340 .si Strafrecht. jene Bevölkerungskreise darunter gedacht haben.

6. -si'Der Kassationskläger hat vor der Vorinstanz '

auch noch geltend gemacht, die auf Grund des Bundes · Iratsbeschlusses vom
23. April 1923 erlassene Verfügung. des Bezirksarztes und des Vorstandes
des Gesundheitswesens der Stadt Zürich sei ihm nicht in gesetzmässige'r
Form bekannt gegeben worden. Wenn er mit dem allgemeinen Hinweis auf seine
Rechtsausführungen vor der Vorinstanz auch diese Einrede ver Bundsgericht
aufrecht erhalten Will, so kann er damit nicht gehört werden. Es ist, wie
die Vorinstanz zutreffend aquührt, ein allgemeiner Rechtsgrundsatz dass
eine behördliche Verfügung eine ganze Reihe konkreter Einzelfälle regeln
und sich daher an eine unbeschränkte Zahl von Einzelpersonen richten kann,
ohne dass eine schriftliche Mitteilung an die Einzelperson notwendig
wäre. Im übrigen hat die Vorinstanz verbindlich festgestellt, dass dies
insbesondere nach zürcherischem öffentlichen Recht zulässig sei. si

' 7. ,_ ' Endlich kann der Kassationskläger auch mit der Einrede nicht
gehört werden, es treffe ihn an der Übertretung keine Schuld, weil. er
gutgläubig habe annehmen dürfen, dass er nach dem Epidemiegesetz
nicht verpflichtet gewesen sei, sein Töchterchen zwangsweise impfen
zu lassen. In seiner unrichtigen Annahme, der Bundesratsbeschluss sei
gesetzwidrig, liegt ein Rechtsirrtum, und dieser wirkt nach allgemein
gültigen Rechtsgrundsätzen nicht strafbefreiend. Der Kassationskläger
hat gegenteils bewusst gegen Rechtsnormen verstossen. -

, Der-much erkennt der Kassationshof : Die Kassationsbeschwerde wird
abgewiesen.

Jucken-ans 54. _ __ 341.

IV. JAGDPOLIZEI LOI SUR LA CHASSE

54. Urteil des Esssstionshofea vom 28. Oktober 1924 i. S. Hellinger
gegen Steataanwsltschaft Zürich.

OG Art. 160: Zulässigkeit der Kassationsbeschwerde gegen die Ausfällung
von Nebenstrafen (Erw. 1).ss

Bedeutung der Genehmigung kantonaler _Gesetze durch den Bundesrat
(Erw. 3). ,

Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz vom 24. Juni 1904, Art. 21 ff.,
speziell Art. 24: Kantonale Vorschriften, welche die Konfiskation von n
i c ht zu heanstandenden Jagdwaffen anordnen, weil sie auf unerlaubter
Jagd verwendet wurden, sind bundesrechtswidrig. '

A. Durch Urteil vom 27. Mai 1924 hat das Obergericht des Kantons
Zürich den ,Kassationskläger der" Ubertretung des Art. 6 litt. d
desBunde'sgesetzes vom 24. Januar (richtig: Juni) 1904 über Jagd und
Vogelschutz schuldig befunden, weil er am 29. Dezember 1923 während
geschlossener Jagdzeit mit einer gewöhnlichen Doppelflinte der-Jagd
obgelegen und dabei einen Hasen erlegt hatte, und ihn zu'einer
Polizeibusse von 100 Fr. verurteilt, sowie dieKonfiskation seiner
(bereits. be,schlagnahmten) Doppelflinte angeordnet (Dispositiv 3).

B. Gegen dieses Urteil hat der Kassationskläger Kassationsbeschwerde
an das Bundesgericht eingelegt mit dem Antrag, die Konfiskation seiner
Doppelflinte

_ sei aufzuheben.

Der Kassationshaf zieht in Erwägung : 1. Nach Art. 24 des Bundesgesetzes
über Jagd und

,Vogelschutz, welcher zu den Strafbestimmungen der

Art. 21 ff. leg. sicit. gehört, ist die Konfiskation der Jagdwaffe
eine Nebenstra fe'; sie kann daher nur durch das ss Strafurteil
angeordnetWerden (vgl. AS 47 LS. 131 f.). Bildet sonach das Dispo'sitiv 3
des angefochtenen Strafurteils nicht nur äusserli'ch einen Teil desselben,
so ist

342 Strafrecht.

die ausschliesslich gegen dieses Dispositiv gerichtete
Kassationsbeschwerde statthaft.

2. 'Die Vorinstanz hat die Konfiskation der Doppelflinte des
KassatiOnsklägers in Anwendung des § 36 des kantonalen Gesetzes über
Jagd und Vogelschutz vom 4. September 1921 angeordnet, wonach... die
für unerlaubte Jagd mitgenommenen Waffen... beschlagnahmt werden. Der
Kassationskläger greift zunächst die über den Wortlaut hinausgehende
Auslegung dieser Vorschrift an. Auf diesen Kassationsgrund kann indessen
nicht eingetreten werden, weil damit die Verletzung einer kantonalen,
nicht einer eidgenössischen Rechtsvorschrift gerügt wird (Art. 163 OG).

3. Weiter macht der Kassationskläger, wie schon vor der Vorinstanz,
geltend, § 36 des kantonalen Gesetzes sei in der ihm von der Vorinstanz
gegebenen Auslegung nicht vereinbar mit Art. 21 und 24 des Bundesgesetzes,
welche nur die Konfiskation der auf der Jagd gebrauchten u n e rl a u b t
e n Waffen vorsehen und seiner Auffassung nach nicht zulassen, dass das
kantonale Recht die Konfiskation der auf unerlaubter Jagd verwendeten
Waffen schlechthin, auch der an sich erlaubten, vorschreibe. Die
Vorinstanz hat angenommen, die Prüfung der Frage, ob jene kantonale
Vorschrift mit dem Bundesrecht vereinbar sei, sei den kantonalen
Gerichten dadurch entzogen worden, dass der Bundesrat gemäss Art. 28 des
Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz das kantonale Gesetz genehmigt
habe. Ob diese Auffassung zutreffend sei, kann dahingestellt bleiben, da
jedenfalls für das Bundesgericht eine solche Beschränkung der Kognition
nicht besteht, wie schon mehrfach ausgesprochen worden ist (vgl. AS 42
I S. 348 f. Erw. 2 und die dortigen Zitate). Bei freier Nachprüfung aber
erweist sich dieser Kassationsgrund als zutreffend. Das Bundesgesetz über
Jagd und Vogelschutz räumt in seinen Art. 7 Abs. 2, 9 Abs. 2, 17 i. f. und
20 den Kantonen die Befugnis ein, gewisse Massnahmen zu treffen, welche

Jagdpolizel. N° 54. 343

von den in den Abschnitten I, II und IV des Bundesgesetzes vorgesehenen
Massnahmen abweichen. Während in den drei letztgenannten Vorschriften
genau umschrieben ist, worin die Abweichung bestehen darf, erklärt
Art. 7 Abs. 2 leg. cit. die Kantone ganz allgemein für befugt, durch
Gesetz oder Verordnung die Schutzbestimmungen dieses Bundesgesetzes
zu erweitern... Lässt sich nun zwar auch behaupten, die in Abschnitt
V Art. 21 ff. des Bundesgesetzes enthaltenen Strafbestimmungen seien
ebenfalls zu den Schutzbestimmungen zu rechnen, so erscheint es doch nicht
zulässig, aus Art. 7 Abs. 2 die Befugnis der Kantone herzuleiten, diese
Strafbestimmungen zu ergänzen oder zu verschaffen. Einmal sind sie nämlich
zu einem besonderen, dem fünften Abschnitt des Gesetzes zusammengefasst,
sodass, rein äusserlich betrachtet, der im zweiten Abschnitt enthaltene
Art. 7 Abs. 2 keinen Bezug auf sie hat. Sodann enthält der Abschnitt V
selbst nicht nur keinerlei Vorbehalt zu Gunsten des kantonalen Rechts;
vielmehr bestimmt der ihn einleitende Art. 21 geradezu, dass seine
Strafbestimmungen nicht nur bei Übertretungen des Bundesgesetzes und der
gestützt auf dasselbe getroffenen eidgenössischen Verfügungen anzuwenden
sind, sondern auch bei Übertretungen der gestützt auf das Bundesgesetz
getroffenen kantonalen Verfügungen, worunter die erwähnten, den Kantonen
vorbehaltenen Massnahmen zu verstehen sind. Hieraus muss geschlossen
werden, dass die Strafbestimmungen des Bundesgesetzes ausschliesslicbe
Geltung beanspruchen. Diese Auffassung hat denn auch schon bei der
Ausarbeitung des Gesetzes obgewaltet (vgl. Referat des Präsidenten
der ständerätlichen Kommission, Calonder, im stenographischen Bülletin
der Bundesversammlung XIII' 1903 S. 251 ff.) und wird auch, speziell
hinsichtlich der Konfiskation von bei Jagdvergehen verwendeten erlaubten
Waffen, vom Bundesrat vertreten (Bundesblatt 1921 II deutsche Ausgabe
S. 204, französische Ausgabe S. 210). Die kantonale

344 Strafrecht.

Vorschrift, auf welche die Konfiskation-der anpelflinte des
Kassationsklägers gestützt werden will, kann somit keinen Bestand haben ;
auf Art. 24 des Bundesgesetzes ' aber lässt sie sich nach dem Ausgeführten
nicht stützen.

Demnach erkennt der Kassafionshof :

Die Kassationsbeschwerde wird begründet erklärt und Dispositiv 3 des
Urteils des Obergerichts des Kantons Zürich vom 27. Mai 1924 aufgehoben.

V. LEBENSMITTELPOLIZEI

LOI ET ORDONNANCES SUR LES DENRÉES ALIMENTAIRES

55. Auszug aus dem Urteil des Kasse-Mohvom 23. Oktober 1924
i. S. Schweiz. Bundmwaltschait gegen literLebensmittelpolizeigesetz.
Art. 1. Die Vollziehungsverordnung vom 8. Mai 1914 gibt keine
abschliessende Aufzählung der dem Gesetze unterliegenden
Gebrauchsgegenstände. Die Herstellung und das Inverkehrbringen

einer teuer-gefährlichen Bodenwichse ist gemäss Art. 38 LMPG strafbar.

A. Die Chem. Industrie A. G. in St. Margrethen, deren verantwortlicher
Direktor der Beschwerdebeklagte Karl Etter ist, fabrizierte eine
Bodenwichse, die sie unter der Bezeichnung Splendolbodenwichse in
Verkehr brachte. Am 10. Juli 1923 fand in einer Droguerie in Bern eine
Probeentnahme statt, die dem kantonalen chemischen Laboratorium in Bern
zur Untersuchung übermittelt wurde. In seinem Berichte vom 18. Juli 1923
gelangte der Kantonschemiker zum Sehlusse,dass diese Bodenwichse wegen
ihrer infolge des grossen Gehaltes

Lebensmittelpollzei. N° 55. 345

an flüchtigen Bestandteilen leichten Entflammbarkeit als
gesundheitsgefährlicher Verbrauchsgegenstand zu betrachten sei. Gestützt
hierauf wurde gegen Etter Strafanzeige erstattet Wegen Übertretung
des Bundes gesetzes betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und
GebrauChsgegenständen vom 8. Dezember 1905

(Art. 38) und der Vollziehungsverordnung vom 8. Mai

1914.

Bei Seiner Einvernahme e klärte Etter, diese Wichse sei seit 1911
hergestth worden, ohne dass von irgend einer Seite Reklamationen erhoben
worden wären. Erst nach einem durch andere Bodenwichse verursachten
Unfall habe man auch die Splendolbodenwichse beanstandet, worauf sie
nicht mehr fabriziert worden sei. Nach Kenntnisnahme vom Gutachten des
Kantonschemikers seien die Restbestände bei den Depothaltern zurückgezogen
worden.

B. Durch Entscheid des Gerichtspräsidenten IV ss in Bern vom 15. Oktober
1923 wurde Etter wegen fahrlässiger Widerhandlung gegen Art. 38 Abs. ]
und 2 LMPG in Anwendung von Abs. 4 zit. Art. und Art. 8 BStrR zu einer
Geldbusse von 50 Fr. verurteilt..

Mit Urteil vom 1. Februar 1924 hat die erste Strafkammer des Obergerichts
des Kantons Bern diesen Entscheid aufgehoben und Etter von Schuld und
Strafe freigesprochen, im wesentlichen mit der Begründung: Richtig und
anerkannt sei, dass es sich bei der Splendolbodenwichse um einen besonders
feuergefährlichen Verbrauchsgegenstand handle. Allein die Verordnung
betreffend den Verkehr mit Lebensmitteln und Gebrauchs gegenständen
vom 8. Mai 1914 erwähne als einzigen feuergefährlichen Gegenstand
das Petroleum, Während Benzin, Terpentin und ähnliche Produkte der
eidg. Kontrolle nicht unterstellt seien. Daraus müsse geschlossen werden,
dass die feuergefährlichen Gegenstände, mit Ausnahme des Petroleums,
von der eidg. Kontrolle ausgeschlossen seien und deren Überwachung der
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 50 I 341
Datum : 28. Oktober 1924
Publiziert : 31. Dezember 1925
Quelle : Bundesgericht
Status : 50 I 341
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : 340 .si Strafrecht. jene Bevölkerungskreise darunter gedacht haben. 6. -si'Der


Gesetzesregister
OG: 163
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
vorinstanz • weiler • bundesrat • kantonales recht • richtigkeit • zahl • bewilligung oder genehmigung • verurteilter • treffen • bundesgericht • wille • jagdwaffe • entscheid • kenntnis • bern • treib- und brennstoff • lebensmittelpolizei • richterliche behörde • prüfung • überprüfungsbefugnis
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