82 Staatsrecht.

Entscheid angeführte Urteil i. S. der Julie Merk vom 8. Mai 1914 und das
Verhalten der Administrativbehörden dem Rekurrenten gegenüber zeigen ,
dass nicht jede Massagetätigkeit als Ausübung der Heilkunde zu betrachten
ist, indem sie auch als Mittel zur Stärkung, Ausbildung und Verschönerung
des Körpers dienen kann. Insofern wäre die Unterstellung unter § 25
des sanitätsgesetzes unzulässig. Vorliegend hat aber der Rekurrent
die Massage nicht zu solchen Zwecken ausgeübt, sondern zum Zwecke der
Heilung von Krankheiten, wobei er offensichtlich auch die notwendigen
Untersuchungen und Feststellungen über das Vorhandensein einer Krankheit
vornahm. Das ergab sich ohne weiteres aus dem Tatbestand der verzeigten
Fälle, wozu dann noch eine Anzahl weiterer Indizien kamen. Bei dieser
Sachlage bedurfte es keiner Expertise über die Frage, ob man es mit einer
der Patentpflicht unterworfenen Ausübung der Heilkunde zu tun habe oder
nicht, sodass auch in dieser Beziehung von einer Villkür nicht die Rede
sein kann. Die baselstädtische Bewilligung zur Berufsausiibung kommt für
Baselland nicht in Betracht, da sie nur für den Kanton Baselstadt gilt
und jedenfalls nicht ohne weiteres zur Ausübung des Gewerbes in einem
andern Kanton berechtigt. Im Kanton Baselland aber ist dem Rekurrenten
erst nach der Verzeigung eine Bewilligung ertejlt worden und zudem unter
einer Bedingung, der zweifellos nicht nachgelebt wurde.

Demnach erkennt das Bundesgericht :

Der Rekurs wird abgewiesen.

Handelsund Gewerbefreiheit. N° 17. 83

17. Urteil vom 16. Juli 1924 i. S. Bohny gegen Baselland.

Zulässigkeit einer Verfügung, wodurch einer Person in einem Kanton
die Ausübung der Massage nur unter ärztlicher Kontrolle erlaubt wird,
obwohl sie für einen andern Kanton bereits die Bewilligung zur freien
Ausübung der Massage auf Grund einer Prüfung erhalten hat.

A. Nachdem Oskar Bohny in Binnigen im Kanton Basselland mehrfach
wegen unbefugter Ausübung der Heilkunde verzeigt worden war, suchte
er am 3. Oktober 1923 bei der kantonalen Sanitätsdirektion um die
Bewilligung zur Ausübung der Massage nach, die ihm, wie es scheint, vom
Aktuar des Sanitätsrates in Aussicht gestellt worden war für den Fall,
dass er eine Bewilligung von Baselstadt beibringe. Er legte denn auch
seinem Gesuche eine Zuschrift des Dr. Meerwein an das Gesundheitsamt
von Basel bei, wonach dieser Arzt empfahl, dem Bohny auf Grund seiner,
von ihm geprüften Fähigkeiten die Bewilligung zur Ausübung der Massage
im Kanton Baselstadt ohne weiteres Examen zu erteilen, ferner eine
Bescheinigung des baselstädtischen Sanitätsdepartements, wonach Bohny
bei Anwesenheit von zwei Professoren die Massage-Prüfung abgelegt und
mit Erfolg bestanden habe.

Schon am 1. Oktober hatte der Sanitätsrat von Baselland beschlossen, dem
Bohny die Bewilligung zur Ausübung des Massageberufes nicht zu erteilen,
weil er auf Grund einer Verurteilung desselben wegen unbefugten Arztnens
und auf Grund anderer Tatsachen und Erhebungen zu der Überzeugung
gekommen sei, dass die Ausübung der Massage nur als Deckmantel der
kurpfuscherischen Tätigkeit des Bohny dienen solle. Infolge des
Gesuches des Bohny vom 3. Oktober und einer Eingabe desselben an die
Sanitätsdirektion vom 19. Oktober kam der Sanitätsrat am 30. November
auf die Sache zurück und beschloss, ihm die Bewilligung zur Ausübung

84 Stunts-echt.

des Massageberufes für den Kanton Baselland unter folgenden Bedingungen zu
erteilen: 1. Die Massage darf nur auf Anordnung eines patentierten Arztes
geschehen. 2. Im Falle der Übertretung dieser Bestimmung oder anderer
Verfehlungen gegen das kantonale Sanitätsgesetz wird die Bewilligung
zurückgezogen. Gegen diese Bedingungen beschwerte sich Bohny beim
Regierungsrat. Dieser beschloss auf den Bericht des Sanitätsrates am
18. März 1924, die Beschwerde abzuweisen, da Bohny den Titel eines
Masseurs nur als Deckschild für seine notorische kurpfuscherische
Tätigkeit benütze.

B. Gegen diesen Entscheid hat Bohny rechtzeitig staatsrechtliche
Beschwerde beim Bundesgericht erhoben mit dem Antrag: Es sei, unter
Aufhebung der Entscheide des Sanitätsrates vom 30. November 1923 und
des Regierungsrates'vom 18. März 1924, dem Rekurrenten die Bewilligung
zur Ausübung des Massageberufes im Kanton Baselland im Sinn des von ihm
dem Sanitätsrat eingereichten Gesuches bedingungslos zu erteilen. Der
Antrag wird damit begründet, dass in Baselland die Ausübung des Berufes
eines Masseurs frei sei und dass andere Masseure anstandslos geduldet
würden. Durch Beibringung der baselstädtischen Bescheinigung über eine
bestandene Prüfung habe sich der Rekurrent zudem über die Eignung zur
Ausübung der Massage ausgewiesen. Die Bewilligung dürfe daher nicht
an Bedingungen geknüpft werden, die die Ausübung des Berufeshemmten;
das verstosse gegen die Art. 4BV und 5 der Ubergangsbestinnnungen
dazu. Besonderer Vorsichtsmassregeln gegen allfälligen Missbrauch bedürfe
es nicht, da nach den §§ 14 und 1 des Sanitätsgesetzes dem Sanitätsrat
und dem Regierungsrat bei Missbrauch ,genügend Disziplinarmittel bis
zum Entzug der Bewilligung zustünden. Eine fachmännische Überprüfung der
Tätigkeit des Rekurrenten habe nicht stattgefunden, trotz wiederholten
Begehrens, auch das sei eine Rechtsverweigerung und eine Verletzung von
Art. 58
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 58 Armee - 1 Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
1    Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
2    Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben vorsehen.
3    Der Einsatz der Armee ist Sache des Bundes.18
BV.

Handelsund Gewerbefreiheit. N° 17. 85 C. Der Regierungsrat von Baselland
trägt auf Ab-

weisung der Beschwerde an. Es wird in erster Linie in tatsächlicher
Beziehung festgehalten, dass der Rekurrent

nicht als eigentlicher Masseur auftrete, sondern wie ein Arzt Patienten
empl'ange, sie untersuche und sie zum Zwecke der Heilung einer suggestiven
und angeblich magnetischen Beeinflussung unterwerfe. Hiezu sei er
nicht berechtigt. Rechtlich werde ja wohl die Massage nicht nur zu
Heilzwecken angewendet, sondern auch zur Kräftigung des Körpers und
zur Hebung der Gesundheit, und es könne sich fragen, ob für diese
Tätigkeit eine Bewilligung gefordert werden dürfe. Da die Massage
aber auch so in den Körper eingreife und da sie anderseits oft zu
Heilzwecken verwendet werde, dürfe ihre Ausübung doch, gestützt auf
die §§ 1 und 2 des Sanitätsgesetzes, von einer Bewilligung abhängig
gemacht werden. Dass der Rekurrent dadurch, dass ihm für die Ausübung
der Massage eine Bedingung auferlegt wurde, anders behandelt werde,
als andere Masseure, wird bestritten. Dem Rekurrenten gegenüber sei
die Bedingung durchaus gerechtfertigt, weil er eben unter dem Namen
eines Masseurs eine kurpfuscherische Tätigkeit ausübe. Es handle sich
um eine Sicherheitsmassnahme zum Schutze des Publikums. Selbst Ärzten
könne das Patent nach § 29 des Sanitätsgesetzes entzogen werden. Deshalb
dürfe einem Masseur, der die Massage nur als Deckmantel für die Ausübung
der Heilkunde benutze, die Bewilligung versagt oder es könne diese von
sichernden Bedingungen abhängig gemacht werden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. Durch den Sanitätsrat und den Regierungsrat ist festgestellt, dass
der Rekurrent als sog. Masseur eine Tätigkeit ausübt, die gesetzlich
den patentierten Ärzten vorbehalten ist. Dies festzustellen, war der
Sanitätsrat sachverständig genug, und es bedurfte dazu nicht einer
besondern fachmännischen Untersuchung.

ASäOI 1924 7

86 Staatsrecht.

Übrigens ist die Tatsache durch das Urteil der Polizeikammer des
Obergerichts von Baselland vom 11. April 1924 helegt. Das rechtfertigte
es ohne weiteres, dass der Sanitätsrat und der Regierungsrat, als sie
über das Gesuch des Rekurrenten um Bewilligung zur Ausübung des Berufes
als Masseur zu entscheiden hatten, darauf Beda chi. nahmen, dass diese
Bewilligung nicht missbraucht werde und der Rekurrent nicht unter dem
Deckmantel der Ausübung des Masseurberufes eine ärztliche Tätigkeit
ausübe. Es wäre vielleicht richtiger gewesen, wenn die Behörden dem
Rekurrenten entweder die Bewilligung ganz versagt oder wenn sie die
Bewilligung auf die Ausübung der gewöhnlichen, nicht Heilzwecken
dienenden Massage beschränkt hätten. Allein, wie die Dinge lagen,
bedeutetes ein Entgegenkonimen gegenüber dem Rekurrenten, wenn die
Behörden einen Mittelweg einschlugen und die Massage dem Rekurrenten
allgemein gestatteten, jedoch von der Bedingung ärztlicher Kontrolle
abhängig machten. Das war deshalb zulässig. weifl sich eine scharfe
Trennung zwischen der gewöhnlichen und :der zu Heilzwecken angeWendeten
Massage nicht leicht durchführen lässt, und namentlich deshalb, weil
der Rekurrent selber diese Grenze nicht gezogen hat, auch in seinem
Gesuche ,um Bewilligung zur Ausübung des Masseurberufes nicht. Die
Setzung der Bedingung ist danach eine durch die besondern Verhältnisse
gerechtfertigte sanitäi'spolizeiliche Verfügung, die in keiner Weise
als willkürlich bezeichnet werden kann, und zwar auch insOWeit, als dem
Rekurrenten der Entzug der Bewilligung angedroht wird, für den Fall,
dass er die Bedingung nicht einhalte. '

2. Dass andern Masseuren bedingungslos die Ausübung des Berufs gestattet
worden sei, ist nicht dargetan

und wäre übrigens nur dann von Erheblichkeit, wenn.

behauptet und bewiesen wäre, dass dieselben unter den Augen der Behörden
ebenfalls ärztliche Funktionen

ausüben.

Doppelbesteuerung. N° 18. 87

3. Ob die baselstädtische Prüfung dem Rekurrenten das Recht zur
Ausübung der Massage im Kanton Baselland gab, gemäss Art. 5
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
1    Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2    Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.
3    Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4    Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.
der
Übergangsbestimmungen zur BV, kann dahingestellt bleiben, da, auch
wenn dies zu bejahen wäre, die angefochtene Bedingung sich als eine der
kantonalen Sanitätspolizei vorbehaltene, individuelle, durch die besondern
Verhältnisse gegründete Massnahme betreffend die Ausübung eines Gewerbes
darstellt, durch die die Freizügigkeit, auch wenn sie bestehen sollte,
nicht verletzt wird.

Demnach erkennt das Bundesgericht: Der Rekurs wird abgewiesen.

IV. DOPPELBESTEUERUNG DOUBLE IMPOSITION

18. Urteil vom 12. Mai 1924 i. S. Chemische Fabrik
Schweizerhall AL.-G. gegen Zürich, Basel-Landschaft und
Basel-RastDoppelbesteuerungsverbot. Besteuerung des Ertrages einer
Aktiengesellschaft, die in verschiedenen Kantonen Geschäftsniederlassungen
besitzt und in jedem Kanton andere Waren umsetzt oder herstellt als in
den andernVekteilung

des _steuerpflichtigen Ertrages nach dem Ergebnis der (jewmnund
Verlustrechnung jeder Geschäftsniederlassung.

A. Die rekurrierende Aktiengesellschaft hat ihren Sitz in Basel. Hier
betreibt sie den Handel mit chemischtechnischen Produkten und anderen
Artikeln, die in der Industrie und der Landwirtschaft gebraucht werden.
Ferner hat sie zwei Fabrikanlagen, eine in Marthalen im Kanton Zürich,
wo Düngermittel und Wasserglas hergestellt werden, und eine in Pratteln,
wo G1auhersalz,
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 50 I 83
Datum : 16. Juli 1924
Publiziert : 31. Dezember 1925
Quelle : Bundesgericht
Status : 50 I 83
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 82 Staatsrecht. Entscheid angeführte Urteil i. S. der Julie Merk vom 8. Mai 1914


Gesetzesregister
BV: 5 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
1    Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2    Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.
3    Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4    Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.
58
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 58 Armee - 1 Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
1    Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
2    Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben vorsehen.
3    Der Einsatz der Armee ist Sache des Bundes.18
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
bedingung • masseur • regierungsrat • bundesgericht • arzt • weiler • basel-landschaft • bescheinigung • aktiengesellschaft • doppelbesteuerung • frage • handel und gewerbe • entscheid • schutzmassnahme • sucht • weisung • ware • zahl • gesuch an eine behörde • willkürverbot
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