.
1    Bestehen Zweifel, ob die Voraussetzungen für eine Vertretung erfüllt sind, so entscheidet die Erwachsenenschutzbehörde über das Vertretungsrecht und händigt gegebenenfalls dem Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder dem eingetragenen Partner eine Urkunde aus, welche die Befugnisse wiedergibt.
2    Sind die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt, so entzieht die Erwachsenenschutzbehörde dem Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder dem eingetragenen Partner auf Antrag einer nahestehenden Person oder von Amtes wegen die Vertretungsbefugnisse teilweise oder ganz oder errichtet eine Beistandschaft.
ZGB erfolgt die Bevormundung

am Wohnsitz der zu bevormundenden Person, worunter zu verstehen
ist der Wohnsitz bei Einleitung des Entmündigungsverfahrens, weil
die zu bevormundende Person, nachdem einmal am richtigen Ort das
Verfahren eingeleitet ist, sich nicht durch Wohnsitzwechsel der
Entmündigung soll entziehen können. Hiernach fragt es sich, wann das
Verfahren als eingeleitet zu gelten hat, und zunächst, nach welchem
Recht sich dies bestimmt. Nach Art. 373 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 373 - 1 Jede der Patientin oder dem Patienten nahestehende Person kann schriftlich die Erwachsenenschutzbehörde anrufen und geltend machen, dass:
1    Jede der Patientin oder dem Patienten nahestehende Person kann schriftlich die Erwachsenenschutzbehörde anrufen und geltend machen, dass:
1  der Patientenverfügung nicht entsprochen wird;
2  die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt sind;
3  die Patientenverfügung nicht auf freiem Willen beruht.
2    Die Bestimmung über das Einschreiten der Erwachsenenschutzbehörde beim Vorsorgeauftrag ist sinngemäss anwendbar.
ZGB untersteht das
Entmündi-gungsverfahren dem kantonalen Recht. Hier handelt es sich aber
nicht darum, W i e zu verfahren ist, sondern um die Frage, durch welche
dem kantonalen Recht unterstehende Massnahme die bundesrechtlich geregelte
örtliche Zuständigkeit festgelegt wird, und diese Frage erheischt
eine bundesrechtliche Lösung. Das Bundesgericht hat schon früher
(AS 33 II S. 455, 42 II S. 102 und 332 ; 46 II S. 88 ; 47 II S. 108)
mit Bezug auf gewisse bundesrechtliche Klagefristen die Klageanhehung
als bundesrechtlichen Begriff erklärt, obwohl das Prozessverfahren dem
kantonalen Rechte untersteht, von der Erwägung ausgehend, dass da, wo
das Bundesrecht an die Klageanhebung bestimmte Rechtswirkungen knüpft,
auch einheitlich für das ganze schweizerische Rechtsgebiet entschieden
werden müsse, was unter der Klageanhebung zu verstehen sei. Die gleiche
Erwägung rechtfertigt es, auch die Einleitung des Entmündigungsverfahrens
mit Bezug auf die Frage der Zuständigkeit als einen bundesrechtlichen
Begriff aufznfassen, der als solcher in die Kognition des Bundesgerichts
fällt.Familienrecht. N° 19. 99

Was die Frage selbst anlangt, so wird Zwar-im allgemeinen das
Entmündigungsverfahren erst daiän zi: eingeleitet gelten können, wenn
es bei der Begier e, EURüber die Entmündigung zu erkennen hat, an anglgè
gtt macht ist, also da, wo ein gerichtliches Verfahren s la findet, wenn
der Entmündigungsprozess angeh: en, und da, wo eine Administrativbehorde
entscheide ., ksei es abschliessend, sei es mit der Möghchkeitugerichthc
ber Nachprüfung, wenn der Antrag auf Entrnundigung bei dieser Behörde
gestellt ist. Anders verhalt es sich III er da, wo nach Gesetz oder
Herkommen eine formell ltoss antragstellende Behörde gewissermassen
als vorberîllsieàides Organ der ihr vorgesetzten erkennenden Be or e
faktisch das eigentliche Verfahren durchfuhrt, _den Ezu Entmündigenden
einvernimmt und alle notwendiger: _r-l hebungen veranstaltet, überhaupt
das ,ganze. ateiäa sammelt und sichtet, dergestalt, dass die Tatiglcei
er erkennenden Behörde sich auf die blosse Beschlussgissung an Hand
der spruchreifen Akten heschrankt}.l das ist aber die Stellung, welche
im Kanton Zune as Waisenamt als heantragende und der Bezirksrat als
erkennende Behörde in Entmündigungssachen.einnehrnen. Hier Würde
es den tatsächlichen Yerhaitnissen Wider; sprechen, wollte man das
Entmigungsverfahren ersl mit der Überweisung der Akten an den
Bezuksrat a s eingeleitet und die ganze vorangehende Tatigkeit des
Waisenamtes, welche die Grundlagen fur den Entmundigungsbeschluss
schafft-, als ausserhalb des Verkahäeixs liegend betrachten. Die Folge
.Ware, dass der zu. {11mündigende sich mit Leichtigkeit der hlassregel
entzle en könnte, was durch die Verlegung des uber die Zustandigkeit
entscheidenden Zeitpunktes an den Beginn. des Verfahrens gerade verhindert
werden soll. Auch die Veränstanz geht nicht so weit, sondern nimmt
an, dass aÎ Verfahren schon eingeleitet sei mit der in Art. 374
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 374 - 1 Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
1    Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
2    Das Vertretungsrecht umfasst:
1  alle Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs üblicherweise erforderlich sind;
2  die ordentliche Verwaltung des Einkommens und der übrigen Vermögenswerte; und
3  nötigenfalls die Befugnis, die Post zu öffnen und zu erledigen.
3    Für Rechtshandlungen im Rahmen der ausserordentlichen Vermögensverwaltung muss der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner die Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde einholen.
Abs.
ZGB vorgeschriebenen Anhörung des zu Entmundigenden,

die durch das Waisenamt vor der Antragstellung los-im

Bezirksrat geschieht. Es ist aber nicht richtig, das er-

100 Familienrecht. N° 19.

fahren erst damit beginnen zu lassen, weil diese Anhörung, die dem zu
Entmündigenden Gelegenheit geben soll, sich über das gegen ihn vorliegende
Tatsachenmaterial auszusprechen, die auch zum Verfahren gehörende
Sammlung dieses Materials bereits voraussetzt. Das Verfahren nimmt
zum mindesten seinen Anfang, wenn dem zu Entmündigenden vom Waisenamt
eröffnet wird, dass über seine Entmündigung entschieden werden soll.,
Eine solche Eröffnung hat hier anlässlich der Einvernahme vom 30. Januar
1922 stattgefunden, wie aus der protokollierten Erklärung der G. , dass
sie von einem Vormund nichts wissen wolle, geschlossen werden muss.
Damit war das Entmündigungsverfahren gegen die G. an ihrem damaligen
Wohnsitz Zürich eingeleitet und die Zuständigkeit der zürcherischen
Behörden zur voll 'ständigen Durchführung desselben begründet. Durch
den Einstellungsbeschlnss des Waisenamtes vom 30. Juni 1922 wurde es
nicht geschlossen, sondern bloss einstweilen sistiert; die spätere
Wiederaufnahme bedeutete nicht die Einleitung eines neuen Verfahrens.

4. Schliesslich steht auch die Ausweisung der G. aus dem Kanton Zürich
der Durchführung des schon vorher dort eingeleiteten Verfahrens nicht
entgegen. Allerdings bekundet diese Massregel, dass die zürcheri-schen
Behörden die vormundsehaftliche Fürsorge über die zu Entmündigende nicht
ausüben wollen. Allein die Entmündigung und die Führung der Vormundschaft

müssen nicht notwendig örtlich zusammenfallen. Die

Entmündigung ist auch ausserhalb des Kantons, in welchem
sie ausgesprochen wird, wirksam. Wenn der Bevormundete mit
Zustimmung der Vormundschafts-behörde seinen Wohnsitz wechselt,
so geht die Vormundschaft auf die Behörde des neuen Wohnsitzes über
(Art. 37
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 37 - Meldet sich innerhalb der Frist der Verschwundene oder Abwesende, oder laufen Nachrichten über ihn ein, oder wird der Zeitpunkt seines Todes nachgewiesen, so fällt das Gesuch dahin.
? Abs. 2 ZGB), und dasselbe muss gelten, wenn er durch Ausweisung
zum Verlassen des bisherigen Wohnsitzes gezwungen wird. Der Während des
Entmündigungsverfahrens erfolgenden Ausweisung kannFamilienrecht. N° 20.
101

keine weitergehende Bedeutung zu kommen. Die ausweisende Behörde wird
lediglich dafür zu sorgen haben, dass der zu Entmündigende in den Rechten,
die ihm im Entmündigungsverfahren zustehen, durch die Ausweisung nicht
verkürzt wird.

Nach dem Gesagten muss über die Entmündigungsklage des Bezirksrates
materiell_entschieden werden.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Die Beschwerde wird begründet erklärt, das Urteil des Obergerichts des
Kantons Zürich vom 15. Februar 1923 aufgehoben und die Sache zu neuer
Entscheidung an das Obergericht zurückgewiesen.

20. Arrét de la 118 Section civile du 1.8 juin 1924 dans la cause Ohappuis
contre com-inne de Feral.

Action en eontestation d'état : l'exerciee d'une telle action est-il
soumis à un délai ue prescription et auquel '?

Le 12 mars 1914 a été inscrit sur le registre des naissance de la Commune
de Genève, sur sssidéclaration de Louis Emile Chappuis, l'enfant Chappuis
Emile-GastonRoland comme né ce jour-là à Genève, fils légitime de Chappuis
Louis-Emile, de Savigny et Forel, domieilié à Savigny, et de Julie-Elise
née Cordey sa femme.

Après enquète, les Antorités de la Commune de Fore] sont arrivees a la
conviction que la mère de l'enfant était, non dame Chappuis, mais sa
fille d'un premier mariage, Claire Diserens, et que l'enfant, ainsi
faussement inscrit à Genève comme fils légitime des époux Chappuis,
était le meme que celui qui, en date du 4 mars 1914, a été inscrit à
Annemasse sous le nom de Roland cordet comme né dans cette località le
les mars 1914 de pére et mère inconnus.

Le 30 juillet 1914 la Commune de Forel a ouvert action
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 50 II 95
Datum : 02. April 1924
Publiziert : 31. Dezember 1925
Quelle : Bundesgericht
Status : 50 II 95
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 94 Personenrecht. N° 18. 28. Februar 1923 i. S. Jeanjaquet), noch dass der Richter


Gesetzesregister
OG: 86
ZGB: 37 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 37 - Meldet sich innerhalb der Frist der Verschwundene oder Abwesende, oder laufen Nachrichten über ihn ein, oder wird der Zeitpunkt seines Todes nachgewiesen, so fällt das Gesuch dahin.
370 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 370 - 1 Eine urteilsfähige Person kann in einer Patientenverfügung festlegen, welchen medizinischen Massnahmen sie im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt oder nicht zustimmt.
1    Eine urteilsfähige Person kann in einer Patientenverfügung festlegen, welchen medizinischen Massnahmen sie im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt oder nicht zustimmt.
2    Sie kann auch eine natürliche Person bezeichnen, die im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt die medizinischen Massnahmen besprechen und in ihrem Namen entscheiden soll. Sie kann dieser Person Weisungen erteilen.
3    Sie kann für den Fall, dass die bezeichnete Person für die Aufgaben nicht geeignet ist, den Auftrag nicht annimmt oder ihn kündigt, Ersatzverfügungen treffen.
373 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 373 - 1 Jede der Patientin oder dem Patienten nahestehende Person kann schriftlich die Erwachsenenschutzbehörde anrufen und geltend machen, dass:
1    Jede der Patientin oder dem Patienten nahestehende Person kann schriftlich die Erwachsenenschutzbehörde anrufen und geltend machen, dass:
1  der Patientenverfügung nicht entsprochen wird;
2  die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt sind;
3  die Patientenverfügung nicht auf freiem Willen beruht.
2    Die Bestimmung über das Einschreiten der Erwachsenenschutzbehörde beim Vorsorgeauftrag ist sinngemäss anwendbar.
374 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 374 - 1 Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
1    Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
2    Das Vertretungsrecht umfasst:
1  alle Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs üblicherweise erforderlich sind;
2  die ordentliche Verwaltung des Einkommens und der übrigen Vermögenswerte; und
3  nötigenfalls die Befugnis, die Post zu öffnen und zu erledigen.
3    Für Rechtshandlungen im Rahmen der ausserordentlichen Vermögensverwaltung muss der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner die Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde einholen.
376
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 376 - 1 Bestehen Zweifel, ob die Voraussetzungen für eine Vertretung erfüllt sind, so entscheidet die Erwachsenenschutzbehörde über das Vertretungsrecht und händigt gegebenenfalls dem Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder dem eingetragenen Partner eine Urkunde aus, welche die Befugnisse wiedergibt.
1    Bestehen Zweifel, ob die Voraussetzungen für eine Vertretung erfüllt sind, so entscheidet die Erwachsenenschutzbehörde über das Vertretungsrecht und händigt gegebenenfalls dem Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder dem eingetragenen Partner eine Urkunde aus, welche die Befugnisse wiedergibt.
2    Sind die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt, so entzieht die Erwachsenenschutzbehörde dem Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder dem eingetragenen Partner auf Antrag einer nahestehenden Person oder von Amtes wegen die Vertretungsbefugnisse teilweise oder ganz oder errichtet eine Beistandschaft.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
bundesgericht • frage • vorinstanz • weiler • richtigkeit • rechtsmittel • legitimation • kantonales recht • beginn • kantonales rechtsmittel • ausserhalb • vormund • wissen • leiter • beweislast • entscheid • bedürfnis • sachverständiger • richterliche behörde • anhörung oder verhör
... Alle anzeigen